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10 Fragen an einen Beziehungscoach

Wie funktionieren offene Partnerschaften?

Sind offene Beziehungen der Heilsbringer oder doch nur ein Trend? Wie gehe ich mit Eifersucht um, obwohl ich meine Partnerschaft doch freier leben möchte? Dan Apus Monoceros ist Coach für alternative Beziehungsmodelle und Paarentwicklung und lebt selbst seit vielen Jahren in einer offenen Beziehung. Lies hier seine Antworten und Tipps rund um Beziehungsarbeit und offene Partnerschaften.

Interview von kinkyminky mit Coach Dan

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Offene Beziehung – wie geht's?
10 Fragen an einen Beziehungscoach

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1. Du bist Coach für Paar- und Persönlichkeitsentwicklung, alternative Beziehungsmodelle und Kinks. Wie bist du Coach geworden – und warum?


Ich komme ursprünglich aus der Unternehmensberatung und hatte viel mit dem persönlichen Mindset, Kreativitäts- und Effizienztechniken im Managementumfeld zu tun. Letztendlich geht es immer um menschliche Probleme und Kommunikation. Irgendwann habe ich dann eine Umgebung gesucht, die noch mehr meinen Interessen wie Kink, Polyamorie und offene Beziehungen entspricht.

10 Fragen an einen Beziehungscoach

Dan Apus Monoceros ist Coach für Beziehungen und Kink und lebt in Berlin. Mit seinem Angebot richtet er sich an Menschen, die für ihre Beziehung einen neuen Weg suchen und sich persönlich weiterentwickeln wollen.
 

Coach Dan ist Kurs-Mentor des JOYclub-Originals "Offene Beziehung – wie geht's?"

2. Ein Fokus deiner Arbeit liegt auf polyamoren und offenen Beziehungen. Warum interessiert dich genau dieser Bereich?

Als ich in meine erste Beziehung ging, war Monogamie der Standard – und ich total unglücklich. Auf der einen Seite liebte ich meinen Freund über alles, auf der anderen Seite hatte ich Bedürfnisse, die ich nicht befriedigen konnte. Nach der Trennung war mir klar: Bei der nächsten Beziehung suche ich eine, die neben Halt, Unterstützung und Austausch auch Raum für persönliche Weiterentwicklung und Freiheiten bietet.

Das war auch meine persönliche Motivation, mich damit zu beschäftigen. Seit 15 Jahren lebe ich nun in einer offenen Beziehung, mittlerweile polyamor. Auch bei uns hat sich die Partnerschaft demnach gewandelt und weiterentwickelt. Zu Beginn unserer Beziehung kamen nur dann Gefühle zu Dritten auf, wenn wir selbst Konflikte hatten. Später erlebten wir jedoch, dass sich ohne eigene Problemfelder Emotionen zu Nebenpartnern entwickelten. So haben wir für uns den Schritt in eine poly Beziehung gewagt, das muss aber nicht für jeden eine weitere Entwicklungsstufe sein.

3. Wie definierst du eine offene Beziehung und welchen Rahmen kann eine solche haben?

Eine offene Beziehung setzt einen Hauptpartner voraus und einen oder mehrere Bereiche, etwa den sexuellen, der für andere geöffnet wird. Welche Bereiche das sind, muss jedes Paar für sich selbst definieren.

Typische Elemente sind Absprachen oder Vetorechte, Zeiten, die für den Hauptpartner reserviert sind, gemeinsame Step-by-Step-Entwicklungen, aber auch der Informationsgehalt. Werden Informationen nicht fair geteilt, ist es keine offene Beziehung, sondern eher ein Fremdgehen mit Wissen – eine Don’t-Ask-Don’t-Tell-Monogamie.

Männer und Frauen treffen sich in der Mitte. Der Ansatz mag ein anderer sein, das Matching passt.

4. Welche Gründe zum Öffnen einer Beziehung begegnen dir bei deinen Coachees?

Die Gründe sind sehr individuell. Naheliegend ist für viele, das Verbotene erleben zu wollen. Wenn ich als Coach auf eine offene Beziehung schaue, ist es aber oft ein Gemeinschaftsverständnis, nicht alle Last auf das Gegenüber legen zu wollen und dass nicht alle Erwartungen von einer Person erfüllt werden können.

Aus meiner Erfahrung streben Frauen eher aus sozialen, philosophischen Gründen nach einer Beziehungsöffnung. Männer hingegen haben oft ein triebliches, sexuelles Argument. In Wirklichkeit treffen sie sich aber in der Mitte. Der Ansatz mag ein anderer sein, das Matching passt.

5. Offene Beziehungen scheinen den Nerv der Zeit zu treffen. Provokant gefragt: Will sich niemand mehr festlegen?

Ich glaube, in einer offenen Beziehung legt man sich extremer fest als in einer geschlossenen. In einer monogamen Beziehung gibt es natürlich die absolute Exklusivität, was gleichzeitig auch ein absolutes Festlegen bedeutet. In einer offenen Beziehung muss ich die andere Person immer wieder umwerben und klarmachen "Ich bin dein Hauptpartner". Aus meiner Erfahrung heraus leisten Menschen in einem solchen Modell stärkere Beziehungsarbeit, während in einer geschlossenen Partnerschaft eher das Credo vorherrscht "Du bist ja sowieso da".

Das sich selbst Hinterfragen und Bestätigen, ob die Partnerwahl richtig ist und das dem Gegenüber auch zu zeigen, ist in einer offenen Beziehung viel häufiger der Fall und führt oft zu einer intensiveren Bindung.

In Freiheit verbunden

6. Wie spreche ich es an, wenn ich meine Beziehung öffnen will, ohne den anderen zu verletzen?

Zunächst macht ein Vorfühlen Sinn: Eine offene Beziehung ist nicht für jede:n etwas. Vielleicht hat der eine oder die andere in der Vergangenheit schlechte Erfahrung gemacht. Andererseits hat das Modell für viele einen Beigeschmack, weil es derzeit so stark diskutiert wird und sie fragen sich, ob es vielleicht doch nur ein Trend ist.

Wer das Thema konkret anspricht, sollte seine eigenen Gefühle dabei deutlich machen und nicht über die Gesamtsituation in der Partnerschaft oder die der anderen Person reden. Wenn ich Lust auf Abenteuer mit Dritten habe, muss ich das auch genau so formulieren und diesen Wunsch auf mich beziehen. Idealerweise vermittle ich im Gespräch gleichzeitig, dass die Hauptbeziehung Priorität hat und der Öffnungswunsch nichts mit der Partnerschaft zu tun hat, sondern ein persönliches Bedürfnis ist.

Oft folgt dann ein Aushandeln. Vielleicht schauen wir uns gemeinsam einen Porno an, gehen in einen Swingerclub oder versuchen einen Dreier – all das sind Entwicklungsschritte zum Öffnen einer Beziehung. Wichtig ist, sich dem Tempo des Partners oder der Partnerin anzupassen und nicht zwei Schritte auf einmal zu nehmen.

7. Wie würdest du einem monogam lebenden Menschen die Vorteile einer offenen Beziehung erklären?

Ich würde nie versuchen, einen monogam lebenden Menschen davon zu überzeugen, dass eine offene Beziehung besser ist. Es gibt für jedes Modell ganz individuelle Gründe, die sich im Laufe der Zeit auch ändern können.

Für mich sind die innere Zufriedenheit und Balance ausschlaggebend. Ich kann mit meinem Partner offen reden, wir tauschen uns aus und spüren und empfangen innige Liebe. Auch wenn ich diese Liebe nicht exklusiv mit meinem Partner erlebe, teile ich sie danach mit ihm. Ich bekomme eine Inspiration von außen und bringe sie in die Partnerschaft mit ein. Die Durchlässigkeit einer offenen Beziehung bietet viele Vorteile und führt mir immer wieder vor Augen, warum mir mein eigener Partner so wichtig ist.

Das Selbst ausleben

8. Welche Herausforderungen und Nachteile siehst du in offenen Beziehungen?

In einer offenen Beziehung muss ich mich selbst sehr viel reflektieren und Zeitmanagement betreiben. Die Partnersuche und -wahl ist immer wieder ein Problem, oder wenn bei Dritten Gefühle aufkommen, die ich nicht erwidere. In gewisser Weise bin ich in einer offenen Partnerschaft auch Single – das hat nicht nur Vorteile. Manchmal fehlt dann die Zeit für die Beziehung, die aus meiner Sicht eine höhere Aufmerksamkeit braucht.

Auch das Thema STI sollte angesprochen werden, denn in einer offenen Beziehung besteht ein größeres Risiko. Hier braucht es ein persönliches Sicherheitsmodell, in dem sich alle Partner:innen wohlfühlen – und natürlich Safer Sex.

9. Thema Eifersucht: Wie schaffe ich es, Misstrauen und Besitzansprüche loszulassen? Ist es eine Übungssache, sich nicht über die sexuellen Kontakte des anderen den Kopf zu zerbrechen?

Für mich gibt es nicht die eine Eifersucht. Hinter ihr kann etwa ein Besitzanspruch stecken, dessen Ursprung es zu klären gilt. Habe ich vielleicht schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit gemacht, die das begünstigen oder gibt es andere Gründe? Negative Eifersucht lässt sich durch gute Beziehungsarbeit mit dem Hauptpartner und die externe Bestätigung durch andere Personen in der Konstellation in eine positive umwandeln. Positiv bezeichne ich eine Eifersucht, bei der sich aus dem Verhalten meines Partners Inspirationen für mich ergeben, die ich selbst gerne erleben möchte.

Dann gibt es da noch die neutrale Form der Eifersucht, die eher ein unterbewusstes, unverarbeitetes Problem in der Beziehung ist, an dem gearbeitet werden sollte. Denn eine solche Eifersucht ist für mich immer ein Warnsignal.

In einer konkreten Situation hilft es, die Zeit, die ich jetzt gerade exklusiv für mich habe, als Geschenk zu begreifen und nicht Trübsal zu blasen. Wenn mein Partner gerade bei einem Date ist, kann ich den Abend für mich nutzen, eigenen Hobbys und Interessen nachgehen. Diese Zeit kann ich gewinnbringend für mich selbst einsetzen, statt mir Sorgen zu machen.

Besser als ihr Ruf

10. Einmal offene Beziehung – immer offene Beziehung? Ist ein Zurück zur Monogamie möglich?

Für diejenigen, für die eine offene Beziehung einmal gut funktioniert hat, ist der Schritt zurück häufig schwer, wenn auch nicht unmöglich. Externe Gründe wie ein Kriseln in der Beziehung oder veränderte Umstände im privaten Umfeld können es nötig machen, die Partnerschaft zumindest für eine bestimmte Zeit zu schließen.

Es ist übrigens vollkommen in Ordnung, wenn eine Beziehung einseitig geöffnet wird, solange beide Partner:innen auf ihre Kosten kommen.


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