Das Patriarchat, Emanzipation und verweichlichte Männer
Nach diversen Themen in den letzten Wochen, bei denen eben genau diese Punkte immer wieder den Weg in meine Kommentare fanden, habe ich mal meine Gedanken dazu ein bisschen sortiert. Achtung, wall of text incoming
Zuallererst: ich bin großer Fan von starken, emanzipierten Frauen mit eigenem Kopf. Ich möchte einer potentiellen Partnerin auf Augenhöhe begegnen können, sie darf und soll Stärke zeigen, und umgekehrt ist es für mich ebenso völlig selbstverständlich auch als Mann Schwäche zu zeigen. Da bricht mir kein Zacken aus der Krone.
Und trotzdem kann ich nicht leugnen, dass es mich anmacht von (m)einer Frau als der starke Macher angehimmelt zu werden. Es fühlt sich einfach natürlich und richtig an, wenn sie sich an meiner Schulter anlehnen möchte, meinen Schutz und meinen Rat sucht. Wenn ich ihr zwischendurch zeigen kann, wo es lang geht.
Das widerspricht sich für mich nicht.
Umgekehrt nehme ich das bei Bedarf auch in Anspruch, das kickt mich aber in dem Sinne nicht so, wie die klassische Rollenverteilung.
Ich sexualisiere meine Frau auch, sehe sie gern feminin und in Kleidchen, schön aufgehübscht, ihre Weiblichkeit zur Schau stellend. Ich liebe es, wenn sie scharf auf mich ist, ihre Begierde kaum halten kann und sie mir willig und gehorsam zur Verfügung steht, wie es mir beliebt.
Dennoch halte ich mich für relativ progressiv und weltoffen.
Woher kommen also diese Vorlieben und vermeintlichen Widersprüche?
Patriarchat oder Biologie?
Ich beobachte in der modernen Gesellschaft ganz allgemein eine Sehnsucht nach der klassischen Rollenverteilung, proportional wachsend zu den Errungenschaften der Frauenbewegung und der im Einklang dazu gerne geforderten Abschaffung des Patriarchats.
Und ich glaube, dass diese Sehnsucht evolutionsbedingt tief in uns verwurzelt ist.
Das fängt schon damit an, dass Männer Frauen körperlich überlegen sind. Der starke Jäger, der den Säbelzahntiger erlegt und dafür sorgt, dass Fleisch auf den Tisch kommt. Er bietet Schutz, ist zudem Handwerker und Erfinder, Denker und Lenker.
Die Frau bleibt zurück in der Höhle und kümmert sich um den Nachwuchs und den Haushalt (viel Spaß beim Putzen). Sie bietet Wärme und Empathie, leckt die Wunden des Kriegers, und manchmal vielleicht sogar ein bisschen mehr als das.
Kleiner Ausflug in die modernen Sozialwissenschaften:
Im Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter gehören die skandinavischen Länder zu den wohl weltweit fortschrittlichsten. Um die Gleichstellung auch bei der Berufsauswahl zu gewährleisten, wurde jahrzehntelang massiv in Programme und Strukturen investiert, die eben diese sicherstellen sollten.
Die These:
die Berufswahl wird entscheidend von Umwelteinflüssen wie Erziehung und sozialem Umfeld geprägt. Bei einer Minimierung dieser Einflüsse müsste es also theoretisch einen Zulauf an Frauen bei den traditionell männerdominierten MINT-Feldern (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) geben.
Das Ergebnis:
Das Gender-Equality-Paradox (*)
Kurz gesagt: das genaue Gegenteil vom geplanten Zulauf ist eingetreten, Frauen haben sich noch stärker für die traditionell frauendominierten Felder, wie Krankenschwester oder Kindergärtnerin, entschieden, sich noch weniger für die MINT-Felder interessiert.
Die verkürzte Erklärung: es gibt signifikante Unterschiede in den Persönlichkeitsmerkmalen zwischen Mann und Frau. Pauschal kann man zB sagen, dass Männer eher an Dingen interessiert sind, Frauen eher an Menschen. Bei vollständiger Gleichstellung scheinen sich geschlechter-spezifische Unterschiede zu maximieren, statt sich anzugleichen.
Zurück zum Hauptstrang meiner Gedanken:
Seit der Steinzeit, bis hin zum Anfang/zur Mitte des letzten Jahrhunderts, hat sich an dieser archaischen Dynamik zwischen Mann und Frau nicht viel geändert. Und während Biologie einiges davon erklären kann, ist ein guter Teil davon natürlich trotzdem schlichtweg soziokulturell geprägt. Das Patriarchat lässt grüßen.
Noch bis ins letzte Jahrhundert hinein waren Frauen auf gesellschaftlicher Ebene in keinster Weise gleichberechtigt und wurden ständig bevormundet. Nichtmal wählen durften sie. Es gibt Länder auf dieser Welt, in denen das bis heute so ist. Und auch bei uns wird eine Frau immer noch oft nur auf ihre Schönheit reduziert, wird aufgrund ihrer Emotionalität oftmals nicht ernst genommen, ja, sogar belächelt.
Emanzipation und die verweichlichte Männerwelt
Im letzten Jahrhundert kam allerdings, wie bereits angeteasert, auch die Frauenbewegung in Fahrt und fing an das alles in Frage zu stellen, sich immer mehr Rechte zu erkämpfen. Und auch wenn wir als Gesellschaft noch lange nicht am Ziel sind, so hat sich da doch einiges getan. Frauen können (und sollen) mittlerweile selbstbestimmt, frei, stark und unabhängig sein.
Um sich diese Rechte zu erkämpfen mussten sie allerdings sehr hart mit der Männerwelt ins Gericht gehen. So sehr, dass es die Männerwelt verunsicherte:
Wann ist man(n) ein ganzer Kerl, der sich einfach nimmt was er will und somit unwiderstehlich sexy wirkt, und wann ist er einfach nur ein übergriffiger Chauvi?!
Das Pendel schlug so lange Richtung letzterem, dass als Antwort darauf eine ganze Generation von Männern geradezu dazu erzogen wurde weicher, ja, femininer zu sein, um dem entgegenzuwirken. Die richtige Balance ist dabei schwierig. Man möchte Männern zwar Schwäche zeigen zugestehen, aber bitte nicht zuviel, sonst bist du nur ein uninteressanter Waschlappen, der als Fußabtreter benutzt wird.
Was aber, wenn Frauen insgeheim nicht den metrosexuellen Frauenversteher wollen, sondern eben einen richtigen Kerl, mit Ecken und Kanten, der auf den Tisch haut, wenn die alte mal wieder durchdreht?! Selbst die lange Zeit verpönte Brustbehaarung und der Pornoschnäutzer aus den 80ern erfreuen sich mittlerweile neuer Beliebtheit. Magnum wäre stolz.
Was also, wenn Frauen zwar mittlerweile selbstbestimmt, frei, stark und unabhängig sein können, das oftmals aber gar nicht wirklich wollen?
Und wo passt hier BDSM rein?!
Nun, ich beobachte zeitgleich einen Zuwachs an Frauen, die den Hunger nach klassischer Rollenverteilung und einem stoischen Mannsbild nicht bei Stino-Männern stillen können, und sich deshalb in die Welt des BDSM stürzen, welche genau diese ersehnte Rollenverteilung bedient. 50 Shades of grey hat da wohl so einige Hausfrauen aus ihrem Dornröschenschlaf gerissen und diesen Trend losgetreten.
Es ist quasi ein Gegenentwurf zu den Erfolgen der Frauenbewegung, und der damit einhergegangenen Verweichlichung der Männerwelt. Das Pendulum hat zu sehr in die andere Richtung geschlagen, zum Ausgleich hat es eine Sehnsucht nach „echten Männern“ getriggert. BDSM ist dabei ein guter Spielplatz, um genau diese Bedürfnisse, die schon immer in uns existierten, zu decken.
Ich hatte zwar eine abschließende Frage im Sinn, die würde den Diskurs aber wahrscheinlich zu sehr einengen. Ich freue mich also auf einen offenen Austausch und eure Gedanken dazu, hier gibt es glaube ich auch so einiges, was man aufgreifen kann.
(*) https://en.m.wikipedia.org/wiki/Gender-equality_paradox