Eineinhalb Jahre ist es her, dass ich auf einer Online-Plattform nach rechts wischte – und meinen Freund kennenlernte. Übrigens schon das zweite Mal, dass bei mir auf diesem Weg eine Beziehung entstand. Was ich während meiner Dating-Phase gelernt habe? Es klappt erst dann, wenn du weißt, wo deine Schwächen liegen. Voilà: Meine Fehler, damit du sie nicht machen musst.
Von Nina Ponath
Was nach dem Dating alles schieflaufen kann, zeigt der aktuelle Kinofilm "Die Nachbarn von oben". JOYclub verlost Kinokarten: Die Verlosung ist beendet.
Von der Resterampe zur Schatzkiste
Rund sechs Jahre nach meiner ersten Online-Dating-Erfahrung tummelten sich dieses Mal immer noch dieselben Männer dort wie vorher, nur dass wir alle irgendwie müder, irgendwie desillusionierter wirkten. Mich mit eingeschlossen, wie ich nach fast einem Jahr sinnloser Dates merkte und mich gerade vom Online-Dating und zum Love-Coaching anmelden wollte – als mein Freund auf der Bildfläche erschien.
Ein Ort, der der Tanzfläche in einem Club nachts um halb 5 gleicht, wenn sich langsam alles leert: So stellte ich mir Online-Dating früher vor. Menschen, die nach etwas suchen, das sich an diesem Ort nicht finden lässt. Das war mein Standpunkt zwischen 2005 und 2013, als es noch undenkbar für mich war, meinen Partner online zu finden. Als Singles sich auf der Straße kennenlernten, allenfalls in großen Online-Netzwerken oder Foren, nicht aber auf eigens für Dating konzipierten Apps. Doch es kam anders und heute bin ich in einer glücklichen Beziehung mit bereits dem zweiten Mann, den ich online kennengelernt habe.
Ja, es gibt Happy Endings beim Online-Dating
Mein Freund und ich sind seit mehr als einem Jahr zusammen. Wir kennen uns – oberflächlich allerdings – schon aus unserer Jugend. Das erste Mal miteinander gesprochen haben wir jedoch erst auf einem gemeinsamen Spaziergang im Lockdown 2021. Wären wir uns nicht auf einer Dating-App über den Weg gelaufen, würden wir womöglich immer noch jeder für sich in seinem Paralleluniversum leben – er als Ingenieur über einer Gleichung grübelnd, ich beim Recherchieren für einen Artikel.
Gefühlt sind heute alle ohne eine Beziehung (und häufig auch die mit) auf einer oder gleich mehreren Dating-Plattformen unterwegs. Die Chancen, dort jemanden zu finden, stehen dementsprechend gar nicht schlecht. Zumindest, wenn du wirklich auf der Suche bist. Damit fängt es nämlich schon an.
Meiner Erfahrung nach suchen die meisten, mich inbegriffen, zu früh nach einer Trennung nach Ablenkung oder einer neuen Beziehung. Ich meldete mich 2021 an, kurz nachdem ich eine wirklich toxische Affäre beendet hatte. Wirklich toxisch hieß in meinem Fall, dass ich nach dem Ende einen Verlobungsring verkaufte und zwei Sitzungen bei einer Therapeutin verbrachte. Dass ich von diesem Zustand aus nicht sofort die große Liebe fand, sollte eigentlich selbsterklärend sein, was mir zum damaligen Zeitpunkt aber nicht klar war.
Heute weiß ich: Es klappt erst dann, wenn du weißt, welche Probleme du selbst mitbringst. Hier kommen meine größten Fehler und Fettnäpfchen, damit deine Erfahrungen besser werden.
#1 Daten, wenn du gar nicht bereit dafür bist
Bei meiner Anmeldung war ich davon überzeugt, dass ich bereit für etwas Festes sei. Fehler Nummer 1, denn auch wenn es natürlich nett ist, nach ein paar Stunden Hunderte von Matches zu haben, hast du davon nichts, wenn du innerlich nicht willst.
Dann kommt dir jegliches Schreiben mit einem Match wie die reinste Zeitverschwendung vor. Ich löste Matches wegen Kleinigkeiten auf und war fast schon genervt, wenn mir jemand schrieb. Was auch daran lag, dass jede dritte Nachricht irgendeine semi-kreative Copy-Paste-Vorlage aus den Notizen war, wie ich unschwer daran erkennen konnte, wenn ich mit "Hey Sara" statt "Hey Nina" angeschrieben wurde.
Meist reagierte ich auf Nachrichten deshalb nur mittelmäßig erfreut. Oft schrieb ich auch gar nicht zurück. Ja, ich schäme mich, es zuzugeben, aber ich bin eines dieser Funklöcher, in denen auch die liebenswertesten Flirt-Nachrichten einfach für immer unbeantwortet verschwinden. Mein Tipp, um dir und anderen nicht die Zeit zu stehlen: Melde dich erst an, wenn du auch tatsächlich Lust hast, jemanden kennenzulernen und nicht jedes unkreative "Hey" mit dem Löschen eurer Verbindung bestrafst.
# 2 Auf der falschen Plattform unterwegs sein
Genauso wichtig wie der Zeitpunkt ist beim Online-Dating der Ort. Soll heißen: Was suchst du eigentlich? Sex? Die große Liebe? Willst du es auf dich zukommen lassen? In der großen, weiten Online-Dating-Welt gibt es für fast jedes Anliegen die richtige Plattform.
Suchst du nach einer ernsthaften Beziehung und möchtest keine Zeit mit sinnlosem Hin-und-Herschreiben verschwenden, bist du gegebenenfalls bei einem kostenpflichtigen Anbieter besser aufgehoben als bei einer unverbindlichen App. Was du willst, kann dir niemand beantworten, außer du dir selbst! Sei deshalb ehrlich, auch wenn die Ehrlichkeit bedeutet, dass du noch ein wenig länger nachts allein im Bett liegst und dich nach Liebe sehnst.
So eindeutig, dass du nicht widerstehen kannst:
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# 3 Lügen
Alter, Job, Bedürfnisse. Es gibt vieles, bei dem du die Wahrheit gegenüber Menschen, die dich noch nicht kennen, ein wenig verdrehen könntest. Bringt dir aber nichts. Dass du nicht mehr 30 bist und tendenziell damit in ein Alter fällst, in dem viele sich Kinder, eine feste Partnerschaft oder zumindest Verbindlichkeit wünschen, fällt irgendwann auf.
Spätestens, wenn ihr zum ersten Mal zusammen in den Urlaub fahrt und du am Flughafen deinen Ausweis mit dem verräterischen Geburtsjahr zücken musst. Falls es so weit überhaupt kommt – denn wer verliebt sich schon in einen Menschen, der komplett unauthentisch ist?
# 4 Angeben
Nervt nicht nur beim Gegenüber. Auch dir selbst tust du keinen Gefallen damit. Ich fand es immer befremdlich, anderen dabei zuzuhören, wie sie mit ihren Erfolgen prahlten. Trotzdem bin auch ich manchmal in die Falle getappt und habe mein Portfolio abgespult.
Im Nachgang blicke ich differenzierter auf meine Selbstvermarktung: Ja, ich kann vieles, auf das ich stolz bin und ich habe auch schon viel geschafft in meinem Leben. Macht mich das in irgendeiner Weise besser? Nein. Will ich nur dafür gemocht werden, was ich leisten kann? Auch nicht. Insofern: Spar dir deinen Atem.
# 5 Nachtreten
Nachrichten, die mit "Irgendwie ist der Funke" anfangen und "nicht so ganz übergesprungen" enden, fühlen sich nie gut an. Doch geben dir folgende Sätze ein besseres Gefühl?
"Du bist mir zu klein."
"Ich stehe nur auf Männer, die den Kaffee bezahlen."
"Man sieht, dass du keine 40 mehr bist."
Wahrscheinlich nicht. Wenn es zwischen euch nicht passt, versetzt eine diplomatische Antwort deinem Gegenüber wenigstens keinen Tiefschlag.
# 6 "Hell yeah" oder "Hell no"
Würdest du eine Beziehung mit jemandem wollen, den du nur okay findest? Eher nicht, oder? Insofern frage ich mich, warum ich mich dennoch mit so vielen Typen getroffen habe, die ich schon auf ihren Bildern und Beschreibungstexten ganz annehmbar, jedoch bei weitem nicht großartig fand.
Oft traf ich mich aus ganz anderen Gründen mit solchen Menschen – von Langeweile bis Frühlingssonne oder dem Wunsch, etwas zu erleben. Ich schloss zwar nie aus, mich zu verlieben, aber bei solchen Dates war die andere Person nur selten der Grund, mich mit ihr zu treffen. Ich suchte nach dem Gefühl, attraktiv, spannend und liebenswert zu sein. Es ging mir mehr um mich als um mein Gegenüber – was rückblickend totaler Quatsch ist, wenn du jemanden kennenlernen willst.
Bei meinem jetzigen Partner war das anders: Ich ging voller Vorfreude zum Date und schminkte mich in der Bahn sogar noch mal hektisch nach – und genau so muss es sein, wenn es nach mir geht. Ein "Hell yeah" und kein "Ja, mal schauen".
# 7 Einfach mal schauen ist Zeitverschwendung
Wenn es kein Ja ist, dann ist es ein Nein. Das gilt nicht nur vor dem ersten Date, sondern auch danach. Rückblickend habe ich viel zu viel Zeit damit verbracht, Menschen zu testen und ausgetestet zu werden, auf Dates, von denen wir nicht wussten, was das Ganze werden und in welche Richtung es gehen sollte.
Es ist okay, wenn du keine Beziehung willst. Es ist aber nicht okay, Menschen hinzuhalten, ohne auch nur einen Schritt in irgendeine Richtung zu gehen. Woher sollst du wissen, ob es klappt, wenn du es nicht probierst? Und warum solltest du es probieren, wenn nicht irgendeine Stimme in dir sagt, dass du richtig Lust auf diesen Menschen hast? Mit so einer Nicht-Entscheidung setzt du dich selbst auf die Wartebank.
# 8 Dry Dating unterschätzen
Kein persönliches No-Go, aber zumindest etwas bewusst mit Alkohol umzugehen, ist beim Dating keine schlechte Idee. Klar, Drinks senken die Hemmschwelle und machen dich entspannter und vermeintlich lustiger. Trotzdem ist es irgendwie erschreckend, dass ich, mal abgesehen von den Lockdown-Spaziergängen auf Dates, fast immer ein Glas Wein oder einen Drink vor der Nase hatte.
Die Kehrseite des feuchtfröhlichen Datings? Ich habe mir oft, wenn ich ein wenig angetüdelt war, Männer schöner geredet, als sie eigentlich waren. Nicht immer optisch, aber den gemeinsamen Moment, die Stimmung, das Flair. Der Sonnenuntergang über der Alster wurde mit einem Aperitif in der Hand für mich noch besser. Hatte dann aber eben nichts mit dem Date zu tun.
Das erste Date mit meinem Partner war ein Spaziergang, bei dem wir nüchtern von einem Thema zum nächsten kamen, wie es sonst nur unter Alkoholeinfluss so leicht gelingt. Ein Rausch ohne Rausch. Ohne Alkohol merkst du viel besser, ob die Chemie stimmt oder nicht.
# 9 Wer gefällt hier wem?
Bevor ich meinen Freund kennenlernte, überlegte ich nach jedem Date, wie ich wohl ankam. Mochte er mich? Würde er sich wieder melden? Wie hatten wir uns verabschiedet und wie war die Stimmung am Ende? Kurz gesagt: Ich kreiste gedanklich die ganze Zeit um mein Gegenüber, anstatt mich auf mich selbst zu fokussieren. Die Frage, ob mir mein Date gefallen hatte, stellte ich mir meist erst viel später. Was verkehrt war, denn so lieferte ich mich meinem Gegenüber aus.
# 10 Maybe you’re the problem
Tut mir leid, es zu sagen, aber was all deine gescheiterten Dating-Erfahrung gemeinsam haben, bist du. Natürlich ist es ein Leichtes, über den Typen herzuziehen, der dir nach dem gemeinsamen Ausflug zum Strand eine Rechnung aufstellt, auf der auch das Parkticket fein säuberlich aufgeführt ist.
Schwieriger ist es da schon, sich selbst zu hinterfragen: Stören dich allgemein viele Eigenschaften an anderen Menschen? Gibst du dich am Ende unterbewusst immer wieder mit Männern ab, die Charakterzüge haben, die du eigentlich gar nicht leiden kannst, weil du gar keine Beziehung willst?
Als mir damals klar wurde, dass ich der gemeinsame Nenner all der Männer war, mit denen es nicht geklappt hatte, war ich kurz davor, mich bei einem Liebes-Coaching anzumelden. Ob ich die über 1.000 Euro Gebühren tatsächlich investiert hätte, weiß ich nicht. Am Ende kam mir mein Freund dazwischen. Das mag Zufall sein oder nicht und natürlich weißt du nie, wo die Reise hingeht. Ein wenig Selbstreflexion schadet aber nicht, wenn es darum geht, die eigenen Muster besser zu erkennen – auch wenn das Muster möglicherweise nur heißt: Fehler macht man, um daraus zu lernen.
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