Vielleicht doch noch ein paar direkte Zitate aus dem Artikel:
"Wer sich wissenschaftliche Studien und Artikel zum Thema Vergewaltigung und Strafverfolgung anschaut, merkt schnell, wie verzerrt die gesellschaftliche Wahrnehmung ist. Je nach Untersuchung, Land und politischer Weltsicht der Autoren variiert der Anteil der Falschbeschuldigungen an tatsächlich angezeigten Vergewaltigungen zwischen zwei und acht Prozent. Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe setzt den Anteil der Falschbeschuldigungen in Deutschland bei drei Prozent an und beruft sich auf eine europaweite Studie zur Strafverfolgung von Vergewaltigung.
Es ist wichtig zu betonen, dass es hier nur um die tatsächlich angezeigten Übergriffe geht. Der mit weitem Abstand größte Teil der Vergewaltigungen wird gar nicht erst zur Anzeige gebracht. Die Dunkelziffer ist hoch. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2004 gibt an, dass in 85,7% der Fälle sexualisierter Gewalt die Polizei nicht eingeschaltet wird.
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Falschbeschuldigungen haben außerdem in den meisten Fällen deutlich weniger harte juristische Konsequenzen, als ihr Mythos vermuten lässt. Eine Studie des britischen Innenministeriums besagt, dass von den 216 im Untersuchungszeitraum erfassten Anschuldigungen, die sich im Nachhinein als falsch herausstellten, nur sechs zu einer Verhaftung führten und nur zwei schließlich zu einer Anklage. Nun sorgen sich einige Männer aber vor allem über die nicht strafrechtlichen Folgen, die ein Vergewaltigungsvorwurf nach sich ziehen kann. Eine ruinierte Karriere. Ein zerstörtes Leben als sozialer Außenseiter. Dabei sind es vor allem die beschuldigenden Frauen, die unter ihren Aussagen leiden. Brett Kavanaugh erlebt gerade seine ersten Arbeitstage als neuer Richter des Supreme Courts und Christine Blasey Ford kann wegen unzähliger Todesdrohungen immer noch nicht nach Hause zurück.
Keine Frau profitiert von einem Vergewaltigungsvorwurf. Im Gegenteil. Man kann Frauen nicht einmal dafür bezahlen, jemanden öffentlich der Vergewaltigung zu beschuldigen. In den Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl 2016 stellten die Unternehmerin Susie Tompkins Buell und der Journalist David Brock, beide Unterstützer der Demokraten, der Anwaltskanzlei von Lisa Bloom insgesamt 700000 US-Dollar zur Verfügung. Als Anreiz für Frauen, öffentlich über sexuelle Übergriffe durch den damaligen Präsidentschaftskandidaten Trump zu sprechen. Keine Frau war bereit, auszusagen.
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Die generelle und großflächige Angst vor der falschen Beschuldigung wird noch absurder, wenn man sich anschaut, welche Personen überhaupt über Vergewaltigungen lügen. Die Autorin Sandra Newman hat im vergangenen Jahr einen sehr lesenswerten Essay mit dem Titel "The Truth About False Accusations" geschrieben. Darin kommt sie nach umfangreicher Lektüre unterschiedlicher Studien zu dem Schluss, dass sich fast alle Falschbeschuldiger in drei ziemlich klare Gruppen einteilen lassen: Teenager, die ihren Eltern eine ungewollte Schwangerschaft oder ihr nächtliches Verschwinden erklären wollen. Psychisch kranke Menschen, die am Münchhausen-Syndrom leiden. Und Menschen, die zuvor schon wegen Betrugs kriminell auffällig wurden. Letztere Beobachtung bestätigt auch eine Studie des Bayrischen Landeskriminalamts aus dem Jahr 2005. Darin heißt es, dass weibliche Opfer von Vergewaltigungen zuvor sehr selten kriminell auffällig wurden. Ausnahme: diejenigen Frauen, deren Vorwürfe sich als falsch herausstellte"