„Danke für den Einblick
@**********berer !
Was du beschreibst, unterscheidet sich tatsächlich stark von meinem Erleben, denn für mich ist BDSM der Tortenboden oder eigentlich die ganze Torte. Für mich ist BDSM Sex. Aber eben auch nur Sex, denn im nicht sexuellen Kontext bin ich nicht devot. Das hat auch nichts mit An- und Ausschalten zu tun. Sobald der Kontext sexuell wird, lande ich automatisch im Machtgefälle, das ist mit Vanillas echt ungünstig.
Mich würde interessieren wie tief du und Andere von der Kirschenfraktion eintauchen. Sind es wirklich nur bestimmte Praktiken, die Spaß machen und spannend sind, aber man bleibt komplett in der Komfortzone also ohne den unlustigen Schmerz und sobald irgendwas keinen unmittelbaren Spaß mehr macht, wird abgebrochen? Wie intensiv ist das Gefühl von oben und unten? (Wobei das schwierig ist zu vergleichen, wenn man es nur so kennt, wie man es halt kennt.)
Aber gerne doch.
Du stellst spannende Fragen an eine "Kirsche".
Ich bin im nicht-sexuellen Kontext auch nicht dominant. Und meine Partnerin auch nicht devot. Wir sind da auf Augenhöhe, gleichberechtigt, und möchten das auch unbedingt so.
Es ist bei mir so, dass ich bei Sex nicht unbedingt automatisch dominant bin. Dieses automatische Machtgefälle, was dir so wichtig ist und was du brauchst, ist bei mir nicht direkt und selbstverständlich gegeben. Ich genieße es, ab und zu darin einzutauchen und es ganz überraschend hervor zu zaubern, brauche es aber nicht immer.
Und damit zu deiner schönen Frage, wie tief dieses Machtgefälle, diese Spiele mit Macht und Schmerz bei mir, bei uns, sind, und was passiert, wenn der Schmerz zu groß wird. Ja, es sind nur bestimmte Praktiken, die mir Spaß machen. Ich liebe das Spiel mit dem Schamgefühl und ich liebe das Schlagen mit Instrumenten, die ich gut unter Kontrolle habe und die meine Hand, mein allerliebstes Schlaginstrument, nur ein klein wenig verlängern. Deswegen mag ich Paddel und Hölzer so gerne. Es ist diese Konzentration auf alles, was mich tierisch erfreut, und darauf, wie mein Bottom darauf reagiert, die mich dabei kickt. Ich möchte mich als Top ja nicht mit Spielweisen beschäftigen, die mir gar nicht liegen, das ist klar. Zum Glück "müssen" das Tops in der Regel ja auch nicht.
Bei Bottoms sieht das vielleicht oft anders aus, sie "leiden" sich oft durch Spielweisen, die nicht immer direkt für sie erregend sind, aber ich glaube, oft erregt sie eben dieses Aushalten und Erdulden für den Top. Ich habe das Glück, für mich persönlich betrachtet, dass meine Partnerin, was ihre devote Seite angeht, sehr deckungsgleich mit meiner dominanten aufgestellt ist, sodass sie nur das aushalten und erdulden muss, was sie selbst sowieso erregt (und ja, ich weiß durchaus, dass das Aushalten für Bottoms ebenfalls erregend sein kann). Es ist bei uns als Paar also nicht so, dass ihr das Aushalten meiner Vorlieben gefällt, um des Aushaltens Willen, sondern meine Vorlieben sind auch die ihren.
Und das passt bei uns auch deswegen so gut, weil ich durchaus ein Reaktionsfetischist bin, nicht alleine nur das, aber zum großen Teil schon. Wenn ich sehe, wie unsere Spiele sie erregen, erregt das auch mich. Wir profitieren also beide direkt sehr stark davon, dass wir nur das miteinander spielen, was uns auch direkt anmacht. Ich käme gar nicht auf die Idee, von ihr etwas zu verlangen, was ihr nicht direkt gefällt, weil es schlichtweg nur sehr wenig gibt, was mir gefällt, aber ihr nicht. Und auf dieses sehr wenige verzichte ich dann eben einfach.
Aber: Wir verlassen zumindest ihre Komfortzone dabei trotzdem manchmal. Sie spürt Schmerzen, wenn ich sie schlage, das als ein Beispiel. Und es tut ihr weh. Und ich bin mir sehr sicher, dass sie das nicht unbedingt braucht. Allerdings spielen wir so miteinander, dass ich diese schmerzhaften Erlebnisse mit dem Spiel mit ihrem Schamgefühl kombiniere, und das wiederum ist für sie aufregend und heiß. Und jetzt, wo ich das so schreibe, denke ich darüber nach, was wohl wäre, wenn ich sie einfach nur schlagen würde, ohne das Drumherum aufregend zu gestalten. Einfach nur schnellen, harten SM. Würde ihr das gefallen? Ich glaube nicht. Und mir wohl auch nicht. Es ist, denke ich, wirklich die Kombination aus Situationen und Spielen, die gerade so unserer beiden Grenzen anreißen mit Situationen und Spielen, die wir wirklich lieben, die unseren BDSM ausmacht und dann auch tief geht.
Tiefe hat das trotzdem, auch wenn das (für Manche) Extreme bei uns fehlt. Unsere Tiefe ist aber vielleicht eine andere, oder zeigt sich zunächst auf eine andere Art und Weise, als bei Pärchen, die im BDSM eher extremer unterwegs sind? Ich bin zum Beispiel durchaus fordernd, wenn ich sie dominiere. Ich weiß, was ich von ihr möchte und verlange, dass sie sich Mühe gibt, mir diesen Wunsch zu erfüllen. Und tut sie das nicht, erfüllt mit diesen Wunsch nicht, hat das natürlich Konsequenzen. Aber uns ist es wichtig, dass wir dabei das freudige Spielen miteinander, mit unseren Erwartungen und Hoffnungen, mit Sehnsüchten und Gier, mit frivolen Gedanken und schamhaften Handeln nicht aufgeben. Eine Züchtigung, wenn sie versagte, wird niemals purer Schmerz sein, denn ihr das an zu tun würde mir gar nicht gefallen. Eine Strafe bedeutet für sie also meist auch gleichzeitig das Spiel mit ihrer Scham, und das ist etwas, was ihr - und auch mir - gefällt. Und das ist auch Tiefe für mich: eben so sein zu dürfen, wie ich möchte, abseits von "das muss so, weils im schwarzen Buch steht".
Ich weiß, das klingt inkonsequent, weil die Strafe dann keine eigentliche Strafe darstellt. Etwas, was gefällt, kann doch keine Strafe sein? Eine Strafe muss weh tun, man muss sie zu verhindern versuchen, richtig? Ja, das wird wohl meist so sein und ich kann diese Gedanken auch nachvollziehen. Trotzdem denke ich, dass auch der Umgang mit Konsequenzen und Strafen sehr individuell gestaltet werden dürfen sollte... oder so.
Im ernst: Ich möchte gar nicht strafen, weil mir das diesen von mir und von uns so geliebten leichten, verspielten Umgang mit BDSM nehmen würde. Wenn du mit Tiefe also meinst, dass Konsequenzen für Versagen wirklich weh tun müssen, dass vielleicht sogar eine gewisse Angst vor dem Top eine Rolle spielt, dann ja: dann vermisse ich diese Tiefe für mich(!) sehr gerne, denn das ist dann kein Miteinander, welches mich reizt. Ich möchte damit gar nicht abwerten, wenn andere so miteinander umgehen, wenn sie gerade das brauchen und es sie kickt. Bitte, tut, was immer euch gefällt!
Unsere Tiefe besteht für uns daraus, dass wir uns immer wieder auf neue, kreative, den gängigen Klischees ausweichende Spiele und Situationen einlassen, mit der Leidenschaft, Lust und dem Trieb des Gegenüber spielen, und ich als Top sie dabei in von mir erdachte Abenteuer entführen darf, sie dabei an die Hand nehmen darf und sie sich mir offen anvertraut, wie auch ich mich ihr offen anvertraue. Wenn wir beide am Ende eines unserer Spiele, was Andere wohl eine Session nennen würden, glücklich in unseren Armen liegen, fix und fertig und mit einem Strahlen in den Augen, dann war es gut - auch ohne extremen SM.
Und wenn du dich nun fragen solltest, wie solche "Sessions" aussehen könnten, kannst du gerne mal in dieser Gruppe hier nach meinen Geschichten schauen (oder sie über mein Profil lesen, aber das soll kein Gesuch nach Aufmerksamkeit sein), denn oft könnten diese genau so auch real stattfinden und würden mir durchaus gefallen - von den extremen Geschichten, die ich nur schrieb, um die ganz dunklen Seiten meiner Fantasie raus zu lassen, natürlich abgesehen!
Ich hoffe, ich konnte damit deine Fragen beantworten? Auf jeden Fall möchte ich mich für deinen achtsamen, wertschätzenden Umgang mit einem Kirschen-Menschen bedanken!