@yokowakare
im PS hatte ich mich nur über Deine Auffassung gewundert eine Subsummationsmöglichkeit ohne Begriffsanalyse zu finden...
Zur Erklärung von Kunst scheint es dennoch wichtig, auf die Vermögen des Menschen, der Kunst schafft und erlebt, einzugehen.
Das ist nicht wichtig, sondern von grundlegender Bedeutung. Allerdings setzt Du Deine Zweiteilung (geistig/materiell) im menschlichen Vermögen wie mir scheint nur deshalb, um später darauf reduzieren zu können:
Dieses Vermögen ist geistig und materiell. [...] Dieser ganze Vorgang [Kunstproduzieren/-rezipieren] ist unbeschreiblich komplex [...] Daher wird die Methode der Reduktion durch Abstraktion und die Selektion angewendet. Das Ergebnis sind die Begriffe Materie und Geist. Sie stehen für verschiedenes in der Welt; sie mögen als Formen des Seins gelten.
Aus dieser ontologischen Annahme folgerst Du dann stete binäre Einteilungen wie
Der Geist wiederum ist ebenso in zwei Begriffe gliederbar: Verstand (ratio) und Gefühl (emotio). Beide sind wiederum unserem Bewußtsein und Nicht(/Unter)bewußtsein zugehörig
Da regt sich in mir natürlich Widerspruch, denn es ist -abgesehen davon, dass nicht klar ist, was Du mit emotio meinst- zunächst einmal völlig unbegründet diese Polarität mit einer Zuordnung zu Bewusstsein/Unbewusstsein zu stützen, da wir Emotionen bewusst erleben können und die kognitive Kraft, die Du "ratio" nennst, auch unbewusst wirkt. Entscheidend aber ist, dass die beiden Aspekte des phänomenalen Seins, von denen Du sprichst, in einer Vielzahl von Phänomenen derartig miteinander verbunden sind, dass eine Trennung der beiden bewirkt, dass wir das in Frage stehende Phänomen aus den Augen verlieren. Trennst Du den Moment, der bei der Produktion und Rezeption von Kunst die spezifische Rolle spielt, derartig in verstandesmäßigen und gefühlsmäßigen Anteil, dann umgehst Du das eigentliche Problem der Frage "Was ist Kunst?". Und Du kannst in weiteren Schritten argumentieren, dass es Objekteigenschaften gebe, die der Ratio zugänglich und daher objektiv bestimmbar sind ("x ist 50cm lang", "x ist rot"), und andere, welche dem Gefühl zugänglich sind und nicht objektiv bestimmbar sind ("x ist schön/häßlich"). Diese Einteilung scheint nur unter der Prämisse des Gegensatzes von ratio und emotio sinnvoll. Da ich diese Prämisse für falsch halte, komme ich zu einem anderen Ansatz:
Unsere Wahrnehmung unterliegt unseren physiologischen Rahmenbedingungen (Hörschwelle, Farbensehen, Taktilität, etc.). Wir nehmen nur einen Teil (Wirklichkeit) der Realität war, und das ist schon unglaublich viel. Also, um das zu bewältigen, teilen bereits unsere Sinnesorgane unabhängig vom Einfluss zentralnervöser Steurung die einkehrenden Signale in bestimmte "Entitäten" (Kategorien, oder Gestalten) ein. Diese Leistung der Sinnesorgane sorgt dafür, dass wir "rot" sehen können, zwei striche als "paralell" oder "kleiner als" wahrnehmen. Das sind die Art von Eigenschaften, die wir aufgrund unserer physiologischen Gemeinsamkeiten zu objektiven Kriterien machen.
Was ist nun mit Aussagen wie "x ist schön/häßlich"? Worüber sprechen wir mit solchen Sätzen? Das Wort "schön" lässt sich in vielerlei Kontexten benutzen, so gibt es "schöne Sonnenuntergänge", "schöne Ferien" und "Dit is ja 'ne schöne Sauerei!". Ich möchte auf folgendes hinaus: "schön" als paradigmatisches Urteil im Kunst-Kontext bewertet nicht nur jene objektive Kriterien, sondern daraus konstruierte Normierungen. Die können variieren von Kultur zu Kultur, und innerhalb von Kulturen haben soziale Gruppen oftmals genau hier ein ausgezeichnetes Distinktionsmittel.. aber trotzdem bleiben zwei universelle Eigenschaften einer solchen Normierung: soziale Relevanz, Reduzierbarkeit.
Es ging mir also, zusammenfassend, darum: Kunstproduktion/-rezeption nicht als Projektionsfläche für eine dualistische Ontologie preiszugeben und darüber hinaus zu zeigen, dass wir das kleine Wörtchen "Kunst" in einer Weise benutzen, die wenig mit dem zu tun hat, was wir gemeinhin glauben. Kunst definieren ist die eine (soziale) Sache, die Prozesse auf die der Begriff angewandt wird eine andere (u.a. kognitionstheoretisch zugängliche) Sache.
Dass irgendein besonderes Können, eine besondere Art der Wahrnehmung oder sonst ein Mysterium "die Kunst" definieren lässt ist illusorisch.