„Aber: Eine große Anzahl verschiedener Play Partner sagt dennoch nichts darüber aus, ob jemand erfahren ist. Du kannst mit wenigen Partnern vieles richtig machen und mit vielen Partnern vieles falsch und wärst dann ein Top mit Erfahrung, der trotzdem schlecht ist.
Wobei ich mich hier frage: wann ist ein Top "schlecht"?
Das ist, denke ich, genauso höchst individuell wie die Andeutung des TE, dass Erfahrung wichtig sei. Ich sehe das ganz anders.
Wenn ich mich mit jemandem sexuell auslebe, heißt das immer, dass ich zusammen etwas aufbaue. Ich entwickle meine Sexualität mit einer Partnerin immer wieder zum Teil neu. Nur der grobe Rahmen ist durch meine eigenen Vorlieben und Fantasien, welche ich mit ihr umsetzen möchte, und natürlich die ihren, vorgegeben. Was und wie wir gemeinsam davon ausleben, ist dagegen immer wieder höchst individuell und anders. Das war auch in meinen vorherigen Partnerschaften so. So sehr individuell und anders, dass in manchen Partnerschaften unser beider Vorlieben nur zum Teil gelebt wurden. In Beziehung A diese und jene Vorlieben, in Beziehung B wieder ganz andere. Nur die Basis war immer da.
Betrachte ich vor diesem Hintergrund nun meinen Umgang mit BDSM, kann ich nicht sagen, dass mir Erfahrung wichtig sei. Die bilde ich ja oft immer wieder neu. Wenn ich z.B. mit einer Ex die Erfahrung gemacht habe, dass sie Schläge nur auf diese oder jene Art mag und nur diese Variante sie erregt, und mir ihre Erregung wichtig ist, kann ich das nicht 1:1 auf die aktuelle Partnerin projizieren. Diese mag vielleicht Schläge gar nicht oder nur auf eine andere Art und Weise. Was nützt es mir da, zu sagen, Erfahrung sei wichtig?
Wichtig ist sie da, wo die Technik die Hauptrolle spielt. Bin ich z.B. beim Schlagen so sehr hart unterwegs, dass Blutergüsse und aufgeplatzte Haut vorkommen und hier eine Nachsorge wichtig ist, sollte ich mich damit auch auskennen, um diese Nachsorge bieten zu können. Stehe ich beim BDSM z.B. auf Atemkontrolle der härteren Gangart, sollte ich genau wissen, was ich da tue, um meine Bottom keiner unnötigen Gefahr auszusetzen. Bei solchen Punkten spielt Erfahrung insofern eine Rolle, dass sie bei der Technik hilft. Und dennoch sind auch hier die Menschen total unterschiedlich und die Atemkontrolle kann bei Partnerin X schon anders aussehen als bei Partnerin Y.
Diese Betrachtungsweise macht für mich die Aussage, generell sei Erfahrung ja ein wichtiger Punkt, schwierig.
Und mehr noch: das innere Bild, welches ich von einem Top mit jeder Menge Erfahrung habe, ist meist ein sehr konservatives, strenges, auf Klischees beruhendes. Ich stelle mir dann immer jemanden mit zwei schwarzen Koffern voller Spielzeug vor, in dunkler Kleidung auf einem Thron sitzend, seine Bottoms zu den Füßen kniend. Das ist für mich (!) aber gar kein erstrebenswertes Bild, weil es nicht das ist, was mich am BDSM reizt. Insofern ist diese Erfahrung, die oft erwähnt wird und bei der ich immer sofort dieses Bild vor Augen habe (auch, weil erfahrene Tops sich hier im Joyclub genau so darstellen; sie füttern dieses Bild bei mir), gar keine, die ich möchte. Aber dieser Absatz ist höchst individuell und mein eigenes Ding, bitte bedenkt das!
@****n96 An deiner Stelle würde ich mir die Frage stellen, warum dir so wichtig ist, als erfahren zu gelten. Habe ich dich denn da richtig verstanden?
Ich würde versuchen, einfach bei mir zu bleiben, zu meiner Unerfahrenheit zu stehen und mit der aktuellen Partnerin zusammen versuchen, neue aufregende Erfahrungen zu machen, ganz individuell passende, und einen Sch... auf das geben, was andere vielleicht davon halten könnten. BDSM ist ein so dermaßen großes, weites Feld, dass Expertise darin für mich persönlich gar keine Rolle spielt. Ich werde vermutlich selbst nie ein in den Augen der Community erfahrener Top sein, weil mein Spielfeld im Stadion "BDSM Arena" so dermaßen klein ist, dass es von den Tribünen aus gar nicht erkennbar ist. Und ich muss als Spieler auf dem Spielfeld auch gar nicht wissen, ob die Zuschauer jubeln oder unzufrieden mit meiner Performance sind - ich spiele für mich und meine Partnerin, und nicht für die Zuschauer!
Wenn du einfach Austausch suchst, weil du Fragen zu Spielarten, Möglichkeiten und Gefühlen hast, die beim BDSM entstehen können, kann ich dir die Gruppen im Joyclub empfehlen (je kleiner, desto familiärer und "ernsthafter" wird dort miteinander diskutiert) und die real life Stammtische. Dort sind auch die Tops und Bottoms anzutreffen, die online weniger auffällig sind.