Noch ein Nachtrag, weil ich das Gefühl habe, viele stossen sich am Wort "Spiel" und sehen darin eine mangelnde Ernsthaftigkeit. Dem sollte aber auf keinen Fall so sein.
Ich schrieb ja schon bei mir war es Veranlagung und bei einer Kindheit in den 70/80er Jahren, vor dem Internet und vor der öffentlichen Szene, war das schon eine kleine Identitätskrise, man wusste ja nicht wieso man das so empfindet und warum man nicht so war wie die anderen, geschweige denn das man ahnte das es noch andere gab.
Umso mehr freute mich die aufkeimende SM-Szene Ende der 80er/Anfang der 90er. Wir alle waren eine kleine, eingeschworene Szene aus "Triebtätern" unsere Gelüste führten uns zusammen und wir waren froh das es andere gab und gemeinsam organisierte man Stammtische, kleine Parties, SM-Magazine usw. Verbunden hat diesen bunten Haufen einzig die Veranlagung. Wir waren halt so, so wie man schwul ist und uns war klar das es nicht weggeht oder therapierbar ist. Wir hatten mit dem gesellschaftlichen Umfeld Glück und konnten daher unsere Sexualität annehmen und hatten Leute die die damit verbundenen Probleme auch kannten.
Dann kam das Internet, die privaten Medien, SM wurde quotenträchtiges Thema und Ende der 90er, Anfang dieses Jahrtausends gab es einen richtigen Boom der Szene. Leute stießen hinzu die irgendwann mit 30 oder 40 eine Flaute in ihrem Sexleben hatten, das spannende Thema SM entdeckten und es für sich mal ausprobieren wollten. Die kauften wie wild das SM-Handbuch, lernten die Szene-Codes, die Regeln, diskuttierten und wurden mustergültige SMler. Und sie sahen dann alles viel, viel enger und engstirniger als die frühe Szene.
Für uns war früher klar, das unsere Phantasien Sadomasochistisch sind und das ganze sich kurz SM nennt. Aber Ende der 90er mit dem frühen Internet hieß es plötzlich BDSM, es wurde ein Unterschied zwischen Sub und Sklavin gemacht, man nannte sich plötzlich auch im realen Umgang miteinander Sir XY und was weiß ich. Die Szene verkam zu einer ritualisierten Subkultur, wie Goth halt einen Kleidungsstil und bestimmte Musik als verbindend sehen, so nahm diese 2. Generation halt eine bunte Mischung aus SM-Handbuch, SM-Chat-Cybersex, Schmuddelheftchen-Phantasien, Anne Rice Romanen, Geschichte der O etc. und schmiedete daraus einen "richtigen SM". Und dann begann damit die Abgrenzung, man hatte soviel getan um zu dieser Szene zu gehören, das man halt klar machen wollte was alles erforderlich ist um SMler zu sein.
Und das war in meinen Augen der Sündenfall unserer Szene, seither habe ich viele "echte SMler" (also jene die diese Veranlagung haben, welche die sich diese Szene nicht ausgesucht haben sondern so geboren sind und es auch nie ganz loswerden können, egal wie sehr sie die Szene nervt) aus der Szene zurückgezogen. Seither wurde die Szene so intolerant das sich für alles und jedes kleine Unter-Subkulturen prägten. Stammtische wurden ernsthaft und langweilig, usw.
Aber seien wir doch mal ehrlich zu uns selbst und uns allen: Wir sind normale Menschen, haben normale Leben und nur unsere Sexualität ist halt etwas anders. Wir können Liebe mit Schmerzen und Demütigungen verbinden aber ersetzen wir SM durch das Wort Sex, so haben wir auch nur normale Beziehungen (die hoffentlich ja auch immer lustvollen Sex enthalten). Und ob man nun so auf die Welt kam oder einfach nur irgendwann die Lust daran entdeckte und SM reizvoll findet unterm Strich machen wir es alle aus Lust an der Sache. Aber für keinen von uns bestimmt diese Sache unser gesamtes Leben. Selbst bei mir nicht der das sogar beruflich macht, einen reinen SM-Freundeskreis besitzt und seit dem 18. Lebensjahr nur Beziehungen zu Smlerinnen hatte.
Und obwohl ich das so auslebe und SM so ein großer Teil von mir und meinem Leben ist, sehe ich es dennoch als Spiel. Denn wichtiger als jeder SM ist in einer Partnerschaft die Liebe und Zuneigung zueinander, das Verständniss füreinander, die Lust aufeinander, das Gemeinsame, usw.
Wer das nicht hat hat nur eine Fick- bzw. Spielbeziehung. Da wird alles ausgeklammert damit man harten SM lebt, aber das ist maximal eine Affäre und dann keine Partnerschaft mehr.