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Unterscheiden sich schwules und straightes BDSM?

Kink-Coach Dan Apus im Interview

Fetisch-Coach und Kink-Veranstalter Dan Apus über Unterschiede zwischen schwulem und straightem BDSM, seine Selbstbeschreibung als grau-asexuell und warum BDSM weit über das Sexuelle hinausgeht. Das Schönste: Er ist der Protagonist der neuen PURE-Dokumentation Schwul – Queer – Kinky.

Dan Apus: Sadist, Coach, Herrchen

Umtriebig ist untertrieben: Dan Apus ist Coach, Veranstalter und Sadist. Ehemann, Herrchen und Dom. In Workshops hilft er Neugierigen dabei, ihre kinky Seite auszuleben. Als Coach berät er Menschen zu Themen von Persönlichkeitsentwicklung bis Dating. Als Veranstalter Kinky in Wonderland organisiert er Events von Kunst bis Hardcore-Play für schwules wie auch bunt gemischtes Publikum.

Und er ist Protagonist von Schwul – Queer – Kinky. Die neue Folge von PURE Kink Documentary begleitet ihn beim Painplay, bei der Probe einer Tanzperformance mit Seil und beim Puppyplay.

Schau den Trailer zu "Schwul – Queer – Kinky"


Ein Film von SebastianSalvor, Carnivore_Pic & Pepper_mind


Den ganzen Film siehst du in der JOYclub-Mediathek.

 

Zum Puppyplay hat Dan erst über seinen Mann gefunden: "Er hat das mit in die Beziehung gebracht. Erst konnte ich gar nichts damit anfangen. Heute haben mein Mann und ich ein kleines Rudel und ich mache Events und Workshops zu dem Thema." Stichwort "Herrchen".

Da behaupte noch jemand, die Ehe sei der Tod jeder Experimentierfreude.

 

Interview: "Negotiation oder Aftercare sind im schwulen Umfeld sehr schwach ausgeprägt".

JOYclub: Wie hast du deine Liebe zu BDSM entdeckt? Und wie sahen deine ersten Schritte aus?

Dan Apus: BDSM-Fantasien hatte ich bereits im Alter von zehn Jahren, wobei ich sie zu dieser Zeit natürlich noch nicht einordnen konnte. Irgendwann war mir klar, das sind nicht nur Fantasien, sondern Bedürfnisse, die ich ausleben muss.

Meine erste BDSM-Erfahrung hatte ich mit 19 Jahren bei einem Sex- und BDSM-Date und habe mich damals noch weit schwerer damit getan. Ich merkte, dass ich weiteren Input brauchte. Mit 23 Jahren fand ich einen festen Mentor. Ab diesem Moment gewann ich ein ganz anderes Verständnis für BDSM und genau das ist es, was mich heute antreibt, selbst als Coach und Trainer tätig zu werden.

 

JOYclub: Gibt es einen Unterschied zwischen schwulem und straightem Kink und Fetisch? Worin besteht er?

Dan Apus: Als Veranstalter organisiere ich Events sowohl für die schwule als auch die gemischte Welt. Dabei fallen mir immer wieder enorme Unterschiede auf, die ich zwar nicht pauschalisieren will, die aber schon die Gestaltung meiner Events beeinflussen.

Beispielsweise sind Themen wie Negotiation oder Aftercare im schwulen Umfeld sehr schwach ausgeprägt. Oftmals ist es Ziel, an einem Abend mit vielen verschiedenen Partnern zu spielen. Die Anonymität übt hierbei einen starken Reiz aus. Das Spiel entwickelt sich organisch, bleibt auf einem relativ gemäßigten Intensitätslevel. Dabei passieren schon mal kleinere Fehler, diese werden aber schnell verziehen.

Ganz anders bei gemischten Events. Verbale Konsensfindung hat hier eine zentrale Bedeutung und wenn es überhaupt zu einem Match und Play zwischen neuen Bekanntschaften kommt, so müssen Aufpasser häufiger einschreiten. Es wird etwas vorsichtiger und distanzierter miteinander umgegangen. Das respektvolle Miteinander ist sehr ausgeprägt. Dafür spielen diejenigen, die sich finden oder meistens auch schon vorher kannten, auf einem viel intensiveren Level.

 

JOYclub: Warum ist das so?

Dan Apus: Die Welten haben sich parallel entwickelt und mit einer gerade zu Beginn eingeschränkten Durchlässigkeit. Die schwule Szene ist ja notgedrungen mehr oder minder im Geheimen entstanden und gewachsen. Mittlerweile gibt es riesige schwule Fetisch-Festivals und Events mit zehntausenden an Teilnehmern, die für viele Heteros fast unbekannt sind. Aber die Durchlässigkeit wächst und beide Seiten – wobei es definitiv nicht nur diese beiden Seiten gibt – lernen voneinander.

 
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JOYclub: Du hast Aftercare erwähnt. Inwiefern sieht Aftercare im schwulen oder queeren Kontext anders aus als im heterosexuellen?

Dan Apus: Die schwule Welt befindet sich hier in einem Umbruch. Allgemein gibt es die Tendenz, weniger zu reden und mehr zu handeln. Dies trifft nicht nur auf Absprachen im Vorfeld oder die sogenannte Negotiation zu, auch beim Thema Aftercare haben viele eigene und vom Spielpartner unabhängige Lösungen gefunden.

Häufig gar nicht mit dem Bewusstsein, dass es sich hierbei um Aftercare handelt, verarbeiten einige ihre Erlebnisse einfach nonverbal, haben feste Kuschelpartner oder Freund:innen, wo sie die Erlebnisse bereden. Manche halten ihre Erfahrungen in einem Tagebuch fest oder chatten anonym mit Fremden darüber. Bei festen Partnern oder Spielgruppen und auf Events finden sich immer mehr klassische und bewusste Formen der Aftercare.

 

JOYclub: Wie sieht Aftercare für dich als bekennender Sadist aus?

Dan Apus: Aftercare ist ein essentielles und unverzichtbares Element, um meinen masochistischen Partner, mich selbst und unsere Beziehung zu stabilisieren.

Viele Subs haben nach einer Session einen hohen Kuschelbedarf und suchen Nähe. Dann möchte ich einfach für meinen Sub da sein, ihm Halt geben und zeigen, wie viel es mir bedeutet, dass er diese intime Zeit mit mir geteilt und mir vertraut hat. Oft teile ich das Bedürfnis nach körperlicher Nähe und kann dann diese Zeit gemeinsam mit ihm genießen.

Aftercare bringt auch mir als Dom etwas. Ein Austausch, etwa ein Danke oder Feedback, hilft mir, das Erlebte zu verarbeiten und meine sadistische Seite zu ergründen. Zusätzlich nehme ich nach ein paar Tagen mit meinem Partner nochmals Kontakt auf. Gerade in einer harten Session können alle Beteiligten in einen körpereigenen Rausch verfallen, auf den wie bei jedem High irgendwann ein Low folgt. Vielleicht aber eben erst viel später. Damit sollte niemand allein sein müssen.

Dies ist meine Art, mit Aftercare umzugehen. Letztendlich muss jeder eine eigene Methoden finden.

 
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JOYclub: Im Film bist du in unterschiedlichen Spielsituationen zu sehen. Vor allem die Bondage-Session ist hochintensiv. Wie merkst du, dass ein Sub für intensiveres Ropeplay bereit ist?

Dan Apus: Ich spreche vorher immer mit meinen Subs, versuche aber, das Gesagte mit kleinen Tests zu validieren. Denn was bedeutet denn nun “kein sehr hartes Auspeitschen” bei dir? Ist es 50 Mal mit einer Snake-Whip und voller Kraft auf den Rücken schlagen? Oder ein Mal?

Und selbst diese Tests laufen ja noch ohne Anspannung und Geilheit ab und sind daher nur ein vorläufiges Verständigungsmittel. Durch sie kann man gut Trigger oder absolute Limits herausfinden. Bei Neulingen, die selbst noch nicht wissen, was genau sie wollen, wirst du durch bloßes Fragen nur bedingt schlau.

Was ein Austausch aber stets schafft, sind Nähe, Verständnis und Vertrauen. Empathie und Connection sind die wichtigsten Zutaten für das spätere Spiel. Der Gesichtsausdruck, die Erektion, ein lustvolles Stöhnen oder tiefes Atmen sind wichtige Signale, die – richtig gelesen – mir alles sagen, was ich wissen muss.

 

JOYclub: Im Gegensatz zur Bondage-Session spielen bei deinem Puppyplay im Film Schmerzreize keine Rolle. Worum geht es dir?

Dan Apus: Als Leinenhalter oder Herrchen möchte ich mit dem süßen kleinen Wuffel spielen. Auch mal sexuell und mit BDSM, aber doch auf Augenhöhe und mit viel Kuscheln und Knuddeln. Demgegenüber gibt es im Puppyplay natürlich genauso Menschen, die mit klassischen BDSM-Praktiken wie eben Schmerzspielen arbeiten oder das ganze mit Sex verbinden.

Der Kern des Spiels ist aber ein bestimmter Headspace, der sogenannte Pup-Space. Der Human-Pup schlüpft in die Rolle seines Tiercharakters und gönnt sich somit eine Pause vom Alltag. Je nachdem wie diese Puppy-Persönlichkeit genau ausgestaltet ist, kann dies ein sehr sexuelles Wesen sein; ein Alpha-Puppy, der andere Puppys dominiert, ein Puppy, der gerne gefoltert und benutzt wird, oder nur ein Social-Puppy, der mit einem Cocktail in der Hand und unter der Anonymität der Maske plötzlich mutig wird und seine Gefühle besser ausdrücken kann.

 
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JOYclub: Du bezeichnest dich als grau-asexuell. Sex spielt für dich eine untergeordnete Rolle. Was bedeutet das praktisch?

Dan Apus: Sex im klassischen Verständnis, also Anal- oder Oralverkehr, spielt für mich eine nachgeordnete Rolle. Wenn mich eine Session erregt, praktiziere ich dies zwar auch (daher eben nur grau), die Session ist aber nicht Mittel zum Zweck. Für mich stehen vielmehr die Verbindung zu dem anderen Menschen, die Hingabe, das Vertrauen und die BDSM-Praktiken an sich im Mittelpunkt.

 

JOYclub: Wie lässt sich BDSM abseits von Sex denken?

Dan Apus: BDSM an sich ist ein viel weiter reichendes Konzept des menschlichen Zusammenlebens als lediglich Sex. Elemente sind beispielsweise Hierarchien, Kontrolle, Hingabe, Erniedrigung, Dominanz oder Rollenspiele. Diese Elemente sind bewusste Gestaltungsmittel und werden immer wieder mittels Aushandlung und Konsensfindung neu festgelegt. Sie beruhen nicht auf externen Vorgaben wie Normen oder Traditionen.

So bietet BDSM jedem und jeder die Freiheit, so zu sein, wie er oder sie sein möchte. Das stets in Abstimmung mit dem Gegenüber. Du darfst dir selbst aussuchen, wem du dich unterordnen willst oder wen du führen möchtest. Es klingt wie ein verträumtes Ideal, aber die Optionen sind vielfältiger als im Alltag, wo es feste Systeme, Rollen und Schichten gibt und dadurch von außen festgelegt ist, wer über wen welche Macht ausüben kann.

Abgesehen davon ist BDSM ein wunderbares Mittel, um sich selbst zu finden und zu verwirklichen, sich eine eigene Kinky-Identität zu erschaffen, abzuschalten und ganz bei sich zu sein.

 

Jetzt in der JOYclub-Mediathek schauen: "Schwul – Queer – Kinky"

Dan Apus hat im Laufe seines Lebens schon einige Outings hinter sich; er steht nicht nur auf Männer, sondern auch auf BDSM. Mittlerweile lebt er sich frei als Rigger, Sadist und Herrchen aus und unterstützt andere auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität. Diese Folge ist hautnah mit dabei, wenn Dan sich beim Puppyplay seinem menschlichen Hündchen widmet, eine Tanzperformance mit Seil probt oder beim Painplay die Grenzen seines Subs auslotet.

38 Minuten | D 2021 | Leihen: 5,99 € | Kaufen: 14,95 €


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Weitere PURE-Folgen

Folge 1 "Submissive" gibt's schon in der JOYclub-Mediathek. Hier entlang.


Folge 3 "Switching & Edge Play" ist da! Jetzt in der JOYclub-Mediathek schauen.


Folge 4 "Shibari als Passion und Beruf" wartet auf dich! In der Mediathek schauen.


Folge 5 "The Kinky Life of Tua" ist verfügbar! In der Mediathek schauen.

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