„Es gibt sicher viele Gründe, warum man im Seminar übrig bleiben könnte, es es ist sich auch sehr förderlich, an sich selbst zu arbeiten.
Jedoch gibt es auch etwas, was ich hier mal Privilegien nenne. Ein Privileg ist es, mit seinem Körper mehr oder weniger der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen.
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A) die Norm zu verändern- stelle ich mir sehr schwierig vor
Es ist sehr schwierig, es geht nur langsam, aber es geht, und jeder, wer möchte, könnte dazu beitragen.
Es gibt viele anderen Privilegien. Ich zähle hier auf, welche ich habe (die Liste ist unvollständig!):
• Ich bin weiß. Rassismus gehört nicht zu meinen täglichen Erfahrungen, und ich denke darüber nur nach, wenn farbige Personen mir sagen (direkt, in einem Buch, durch einen Zeitungsartikel, durch eine Demo), wie es ihnen in der Gesellschaft geht. Ich habe keine Möglichkeiten, das selbst, am eigenen Leib zu erfahren
• Ich bin gut gebildet und habe einen sicheren und interessanten Job, der mir auch noch viel Respekt bringt. Täglichen Erfahrungen von Menschen in anderen Arbeitssituationen erfahre ich nur dadurch, dass sie mir davon erzählen. Erst dann wird mir klar, wie priviligiert ich bin. Wie viel Glück ich hatte.
• Ich bin binär: Ich identifiziere mich eindeutig als Frau, und erfahre damit niemals direkt, wie die Gesellschaft nicht-binäre Menschen behandelt. Ich kann das nur dadurch erfahren, dass die nicht-binäre Menschen mir das sagen. Erst dann wird mir mein Privileg bewusst.
• Ich habe keinerlei Behinderungen. Ich kann nur erfahren, wie sich z.B. ein Mensch im Rollstuhl fühlt, indem dieser Mensch mir das erzählt, und mir auch sagt, wie er/sie von mir behandelt werden möchte.
Ich hoffe, das Muster ist klar geworden? Es gibt Privileg X. Diejenigen, die dieses Privileg nicht haben, machen alltägliche Erfahrungen damit, dass sie der vermeintlichen "Norm" nicht entsprechen. Diejenigen, die diese Privileg haben, merken oft gar nicht, dass sie priviligiert sind. Sie haben auch keine Möglichkeit zu erfahren, wie es sich lebt, wenn man dieses Privileg nicht hat. Daraus gibt es zwei Dinge, die alle Menschen tun können:
1) Diejenigen, die das Privileg nicht haben, können darüber reden, wie es für sie ist. Das habe ich und andere mollige Menschen hier gemacht. Wir haben erzählt, wie es uns in Tantra-Seminaren damit geht, dass unsere Körper der gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen.
2) Diejenigen, die das Privileg haben, können zuhören, und dadurch sich ihres Privilegs bewusst werden. Was sie mit diesem Bewusstsein machen, und ob sie damit etwas machen, entscheiden sie dann selber.
Grundsätzlich gebe ich dir recht. Allerdings muss man bei diesen "Privilegien" schon unterscheiden welche ich selbst gewählt bzw in der Hand habe und welche nicht. Hautfarbe, kulturelle Herkunft (wo ich geboren wurde), Binärität, Behinderung .... sind Dinge die ich nicht ändern kann auch wenn ich es noch so wollte. Körpergewicht aber kann ich in gewissen Grenzen ändern. Natürlich gibt es gewisse Veranlagungen und auch (selten) Krankheiten die eine Wunschänderung schwierig/unmölgich machen.
"Normen" über alles Mögliche gab und gibt es in der Menschheitsgeschichte immer. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres archasichen Gruppenverhaltens und haben ja auch entwicklungshistorisch gesehen durchaus ihre Berechtigung.
Man kann über Normen bzw Gewicht sicher streiten. Die ändern sich immer mal wieder. Rubensfiguren waren auch mal "in". Aber wenn man sich entscheidet bewust nicht der derzeitigen Norm entsprechen zu wollen, sollte man dazu stehen oder es eben ändern wenn es einen Stört dass man gemäß der gesellschaftlichen Normen behandelt wird. Das gilt für Menschen die stark tätowiert sind oder extreme Klamotten in der Öffentlichkeit tragen genau so. Anders sehe ich das bei Eigenschaften die wir nicht verändern können. Z.B. Diskrimminierung wegen Hautfarbe, Körpergröße (Länge) oder Alter.