Oh weh, die Romantik
Echte Dominanz braucht keine Selbstbestätigung
Ich fürchte. das ist verklärt, wie allgemein hier viele Dinge zusammengeworfen wurden, die nicht ursächlich miteinander zu tun haben. Schon diesen Satz finde ich einfach falsch.
Wir brauchen
alle Bestätigung, wir sind nun mal soziale Wesen.
Auch dominante Männer (und Frauen) wollen toll gefunden, bewundert, gemocht, geliebt werden. Ab und zu muss jemand sagen "hey, ich find das toll, wie Du mit mir umgehst". Das Ganze "ich will Dir gehören" ist ein großes Kompliment.
Das muss nicht die große Bühne sein, aber ein Gegenüber sollte man schon haben.
Nicht vergessen: Dominante Menschen stehen auch am Abgrund. Man möchte sich ausleben, aber kein Schwein sein. Es kann vernichtend sein, wenn man erst den Mut aufbringt, die eigene Bestien loszulassen und hinterher schlechtes Feedback bekommt.
Was ist Dominanz?
Ein Mensch ist dominant, wenn jemand diesen Menschen als dominant wahrnimmt. Vielleicht noch ergänzt um "und er sich dessen selbst auch bewusst ist".
So, Ende, das ist alles.
Jemand findet ihn dominant, er sieht das auch so - das reicht als Begründung.
ALLES andere ist Dekoration.
Die ganzen Klischees von "ich sich ruhend", "streng, aber gerecht", "leise, aber nachdrücklich" - das sind alles persönliche Vorlieben. Da gibt es keine "wahre Dominanz", es gibt nur, was mir gefällt oder nicht.
Ob ein Mini oder ein Hummer, es sind alles Autos.
Es gibt Menschen, die sind gerne kühl, leise, überlegt.
Er bleibt im Anzug, sie zerfließt vor Wonne.
Andere spielen laut und gewalttätig, mit Kratzen, Beißen und (gewollter) Vergewaltigung.
Einer badet in der Ruhe des Bondage und fühlt sich dabei aufgefangen und voller Hingabe. Der nächste findet das gähnend langweilig und will Gewalt und Sex Der Dritte will formvollendet dienen, der vierte einfach Schmerzen, der fünfte fies erniedrigt werden.
In allen Konstellationen geht es um Macht, um ausgeliefert sein, zulassen, Übergriffe, den Kick in Kopf und Körper. Sprich: Es geht in
allen Fällen um Dominanz und Unterwerfung.
Echt
Was uns irritiert ist, wenn es aufgesetzt wirkt.
Man spürt, das einer oder bei nicht mit ganzem Herzen bei der Sache sind. Das ist unangenehm und hohl.
Das kann aber mindestens drei verschieden Gründe haben:
- Es passt nicht.
Die beiden können einander gerade nicht erreichen. Das kann an den Menschen als solche liegen, aber auch nur an der Situation, dem falschen Tag whatever. Übrigens habe auch willigste Subs Tage, an denen es klemmt und einfach nicht gut geht.
- Man spürt es von außen nicht.
Ich bin durchaus schon lange dabei, aber es gibt immer Szenarien, bei denen ich große Fragezeichen im Kopf habe, es den Beteiligten aber doch Freude zu bereiten scheint. Das sollte man respektieren. Wenn er gerne rumbrüllt und sie gerne mit Tiernamen beschimpft wird, wer bin ich, das zu kritisieren?
- Es ist gewollt, aber nicht gekonnt.
Das wäre der einzige Fall, der diesem Klischee entspricht.
Und auch da kann es aus Unsicherheit kommen, aus Dummheit oder Arroganz, aus Verzweiflung.
Das ist tatsächlich zuweilen ätzend mit anzusehen, aber selbst dann oft verständlich.
(Was nicht heißt, dass ich das gut heiße. Aber jeder ist selbst dafür verantwortlich, wie und mit wem er spielt.)
Kann man es lernen?
Ich kenne viele Menschen, die im Laufe ihres Lebens ungeahnte Seiten an sich entdecken und entwickeln. Seiten zu denen sie vorher keinen Zugang hatten, die unerwartet zum Blühen kommen.
Oft hat das mit de Gegenüber zu tun. Mit einem Menschen sind auf einmal Dinge selbstverständlich, die vorher nicht einmal vorstellbar waren.
Viele Subs waren anfangs auch entsetzt. Ohrfeigen? Geht GAR nicht!
Und siehe, es geht doch und ist gut und geil.
Das gilt auch für Dominanz. Oft ist es etwas, das viel Überwindung kostet, um diese Seite auch zuzulassen. Und ja, das kann man lernen, man kann dahin geführt und begleitet werden. Man muss das, wie Versuchender so schön sagt, entwickeln.
Was ist an "lernen" so falsch?
Es wirkt oft, als würde "lernen" bedeuten, dass man sich ein Verhalten antrainiert und das bliebe immer künstlich.
Aber das ist doch Quark, wir lernen unser ganzes Leben: Keiner von uns ist als Mutter bzw. Vater auf die Welt gekommen, nicht als Schüler, Bürger, Autofahrer, Konsument, Sportler. Das ist alles gelernt, aber dann doch auch ein Teil von uns.
Ich kam auch nicht als perfekter Dominus auf die Welt. Ich war einmal ein kleiner Junge, dann ein pickliger Teenager mit Hormonstau, später ein entdeckungsfreudiger Student und jetzt ein erfahrener Wüstling. Da habe ich unglaublich viel gelernt. Über mein Verhalten und was ein bei anderen bewirkt (Das ist ja bei jedem Menschen wieder anders.) Was funktioniert, was sich für mich gut anfühlt, was ich nicht mag.
Lernen heißt nicht, mit Lederhose vor dem Spiegel das grimmige Gesicht zu üben.
Es heißt, diese Dinge zu tun, es zu leben - und daran zu wachsen.
Und ja, das können die meisten von uns. Wenn sie es denn wollen.