Ich hatte meinen Hinterwandinfarkt vor 10 Jahren mit 54, völlig ohne medizinsche Risikofaktoren.
Es war knapp, und ich hatte wohl großes Glück, dass ich an diesem Tag frühmorgens richtig reagiert habe und anstatt zur Arbeit direkt zu meinem Hausarzt gefahren bin. Er war an diesem tag aussergewöhnlich früh in der Praxis und hat mich sofort ans EKG gehängt. Gut eineinhalb Stunden später hatte ich bereits einen Stent drin.
Es gab Anzeichen, lange vorher, aber das wurde mir erst hinterher bewusst. Das waren genau diese Gefühle von Unruhe und Rastlosigkeit.
Genau das war aber vermutlich und im Nachhinein auch die Hauptursache, denn bei den üblichen körperlichen Ursachen wurde nichts gefunden. Der Blutdruck und all die sonstigen körperlichen Werte lagen alle im Normalbereich.
In der Reha hatte ich das Glück, auf einen Chefarzt zu treffen, der dann die möglichen psychischen Ursachen durchleuchtet hat. Seine Statistik enthielt 4 dicke Säulen. Drei davon waren körperliche Risikofaktoren, Rauchen, Gewicht, Ernährung, Diabetes ... die vierte Säule war Stress, die psychische Komponente, und seiner Erfahrung nach mit mindestens 50% beteiligt.
Stress kannte ich, aber ich habe ihn bis dahin nicht als negativ wahrgenommen. Beruflich, privat und selbstgewählt auch noch als Wochenendfüllende Freizeitbeschäftigung. Dabei habe ich mich stark und ausgefüllt gefühlt. Dass mein Körper mein ausuferndes Engagement in alle Richtungen als krankmachenden Stress wahrnimmt war mit nicht bewusst.
(... zur Erklärung für Menschen die meine Geschichte nicht kennen: Ich war beruflich im Troubleshooting sehr engagiert, habe meine vermeintlich todkranke Tochter (Diagnose ALS) betreut, war politisch sehr engagiert, mindestens jedes zweite WE entweder in Stuttgart oder Berlin oder sonstwo in D, und ich war auch in Sachen BDSM sehr engagiert mit teilweise mehrerern Spielbeziehungen gleichzeitig ... Ruhepausen und Nichtstun kannte ich nicht)
Ich habe auf diese Erkenntnis reagiert und noch in der Reha Weichen gestellt. Ich habe unmittelbar alle meine politischen Ämter aufgegeben und mich völlig aus der Verantwortung zurückgezogen. Ich habe mich beruflich in die zweite Reihe zurückgenommen und der größte Stressfaktor, meine bis dahin als todkrank geltende Tochter, hat sich teilweise in Luft aufgelöst, weil sich die Diagnose nach sechs Jahren Intensivpflegemit Heimbeatmung als falsch herausgestellt hat (... sie lebt heute wieder fast gesund und eigenständig). Dadurch haben sich auch meine temporär etwas schwindelerregenden finanziellen Drahtseilakte wieder auf festen Boden verlagert.
Ganz nebenbei hat sich auch mein Liebesleben etwas entzerrt (... alles im Guten und völlig stressfrei). Meine damals zweite Spielbeziehung, die ich erst ca. acht Wochen vor meinem Infarkt kennengelernt habe ist heute meine Frau, und meine damalige Lebengefährtin unsere beste Freundin.
Worauf will ich nun hinaus lieber TE?
Genau diese "Unsicherheit" und "Ruhelosigkeit" hatte ich in den ersten Wochen nach dem Infarkt auch. Ich bin bei jedem kleinen Anzeichen von Unwohlsein in die Notaufnahme und war auch nochmals für einige Tage stationär zur Beobachtung.
Erst in der Reha bin ich langsam zur Ruhe gekommen weil ich das das "Warum", die Hintergründe verstanden habe. Der Infarkt ist nicht einfach passiert, sondern ich habe meinen Körper so in die Enge getrieben, dass er eine logische Folge war.
Die Anzeichen davor waren nicht viel anders als diese Gefühle danach, nur dass ich jetzt Ursache und Wirkung richtig einordnen kann.
Innere Unruhe, Unsicherheit und Rastlosigkeit wären nach meiner Erkenntnis schon wieder der Nährboden auf dem sich der nächste Infarkt entwickeln kann. Also habe ich mich dazu gezwungen, Ruhe und Sicherheit in mein Leben zu bringen. Ich renne nicht von Arzt zu Arzt sondern lausche nach Innen. Was tut MIR gut, was stört MICH und meine Ausgeglichenheit. Gesunder Egoismus.
Ich habe durch den Infarkt zur wahren Leichtigkeit gefunden. Vorher habe ich mir diese Leichtigkeit vermutlich nur eingebildet.
Dazu gehört auch ein ausgeglichenes Sexualleben, eine ganzheitliche Befriedigung, die ich nur im BDSM erreiche. Ergo ist das etwas das positiv zu meinem Wohlbefinden beiträgt, dem Infarktrisiko entgegenwirkt. Ich habe also nicht weniger BDSM sondern mehr. Ich baue als aktiver Part aber immer bestimmte Sicherungsmechanismen mit in meine Sessions ein.
Ich weiß nicht wie deine Ursachen für den Infarkt verteilt sind lieber TE, aber ich kenne dieses Unruhegefühl, und das ist Gift. Du musst zur Ruhe kommen und die Leichtigkeit wiederfinden.
Du musst die Dinge abwählen die dich krank machen und Dinge belassen die dir guttun.
Ich bin da relativ egoistisch geworden.
LG, BoP (m)