Hallo @*****led,
du sprichst mehrere Themen an. Ich versuche als jemand, der bedingt mit psych. Themen zu tun hat/hatte, darauf einzugehen (sowohl persönlich, als auch distanziert und nüchtern):
„Nicht erst seit der Zwischendiskussion im Thread "Prioritätenliste" geistert mir dieses Thema im Kopf herum, das Ausschlußkriterium (seltener: die Anforderung) "psychisch krank" taucht besonders im BDSM-Umfeld ja oft auf. Selten wird konkret geäußert, was genau jeder einzelne darunter versteht, nicht selten wird ein pauschales "Borderliner" oder "Narzisst" rausgehauen, was bei genauerem Hinsehen lediglich mit einer oder zwei Charaktereigenschaften assoziiert wird.
Wegen der Aberglauben, dass Viele psychisch Erkrankte/Gestörte/Instabile BDSM (eher D/S und/oder S/M) als Flucht von ihrem Leid ansehen würden.. In "Stino"-Welt würdest auch genauso oft hören, dass Viele mit Witwen nichts zu tun haben wollen, weil wegen Trauer und PTS, oder Ähnliches. In jedem Kontext gibt es "voreilige Schlüsse", weshalb die Motive des Gegenübers als Folge einer psych. Störung angesehen werden. Nicht nur in BDSM.
„(...) Andererseits: BDSM erscheint mir geradezu ideal, im Spiel psychische Defizite, Blessuren, Ängste auszuagieren. Deshalb auch der Titel dieses Themas: Psychodrama ist ursprünglich als Therapieform oder -technik konzipiert und zunächst als Gruppentherapie, später auch für Einzeltherapien eingesetzt worden. Mittlerweile wird Psychodrama nicht mehr nur als Therapie, sondern auch in Form von Weiterbildungen, Coachings, Persönlichkeitsentwicklung usw. eingesetzt. Viele Settings im BDSM-Bereich erinnern stark an Psychodrama: Rollenspiele, Ageplay, D/S-Szenarien enthalten ganz klar Elemente aus dieser "Psychokiste".
Diese Passage kann Impulse setzen, aber definitiv falsche Impulse.
Beispiel: Bei der Verhaltenstherapie eines Borderliners (zwei Typen, auch da ist zu unterscheiden!)/einer Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen und auch in der Tiefenpsychologie wird die "Spiegelung"-Methode (Provokative Therapie, Gegenübertragung usw.) eingesetzt. Diese Krankheitstypen (grob gesagt) werden im Laufe ihres Lebens zu Chamäleons (ich sage nochmal: grob gesagt). Diese Spiegelung seitens des Therapeuten dient dazu, sie "bei der Sitzung zu brechen", um durchzudringen. Sie dient dazu, Blockaden zu brechen. Jeder Patient mit derselben Diagnose reagiert anders auf dieselbe Methode!
Ausgehend davon kann aber nicht legitimiert werden, dass ein (wenn auch extrem kognitiv und meinetwegen affektiv emphatischer) BDSM-Partner seinen psych. belasteten Partner durch "Spiegelung", oder (um den Bogen zu DI-Störung zu bekommen) durch Rollenspiele "bricht"!
„Ich möchte von euch wissen: wo seht ihr die Grenzen im Spiel? Was sind eure persönlichen Vorbehalte, was Spiele mit psychisch vorbelasteten Menschen angeht? Wo seht ihr Entwicklungsmöglichkeiten oder gar die Chance, euch durch derartige Rollenspiele im BDSM-Bereich von psychischen Einschränkungen zu lösen?
Ich könnte mir vorstellen, dass in fachspezifischen Sitzungen BDSM-Methoden mitreinfließen können, aber anders herum nicht. Ich sah schon viele Menschen, die "zeitweise" und "temporär" schräg drauf waren (und damit meine ich, dass sie NICHT die Diagnose einer psych., akuten Erkrankung verdienen). Ich habe aber auch einen sehr guten Genie-Kumpel, bei dem bi-polare-Störung diagnostiziert wurde. Das Einzigem was ihn "manisch" machte, war/ist der Versuch der "Zivilen", ihm therapeutisch helfen zu wollen. Ich musste früh lernen, aufgeschlossen zu sein, aber all das gibt mir kaum die Sicherheit, ein auf Therapeut zu tun! Und als ich mal meine Tiefpunkt-Phase hatte, dachte mein Ex-BDSM-Partner, der wäre Gott aller Therapeuten und hat alles beinahe schlimmer gemacht (bei mit war es eine temporäre Phase. Nichts Akutes). Für eine schöne Geschichte/künstlerische Darstellung fände ich die Kombi reizend. In dem Bereich bewege ich mich auch. Aber dies als Impuls zu verkaufen, finde ich alles andere als verantwortungsvoll.
Fazit: Auch wenn Psychologen/Psychotherapeuten und Ärzte bei "Zivilen" ziemlich verhasst sein sollen: Die tun das "Heilen" besser als die Zivilen.
Ergänzung: Dass BDSM eine Kompensation mancher psych. Probleme werden kann bzw. der Heilung hilft, will ich nicht abstreiten. Aber bitte nicht jeden x-beliebigen zum Therapeuten ernennen. Selbstdiagnose hilft da auch nicht.