Weibliche Archetypen und Schubladen
Ein interessantes Thema und eine spannende Diskussion.
Der letzte Beitrag liegt zwar schon eine Weile zurück. Da wir aber erst seit Kurzem im JC sind und das Thema mich zum Nachdenken zwingt, überspringe ich gerne diese Zeitlücke.
Zunächst: Frauen, die in meinem Leben eine Rolle spielen bzw. spielten (Familie und Beziehungspartnerinnen), zeigen/zeigten Verhaltensmuster, die man durchaus solchen Archetypen zuordnen kann. Nehme ich die von
@******ool zitierten
Spirituellen Archetypen Athanasias als Grundlage, würden sich die meisten in den "Schubladen"
liebevolle Mutter,
Prinzessin und
Amazone wiederfinden, einige wenige bei
Sirene und
Priesterin. Aber das ist
meine subjektive Einschätzung, und die sagt wahrscheinlich mehr über mich aus als darüber, wie sich die betroffenen Damen selbst erleben/erlebt hätten.
Einen Frauentyp jedoch finde ich weder bei den 8 weiblichen Urbildern Athanasias noch bei den 13 Archetypen aus
Im Kreis des Lebens (Davis & Leonard 2015, Arun) wieder. Ich nenne eine solche Frau "
Lehrerin", weil sie meinem Leben an entscheidenden Stationen wichtige Impulse gab. Am ehesten passt zu ihr die
Verwandlerin, von der der Davis & Leonard schreiben:
Die besondere Kraft der Verwandlerin erwacht in uns, wenn wir an der Schwelle eines neuen Lebensabschnitts stehen.
2 Beispiele: Die erste weibliche Wesen, mit dem ich Sex hatte, war eine um 10 Jahre ältere Frau, die es verstand, mir auf sowohl liebevolle als auch leidenschaftliche Weise die Angst vor dem anderen Geschlecht zu nehmen. Gut 20 Jahre später hatte ich mehrere Beziehungen zu Frauen, die es als ihre Aufgabe anzusehen schienen, mich zu erziehen, was in allen Fällen zum Scheitern verurteilt war aber letztlich dazu führte, mit meiner jetzigen Partnerin zusammen zu kommen.
Ich denke, wir sind hier alle darüber einig, dass die Archetypen wenig mit realen Frauen zu tun haben – das sagt schon das Konzept „Vorstellungs- und Handlungsmuster“. Darum finde ich die
Schubladen gar nicht so schlimm. Ganz im Gegenteil: Sie helfen, unsere vielen Erfahrungen mit ganz unterschiedlichen weiblichen Persönlichkeiten zu strukturieren bzw.
… vereinfach[en] für uns erst mal bestimmte kommunikative Prozesse
[@*********smile am 11. Januar 2015].
Der Hirnforscher Ernst Pöppel drückte es in seinem jüngsten populärwissenschaftlichen Buch „Dummheit“ (Pöppel & Wagner 2015, Goldmann, S. 203f) so aus:
„Wir verwenden laufend Begriffe, die als Verkürzung das Nachdenken ersparen. So sind die klassischen Begriffe wie «das Gute, Wahre, Schöne» solche Verkürzungen, denn was meinen wir eigentlich, wenn wir sie verwenden? Auch in der Wissenschaft ständig verwendete Begriffe wie Evolution, Gene, Kultur und auch der Begriff Abstraktion selbst sind Verkürzungen, die es erlauben, über etwas zu sprechen, ohne dass wir uns über die inhaltliche Tragweite Gedanken machen. Wir haben aufgrund der natürlichen Beschränktheit unseres Geistes eine Tendenz, Sachverhalte zu «ontologisieren» [festschreiben auf etwas konstruiert Wesentliches], also abstrakte Begriffe zu erfinden, die hauptsächlich der vereinfachten Kommunikation dienen. Sie sind Ausdruck einer Komplexitätsreduktion, weil wir es gerne einfach haben. Sind diese Komplexitätsreduktionen aber angemessene Repräsentationen der Welt, oder sind sie nur Ausdruck unserer Vorurteile und ein Hinweis auf unser eingeschränktes Denkvermögen? Dennoch: Wir können gar nicht anders, wir können auf solche Begrifflichkeiten nicht verzichten, auch wenn sie irreführend sind. Auch dies ist unser evolutionäres Erbe.“
Solange wir uns im Klaren sind, dass die Schubladen, in die wir gewisse – besonders auffällig erscheinende oder gar willkürlich herausgegriffene – Persönlichkeitsaspekte unserer Frau/Freundin/Geliebten verfrachten, nur wenig die Person als Ganzes beschreiben, können wir nichts verkehrt machen, und die „Schubladisierung“ ist nichts als ein nettes Spiel.
LG
Volker