Seitensprung ist TherapieEin Interview mit der Autorin von "Hauptsache Sex"

E-Mails transportieren Sinnlichkeit, Lust & Sex für den Kopf

Wie kam es zu diesem Buch?

Juno: Die Auseinandersetzung mit der Sinnlichkeit und der Erotik ist schon viele Jahre mein Thema. Irgendwann fragte mich ein E-Mail-Bekannter, was ich denn mit all diesen "Geschichten" machen würde, was mit dem schon Geschriebenen passiert sei. Da ich schon immer die Malerei mit der Schreiberei auf irgendeine Art verbinden wollte, brachte mich das natürlich auf eine Idee: ein Buch …

Der Inhalt war also vor der Form da?

Juno: Als die Geschichten entstanden sind, war es tatsächlich nie ein Thema, daraus ein Buch zu machen. Ich war und bin einfach nur neugierig auf Menschen – Männer und Frauen gleichermaßen –, um mit ihnen die Sinnlichkeit zu leben in Form von Geschichten, die gemeinsam von uns erfunden und anschließend teilweise auch erlebt wurden.

Was bringt das?

Juno: Ich konnte unter anderem durch diese Geschichten über die Jahre hinweg spüren, wie sehr ich mich als sinnliche Frau verändert habe. Und es brachte mir Genuss, eine besondere Form des Erlebens. Im Übrigen habe ich das alles eigentlich nur deshalb gemacht, weil ich eine Menschensammlerin, geradezu geil-neugierig auf Menschen bin und ein wirkliches Interesse an neuen Lebensformen habe. Mein Leben als Frau ist durch diese neuartige Konversation, das Erfinden und Erleben dieser Geschichten so unglaublich bereichert worden, dass es für mich nur eines gibt: weiterzumachen, weil es mich glücklich macht.

Von der schnellen Nummer im Internet

Warum muss man dein Buch unbedingt lesen?

"Hauptsache Sex" von Juno Februata
"Hauptsache Sex" von Juno Februata

Juno: Weil es aufzeigt, wie die Realität aussieht, wie verlogen die Konventionen sind, wie oft und wie viel fremdgegangen wird … Dass Männer und Frauen auf der Suche sind, in ihren Beziehungen nicht mehr glücklich sind und die Sinnlichkeit längst und völlig verschwunden ist.

Warum ist das so?

Juno: Mein Buch zeigt, dass das viele Ursachen hat. Um nur eine zu nennen, die mir bei meinen E-Mail-Kontakten besonders augenfällig wurde: Unsere Erziehung und auch der Glaube erlauben uns nicht, so zu leben, wie es uns eigentlich entsprechen würde. Ich sehe die Verlogenheit und das Leid, das man sich selbst zufügt, wenn man an Prägungen und überholten Werten und Gegebenheiten festhält, weil man nicht den Mut hat, etwas zu verändern, lieber in der Komfortzone und im Schmollwinkel bleibt.

… und aus Frust eine Übersprunghandlung macht: die schnelle Nummer im Internet.

Juno: Wenn man mein Buch liest, wird man sehr schnell bemerken, dass das eine sehr verkürzte Sichtweise ist. Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich auch als Frau Sinnlichkeit leben kann. Das war ja jahrhundertelang ein männliches Privileg. Die Mätressen im Mittelalter, die Großzügigkeit den Männern gegenüber, die "es durften", während die Frauen ausschließlich für die Familie da zu sein hatten: Ein überholtes Rollenverständnis.

Wir Frauen haben uns emanzipiert und leben jetzt auch unsere Lust – mit Recht und noch intensiver als die Männer, die oft ausschließlich wegen des reinen Geschlechtsaktes aus ihren bestehenden Beziehungen ausbrechen. Aber schon wahr: Das neue Medium Internet bietet diesbezüglich wirklich unglaublich viele Möglichkeiten. Warum sollten wir diese nicht nutzen?

Anonymität baut Hemmungen ab und verleitet zum Lügen

Also, liebe Frauen und Männer, auf zur virtuellen Balz!

Juno: Das ist aber eine nette Bezeichnung: Die virtuelle Balz … Sie bietet den Männern tatsächlich die Möglichkeit, alles zu finden, was sie sich wünschen. Für mich als fantasievolle Frau macht das die Sache sehr, sehr spannend. Ich finde unglaublich viel Stoff. Das reicht für eine ganze Buch-Serie.

Kannst du das ein bisschen näher erläutern?

Juno: Durch die anfängliche Anonymität im Netz weiß zunächst niemand, wer Du bist. Man kann Dich nicht hören, nicht sehen. Das baut Hemmungen ab, lässt Tabus vergessen und führt dazu, dass extrem viel gelogen wird. Mich fasziniert aber, dass im Internet dadurch auch sehr viel schneller als in der realen Welt Offenheit und Intimität entstehen kann – ähnlich einer Therapiestunde. In der Konsequenz heißt das, dass ein solcher virtueller Seitensprung beinahe therapeutische Qualität aufweist.

Ist das Wartezimmer der Therapeutin voll?

Juno: Sagen wir mal so: Mich hat schon überrascht, wie viele Männer und Frauen unterwegs sind, sich neben ihrem eigentlichen, bürgerlichen Leben noch ein weiteres aufzubauen, wie viele Menschen aus den Konventionen ausbrechen, um sporadisch oder regelmäßig die Lust mit einem anderen als dem eigenen Partner zu leben; wie viele "Gebundene" neue Ansätze suchen, Chancen sehen und die Offenheit schätzen lernen. Ich habe damit kaum negative Erfahrungen gemacht und beabsichtige deshalb, es weiterzutreiben.

Fremdgehen als Ausbruch aus dem langweiligen Alltag

Was ergibt sich für Sie daraus?

Juno: Das spreche ich in meinem Buch ganz deutlich an: Wir Frauen müssen uns an die eigene Nase fassen. Sind wir nicht selbst schuld, wenn unsere Lust zu kurz kommt? Wenn wir unsere Männer sich selbst und dem Internet überlassen? Und die Gesellschaft muss ihre Lebensformen überdenken. Dazu gehört, Treue neu zu definieren, vielleicht auch Familie. Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass, wenn die Menschen immer älter werden, wir auch nicht nur einen Partner für unser Leben haben können oder wollen.

Unser gesamtes Gesellschaftssystem steht auf der Kippe: Fremdgehen gehört doch mittlerweile sozusagen dazu, dieses Ausbrechen aus einem langweilig gewordenen Alltag und aus der Gewohnheit, weil man sich einfach mit den Jahren verändert. Ich wünsche mir deshalb mehr Toleranz und Offenheit für neue Formen des Zusammenlebens.

Und was raten Sie, um dem zu entsprechen?

Juno: Auch das sage ich in meinem Buch "Hauptsache Sex" ganz deutlich: Zulassen, dass sich der Partner verändert, weiterentwickelt, vielleicht auch ein anderer wird, ihn ziehen lassen, nicht einengen. Gönnt ihm einfach seine Freiheit!

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Auf der nächsten Seite findet ihr eine Leseprobe aus "Hauptsache Sex"