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Echt sauber! Hausarbeit teilen macht an

Wie faire Care-Arbeit dein Sexleben verbessern kann

Erst der Staubsauger, dann der Sex? Nicht sehr wahrscheinlich, wenn die ganze Hausarbeit an nur einer Person kleben bleibt. Sexologin Amelie Boehm hat sich mit ungerechter Care-Arbeit als Lustkiller auseinandergesetzt und zeigt Wege aus der Frustspirale.

 

Von Amelie Boehm

Ich bin nicht deine Mutti!

"I ain't gon' be cooking all day, I ain't your mama. I ain't gon' do your laundry, I ain't your mama..." sang Jennifer Lopez schon 2016 und trifft damit bis heute einen Nerv: Viele Frauen haben keine Lust mehr, die alleinige Haushaltsmanagerin in der Beziehung zu sein.

Eine australische Studie* zu heterosexuellen Partnerschaften zeigt, was viele selbst erleben: Wenn Haushalts- und Familienaufgaben ungerecht aufgeteilt und Frauen mehr belastet sind, hat dies eine direkte Auswirkung auf ihr Verlangen nach Sex. Wenn Männer nicht am gleichen Strang ziehen und sich unselbstständig geben, tötet das die Lust. Der attraktive Casanova wird zum Riesenbaby – und im Bett ist Flaute.

* Emily Harris, Aki Gormezano und Sari van Anders: Gender Inequities in Household Labor Predict Lower Sexual Desire in Women Partnered with Men, Archives of Sexual Behavior (2022)
 
 
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Amelie Boehm ist Psychologin und Sexologin. Sie will Menschen dabei helfen, ihre sexuelles Wohlbefinden nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Amelie lebt in Basel und arbeitet als Beraterin, Autorin und Speaker.
 
Du findest sie auf ihrer Webseite und auf ihrem Instagram-Kanal einfach.drüber.reden, wo sie aufklärt und deine Fragen zu Sex und Partnerschaft beantwortet.

Was unsere Lust auf Sex beeinflusst

Klassischerweise nehmen wir oft an, dass niedrige sexuelle Lust körperliche oder psychische Gründe hat – fehlendes Testosteron, auch bei Frauen, oder Stressbelastung. Damit wird der Grund in die lustlose Person selbst verlegt. Doch was, wenn auch das Umfeld einen Einfluss auf unsere Libido hat?

Lust auf Sex ist kein angeborenes oder stabiles Persönlichkeitsmerkmal. Das wissen alle, deren sexuelles Begehren sich steigert, wenn sie etwas Alkohol getrunken haben oder mit einem äußerst anziehenden Menschen flirten. Umgekehrt können Probleme im Job oder ein stressiges Familienleben dafür sorgen, dass der Freitagabend nicht auf der Matratze tollend endet.

Selbstverständlich gibt es Menschen, die grundsätzlich einen stärkeren oder geringeren Sex-Drive haben. Wie es uns gerade geht und welche Gedanken in unserem Kopf herumschwirren, kann ebenfalls einen Einfluss auf unsere Lust haben.

Die Bandbreite an Faktoren, die unsere Lust beeinflussen, ist viel größer, als du vielleicht annimmst. Unsere Sexualität ist mit allen anderen Bereichen unseres Lebens verknüpft, und so können diese Bereiche unser Verlangen nach mehr oder weniger Sex beeinflussen.

 
Den Rücken stärken: Wer sich von der Partnerperson unterstützt und gesehen fühlt, spürt wahrscheinlich mehr Anziehung.
Den Rücken stärken: Wer sich von der Partnerperson unterstützt und gesehen fühlt, spürt wahrscheinlich mehr Anziehung.
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Dazu gehören auch soziale Situationen, in denen wir uns befinden. Die Dynamiken unserer romantischen und intimen Beziehungen sind da ganz vorne mit dabei. Wenn etwa bestimmte Aspekte unseres Miteinanders Stress auslösen, zu Ermüdung führen oder unsere Gedanken aktiv kreisen lassen, dann kann das die Lust auf unsere Beziehungspartner:innen verringern.

Das bisschen Haushalt macht sich von allein?

Ein gut funktionierender Haushalt, in dem für die Bedürfnisse aller Familienmitglieder gesorgt ist, ist aufwändig. Kaum ist die Wohnung gesaugt, die Spülmaschine ausgeräumt und die Wäsche gewaschen, muss die nächste Mahlzeit geplant und die nasse Wäsche rechtzeitig wieder aufgehängt werden. Diese Arbeit ist nicht nur praktisch, sondern findet viel im Kopf statt.

Wer einen Haushalt führt, plant und organisiert vielzählige Dinge, ohne jemals fertig zu werden. Mit Kindern multipliziert sich die Anzahl an Tätigkeiten, Gedankenoperationen und die Frequenz der Durchführung um ein Vielfaches. Nun müssen zusätzlich noch Kindergeburtstage organisiert und an Arzttermine gedacht werden, Sorgen wollen begleitet und Chaos beseitigt werden. Ein Tag hat zu wenig Stunden, um alles zu schaffen, und auf acht Stunden Erholungsschlaf kommen nur die wenigsten.

Unlust?

All das kannst du als befriedigend empfinden und aus Liebe tun. Trotzdem ist Care-Arbeit eine ernstzunehmende mentale und körperliche Belastung. In unserer Gesellschaft wird diese Arbeit mehr von Frauen als von Männern verrichtet, unabhängig davon, ob sie dazu noch einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachgehen. Mal deutlicher, mal indirekter wird von vielen Frauen erwartet, dass sie unbezahlte und unterbewertete Arbeit leisten, ohne dass sie sich die Rolle der "Haushaltsmanagerin" aktiv und selbstbestimmt ausgesucht haben.

Der größte Lustkiller: Ungerechtigkeit

Tätigkeiten werden dann als besonders belastend erlebt, wenn die geleistete Arbeit nicht wertgeschätzt, erwidert oder überhaupt als Arbeit anerkannt wird. Kein Wunder, dass Frauen, die unfreiwillig den Großteil der Care-Aufgaben übernehmen, ihre Situation als anstrengend und ungerecht empfinden, sich nicht unterstützt oder geschätzt fühlen und mit der Situation ganz schön unzufrieden sind.

Das kann dazu führen, dass Frauen gestresst und erschöpft sind und kaum noch Zeit für sich selbst haben. Denn während sie einen Großteil der Hausarbeit erledigen, bleibt wenig Zeit und Raum, sich um sich selbst und um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Vermutlich überrascht es dich nicht, dass damit auch das Verlangen nach gemeinsamen intimen Momenten kleiner wird oder ganz verschwindet.

Es ist aber nicht nur so, dass sich eine Partnerin mit den Anforderungen des Alltags überfordert fühlt und wenig Raum für Lustgefühle und Erotik wahrnimmt. Eine besonders lusttötende Situation kann sich entwickeln, wenn eine Person die Aufteilung der Haushaltsaufgaben nicht nur als ungerecht empfindet, sondern auch den Eindruck hat, dass ihr Partner darauf angewiesen ist, dass sie sich um die Betreuung und Durchführung grundlegender Lebensaufgaben kümmert (die er als erwachsener Mensch eigentlich selbstständig erledigen können sollte).

 
Echte Intimität entsteht, wenn sich beide in der Beziehung unterstützt anstatt belastet fühlen.
Echte Intimität entsteht, wenn sich beide in der Beziehung unterstützt anstatt belastet fühlen.
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Genau das ist auch das Fazit der australischen Studie: Hat eine Partnerperson das Gefühl, sie müsse waschen, kochen, putzen, weil ihr Gegenüber Unfähigkeit vorgibt oder sie die Aufteilung als unfair empfindet, hat sie weniger Lust, mit ihm zu schlafen.

In heterosexuellen Beziehungen, in denen der Mann nicht mitzieht, fühlt sich die Frau in die bemutternde Rolle gedrängt. Laut Studie berichten viele Frauen, einen arbeitsscheuen Partner wie eine zusätzliche Betreuungsbelastung zu empfinden. Die von den Frauen wahrgenommene Vermischung ihrer Rolle als Beziehungspartnerin mit der einer Mutter? Für die meisten ziemlich unsexy und wenig lustfördernd.

Bessere Organisation für mehr Lust

Du kennst das Problem, dass in deiner Beziehung eine:r von euch keine Lust auf Sex hat? Vielleicht hat sich jemand von euch beiden beim Lesen dieses Textes erkannt oder ertappt gefühlt? Dann gibt es eine gute Nachricht: Es ist nicht schwer, etwas daran zu ändern.

Wenn die Lustlosigkeit teilweise oder vollständig von der Aufteilung der Haushalts- und Care-Aufgaben verursacht wird, könnt ihr diese Lust-Hürde gemeinsam überwinden. Wie? Indem ihr die Arbeit so verteilt, dass beide ähnlich stark belastet sind und die Aufteilung von beiden als gerecht empfunden wird.

Dadurch entsteht mehr Raum für die weniger lustvolle Beziehungsperson, sich zu spüren und Lustgefühle zu entwickeln, sie fühlt sich in ihrer Arbeit gesehen und wertgeschätzt und begegnet im Bett einem Gegenüber auf mehr Augenhöhe – zumindest auf der Gefühlsebene.

Gerechte Arbeitsteilung in drei Schritten

  • Schritt 1: Priorisiert das Thema und verabredet euch mit genug Zeit und wenig Ablenkung (Handys im Flugmodus und die Kinder außer Haus). Dann holt ihr Papier und Stift und setzt euch gemeinsam hin.
     
  • Schritt 2: Schreibt beide jeweils auf, an welche Termine und Tätigkeiten rund um den gemeinsamen Haushalt und die Familie ihr alles denkt (mentale Arbeit) und welche Tätigkeiten ihr verrichtet (sichtbare Arbeit). Euch fällt nicht alles ein? Geht im Kopf euren Tagesablauf durch.
     
  • Schritt 3: Teilt die so gesammelten Punkte fair und je nach Vorlieben und Stärken untereinander auf. Wichtig ist, dass es sich für euch beide gerecht anfühlt und ein Gleichgewicht in der Belastung ergibt. Ab dann seid ihr jeweils für die Organisation und Durchführung der euch zugeteilten Tätigkeiten komplett verantwortlich. Die Punkte der Partnerin oder des Partners lasst ihr jeweils anderen Verantwortung.

Übrigens: Das gezielte Aushandeln funktioniert natürlich nicht nur in heterosexuellen Beziehungen. Ausschlaggebend ist die faire Aufteilung der Aufgaben und das Gefühl beider, durch den anderen nicht zusätzlich belastet zu sein.

Eine Investition in deine Beziehung

Bist du mit deiner Beziehung zufrieden und fühlst dich emotional verbunden und gesehen, wirst du wahrscheinlich auch mehr Lust haben, deinem Partner oder deiner Partnerin intim zu begegnen. Der gemeinsame Haushalt kann ein Bereich eurer Beziehung sein, in dem ihr unkompliziert und aktiv etwas für eure Beziehungsqualität und damit für eure Lust tun könnt. Sprecht offen über Aufgabenverteilung und Bedürfnisse, damit ihr ein Gleichgewicht schafft, das für beide Partner befriedigend ist.

Mein Tipp: Teilt nicht nur die To-do-Liste gerecht auf, sondern verhaltet euch im Alltag grundsätzlich wie zwei verantwortungsbewusste Erwachsene und macht es euch nicht auf Kosten der anderen Person bequem. Ein kompetenter Partner, mit dem das Leben gemeinsam gemeistert werden kann, ist für viele das beste Aphrodisiakum.


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