Einsteigertipps: Ausrüstung für Hüttentouren
Anangas Nachfrage zur Ausrüstung im Thread "Alpenüberquerung" und Evamas Antwort darauf, führte erst zu einer Mail von mir und auf Anangas Anregung zu diesem Thread. Vorbemerkung
Meine Ergänzungen zu Evamas Liste gelten für einfache Hüttentouren im Sommer und für schneefreie Übergänge. Wenn's anspruchsvoller wird, gehören Sicherungsmittel und bei größeren verschneiten/vereisten Abschnitten zum Beispiel Grödel/Steigeisen an den Rucksack.
Für Hochtouren, Wanderungen mit Klettersteigen usw. kommt auch bei uns noch einiges mehr in den Rucksack als nachfolgend beschrieben.
Natürlich hat jeder Berggeher mit einiger Erfahrung nach leidvollen Fehlkäufen seine individuelle Zusammenstellung. Unsere ist also subjektiv und stellt für uns nach vielen Hüttentouren das aktuelle Optimum dar.
Evamas Liste
Bergschuhe mit guter Profilsohle, 2 Paar Wandersocken, bequeme Berghose, kurze Hose, Pullover oder Jacke, Wind- und Regenschutz (evtl. Gore-Tex), atmungsaktive Ober- und Unterbekleidung, Wechselwäsche (wasserdicht in Plastikbeutel verpackt), Rucksack ca. 35 Liter mit Rucksackhülle (Empfehlung für das Rucksackgewicht: 8 kg),
Tipp: Rucksack mit einem großen Müllbeutel auskleiden - schützt den Inhalt vor Nässe, Handschuhe, Kopfbedeckung gegen Sonne und Kälte, Sonnenbrille, Sonnencreme, Lippenschutz, Trinkflasche, Tourenverpflegung (Trockenfrüchte, Nüsse, etc.), leichte Turnschuhe oder Badeschlappen für die Hütte, Hüttenschlafsack, kleines Handtuch und Wasch-Set, Badehose, kleine Erste Hilfe, Taschenlampe, Personalausweis, Teleskopstöcke.
Unsere Ergänzungen
Vorbereitung
Wer selbst theoretische Kenntnisse sammeln und sich nicht nur auf einen Führer verlassen will, fragt mal bei einer Sektion des Alpenvereins (AV) nach. Hier in Darmstadt gibt's im Spätwinter auch für Nichtmitglieder einige kostenfreie Theorieveranstaltungen zu Wetter, Orientierung, alpinen Gefahren usw. Vielleicht auch in anderen Sektionen des AV. Adressen gibt's unter: alpenverein.de > DAV-Services > Sektionen-Suche (bei OeAV, SAC und AVS sicher ähnlich). Für AV-Mitglieder gibt's zusätzliche praktische Kurse im alpinen Umfeld.
Kenntnisse in Erster Hilfe auffrischen.
Hüttenschlafsack
Wir haben welche aus Seide (ab 30 Euro), die sind zwar teurer als die baumwollenen (ab 10 Euro), wiegen aber nur ein Drittel und trocknen schneller. Nachteil: die Hüttendecken verrutschen leichter auf dem glatten Gewebe.
Manchmal nehme ich statt Hüttenschlafsack einen normalen Sommerschlafsack (750 g), dann komme ich überhaupt nicht in Kontakt mit vielbenutzten Hüttendecken, weil ich die dann nicht brauche.
Kleidung
Wir haben uns für Wäsche aus Merinowolle entschieden. Da können wir mehrere Tage reinschwitzen, ohne dass es übermäßig riecht. Als Nachtwäsche nehmen wir eine lange oder kurze Unterhose und ein T-Shirt. Kunstfasern enthalten nur noch unsere Oberbekleidung (Hose/Jacke) und die Socken (Elastan). Bei schönem Wetter waschen wir auch mal nachmittags die getragene Wäsche. Diese ist je nach Temperatur und Wind oft schon am Abend trocken. Das ist leichter als X-Garnituren mitschleppen und Seife haben wir sowieso dabei.
Ich trage eine stabile Softshellhose mit dreiviertel Bein und ergänze bei Bedarf mit kniehohen Gamaschen (hochwertige mit Membran) das macht für mich mehr Sinn als eine lange oder teilbare Hose!
Reisen wir mit dem Auto an, deponieren wir darin jeweils einen Satz Kleidung für die Rückfahrt.
Regen
Der beste Schutz ist für uns mittlerweile ein Schirm (Gestell windfest - Trekkingschirme von Euroschirm). Wenn's nicht gerade stürmt, reicht darunter oft eine winddichte Jacke.
In steilem Gelände ist der Schirm im Rucksack, da brauche ich freie Hände.
Alle Membranjacken haben den Nachteil, dass diese nur unter bestimmten Umständen funktionieren (Temperaturgefälle/Luftfeuchtigkeit/Wasserdampfmenge). Von innen nass vom Schweiß und von außen vom Regen, brauchen diese auf einer Berghütte oft lange zum Trocknen (Trockenräume der Hütten sind bei Schlechtwetter Feuchtigkeitsverteilungsräume). Währenddessen ist die dicht gewebte dünne Windjacke aus Baumwolle oder Mischgewebe längst im Gastraum getrocknet (z.B. Fjällräven G-1000 gewachst oder Klättermusen Eta-Proof). Das Haupteinsatzgebiet für Membranjacken ist in meinen Augen Kälte/größere Höhen/kein Regen (und natürlich die Stadt, pardon Hans Wolfshaut).
Mich ärgerten früher bei meinen Membranjacken nasse Ärmel und Unterleib (innen), weil Wasser von unten eindrang und über das Futter hochgezogen wurde.
Bei meiner Windjacke plane ich mit ein, dass ich nass werde, trage darauf abgestimmte Unterwäsche (auskühlen verhindern), und habe den Vorteil der höheren Wasserdampfdurchlässigkeit.
Einschränkung: Voraussetzung ist, dass die längste Tagestour einer Hüttenwanderung eine überschaubare Dauer hat und danach eine Hütte Trocknen und Aufwärmen gewährleistet.
Unsere Regenhosen sind seitlich komplett zu öffnen (erleichtert Ein-/Ausstieg und klimatisieren) und können am Schuh befestigt werden (Haken oder Steg, kann man selbst annähen).
Blöd ist, wenn sich das Ende des Hosenbeins über den Schaft des Schuhes arbeitet und das Wasser in den Schuh rinnt.
Bei nassem Gras oder Schnee sind Gamaschen (s.o.) hilfreich und klimatisch sinnvoller als die Regenhose.
No Go (absolut): Regenponcho. Funktioniert vielleicht auf dem Rad und im Flachland, aber nicht in den Bergen. Man sieht beim Steigen nicht wohin man tritt.
Kosmetik
Wir füllen Sonnencreme etc. in kleinere Behälter um und nehmen nur die Menge mit, die wir brauchen (Tipp: Kleinstpackungen aus dem Drogeriemarkt, zum Beispiel dm). Mit einem Stück Seife reinigen wir Körper, Haare - zur Not mal die Wäsche - zum Rasieren ist die in der Regel auch geeignet. Bei flüssiger Seife trägt man unnötig Wasser mit sich herum.
Breites Tape (Apotheke oder Sportfachhandel) schützt vorbeugend gegen Blasen und Compeed (oder vergleichbares), wenn sich bereits eine Blase gebildet hat.
Waschlappen. Hilft, wenn es auf der Hütte nur wenig und kaltes Wasser gibt (die Hand wärmt das Wasser etwas vor). Man ist auch nicht so nass wie nach einer Dusche. Manches dünne Baumwollhandtuch (Geschirrtuch) bindet die Nässe besser und trocknet schneller als schlechte Kunstfaserhandtücher (ausprobieren!).
Sonnenschutz
Wir tragen Hüte, die Gesicht und Nacken beschatten, außerdem T-Shirts oder Hemden mit langem Arm und Kragen. Da braucht's viel weniger Sonnenschutz-Chemie am Körper.
Rucksack
Evamas Gewichtswert (8 kg) ist super. Den haben wir noch nie geschafft. Aber ihre Richtung stimmt und die Rucksackgröße auch (35-40 Liter). Je kleiner der Rucksack, desto geringer die Verführung zu viel mitzunehmen.
Wir verzichten auf eine zusätzlich zu kaufende Rucksackhülle. Wenn's richtig schüttet entsteht irgendwann 'ne Pfütze an deren Boden und vom Rücken her nässt's auch. Wir nehmen das Durchweichen des Rucksacks in Kauf und verpacken, wie Evamas erwähnte, in einen stabilen Müllsack (kein gelber).
Eine Rettungsdecke ist in jedem Rucksack.
Aktuelle Rucksäcke werden hauptsächlich mit und auf dem Beckenknochen getragen. Schultergurte dienen mehr dem Führen des Sackes und dem Anpassen an Auf-/Abstieg, als dem Tragen. Deshalb sollte der Beckengurt des Rucksacks funktionieren und ausreichend bequem sein.
Verpflegung
Wir haben Teebeutel, Brühwürfel und Instantkaffee (Portionspackungen) dabei. Auf Alpenvereinshütten bekommen exklusiv AV-Mitglieder heißes Wasser à 1 Liter und können damit den Tee ihrer Wahl oder eine heiße Brühe herstellen. Das schont das Reisebudget und man muss sich nicht über Qualität/Preis des Hüttenkaffees aufregen.
Statt Flasche haben wir Trinkschläuche dabei (zwei Liter mit großer Öffnung zum Nachfüllen). Da trinken wir viel regelmäßiger als aus einer Flasche.
Wer unterwegs aus einem Bach nachfüllt, macht dies abseits der Bergweiden (Fäkalkeime) und hat die Herkunft des Wassers im Blick (Keime von verwesenden Tieren im Oberlauf können Wasser ungenießbar machen). - Wir haben's bisher überlebt
Vegetarier sollten sich auf mangelnde Versorgung mit Obst und frischem Gemüse einstellen und was zum Ergänzen der Hüttengastronomie mitnehmen.
Veganer haben's noch schwerer ihre Ernährungsweise auf Berghütten durchzuhalten und sollten besonders sorgfältig planen.
Umwelt
Toilettenpapier ist immer dabei. Wenn wir während der Wanderung mal hinter einen Felsen müssen, ist das die bessere Alternative zum Papiertaschentuch - es verrottet um einiges schneller (den Haufen mit Steinen bedecken). Wer sich mit feuchten Tüchern reinigt, sollte die wieder mit ins Tal nehmen und dort entsorgen.
Eine zusätzliche Plastiktüte zum Sammeln unserer eigenen Abfälle (feuchte Tücher, leere Verpackungen usw.) ist auch dabei.
Die Hüttenwirte danken es. Entsorgt wird von uns nach der Tour im Tal.
Schuhe
Da hat sich unser Urteil in den vergangenen Jahren gewandelt. Früher haben wir über Turnschuhträger die Nase gerümpft, bis wir Bergläufer gesehen haben. Heute sind wir der Meinung, je ungeübter der Wanderer, desto eher sollte der Schuh in der Lage sein dies auszugleichen. Trainierten Berggehern reicht bei manchen Wanderungen ein Halbschuh oder sogar eine Teva-Sandale. Jedenfalls rümpfen wir heute die Nase erst nach dem zweiten Blick auf den Träger der Schuhe.
Outdoorsandalen taugen auf jeden Fall für den Hüttenabend und tiefe Bachdurchquerungen.
Sonstiges
Ausrüstungvorschläge/Packlisten gibt's manchmal im Outdoor-Fachhandel oder bei AV-Sektionen.
Nachbemerkung
Ab und zu ist Rückbesinnung hilfreich. Was trugen Bergsteiger vor 30 oder 50 Jahren? Denn Baum-/Schurwolle oder Mischgewebe in zeitgemäßer Verarbeitung können mancher Kunstfaser das Wasser reichen oder diese sogar für unseren Zweck übertreffen. Wir sollten nicht alles unbesehen glauben, was uns die Vertreter der Erdölindustrie predigen (Chemiefasern/Beschichtungen/Membrane). Natürlich auch nicht jeden Schmuh vom Merinowolleverarbeiter.
Schöne Touren und Grüße
xango