Neoirrationalismus, Okkultismus und Obskurantismus
Die Tatsachen, die hier tagtäglich erfunden und dann via Konsens zementiert werden sind erwähnenswert.
Sei es nun, dass über Eigenschaften des tantra gesprochen wird, ob es denn egoistisch sei, ein Zusammenhang zwischen tantra und BDSM besteht oder eben hier die Vagina zu einem Speichermedium für negative Erfahrungen hochgejazzt wird.
Erstaunlich, um so mehr, wie wenig Evidenz für die daher genommenen Behauptungen eigentlich zu finden ist und wie viel mehr die Tyrannei des Subjektiven in den Vordergrund gerückt wird. In Ermangelung objektiver Fakten, werden persönliche Meinungen in Mehrheitsverbund zum belegenden Beweis erkoren.
Yoni = Speichermedium für negative Erfahrungen
Beginnend mit einer Identitätsrelation wird sogleich ein möglichst allgemeiner Bereich gewählt. Dabei wird auch im Folgenden alles weitere seicht unbestimmt belassen.
Im Gegensatz zu dem hier mehrheitlich gesuchten Meinungsgruppenkuscheln, wüsste ich zunächst gern was unter ‚negativen Erfahrungen‘ verstanden wird oder ist das so selbstverständlich?
Sind physische, psychische oder Emotionale Aspekte zu verstehen?
Wie und in welcher Weise werden diese durch das Speichermedium überhaupt gespeichert?
Wie werden die gespeicherten Erfahrungsinformationen abgerufen?
Das verlockende an computationalen Beschreibungen liegt im Analogiecharakter. Leider ist es oft genug falsch oder irreführend. Shannon verwies nicht ohne Grund auf die Hinfälligkeit solcher Spielereien. Das Geheimnis liegt im Binärcode von 0 und 1, also auch der Funktionsweise eines Schalters wo 0 keinen und 1 Stromfluss aufweist. Diese Sprache ist auch die Sprache des CPU aber nicht des Gehirns (geschweige denn von anderen Organen).
Allerdings wie derlei auf die Yoni bezogen werden soll bleibt mir äußerst schleierhaft, demnach auch die Eigenschaft als Speichermedium dem Verständnis entzieht.
In gleicher Weise oder zumindest analog könnte derlei über das Lingam, Anus oder die hier beliebte Prostata geäußert werden.
Im weiteren Verlauf interessiert mich auch, was sowohl die Person, die den Beitrag erstellt hat, als auch die kommentierenden Herrschaften unter
achtsam verstehen.
Ist die Bedeutung nun lexikalisch oder aus dem hinayana Buddhismus sati (Pali; Achstsamkeit) (gern verwechswelt mit vipassanā – Pali; Einsicht) bzw. im psychologischen/psychotherapeutischen Kontext.
Das ist keineswegs übertrieben, den je nach Bezug variiert die Bedeutung.
Doch anstelle einmal derlei Wirsing zu hinterfragen, folgen die Meisten munter hier dem red herring hinterher d.h. der falschen Spur und überschlagen sich in bejahenden Bekundungen des gegenseitigen Verständnisses. Gegen derlei Harmonie ist zunächst mal nichts auszusetzen, nur fraglich, ob es lediglich darum geht irgendwelche obskuren Behauptungen zu bekräftigen oder ob nicht etwas anderes dahinter steht.
Nun bin ich der Ansicht, letzteres trifft eher zu.
Die Begeisterung am gegenseitigen be touchen sowie den wunderbaren Erungenschafen dadurch verläuft wie ein roter Faden und soll eigentlich nur eines, die Akzeptanz für das Produkt tantramassage verstärken.
Aus dem Universum des Neotantra emanierte in den 90er Jahre die tantramassage, die nun, trotz ihres vollkommen erfundenen Charakters als tantrisch hingestellt wird. Dabei ist es Nebensache, was jeweils seinem Ursprung nach wirklich tantrisch ist oder nicht, viel wichtiger jedoch, was sich durch die Tantraindustrie in der Tantracommunity etabliert. Selbst wenn sogar Wirsing ist, solange das Etikett tantrisch paßt und so auch vereinnahmt wird, kann auch absoluter Wirsing als tantrisch veräußert werden.
Da Viele ohnehin ihrer kommerziellen Interessen nicht verbergen, kann hier der Tantramarkt angeführt werden, der nach Ansicht so mancher Klassiker zur yoni und lingammassage anpreist.
Weil aber das alles noch nicht genügt muss noch der esoterische Joker ins Spiel gebracht und untergemischt werden; namentlich Blockaden, die es zu lösen gilt. Wie so üblich auch hier gewohnt schwammig und damit beliebig was darunter zu verstehen ist. Schließlich soll sich jeder irgendwas drauf reimen können und wichtig nur, wenn die Einsicht zustande kommt das Angebot der Tantraindustrie wahrzunehmen.
Daneben wird auch noch schmerzfrei das Trauma ausgeschlachtet, selbstredend auch hier ohne näher drauf einzugehen. Das Kopfkino kommt so ordentlich in Wallung.
Zusätzlich angefeuert wird es durch jedwede Energiespekulation und in gewohnter Tradition, natürlich nicht näher erwähnt, schließlich klingt es gleich eine Spur besser, wenn chakren, Meridiane etc. bis sogar zur Fernheilung, vorausgesetzt Kraft der erforderlichen Realitätsverluste man in der Lage dazu sei.
Sofern wir von der Realitätsdeviation einmal ausgehen und das naturalistische Universum verlassen, finden wir uns in der magischen Welt wieder. Was zuvor noch einen problematisch wäre, ist hier unbegrenzt möglich, denn der Charme dieser Welt besteht gerade darin schier grenzenlos zu sein. Selbst der größte Nonsens wie z.B. das Anführen der Wahrheitstafel für Äquivalenz findet auch noch Zuspruch.
Ein natürlicher Bewohner dieser Welt ist das Psychosomatische Problem, was selbstredend mit Scham, Krampf, Unterdrückung und natürlich auch Blockaden verbunden ist. Wäre das noch nicht genug, ist die vorwiegende Herrschaft des Ganzen ins Unterbewusstsein gebannt, von wo aus es das Individuum terrorisiert.
Mediziner machen um solcherlei Diskussionen zwangläufig einen weiten Bogen. Sich in derlei auch nur annähernd zu verstricken hat meist Rufschädigung zu Folge. Sollte wer einmal abseits von dem ganzen hier zusammengequirlten Kokolores auch was Handfestes zum Thema Körpergedächtnis wünschen, sei auf das folgende Buch verwiesen (es gibt auch einen dt. Wiki Artikel zum Autor).
BAUER Joachim (2002): „Das Gedächtnis des Körpers – Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern“, Frankfurt am Main: Eichborn AG.