Ich fange mit der Frage im EP an...
Tja, was würde ich sagen? Ich bin nicht auf die Straße gegangen, weil ich mich niemals neben Rechtsradikale stellen würde und werde. Ich habe mit dem Meinen zusammen Omas Garten von einer Wildnis in ein kleines Paradies verwandelt. Wir haben versucht, die Zeit der Kurzarbeit (die noch anhält), irgendwie sinnvoll zu nutzen. Und dann haben wir uns zusammen gesetzt und stundenlang diskutiert, wie das eigentlich sein kann, was da alles passiert.
Am Ende haben wir resigniert.
Wenn mir irgendjemand vor 5 Monaten gesagt hätte, die Politik würde mir vorschreiben, wie viele Leute ich auf welchen Abstand treffen darf, hätte ich denjenigen herzlich ausgelacht. Dass wir das alle ohne zu hinterfragen mitgemacht haben und immer noch mitmachen, macht mich sprachlos.
Ich habe Freunde verloren, weil ich eine vom Mainstream abweichende Meinung zu Corona und den Maßnahmen dagegen vertrete. Um es ganz kurz darzulegen:
Ich fand und finde es immer noch verständlich, dass zu Anfang (von anfänglichem "wir sind gut vorbereitet" bis zu "scheiße, wir sind wohl doch gar nicht vorbereitet" mal abgesehen...) vom Schlimmsten ausgegangen wurde und man dementsprechend das Gesundheitssystem auf Vordermann bringen wollte. Triage wollte niemand und ich habe das von Bekannten im Elsaß geschildert bekommen, was das heißt.
Was ich aber nach wie vor nicht verstehe:
• wieso hat die Politik nie andere Experten als Virologen und Epidemiologen zu Rate gezogen? (Soziologen, Pädagogen, Psychologen, Ökonomen, sogenannte Zukunftsforscher, Ethiker, Verfassungsrechtler...)
• wieso gab es beim Lockdown nicht bereits Zusammenkünfte, wie und unter welchen Umständen man alles wieder aufmachen kann?
• wieso gab es nie einen Plan B zum tatsächlichen Handeln?
Zu den Zahlen:
Wisst ihr, ich habe meinen Teilzeitjob komplett verloren, der Meine ist seit dem Lockdown (der ja angeblich keiner ist) in Kurzarbeit und ist um jede Schicht froh, die er tatsächlich machen kann (Gastronomie). Wir haben sehr viel Zeit und fast nur ein Thema. Weil es uns in jeder Hinsicht betrifft.
Wir haben beide im Studium ausführlich mit Statistik zu tun gehabt, in meinem Fall ist das noch nicht einmal so lange her.
Ich bin keine Virologin oder Epidemiologin, ich bin nicht einmal Medizinerin. Und ich maße mir kein Urteil an, wer wann was falsch gesagt hat. Aber ich kann Studien lesen und meine Schlüsse daraus ziehen. Ich kann wissenschaftlich arbeiten und wissenschaftliche Arbeiten beurteilen. Ich kann Statistiken lesen und beurteilen. Und ich hatte in den letzten Wochen sehr viel Zeit, mich mit Studien zu Corona auseinander zu setzen.
Und mein Fazit ist, dass wir keine Grundlage haben, auf der wir Deutschland mit irgendeinem anderen Land vergleichen können. Nicht mit Bergamo, nicht mit Schweden, nicht mit den USA oder irgendeinem anderen Land/einer anderen Region.
Absolute Zahlen haben keine Aussagekraft, wenn ich keine Angabe zur Gesamtzahl der Tests habe. Prozenzuale Zahlen beruhen auf den absoluten Zahlen (die, wie gesagt, nicht aussagekräftig sind), beides wird in Rechenmodelle eingegeben und damit entstehen neue Zahlen. Wer wann warum getestet wird, variiert zum Teil sehr extrem. Stand März: In Schweden wurden nur Menschen getestet, die stationär im KH bleiben mussten. In Deutschland (eigene Erfahrung) nur, wer Fieber, Husten und entweder einen positiv getesteten Kontakt oder einen Aufenthalt in einem Risikogebiet hatte. In Italien und Frankreich gab es zu dem Zeitpunkt gar keine Kriterien für Tests mehr, da ging es nicht mehr um Tests, sondern um Triage...
Dann gibt es noch ein paar andere Faktoren, die eine Vergleichbarkeit unmöglich machen:
• Unterschiede im Gesundheitssystem
• Unterschiede im persönlichen Kontakt (mal hart ausgedrückt: da sind wir Deutschen echte soziale Krücken im Vergleich zu den südeuropäischen Ländern, was soziale Kontakte zu insbesondere älteren Familienangehörigen angeht)
• Unterschiede im Zugang zu relevanten Ressourcen
• Unterschiede im Verhalten
Deutschland wird gerne gegenüber den USA, GB, Brasilien, Italien und Frankreich als positives Beispiel dargestellt. Schweden wird dem gegenüber gestellt als das Land mit den vielen Toten, das absolute Negativ-Beispiel. Dabei beruhen alle Vergleiche nur auf Schätzungen und Modellrechnungen.
Ich warte immer noch auf Indices, die die oben genannten Faktoren (die sicherlich in keinster Weise vollständig sind) einbeziehen. Dann können wir erst Vergleiche ziehen.
Meiner Meinung nach ist Deutschland aus verschiedenen Gründen sehr gut durch diese Pandemie geschlittert, was Infizierte und Tote angeht. Manch einer mag sich das selbst zuschreiben, weil wir alle ja so solidarisch und gutmenschlich waren. Ich meine, wir hatten einfach nur Glück und ein gut funktionierendes Gesundheitssystem.
Letztlich bin ich bei
@*******enig, der irgendwann meinte, die Welt sei kollektiv verrückt geworden. Recht hat er.
Kinder dürfen immer noch nicht regelmäßig in die Schule oder in die Kita!
Regelmäßige Kontakte zu Gleichaltrigen sind oftmals aufgrund der Angst der Eltern nicht möglich.
Menschen können immer noch nicht regelmäßig arbeiten und ihren Lebensunterhalt selbst verdienen!
Gastronomien, Einzelhandel, Solo-Selbstständige, Künstler, Kulturschaffende.... gehen bankrott!
Was einem Unternehmer bis vor ein paar Wochen noch als Insolvenzverschleppung vorgeworfen werden konnte (bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe!) ist von Seiten des Staates bis zum 1.9. ausgesetzt. D.h. ein bankrottes Unternehmen (jede 2. bis 3. Gastronomie) kann gar keine Insolvenz anmelden und muss weiterhin auf Defitzit arbeiten.
Die Welt ist verrückt geworden wegen einem Virus, den wir uns selbst durch unser Verhalten in unsere Welt geholt haben (Tiere und Menschen, die eigentlich nie Kontakt zueinander haben sollten). Die Politik hat weltweit alles auf 0 gefahren wegen einer Pandemie, die vor allem die Alten und Kranken schwer betrifft. Die Folgen tragen nicht wir.
Um die 500 Milliarden haben wir jetzt schon ausgegeben wegen Corona. Für dem Klimaschutz konnten wir die schwarze Null aber nicht reißen.
Was sage ich den kommenden Generationen?
Mea maxima culpa, dass ich nicht vor Corona für den Klimaschutz eingestanden bin. Dass ich mich nicht politisch engagiert habe. Dass ich da schon keinen Sinn darin gesehen habe und keine Partei hatte, die nur im Ansatz das verfolgt hätte, was ich für euch wollte.
eine niedergeschlagene
Sperling