Wer behauptet, dass äußere wäre zweitrangig, der leugnet den ersten Eindruck, denn es ist mittlerweile erwiesen, dass die ersten paar Sekunden über Sympathie und Antipathie entscheiden.
Das kommt auch daher, dass die meisten hier nicht allein Sapiosexuell sind, sondern ebenso weitere sexuelle Orientierungen in sich tragen, die dazu führen, dass körperliche Vereinigung weiterhin möglich ist. Sie suchen also einen "schlauen" Menschen, der aber auch "sexy" oder allgemeiner attraktiv sein sollte, um auch als Sexpartner in Betracht zu kommen.
Aus meiner Sicht, also als rein Sapiosexueller Mensch bin ich tatsächlich rein am Geist eines Gegenübers interessiert. Mit anderen Worten: dadurch bedingt, dass ich überhaupt nicht an Sex interessiert bin, muss mein Gegenüber in keinster Weise irgendeine Form von äußerlicher Attraktivität besitzen. Das ist anhand der Erweiterung der Maslowschen Bedürfnispyramide gut erklärbar. Alle Defizitbedürfnisse bzw. essentiellen Bedürfnisse sind bei mir bereits befriedigt. Ebenso ist die ursprünglich oberste Stufe der Pyramide, die Selbstverwirklichung, bereits befriedigt. Nun geht es um die von Maslow kurz vor seinem Ableben erweiterte höchste Stufe, der "Transzendenz". Dies sollte nicht etwa in Sinne der Theologie als "göttliches Überwesen" verstanden werden, sondern eher in der Tradition der philosophischen Ontologie als Prinzipien des "Guten", "Wahren", "Schönen", wobei letzteres sich auf eine objektive und weniger subjektive Wahrnehmung bezieht.
Für alle, die eine wissenschaftlich begründete Erklärung hierfür suchen, kann ich empfehlen, sich mit Transpersonaler Psychologie zu beschäftigen. Gute Einführungen liefert u. a. Stanislav Grof: Das Abenteuer der Selbstentdeckung sowie Ken Wilber: Das Spektrum des Bewußtseins.
Eine isolierte Betrachtung von Sapiosexualität lässt m. M. n. also nur den Schluss zu, dass Aussehen keinerlei Rolle spielt. In Kombination mit anderen sexuellen Orientierungen kommt es auf die Ausprägung der jeweils dominierenden Orientierung an, ob Attraktivität, Ausstrahlung und andere Äußerlichkeiten erst- oder zweitrangig sind.
Ich übersehe in diesem Beitrag die Tatsache, dass Stangl unrecht hat, wenn im Lexikon Sapiosexualität mit Interesse an Intelligenz definiert wird. Diese mühseligen Diskussionen wurden bereits überstrapaziert.