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Liebe, Zeit, Pflege - Polyamorie?333
Ich beschäftige mich momentan immer mal wieder mit dem polyamoren…
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Polyamorie und das Schwinden der Liebe

********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Polyamorie und das Schwinden der Liebe
Hallo Ihr Lieben
Ich habe einen Artikel mit obigem Namen in einem Blog gefunden und möchte den hier mal verlinken! Ich selbst fand den Artikel richtig gut und war irgendwie erleichtet: Da hatte jemand meinem Bauchgefühl Worte verliehen. Was haltet ihr davon?!
http://offene-beziehungen.bl … den-liebe-18883857/#comments
***vy Frau
224 Beiträge
danke
Das hat mir gut gefallen: die Verteidigung der Verletzlichkeit und das Aufdecken der Instrumentalisierung der Beziehungen zur Abdeckung der eigenen Bedürfnisse. Verletzlich bleiben, zu seiner Fragilität stehen und sich keinem Ideal eines perfekten Ichs, auch nicht eins perfelten polyamoren Ichs, zu unterwerfen...............das macht uns ja gerade so menschlich.
*****gra Frau
5.053 Beiträge
gut
gedacht und zusammengestellt finde ich die Thesen und Analysen in diesem Artikel auch, insbesondere zusammen mit den Kommentaren.
Ja, ganz viel Bauchgefühl kommt bei den Begriffen:
Verletzlichkeit
Verbindlichkeit
Füreinander sorgen - gerade auch in schweren Zeiten
instrumentelles Denken
das große Ganze der Liebe und des Glücks empfinden
akzeptieren, wie wir sind:
"Das Intime zwischen Menschen ist Nachsicht, Duldung, Zuflucht für Eigenheiten."
die Liebe unteilbar , ganzheitlich auf den anderen Menschen beziehen: Einmaligkeit
*****al4 Mann
797 Beiträge
klasse
Ja, verleiht auch vielen meiner Gedanken Worte.

Die Kommentare sind gut, denn ich bin in dem Text auch über das Ideal der romantischen Liebe gestolpert. Ich glaube nicht, das man die Entwicklung linear sehen kann, im Gegenteil. Die romantische Liebe, verknüpft mit rein sachlichen Zusammenhängen von Besitz, Stand und Abstammung, sprich klassischer Macht- und Kapitalverteilung hat ja erst unser gesellschaftliches System von Familie, in die wir hineingeboren wurden, geprägt - und damit auch unser Verständnis von Liebe und Partnerschaft. Das sich dieses immer weiter auflöst, liegt aber nicht an kognitiver Reflexion, sondern schlicht daran, das es einfach nicht trägt, einfach nicht funktioniert. Die Alternativen, die sich mit diesem Zusammenbruch bilden, sind, so sehe ich es, allesamt persönliche und oft recht verzweifelte Versuche, sich irgendwie zu orientieren, Halt zu geben, Plan zu haben. Ich finde das natürlich, vielleicht weil ich mich selbst in dieser Phase empfinde: Aus den Trümmern des Hauses, das zusammengefallen ist, versuche ich eine Unterkunft zu bauen, das mich schützt. Ich versuche andere Kontexte, andere Bezüge zwischen den Bauteilen, und mit der Zeit finde ich auch neue Komponenten, die ich einsetzen kann - es ist aber ein temporäres Gefüge, das sich immer wieder an Wind und Wetter messen muss: hält es? Bietet es mir genügend Schutz? Und kann ich mich darin genügend bewegen? Und bietet es meinen Freunden den auch?

Ich habe nie monogam leben können; immer mit schlechtem Gewissen, etwas Verbotenes zu tun, etwas zu tun, was dem Anderen weh tut. Ich erzählte es schon einmal: meiner jetzigen Partnerin habe ich von vornherein meine Lebens- und Liebeshaltung erklärt; übrigens tatsächlich ohne eine Partnerschaft zu wollen, im Gegenteil habe ich sie ausgeschlossen, immer wieder mich dagegen gewehrt. Wir haben uns lieben gelernt, eine für mich ganz wunderschöne Erfahrung, nur mit dem Anspruch, sich gegenseitig gut zu tun, in eine Begegnung zu gehen, ganz ohne Kalkül, ohne Abschätzung von Wert und Gegenwert, Leistung und Gegenleistung - und irgendwann einfach zu entdecken, wieviel kleine liebevolle Dinge geschehen sind. Na egal, ich wollte sagen, das sie nicht mit meiner Haltung klar gekommen ist und Austausch suchte. Sie hat mich letztendlich motiviert, noch einmal völlig anders in das Thema einzusteigen, und ich danke ihr dafür sehr. Es sind die Gruppen, die mir geholfen haben, mich inspiriert haben und mir ganz neue ganz grosse Räume aufgemacht haben. Und genau da sehe ich heute das Problem: im Einzelnen, allein und so ziemlich isoliert funktioniert es einfach nicht. Umgeben vom ganz normalen Alltagswahnsinn fühle ich mich oft völlig hilflos, und komme ich zu einer Veranstaltung zurück in solch eine Gruppe, merke ich, wie wichtig es ist, sich zu vernetzen, Kontakt zu halten, miteinander kommunizieren zu können. Mich macht diese Distanz, dieser Gegensatz gerade sehr verzweifelt.

Ich bin nicht so intellektuell unterwegs und kann nur versuchen zu beschreiben, wie ich es erlebe: Beziehung ist auch Schutzraum; vom anderen nicht immer bewertet zu werden, nicht immer abschätzen zu müssen, welche Investition zu welchem Ertrag führt, und welches Defizit zu welchem Verlust an Zuwendung führt. Ich möchte angenommen werden, und ich nehme gern an, trage auch einfach gern und von Herzen mit, bin einfach da, bedingungslos quasi. Ich fühle mit, gebe Schutz und Liebe und Raum, einfach auch schwach sein zu können. Und erlebe zur Zeit, wie ich diesen Raum bekomme, ich mich fallen lassen kann und in Krisenzeiten überhaupt nicht stark bin, noch nicht einmal fair und gerecht. Die Grenzen dieses Sich-Ausleben, mir fällt grade kein besserer Begriff ein, sind nicht eine Abmahnung seitens des Partners, die Grenzen bekomme ich mit dem Gegenüber mit; in Offenheit, Achtsamkeit und ja vielschichtiger Kommunikation, eben auch körperlicher. Der Raum, den ich von ihr bekomme, entbindet mich nicht von meiner Eigenverantwortung; von der Notwendigkeit der Selbstreflexion. Im Gegenteil: dieses Gegenüber drängt mich geradezu zu Entwicklung - aber eben in Liebe und Vertrauen und Zärtlichkeit und Streit und Schutz.

Mich in einem anderen Kontext zu erleben, anderen Menschen zu begegnen, andere Liebe zuzulassen, ist mir wichtig. Ich betrachte es nicht als Ausbruch, als Kompensation oder gar als Vermeidung genau der Auseinandersetzung mit dem Partner und damit auch mit mir. Im Gegenteil ist mir irgendwann mal aufgefallen, das ich in Zeiten von Krisen und Beziehungsproblemen garkeinen Raum für andere hatte. Ging es uns gut, war ich offen und lebte und liebte sehr gern in der Welt herum. Lag etwas an, dann war ich nie weg, sondern immer da.

Oh Mann, sry ich bin kein Texter und bringe irgendwie nicht rüber, was ich sagen möchte *snief*
In Gemeinschaft von Menschen, die ähnlich offen sind, aber eben überhaupt nicht darauf aus sind, sich gerade mal eben ganz toll auszuleben und ihre Bedürfnisse zu befriedigen, bekommt alles einen ganz anderen Rahmen, einen grossen Raum, in dem man sich ganz anders bewegen kann. In dem Liebe etwas viel Größeres wird und der ganz spezielle, ganz intime Raum zwischen Partnern seinen Wert erhält, oder mit dem Bild von oben gesprochen, ein ganz neuer, eigener Raum wird, der Schutz und Entwicklung zugleich ermöglicht.

Gerald Hüther glaube ich war es, der mich mit einem Bild, das er beschrieb, sehr beeindruckte. Etwa so: wenn die äußeren Traggerüste nicht mehr halten und wegfallen, kann man natürlich neue versuchen zu bauen, man kann aber auch ein inneres Gerüst, quasi eine Wirbelsäule bauen, die von innen trägt, wirklich von innen. Das Schalentier zerfliesst, wenn man ihr die Schale wegnimmt. Ein inneres Skelett, ein innerer Halt wäre da schon hilfreich.
So verstehe ich auch viele konservative Verhaltensmuster: da fällt das Gerüst, die Mauer, und das ist ganz schlimm und muss daher sofort geflickt werden - am besten noch viel stabiler, weil die äußeren Einflüsse ja immer vehementer werden. Ein inneres Gerüst, eine Wirbelsäule, eine Haltung, wie wäre es damit? Man müsste auch nicht mehr so kämpfen...

Ja wie gesagt, ich weiss auch oft nicht wie und orientiere mich an Baumustern, die ich so gelernt habe. Schön, wenn man da zu ein paar mehreren ist und sich gegenseitig helfen und forschen kann, mit dem Bewusstsein das es ohne Schale schon auch schmerzhaft sein kann; also recht achtsam miteinander umgeht.
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Vielen Dank Euch für die Rückmeldung!
Ich fand den Artikel ganz gut, weil ich in Diskussionen oft an den Punkt kam: "ja, das ist ja logisch" - und trotzdem sagt mein Bauch "aber das ist falsch. Das ist egoistisch, kalt und ich fühle mich nicht gut..." Aber ich konnte dann in der Situation nicht fassen warum.
Z.B. oft gehört und auch hier im Forum oft gelesen: "Ein Mensch kann ja gar nicht alle meine Bedürfnisse erfüllen!" Noch garniert von ein paar "Seitenhieben auf dieses "total, überhöhte, antiquiert und ja auch erst im 19. Jahrhundert "erfundene" Ideal der "romantischen Liebe"... deshalb (Trommelwirbel *Vorsicht Ironie) Polyamorie, die Lösung für alle Sorgen...der bessere Mensch, die besser Gesellschaft. Heilsversprechen.
Ein Mensch kann nicht alle meine Bedürfnisse erfüllen - die Hypothese klingt absolut logisch! Und doch..."es ist falsch" (sagt mein Bauch). "Ich will so nicht leben", schickt mein Herz hinterher....

Oder die Diskurse zur Eifersucht, die da lauten (und das hab ich real erlebt und bin auch selbst schon so verfahren...oje): Deine Gefühle sind Dein Problem, Eifersucht ist mangelndes Selbstbewustsein, eine Chance zum inneren Wachstum...etc. Also: sieh zu wie Du klar kommst, optimiere Dich, werde besser - aber beschränke mich auf gar keinen Fall meine Freiheit., denn ich muss gerade los und jemanden finden, der meine anderen Bedürfnisse befriedigt. Ja das ist jetzt mal überspitzt *zwinker*
Und obwohl ich der Eingangshypthose zustimme: natürlich ist der Mensch für seine Gefühle erstmal selbst zuständig...und ja, vermutlich liegt das in unseren Vorerfahrungen und verrät ein geringes Selbstbewustsein...wusste ich im Kern meines Selbst: "so kann das nicht stimmen!"

Und nun die Erkenntnis: der Mensch ist ein soziales Tier, er lebt im Kontext! In dem Licht betrachtet, wurde mir sofort klar: es ist wie immer keine reine Lehre...sondern die Mitte richtig (komisch wie das so lange dauern konnte zu bemerken *zwinker* Meine Eifersucht hat natürlich mit mir zu tun aber auch mit meiner Beziehung, mit dem Verhalten der anderen Personen! Nicht entweder oder - sondern - sowohl als auch. (weshalb alle gleichermaßen Verantwortung übernehmen sollten - verdammt auch)
Ich mag das romantische Ideal im Sinne von "für die Welt bist Du irgendjemand - aber für irgend jemanden bist Du die Welt" - es sagt nämlich: Du bist toll und einzigartig, nicht austauschbar, und zwar genau so wie Du bist! die Liebe als einen Ort wo man einzigartig und eben genau so wie man ist liebenswert ist und nicht nur durch die Funktion, die man für den anderen hat. Denn reduziere ich den Menschen auf die Funktion meine Bedürfnisse (die verschiedenen :P) zu erfüllen, wird er a) austauschbar und befindet sich b) unter Stress und Optimierungsdruck.
Übrigens kein Wunder, dass ein Mansch darauf dann z.B. mit Unsicherheit und ggf. eifersüchtig reagiert... denn er bemerkt natürlich, dass es so ist. Das bringt ihn in Konkurrenz, er hat ja schließlich Bedürfnisse für den Partner zu erfüllen - was wenn jemand anders das besser kann? oder die Bedürfnisse eines Tages andere sind - die dann andere Menschen "brauchen"? So fühlt man sich sicher nicht absolut und als Person geliebt - damit entfällt dann auch die Sicherheit, die normalerweise die Eifersucht nicht aufkommen ließe...
Eine anderes gerne gebrachtes Argument ist: Wenn ich zwei Kinder habe, dann liebe ich doch beide gleichstark....Also ist doch alles ok - dass muss doch jeder einsehen, nicht wahr?
Fand ich auch logisch- ich habe übrigens zwei Kinder *zwinker* Diese Argumentation berücksichtigt aber nur die Sicht des Elternteiles, desjenigen der diese Beiden liebt ...
Betrachten wir mal die Sicht der Kinder (meine sind ziemlich genau drei Jahre auseinander...:) )
Kind a) erstgeboren...drei Jahre ungeteilte Aufmerksamkeit (nicht nur der Eltern, nein auch erstes Enkelkind *zwinker* )und Zeit.
Kind b) zweitgeboren nie diese Paradies erlebt... Eigentlich sagen die Eltern jetzt: Kind hat war besser dran, gell?! Und jetzt haben doch beide das Gleiche, es ist doch Gerechtigkeit da....
Nun reagiert Kind a eifersüchtig auf das Geschwisterkind wohingegen Kind b das ältere Geschwister anbetet und keinerlei Eifersucht erkennen lässt. So ein gutes Kind, gell? (und wie gemein von dem Kind a...es hat doch ein Geschwister bekommen und sollte sich freuen, nicht war?)
Nun ist es aber doch so: Kind a hat nicht nur gefühlt sondern ganz real einen Verlust (nämlich ungeteilte Zeit und Aufmerksamkeit der Familie) erlitten - dieser Schmerz ist doch nachvollziehbar.
Kind b hat keinen Verlust erlitten und fühlt keinen Schmerz.
Es ist für Kind b natürlich und auch keine "Leistung" oder "Charakterstärke", dass es nicht eifersüchtig ist!
Wenn die Eltern nun auch noch daran gehen und Kind a seine Eifersucht und das Verhalten, dem Geschwisterkind gegenüber ausgesprochen oder auch unausgesprochen zum Vorwurf machen...Wenn sie diesem Kind nun auch noch signalisieren: Du bist schlecht, Du darfst so nicht empfinden, Du sollst Dich vielmehr freuen ein Geschwister zu haben. Da bekommt das Kind einfach die doppelte Packung totaler Ungerechtigkeit, wird unsicher und im Selbstwert völlig untergraben. (ggf. wirkt eine solcher Erfahrung dann ja bis ins Erwachsenenalter fort...Studien legen dies jedenfall nahe *zwinker* ) Kind b wird auch noch zum leuchtenden Beispiel, zum "Sonnenschein" der Familie, weil es ja, trotzdem Kind a oft so abweisend ist, sein Geschwister vergöttert...Kind b bekommt das ganze Mitgefühl....

Naja, ich könnte noch viel schreiben...aber das geht alles zu weit. Ich habe allerdings diesen und einen ähnlichen Artikel als echte Augenöffner erlebt. Und ich möchte damit nicht der Monoamorie das Wort reden, oder sagen Poly funktioniert nicht. Es geht mir vielmehr darum herauszufinden: wie und unter welchen Bedingungen kann es funktionieren?

In dem anderen Artikel (ich werd den auch mal posten allerdings war er englisch) stand sinngemäß: Beziehungen müssten geschätzt werden, sichtbar sein und von allen Beteiligten unterstützt werden. Quasi nicht die Abkehr von Verbindlichkeit sondern das absolute Gegenteil. Nicht die Funktionalisierung und der verstärkte Konsum, nicht der Hedonismus - sondern romatische Liebe nur mit mehreren. Damit kann ich mich anfreunden *zwinker*

Auch lege ich euch eine Diskussion im Beziehungsgarten.net ans Herz in der es Polyamorie und Kapitalismus ging...
Und auch da dachte ich: "jepp, manchmal scheint es so als ob "Polyamorie" (wie sie von vielen verstanden und argumentativ "verkauft" wird) das Private, die Liebe den Regeln des Kapitalismus anzupasst... mehr Kälte, mehr Hedonismus, mehr Bedürfnissorientierung, mehr "ich" unter dem "Banner" von mehr Liebe... sehr gut zu lesen *zwinker*
Ich hoffe noch auf netten Austausch...Ein schönens "Restwochenende" Britta
*********carne Paar
129 Beiträge
Nein
Ich fühle mich in meinem Lieben durch den Artikel nicht erfasst.
Er nimmt die romantische Liebe zu Ideal und wertet andere
Einstellungen dazu ab. Die ein Leben lang anhaltende romantische
Verklärung eines monogamen Partners halte ich für unrealistisch
und dadurch Druck und Leid erzeugend.
Polyamorie ist für mich kein Zusatz-bedürfnis-Erfüllungsmechanismus,
der von mir kalt und egoistisch genutzt wird.
Ich empfinde polyamor, aus einem übervollen Herzen. Bzw weil meine Gefühle zu frei sind, jemand Wärme, Nähe, Liebe zu versagen, nur weil auch jemand anderes dies von mir erfährt. Und damit verletzlichkeit einfach dazu gehört.
Er von Ccc
****_sl Frau
2.510 Beiträge
Ich muss schmunzeln. Der Autor, ein sehr junger Mann lt. seinem Bog, leitet her und erfindet Definitionen wie es ihm gefällt und strick darum einen "Artikel". Die Thesen mögen einigen gut gefallen anderen mißfallen. Sie bleiben nicht einmal schlecht recherchiert - sie sind einfach erfunden!

Die romantische Liebe so postuliert er sinngemäß, hätte als Ideal das erkennen des anderen Menschen als ganzen Menschen. Nicht das Erfüllen von Ansprüchen und Bedürfnissen.

Das ist schlichtweg falsch. DAS ist eine sehr neue Interpretation, vielleicht 10-15 Jahre alt. Eine Idee mit der ein junger Mann, 24 Jahre alt und vollkommen in der Post-Emanzipation und in einer realtiv egalitäten Gesellschaft aufgewachsen haben kann und die m.E. auch löblich ist. Sie ist nicht tradiert und sie ist in keinster Weise "das Ideal der romantischen Liebe".

Das Ideal der romantischen Liebe, wie es in der Romantik entstand IST Anspruch und Erwartung. An "den einen wahren und richtigen Partner". Es ist durch und durch patriachal geprägt und hat seine Wurzeln in einer Zeit als die Frau nicht wählen durfte und die Erwartung an sie klar und deutlich war - NACH der romantischen Eheschließung wird sie romantisch Kinder bekommen und den romantischen Haushalt führen, während ihr Ehemann sie immer und immer liebt und bis in den Tod für ihren Unterhalt aufkommt.

DAS ist das Ideal der romantischen Liebe, wie es in der Romantik entstanden ist und wie es bis vor weit in die 70ger Jahre des letzten Jahrhunderts immer und immer wieder unreflektiert kopiert wurde.

Romantische Liebe und patriachal geprägte Rollenmuster sind eng verbunden.

"die Liebe" unter Menschen existiert sicher länger als wir auf zwei Beinen aufrecht laufen.
Liebe, Zuneigung, Zärtlichkeit, Fürsorge, Altrusimus, Verbundenheit, Verantwortungsgefühl - es ist ca. 260 Jahre her, als die Romantik das alles nahm und es nur einem Paar aus zwei gegengeschlechtlichen Menschen zusprach. Nur in diesem Paar und in strenger Rollentrennung konnte es noch existieren. Existierte es außerhalb dieser Vorstellung war es schlecht, sündig, hinterhältig, pervers.

Wir wissen heute, die Liebe, die sexuell motivierte und später tief verbundene kann sehr wohl auch zwischen zwei Menschen des gleichen Geschlechts existieren.

Und sie kann auch in Konstellationen existieren die die "romantische Liebe" als schlecht, als instabil bezeichnet... Sie kann einfach so existieren zwischen Menschen.

Es ist eine Wahl und es ist ok wie auch immer diese Wahl ausfällt. Das ist mein Ideal. Nicht neo-romantisch verklärt. Eine monogame Beziehung kann für Menschen Halt, Stütze und der richtige und friedliche Ort im Leben sein.

Und eine andere Beziehungsforum und eine gelebte Liebe und gelebte Beziehung mit mehr als einem Menschen kann für einen anderen Menschen der richtige Ort sein an dem er oder sie sich aufgehoben fühlt.

Ein junger Mann ist vielleicht desillusioniert wenn das romantische Kartenhaus zusammenfällt, das er sich um die Polyamourie gebaut hat. Und als nächstes wird ihn die Monogamie enttäuschen. So lernen wir. Mit etwas Glück, am Ende mehr Zufriedenheit egal wie wir leben.
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Hmm...ich nehme solche Kritik ja sofort zu Anlass um den Begriff "romantische Libe" mal zu googlen und erwarte bei WIKI Antworten...und finde: nix *g* Nur zur Romantik an sich als Epoche und dann noch dies: http://wiki.yoga-vidya.de/Romantische_Liebe
Das gab noch am meisten her...
Deine Aussagen Pixy worauf stützen die sich? Quellen? Ich bin gerne bereit dazu zu lernen. Aber dem Autoren des Artikels einfach sein Alter zum Vorwurf zu machen (mehrfach) und zu erklären, er denke sich seine Auffassung schlicht aus - selbst Gegenbehauptungen aufzustellen ohne den leisen Funken einer Quelle...hmm? Ich schätze die meisten Deiner Beiträge im Forum sehr - und wäre also dankbar, wenn Du mir auch hier ein bisschen auf die Sprünge helfen könntest *g*
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
So guten Morgen erstmal! Nun ausgeschlafen noch mal folgender Nachtrag...damit wir ein bisschen den Begriff der "romantischen Liebe" einordnen können habe ich erneut gegooglet und dies erschien mir einigermaßen wissenschaftlich fundiert:
Merkmale der romantischen Liebe-
deutsche Romantiker
(z.B. Schlegel, Schleiermacher, Novalis) leiten gegen
Ende des 18. Jahrhunderts einen
neuen Liebesdiskurs ein -
ein Versuch wurde gestartet, diesen Liebescode auch in der Realität
auszuleben
1.
Einheit von sexueller Leidenschaft und affektiver Zuneigung -
Zusammenkunft von Sexualität und Liebe
2.
Postulat der Einheit von Liebe und Ehe-
Liebe als Voraussetzung
zur Eheschließung
3.
Elternschaft der Liebenden-
Emotionalisierung der Eltern-Kind-Beziehung
4.
Dauerhaftigkeit der Liebe-
aufrichtiges Gefühl sowie Treue der Liebenden soll Dauerhaftigkeit der Liebe
zur Folge haben
5.
Individualität-
Verbindung zweier einzigartig
en Individuen
6.
Entwertung der Umweltbezüge-
die Außenwelt gestaltet sich als nichtig für die Liebenden
7.
Androgynes Idealbild-
zur Verehrung und Idealisierung der Frau kommt die Wichtigkeit ihrer Gefühle
hinzu-
Gefühle und Glück beider Liebenden ist entscheide
nd
Quelle: "Die Erfindung der romantischen Liebe" Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen,Nürnberg
Institut für Soziologie
HS Der Wandel von Freundschaft und Liebe in der Moderne
Sommersemester 2011
Dozent: Prof. Dr. M. von Engelhardt
Referentin: Stefanie Lorenz

Soweit so neutral - und was dann in der patriarchalischen Gesellschaft und über die zeit daraus wurde...steht auf einem ganz anderen Blatt *zwinker* Das Patriarchat ist bekanntlich erheblich älter also die Idee der romantischen Liebe - und vielleicht ist dies und nicht die Idee der romantischen Liebe an der "Unterdrückung" von Frauen und auch homosexuellen Verbindungen schuld?!
Vielleicht sollte man auch generell noch mal genauer hinschauen und die Texte der "Romantiker" (Novalis, Schlegel aber auch Göthe Stichwort:Sturm und Drang) im Kontext ihrer Zeit betrachten. Um zu beurteilen wie dieses Ideal das Leben der Menschen veränderte ist zu sehen: was war vorher!? Vor welchem gesellschaftlichen Hintergrund fanden diese Veränderungen statt. Wer mit dem heutigen Wissen und den heutigen Idealen und Erfahrungen zurückblickt und dann wertet, wird der Sache nicht gerecht.
Vorher gab es auch schon die Ehe, sie wurde aus Vernunft geschlossen und fast immer arrangiert. (Auch da mussten die Frauen schon Waschen und die Kinder hüten...) Die Ehe diente der Versorgung und es gab Aufgabenteilung. Den Männern wurde zugestanden sich sexuell ausserhalb der Ehe umzutun. Der Liebesbegriff war davon völlig losgelöst.
Vor diesem Hintergrund erscheint mir die Idee der romantischen Liebe vor allem erstmal den Menschen mehr Freiheit und Entscheidungsgewalt gebracht zu haben *zwinker* Die Möglichkeit selbst zu wählen, wen man heiraten möchte z.B.
Auch das bei diesem Ideal erstmals Gegenseitigkeit ins Spiel kam war eher eine Auf- als eine Abwertung von Frauen (meine Meinung).

Ausserdem fände ich es wichtig zu unterscheiden in a) das Ideal der "romantischen Liebe" und b) die tatsächliche gelebten Beziehungsnormen, die dem natürlich niemals entsprachen; sondern beeinflusst von weiteren gesellschaftlichen Faktoren wie Kirche, Staat und vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Not und Kriegen (1.Weltkrieg) ganz anders aussahen als es dem Ideal entsprach. Beides gilt es aber nicht zu verwechseln!

Frohen Sonntag
*****al4 Mann
797 Beiträge
romantisch
Was mir auffällt: die Rolle des "Aktiven" wird immer wieder beschrieben, beleuchtet und hinterfragt. Egoistische Bedürfnisbefriedigung und AMEFI; natürlich steht immer derjenige, der augenscheinlich die romantische alles-zu-erfüllende Beziehung verletzt, in der Kritik, hat ein schlechtes Gewissen und muss sich rechtfertigen - musste ich auch oft, auch vor mir selber. Es hat aber auch die andere Seite: der Partner muss nicht für mich alles sein; er muss sich nicht verbiegen und irgendwie versuchen, meinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Er darf mich auch einfach mal nicht verstehen, darf auch einfach mal nicht mitgehen in meine Welt. Diese romantische "du bist alles für mich" hat auch die Seite "ich bin alles für sie/ihn", und das funktioniert einfach nicht. Im Gegenteil erzeugen diese Erwartungen und Erwartungsdruck grossen Frust und grosse Traurigkeit, und oft werden die Partner funktionalisiert; unter dem Druck stirbt die Liebe. Zumindest habe ich es so erlebt.
Es fällt mir auch manchmal sehr schwer, von den Vorstellungen, die wir seit Jahrhunderten als Gottgegeben eingebleut bekommen haben, Abstand zu nehmen; ein wenig Distanz zu bekommen. Nicht nur Verzicht ist mir als Liebesbeweis verkauft worden, nein auch irgendwie dem anderen auch alles zu sein, seine Wünsche von den Lippen abzulesen und ihn glücklich zu machen. Ehrlich gesagt, bei mir erstickt da Liebe; wie kann ich bedingungslos lieben, wenn mir Liebe als etwas dargestellt wird, das Funktion ist? Beide Partner werden ja überhöht; beide müssen sich alles sein. Und auf Basis dessen werden ja auch Matchquoten erstellt, nach denen möglichst viele Übereinstimmung in den Erwartungen gewertet werden; oh Mann, und dann ist der Weg frei für Liebe...
*****al4 Mann
797 Beiträge
p.s.
In meiner Schulzeit habe ich einen Jungen kennengelernt, mit dem ich mich tief befreundet habe; wir sind bis heute enge vertraute Freunde. Er hatte eine Oma, zu der wir des öfteren nach der Schule gegangen sind und Obst mit Schlagsahne gegessen haben. So eine richtige Oma; damals war ihr Mann schon verstorben. Sie kam aus einer richtigen Arbeiterfamilie, der Mann war auf dem Pütt, und sie halt die Frau, die Familie und Haushalt schmeisst und die gute Seele im Haus (oder besser der kleinen Wohnung in der Bergarbeitersiedlung mit Gemüsegarten) war. Und diese Frau, wie gesagt völlig eingebettet in das ganz normale patriarche Arbeiterleben, hatte einen Liebhaber. Sie hat ihrem Mann diese Liebe gestanden, ihm (ihrem Mann) gesagt, das sie ihn (ihren Mann) liebe und sich ganz bestimmt nicht trennen wolle - aber der andere Mann gehöre einfach zu ihrem Leben dazu. Und ihr Mann hat eine ganze Zeit gebraucht, es dann aber angenommen, ihre Liebe verstanden und akzeptiert. Sie haben so viele Jahre gelebt.
*****gra Frau
5.053 Beiträge
Da
muss ich lächeln. Die Oma, von der Du erzählst ist wunderbar. *g*
Mich rührt das gerade total.
Genau so habe ich es auch gemacht, mit fast der gleichen Reaktion. Wir leben so jetzt schon fast 10 Jahre.
(Und eine Großmutter bin ich auch *ggg*, aber mit einem völlig anderen Rollenverständnis!)
Was war das? Klarheit, Ehrlichkeit, Offenheit

Weitere Gedanken:
Verzicht kann eine zeitlang durchaus ein Liebesbeweis sein.
Es sollte nur kein Machtspiel daraus werden.

Erwartungsdruck ist hausgemacht und ja, da folgen Frust und Traurigkeit.
Aber Absprachen treffen, mit denen beide leben wollen und können, da sehe ich einen guten Weg. Natürlich muss das Vertrauen da sein und jeder sich dran halten.

Ich rechtfertige mein Tun zunächst einmal vor mir selber, befrage mein Gewissen und höre auf mein Bauchgefühl. Das was anfangs schwer und ist heute klar und leicht.
In Polybeziehungen ist das genauso wichtig wie in festen Zweierbeziehungen.
Ja, es ist für mich sogar was Grundsätzliches im Leben, ganz unabhängig von der Beziehungsform.

Wodurch stirbt die Liebe?
Da sammle ich mal meine Ideen.
• kompromisslos sein
• unbeweglich sein
• Gefühle verschweigen
• Probleme unterdrücken
• resignieren
• Zeitmangel
• Stress auf allen Lebensbaustellen
• ....

Wodurch lebt die Liebe?
*******arm Frau
1.595 Beiträge
... unter anderem durch Offenheit, Ehrlichkeit, sich Zeit nehmen, ...
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Hmm...ich weiß nicht recht. Offenheit für was? Inwiefern fördert Offenheit Liebe? Oder Ehrlichkeit...das ist eh so ein Ding mit dem ich mich schwertue, wenn es zum Paradigma wird *zwinker* (z.B. und zur Erklärung: meine Tochter war vielleicht 9 oder 10 als sie mir sagte: "Mama ich hab da ein Problem...ich mag XY nicht aber die will immer mit mir spielen...ich sag dann ich hab keine Zeit - aber man soll ja immer ehrlich sein" - ich habe gesagt: "wer hat denn den Quatsch erzählt von wegen immer ehrlich sein? Menschen lügen ständig! Deine Aufgabe im Leben ist zu lernen, wann man ehrlich sein sollte und wann nicht!")
Wie genau fördert denn Ehrlichkeit die Liebe? zB. wenn ich einem Partner, der mich gerade sehr nahe fühlt - sage ja: "aber ich empfinde das anders, ich empfinde emotionale Nähe gerade sehr intensiv mit jemand anderem" Fördert die Ehrlichkeit die Liebe?!
Ehrlichkeit fördert das Vertrauen *zwinker* Aber Liebe ? Liebe ist doch ein ganz anderes Gefühl...und wie oft haben wir zwar erlebt: zu viel Nähe und Vertrauen, das vorhersehbare - ist auch ein Feind der Liebe. Liebe braucht nicht unbedingt Vertrauen...aber Hoffnung *zwinker*
Bei Beziehungen mag das anders sein - aber Liebe ist nicht automatisch Beziehung. Ohne ist sie vielleicht sogar am intensivsten gefühlt ...um wieder zurück zur Romantik zu kommen (jepp ich versuche mal einen Bogen zu schlagen) - in der unerwiederten/ schmachtenden Liebe. Die unerfüllte Liebe - die dann bei Erfüllung ggf. eben enttäuschen muss, weil die Gefühle so hochgeschraubt waren, die Erwartungen eben so groß...
Nette Diskussion - auch wenn wir inzwischen von dem Eingangsartikel etwas abgekommen sind *zwinker*
*******arm Frau
1.595 Beiträge
Mit Offenheit meine ich das Aussprechen aller auftauchenden Gefühle.
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
OK - und das fördert die Liebe?
*******arm Frau
1.595 Beiträge
zumindest ist es nach meinem Ermessen ohne diese Offenheit nicht möglich
Aussprechen.
Dem möchte ich auch nochmal beipflichten. *g*

Klar muss man nicht jede innere kleine Regung die sich kurz mal ergibt artikulieren. Aber wenn es Gefühle sind die einen innerlich beschäftigen , dann ist es wichtig diesen Gefühlen auch sprachlich Ausdruck zu verleihen. *zwinker*

Vor allem weil man sonst ganz schnell Missverständnisse hat, der andere kann ja nicht in einen rein gucken. (Bin leider manchmal nicht so empathisch, daher schon wichtiges Thema für mich gewesen.)
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Hallo Ihr beiden...ich wollte nur ein bisschen provozieren sehe es aber ganz ähnlich! In Beziehungen sind mit Ehrlichkeit und Offenheit auch sehr wichtig *g* Worauf ich eigentlich hinauswollte: ein sorgfältiger Umgang mit Worten *zwinker* Denn wenn man in der Diskussion (insbesondere in so einer hier - wo der Eingangsartikel als auch z.B. Pixys Erwiederung auf bestimmten Theorien und Schulen der Soziologie oder historischen Einordnungen fussen) - Beziehung und Liebe einfach mal gleichsetzt -reden wir endlos und ergebnislos im Kreise und werden uns missverstehen ! Was ja auch ganz schön sein kann *zwinker*
Nur die Frage von Allegra war: was fördert die Liebe? (sinngemäß zitiert) Und da denke ich und bislang hat keiner darauf irgendwie geantwortet, "nö!" - die Liebe braucht nicht Offenheit oder Ehrlichkeit - für mich braucht sie Hoffnung z.B. oder auch die Fähigkeit immer wieder das Gegenüber als einzigartig und liebeswert zu sehen --> Und das, ist manchmal mit ein wenig Überraschung und etwas mehr Distanz und ganz ohne "alsolut immer alles vom anderen Wissen" sogar oftmals viel leichter *zwinker* Das total Bekannte wird vom Menschen seiner Natur gemäß (meine Beobachtung und Einschätzung) nicht immer besonders leicht zu schätzen gewusst *zwinker* Und auch aus eigener Erfahrung kann ich sagen: ich habe schon Menschen geliebt, denen ich nicht unbedingt völlig vertraut habe... und die weder offen noch ehrlich zu mir waren. Das schließt Liebe (auch das dieser Mensch mich liebte) aber keineswegs aus.
Also bitte einfach sauber trennen zwischen "Liebe" und "Beziehung" oder das Ganze als eigene Erfahrung oder Einschätzungen kenntlich machen und nicht als allgemeingültigen Satz ohne weitere Erläuterung bringen - das fände ich ganz gut!
Danke für Eure Beteiligung *g*
*****al4 Mann
797 Beiträge
hm
Also, wenn Deine Tochter mit einem Mädchen nicht klar kommt, es ihr aber nicht sagt und eher Ausflüchte bringt - habe jetzt keine Zeit, ich muss Schulaufgaben machen, ich muss nach Hause, meine Mama wartet auf mich - was passiert in dem Mädchen? Überlegungen wie: boh, mag die mich, findet die mich doof, kann ich irgend etwas tun, damit sie mich mag, damit sie mit mir spielt? Was passiert in Deiner Tochter? Boh, wie kann ich der ausweichen, was kann ich ihr noch sagen, damit ich ihrer Nähe aus dem Weg gehe? Irgendwann wird es vielleicht sogar nervig, und Deine Tochter muss vielleicht verletzend auftreten, damit das Mädchen endlich kapiert, das sie keine Zeit für sie haben will.
Warum nicht ehrlich und offen? Du, ich habe keine Lust, ich mag Dich nicht so gern, Du bist mir fremd, und ich möchte nichts unternehmen, das mir diese Fremdheit nimmt. Kann das nicht, frühzeitig und offen, wesentlich weniger verletzend sein? Abgrenzung frühzeitig, bevor man sich verletzt? So greift Deine Tochter das Mädchen nicht an, sondern stellt nur klar, was oft passiert und normal ist: ich habe nicht viele Gefühle für Dich, ich begegne Dir gern in der Klasse, aber es reicht nicht für mehr Nähe. Das zu lernen ohne Verletzung ist doch wesentlich besser und wichtiger und hinterlässt nicht ein unsicheres Gefühl, irgend etwas falsch gemacht zu haben oder gar zu sein. Und Deine Tochter braucht nicht Umwege einzuplanen, um ihr nicht zu begegnen; sie können sich ganz normal begrüssen und aneinander vorbeigehen. Weil der eine vom anderen weiss, ganz ohne Unsicherheit und Aggression. Nur mit der Enttäuschung, das Deine Tochter sie nicht so mag - naja und diese Enttäuschung tut weh, ist aber mitten im Leben.
So erlebe ich es auch innerhalb von Beziehungen: ja, Offenheit schützt vor Missverständnissen, Erwartungen und auch dem Gefühl von Unzulänglichkeit. Grenzen des Miteinanders offen zu besprechen schafft Nähe. Und unglaublich viel Raum.
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Danke Lateral4 *zwinker* Das hab ich in diesem speziellen Fall auch so ähnlich vorgeschlagen *g* Nur insgesamt war ich nicht einverstanden mit "man muss immer ehrlich sein"! Das würde ja auch voraussetzten, das alle Menschen mit Ehrlichkeit umgehen könnten und überhaupt die Wahrheit wollten - und das unterschreibe ich nicht *g* Also hab ich ihr gesagt: das Leben ist eben so nicht. Die Menschen sind so nicht! Und die Aufgabe ist a) zu sehen wann ist es gut ehrlich zu sein und wann nicht und b) es gibt viele Grautöne. Meine Tochter war 9 und sie ist kein empathisches Naturtalent *zwinker* Sie meinte: ich kann der doch nicht ins Gesicht sagen, dass ich sie nicht mag - dann ist die traurig oder sauer...
Was Du vorschlägst ist ja eine Empathie und Diplomatie, die schon vielen Erwachsenen abgeht...
Ich hab folgendes gesagt: Ein Mädchen am Bus hat einen Pullover an der ihr nicht steht. Drei Dinge sind auf den ersten Blick möglich (haben meine Tochter und ich erarbeitet *zwinker* ): nix sagen, sagen dass der ihr nicht steht, lügen und sagen er wäre toll.
Was ist das richtige? Wir sind zusammen darauf gekommen: wenn mir die Person egal ist: kann ich einfach gar nichts sagen (solange mich keiner fragt z.B.). Wenn ich das Mädchen verletzten wollte aus welchem Grunde auch, kann ich laut sagen: "der steht Dir aber gar nicht" oder ich sage es leise zu der Freundin neben mir ... (ja bei Mädchen kommt solch Verhalten vor...). Wenn ich sie wirklich hasse (vorsicht -- wir reden hier von Mädchendingen) - könnte ich sagen, wie toll er ihr steht und hoffen, dass sie das schreckliche Teil öfter trägt *zwinker* Aber was wenn ich sie mag?! Große Ratlosigkeit bei meiner Tochter... Wenn ich nix sage? -> feige. Wenn ich sage "toll" - ist meine Freundin zwar glücklich - aber vielleicht rägt sie das unvorteilhafte Teil dann öfter...
Wenn ich sage: "das steht Dir nicht" - ist sie vielleicht verletzt und glaubt, dass ich sie nicht mehr mag.
Ich habe gesagt: Möglichkeit vier ist perfekt, wenn Du jemanden magst. Du sagst: "Hmm, das Teil finde ich steht Dir gar nicht gut - der Pulli von gestern hat in der Farbe viel besser zu Deinen Haaren gepasst!"
Meine Tochter im Glück *g*
Aber wichtig ist: sie hat begriffen, die richtige Vorgehensweise ist hängt davon ab - wie wichtig uns die Person ist und was unsere Ziele sind.
Es geht um Situationen - um Kontext.
Ehrlichkeit immer, überall und allen Menschen gegenüber würde vermutlich Dein Leben ruinieren - dazu gibt es ne amüsante Komödie mit Jim Carrey, die eigentlich alles sagt *zwinker*
*****gra Frau
5.053 Beiträge
Das
ist doch hier in unseren Diskussionen ähnlich.
Ich empfinde manche Worte und noch mehr das geschilderte Tun als unangenehm, höre hin, frage nach und grenze mich dann ab. Meist sofort hier, manchmal per CM. Da kommt bei mir dann kaum Negatives auf, denn ich kann das bei was gesagt oder getan wird bei dem anderen lassen. Aber es muss zeitnah und klar, vorsichtig und nicht verletzend sein - gewaltfrei.
*****s70 Frau
260 Beiträge
Ich finde
jeder Mensch hat Ehrlichkeit verdient, denn wenn ich ihn anlüge, gebe ich ihm nicht die Chance zu erkennen, dass er vielleicht was anders machen könnte. Lügen ist egoistisch, weil ich Angst habe, mich ins Fettnäpfchen zu setzen, weil ich Angst habe vor der negativen Reaktion und denke ich kann damit nicht umgehen. Also lügt man nicht, weil man dem anderen was Gutes tun will, sondern nur, weil man selber zu feige für die Wahrheit ist. Die Wahrheit zu sagen ist nämlich unheimlich schwer. Natürlich sollte man dabei immer bei sich bleiben und nicht verletztend reden, klar, hilfreich ist auch eine gewisse Empathie. Aber ich finde, wenn ich jemandem die Wahrheit sage, ist das für mich Ausdruck von Wertschätzung und Liebe, denn ich möchte ihm durch das was ich sage, die Chance für Entwicklung geben, die ich ihm mit einer Lüge verweigere.
Ich muss allerdings auch nicht jedes augenblickliche Gefühl mitteilen, denn Gefühle sind trügerisch, heute kann es mir so gehen und morgen so, deswegen sollte ich gut überlegen, ob es wirklich wahr ist, wenn ich von einem bestimmten Gefühl rede und manchmal ist es sinnvoll, die Wahrheit erstmal zu überdenken und festzustellen, ob es wirklich so ist wie ich sage. Da liegt meiner Meinung nach nämlich viel häufiger die Fehlerquelle und das, womit ich Menschen verletzen kann.
Und einen Menschen lieben zu können/wollen und nicht alles von ihm wissen zu wollen, ist für mich Quatsch. Ich möchte mich in der Liebe auf den Menschen zuentwickeln und das kann ich nur, wenn ich ihn auch erkenne und ein Merkmal von Liebe ist für mich Erkenntnis, dass ich stets bestrebt bin, den Menschen, den ich liebe, immer besser zu kennen und zu verstehen, das ist mir ein Bedürfnis und hat für mich eine enorme Wichtigkeit. Es wird mir nie vollens gelingen, aber ich strebe immer in diese Richtung. Das ist für mich Liebe.
Und romantische Liebe ist für mich ein Hirngespinst, sie hat genau eben mit den Erwartungen zu tun, die uns in Film und Fernsehen und in tollen Büchern immer wieder nahe gebraucht wird: Wenn ich erst den einen allerfüllenden Partner gefunden habe, am besten noch mit Liebe auf den ersten Blick, dann ist alles gut und mein Leben gerettet. Aber was ich dafür alles in einen Menschen reininterpretieren muss, mamma mia! Der arme Mensch ist grade dann zur Wunscherfüllungsmaschine geworden! Und was, wenn er dann nicht so ist? Dann ist man enttäuscht!Es mag ja in bestimmten Epochen ein Fortschritt gewesen sein, dass man so lieben durfte, ich möchte auch nicht wieder zurück zur Vernunftsehe, da ist die romantische Liebe schon besser. Aber die Menschheit entwickelt sich ja auch weiter.
Nach Fromm gehören für mich 4 Dinge zur Liebe, 4 Dinge, an denen man Liebe erkennt: Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor dem Anderen und Erkennen.
*******arm Frau
1.595 Beiträge
Und romantische Liebe ist für mich ein Hirngespinst, sie hat genau eben mit den Erwartungen zu tun, die uns in Film und Fernsehen und in tollen Büchern immer wieder nahe gebraucht wird: Wenn ich erst den einen allerfüllenden Partner gefunden habe, am besten noch mit Liebe auf den ersten Blick, dann ist alles gut und mein Leben gerettet.

Schön, dass es mal jemand auspricht. Danke.
********_fun Frau
287 Beiträge
Themenersteller 
Ich sehe das anders: Romantische Liebe hat für mich nichts mit dem Kitisch auf Film und Fernsehen zu tun sondern für mich steht der Begriff im Kontext mit der romantischen Lebensphilosophie. Damit verbinden sich z.B. Anti-bürgerlichkeit und künstlerische Freiheit - eine Liebe die nicht der Anpassung dient sondern der Selbstverwirklichung und der Rettung aus der Entfremdung. Dazu mal folgendes:
Eva Illouz (1997) hat in einer Studie über den »Konsum der Romantik« gezeigt, wie durch die Romantisierung der Waren im Kapitalismus eine Verdinglichung der romantischen Liebe produziert wird, und wie sich »romantische Praktiken zunehmend mit dem Konsum von Freizeitgütern und Freizeittechnologien verbanden, die vom wachsenden Massenmarkt angeboten wurden« (28). Ein vielleicht gar nicht gewolltes Ergebnis ihrer Untersuchung zeigt indes nicht nur die damit einhergehende Sinnentleerung von »Liebe« sondern auch die Deformierung von »Romantik«, die darin auf zeitgenössische Varianten der Biedermeier-Beschaulichkeit reduziert, bzw. damit verwechselt wird.

Da ich den Begriff romantische Liebe nicht gleichsetzten mag mit dem Kitsch der Konsumindustrie - denke ich auch nicht das es sich um "Hirngespinste" handelt.
Es handelt sich dabei natürlich um ein Ideal, eine Idee...nicht um eine Realitätsbeschreibung *zwinker*
Ausserdem geht es mir im Kontext auch darum zu sehen welche Auswirkungen haben diese Ideen auf die Gesellschaft und den Umgang mit Menschen. Natürlich gibt es in der romantischen Liebe diese Überhöhung und Idealisierung des Liebespartners, die ggf. zu hier schon angesprochenen Enttäuschungen durch zu hohe Erwartungen führt.
Die Gegenfrage ist aber: sollen wir Menschen jetzt aufhören hohe Erwartungen zu haben und heere Ideen zu verfolgen, weil daraus ggf. Druck und Enttäuschung erwachsen?!
Kurz vorher haben hier noch einige Menschen verhement für mehr Ehrlichkeit gefochten...
Dabei brauch ich mich nur umsehen und sagen: Ehrlichkeit ist ein Hirngespinst - schließlich kommen alle Studien zu dem Schluss, dass Menschendauernd Lügen. Wenn ich durch das Leben gehe in der Annahme, dass Menschen immer ehrlich sind, setzte ich sie durch die Erwartungen doch unterdruck und werde überdies mit enormer Wahrscheinlichkeit enttäuscht.
Das schöne am romantischen Liebesideal ist aber auch vorhanden. Die Hoffnung nämlich, dass man so geliebt wird, wie man ist, dass man für einen Menschen nicht austauschbar ist, dass man nicht um der Leistung, die man für ihn erbringt Bedeutung hat sondern um der eigenen Person willen. (Also nicht weil er mich zur Bedürfnissbefriedigung benutzt)
Eine Kritik an den negativen Seiten des romantischen Ideals finde ich sinnvoll. Allerdings bleibt bei mir offen, was denn an die Stelle treten könnte. Durch was wollt oder habt ihr, die es für Hirngespinst haltet, dad ganze ersetzt?!
Denn z.B. ich finde es besser in einer Welt zu leben in der Menschen einem solchen Ideal nachstreben und nehme gerne in Kauf dafür auch enttäuscht zu werden; als in einer Welt zu leben wo Menschen konsumiert werden zur Befriedigung von Bedürfnissen, wo Jeder austauschbar ist und von vornherein so angesehen wird. (will sagen, dass die Erwartung oder Hoffnung wichtig einen Unterschied macht: es ist ein Unterschied, zu hoffen, dass der Mensch nicht austauschbar ist und es so anzusehen, selbst wenn das Gegenteil vieleicht sogar wahr ist - oder ob gnadenlos und hoffnungslos die Austauschbarkeit auch propagiert) Denn dann gibt es keinen Gegenpol mehr zum Berufsleben in einer kapitalistischen Welt...Dann greifen diese Prinzipien von Rationalität, Konkurrenz und einer Reduzierung des Menschen auf seine Leistung für den anderen auch im Liebesleben...
Der Mensch ist kein logisches Wesen, Ideale und Hoffnungen bestimmen unsere Gesellschaft, wie auch das Leben des Einzelnen. Deshalb sollten wir schon darauf sehen welche es denn sind *zwinker* Es gibt ein chinesisches Sprichwort: "sei vorsichtig was Du Dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen"
Also was wünscht ihr Euch? Wie sieht denn Euer "Liebesideal" aus?
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