Hey, lieber
@***ge...!
Diese Frage wird oft gestellt, in verschiedenen Formen:
Mono oder Poly:
Was ist eigentlich besser...?
Was ist eigentlich stabiler...?
Was ist eigentlich erwachsener...?
Du hast hier schon ein paar Antworten bekommen, die alle
ins selbe Horn stießen. Und weil genau dieses Horn ein so
gutes und wertvolles ist, stoße ich dort nun auch nochmal
hinein...
Ich berate inzwischen seit vielen Jahren im Kontext von
Liebe, Partnerschaft und Sexualität. Ich habe es dabei
sowohl mit klassischen Mono-Paaren als auch mit Menschen
in offen nichtmonogamen Liebesbeziehungen zu tun...
Und stelle fest:
Sowohl die einen als auch die anderen können wunderbar
tief, verbunden und nährend sein. Oder aber auch bis ins
Mark dysfunktional, retraumatisierend und toxisch...
Vielleicht geht meine Antwort an deiner Frage weit vorbei,
aber meiner Auffassung nach ist es nicht die Anzahl der
jeweiligen Sexual- oder Beziehungspartner, die darüber
bestimmt, wie glücklich, nährend und verbunden zwei
Menschen ihre Beziehung zueinander empfinden...
Sondern die Bewusstheit eben dieser Menschen im Umgang
mit ihren eigenen Gefühlen, Bedürfnissen oder Wünschen,
mit ihren Triggerpunkten und Schlüsselreizen und mit ihren
(allzumeist bereits in Kindheit und Jugend erworbenen)
Strategien im Umgang mit inneren wie äußeren Konflikten...
Zwei Menschen, die sich all dieser Dinge bewusst sind -
und überdies im Stande, darüber in achtsamer, liebevoller
und beschreibender Weise zu kommunizieren, können sich
dazu entscheiden, miteinander monogam oder nichtmonogam
zu sein. In beiden Fällen werden sie mit- an- und durch
einander immer wieder Erfahrungen machen, die sie triggern,
aufwühlen oder zutiefst verunsichern werden. Aber sie
werden im Stande sein, über diese Dinge wertschätzend und
empathisch in Austausch zu treten...
Zwei Menschen, die sich dieser Dinge nicht bewusst sind -
oder nicht gewillt oder im Stande, darüber zu sprechen,
können miteinander ebenfalls einen monogamen oder einen
nichtmonogamen Weg wählen... Da sie sich selbst und ihr
Inneres allerdings nicht reflektiert haben, werden diese
beiden höchstwahrscheinlich immer wieder dazu neigen, aus
akuten emotionalen Verletzungen heraus den oder die Andere/n
als schuldig, falsch oder minderwertig darzustellen.
Die ersten beiden landen zwischen ihren Gesprächen über ihre
Trigger, Bedürfnisse oder Sehnsüchte immer wieder miteinander
im Bett...
Die zweiten beiden werden feststellen, dass ein ständiger
Aufenthalt im inneren Gerichtssaal nicht nur ihre sexuelle
Lust aufeinander erwürgt, sondern nach und nach jeden Funken
der Liebe und Partnerschaft. Und zwar unabhängig davon, ob es
da noch andere Liebes- oder Lustpartnerinnen gibt.
In meinem letzten Sex-Ed-Talk hier im JOYclub sagte ich gegen
Ende, im Frage-Antwort-Teil, unbedacht und aus Versehen einen
potenziell ziemlich klugen Satz, auf den mich einige Tage
später ein Zuschauer nochmal hinwies. Dieser Satz lautete:
<b>"Die Polyamorie ist am Anfang ziemlich konpliziert. Mit der
Zeit aber wird sie immer leichter. Mit der Monogamie ist es
umgekehrt...!"</b>
(Okay, das waren drei Sätze...
)
Was es wirklich braucht, um eine Liebesbeziehung langfristig
ebenso glücklich wie stabil zu gestalten, sind in meinen Augen
im Grunde nur drei Dinge... Ich nenne sie: "Aufrichtigkeit",
"Mitgefühl" und "Wohlwollen". Am allerbesten darüber hinaus auf
einer Basis aus profunder und substanzieller Selbst-Bewusstheit.
Ich hoffe, meine Antwort ging nicht allzu weit an deiner Frage
vorbei...!
Herzliche Grüße aus Oldenburg...!
Volker