Wie handhabt ihr neue Menschen in euren Herzen?

Ich habe mal den Titel etwas aussagekräftiger gestaltet

Sie dürfen einfach rein, genau wie Du in das Herz Deiner Angebeteten. Das muss keine Folgen haben, also keine Beziehung nach sich ziehen. Bei mir geht das in diesen Stufen:

• Ich verliebe mich. Das bedeutet nicht, dass ich unbedingt eine Beziehung will... nur lieben reicht mir oft.
• Wir haben doch eine Beziehung, und Liebe hält Einzug, auch wenn die Verliebtheit abklingt.
• Oder: wir haben keine Beziehung, und auch hier hält die Liebe Einzug, aber es passiert weiter nichts.


Wenn ich verliebt bin, will ich sogar als Poly nur die Eine! Das halte ich für normal. Deshalb lehne ich zusätzliche Avancen eben nicht ab, sondern lasse Annäherung zu... es sei denn, die Betreffende passt null zu mir, oder ich zu ihr. Denn meine Aufmerksamkeit ist nur temporär durch's Verlieben absorbiert, das geht auch wieder vorbei.

Als Poly nehme ich die Idee der einzigen Einen nicht ernst, selbst wenn meine Verliebtheit krakeelt: Nur die, nur die...

Lasse der vorhersehbaren Entwicklung ihre Zeit.



Kommt halt drauf an... auf mehrere Faktoren. Für wie liebes-abziehend wird die Neue gehalten? Für wie integer? Wie verhalte ich mich... bleibe ich umfassend aufmerksam?

Ah, okay! Wobei ich das gerade in der Anfangszeit kaum unterscheiden kann. Verliebtsein ist das Toben, das Wollen, das krasse Fühlen, un-topbare Begeisterung. Liebe ist ruhiges Zugeneigt sein, in maximalem Ausmaß, aber ohne Wollen, ohne krasse innere Wellen. Liebe will nur Gutes für den Menschen, den ich liebe. Ich selbst komme darin kaum vor. So fühlt es sich jedenfalls an, wer weiß, wieviel Projektion da noch drinsteckt... bei mir.

@*****eer ... ja, wohl Liebe! Wie schön! Kannst Du Dir vorstellen, sie selbstlos zu lieben, ohne eine Beziehung haben zu müssen?

Ich kenne auch Zeiten, in denen ich mit überhaupt niemandem eine Beziehung wollte, ich wollte einfach allein sein. Und Du willst halt nur mit dieser einen Frau eine Beziehung... ich glaube, sogar Polys haben Phasen, da werden ihnen die vielen Partner zuviel. Ich jedenfalls kenne das so.

Schreibst du uns, warum du uns das erzählst? Es scheint mir hier alles logisch und gut zu sein. Oder nicht?

Ich kann da nur für mich selber sprechen, als mein Partner jemand neues in sein Herz ließ. Es ging mir so wie dir:

Im Gegensatz zu dir nenne ich meinen Schmerz "Eifersucht". Natürlich will auch ich, dass mein Partner glücklich ist, aber das widerspricht sich in meinen Augen nicht.

Wie geht es euch als Polyamore wenn neue in euer Leben treten? Wie handhabt ihr neue Menschen in euren Herzen?

(Ich sehe/fühle mich nicht als poly.)
Es gibt nur wenige Menschen, die ich wirklich von Herzen mag - egal auf welche Art.
Und wann immer ich jemandem begegne, bei dem/der es sich so anfühlt, als könnte ich wirklich lieben, bewege ich mich auch in diese Richtung.

Ich handhabe nicht, ich biete nur von meiner Seite aus die Möglichkeiten.
Was daraus wird, zeigt sich dann.
Und das schließt alle potentiellen Lieben gleichzeitig ein. Freundschaft oder Amouröses (meine Bezeichnung für Lieben, die mit erotischer Energie Hand in Hand gehen)


Was empfinden Eure Partner wenn jemand dazu kommt?
Unsicherheit. Sowohl ich, als auch er. Das ist normal für uns zu Anfang. Da kommt was neues, unvorhersehbares. Das ist spannend, im „guten wie im schlechten“. Da ist Freude, Mitfreude aber eben auch die Schattenseiten wie Unsicherheit, Angst.

Deine Fragen sind für mich so allgemein gehalten, dass ich sie nicht präzise beantworten kann. Ich möchte sie mal in einem anderen Kontext packen, damit duverstehst, was ich meine.

Wie gehst du ins Meer, wenn du an einen neuen Strand kommst? Wie handhabst du Kommunikation mit anderen Urlaubern. Was empfindet dein Freund, wenn du einen anderen Freund mit in den Urlaub nimmst?

Mich berührt dieses Thema, weil ich mich an eine Erfahrung erinnert. Da war der Knackpunkt: "Ich bin verliebt, ist sie es auch?" Wenn es dich interessiert, kann ich dir gerne mehr über Unsicherheiten zum Anfang einer Liebe schreiben.

Es ist einfach sich viel Platz im Leben eines anderen Menschen zu wünschen.

Ich wollte damals mehr als sie. Ich wollte es schnell und mit aller Vehemenz. Ich war mir nicht sicher, ob ich es bekommen könnte. Ich habe mehr gefordert, als sie mir zugestanden hat. Das hat uns viel Energie gekostet.

Es ist mir deshalb nicht auf Dauer möglich, diesen Wunsch aufrecht zu erhalten, wenn er dauernd enttäuscht wird.

Das Problem an sich ist kein reines Polyproblem. Es ließe sich ohne Probleme auf eine Monobeziehung übertragen. Lediglich die möglichen Antworten können variieren, da im Polykontext andere Lösungen gefunden werden können...

Richtig bewusst, dass ich polyamor fühle, wurde ich mir, als ich mich auch einmal aus heiterem Himmel in eine Frau so rasend verliebt hatte, dass ich nichts anderes mehr konnte, als ununterbrochen nur an sie zu denken... und dabei fühlte: Es täte zwar weh, wenn sie nicht interessiert wäre, aber, hey, eigentlich reicht mir auch mein Gefühl des Verliebtseins. Nicht sie ist der wahre Grund für mein inneres Erleben, sondern ich allein.

Woran ich hier das Bewusstwerden meines Polyfühlens festmache: Mir war plötzlich klar, dass mein rasendes Fühlen in Richtung einer Frau, die ich nicht wirklich kannte, gar nicht bedeutet: Sie ist die Eine, die Richtige, sondern lediglich: Ich fühle mich wohl in ihrer Gegenwart, ich bin im Ausnahmezustand, und es ist in Wahrheit egal, ob ich eine Beziehung mit ihr führe - ich fühle mich auch ohne diese wohl. Weil das ganze Verlieben ein reiner Ich-Zustand ist, und ihre Fremdbeteiligung daran nur nackte Projektion meines Hirns.

Mir wurde klar, dass ich mich beliebig verlieben kann, in mehr als eine Richtung parallel. Nachdem mein Glaubenssatz "Es kann nur diese eine rasend geliebte Frau geben" nicht mehr als Barriere im Weg stand, verliebte ich mich in zwei weitere Frauen, und nun waren es irritierenderweise drei Einzige, Richtige. Das musste ich erstmal verarbeiten.


Jemanden nur einmal zu sehen und dann umfassend zu lieben deutet, vorsichtig ausgedrückt, auf hohe projektive Anteile hin. Darauf, dass Du (ohne es geprüft zu haben) schlicht "weißt" und fühlst, dass sie diese oder jene extrem besonderen Eigenschaften haben muss, nach denen Du Dich immer schon gesehnt hast. Dass das Wissen und Fühlen in Deinem Sehnen entstanden ist, und mit der konkreten Person (unvorstellbarerweise) gar nichts zu tun haben muss.

Mir hat es damals geholfen, mir klarzumachen: Liebe ist uneigennützig, es geht nicht um mich. Ich kann sie fühlen, auch genießen samt dem sehnenden Schmerz, aber sie existiert unabhängig von Beziehung. Und dann tatsächlich festgestellt: Klasse, da ist meine Traumfrau, und sie kann es bleiben, in meinem Herzen, und ich verliere gar nichts, wenn ich nichts erwarte.

Wir hatten dann übrigens trotzdem eine Beziehung, und in der stellte sich heraus, dass wir uns gnadenlos gegenseitig triggern... weshalb wir bald auseinandergingen. Und uns heute, Jahre danach, immer noch tief lieben - ganz ohne ein Liebesbeziehungsleben. Inzwischen kennen wir uns mit jeder Faser gegenseitig.

Mir passiert das Verlieben nur noch sehr selten. Ich führe das darauf zurück, dass ich mich mal sehr verlassen fühlte ("aus heiterem Himmel") und dann tief geforscht habe, was mir denn nun ohne ihn "fehlt".

Das Ergebnis war: vieles kann ich mir selber geben, mir vom wem anders schenken lassen, kann drauf verzichten, kann es bedauern, nicht zu haben.
Ich mache es seitdem weniger von der Person abhängig und freue mich mehr über alles, was kommt.
Mit deutlich gen null tendierender Erwartung.
Seitdem bekomme ich übrigens gefühlt viel mehr!

Das wäre mir in einer Monobeziehung nicht so gelungen, weil ich den Gedanken, dass es auch andere außer "ihm" gibt, die mir etwas erfüllen, gar nicht denken konnte.

Ach ja: und auch umgekehrt: ich gebe auch mehr Menschen etwas, als zu Mono- Zeiten!

Bin mehr Menschen nahe, öffne mich ihnen, gehe in Körperkontakt, verbringe Zeit mit ihnen. Ich "spare" es nicht für einen auf.

Wenn Dir jemand Avancen macht, was hindert Dich daran, Dich langsam und vorsichtig ranzutasten? Ohne Deine große Liebe zu verraten (egal, wie es mit ihr weitergeht...).

Was könnte denn für Heilung sorgen?

Sorry, ich habe nachgefragt, weil ich das Gefühl hatte, dass Deine Beziehungssituation etwas mit Deinem Herzen zu tun haben könnte und Deine Frage so einfach nicht zu beantworten ist.

Alles gut! Ich wollte Dir nicht zu nahe treten.