Nachdem ich mich bis hierher durch die Beiträge gelesen habe…
******ine:
Für mich liest sich das Ganze so, als sei der neue Partner keine neue Liebe, sondern eine Flucht. Eine Flucht aus dem Leben, das ihr nicht mehr gut zu tun scheint und das sie nicht mehr meistern kann.
Das war auch mein erster Eindruck — der wurde ja im Verlauf von Themenersteller bestätigt. Ob nun der neue Mann geliebt wird oder eher die „entspanntere“ andere Situation mit ihm, mag ich nicht bewerten.
Die „böse Tante aus der Realität“ bringt es für mich auf den Punkt:
****us:
Polyamorie hat auch viel mit Verantwortung zu tun. Genau wie Elternschaft auch. Auch wenn Liebe nicht weniger wird, wenn man sie teilt — die Zeit selbst ist einfach begrenzt.
Das gilt m.E. unabhängig vom Beziehungsmodell: Alle Beteiligten haben Rechte und Pflichten (und die selben 24 Stunden/Tag). Das schließt für mich die gemeinsame Verantwortung für Kinder und „Zeitbudgets“ für Partner und Kinder ein.
****4me:
Ganz ehrlich, Toleranz hin oder her, aber Rücksicht, Kommunikation und gemeinsame Absprachen und Regeln gehören zu jeder Beziehung und einer offenen oder Polybeziehung erst recht…
Ich würde das noch deutlicher formulieren: Was gemeinsam in einer Beziehung und für die Beziehung definiert wurde, ist ebenso nur gemeinsam an veränderte Bedürfnisse und Situationen anzupassen. Alleingänge sind nicht nur, sich aus dieser Verantwortung stehlen, sondern auch eine –ganz oder teilweise– Absage an das Gemeinsam und die Beziehung. Nicht nur die Beziehung zum Partner, sondern auch zu den Kindern.
*****e_3:
"Polyamorie" als Notlösung kann es meinem Verständnis nach nicht geben. Das schmerzhafte Akzeptieren von weiteren Beziehungen schon. Nennt sich Öffnen der Beziehung.
Das sehe ich anders! Sowohl Polyamorie als auch das öffnen einer Beziehung setzen für mich voraus, dass diese Entscheidung bewusst und willentlich getroffen wurde. Von beiden. Vollendete Tatsachen wie Fremdgehen machen aus einer festen Beziehung keine offene oder polyamore Beziehung.
Dass solche Tatsachen und Situationen den Anstoß geben können, über eine Veränderung des Beziehungsmodells nachzudenken und zu sprechen („verhandeln“), lasse ich noch gelten. Das sollte aber
vorher passieren, nicht nachdem es durch einseitiges Handeln erzwungen wurde.
*******beth:
Menschen haben verdammt gute Gründe, Dinge zu tun. JEDER von Euch würde das von den eigenen Gründen zu 100% sagen, oder?
Der Mensch tut wohl kaum etwas, ohne dafür einen Grund anführen zu können, und selten etwas ohne Eigennutz. Das kann aber keine Rechtfertigung dafür sein, die Konsequenzen außer Acht zu lassen und/oder unachtsam mit dem Partner und den Kindern umzugehen. Das sind für mich keine Gründe, sondern Ausreden.
*******beth:
Die Frau des TE erfüllt sich momentan ihre Bedürfnisse. Der TE könnte freundlich ankündigen, dieses ab nächster Woche in überschaubarem Rahmen ebenso zu tun. PUNKT.
Solche Einstellung bezeichne ich als gesättigten Egoismus und entsprechende "Beziehungen" eher als Symbiose (Beziehung nur, solange und soweit man einander von Nutzen ist).
*******See:
Natürlich ist es eine Poly Beziehung, denn sie liebt den neuen Partner auch. Die ideale rosarote Poly Definition mag sich das anders wünschen ... aber life is what happens while you are busy making other plans.
Das ist zu hinterfragen. Nach dem, was ich bis hierher gelesen habe, ist es von ihm aus eine Zweckgemeinschaft. Wenn er sie (noch) liebt, kann das durchaus Poly sein bzw. werden. Ob er mit ihr noch Sex hat oder nicht, ist für den Kern der Sache (Liebe) unerheblich. Ob sie ihn (noch) liebt, habe ich nicht gelesen (oder übersehen). Nach seinen Schilderungen empfinde ich ihr Verhalten ihm und den Kindern gegenüber als lieblos. Die Ursache, dass sie sich überfordert, in ihrer Situation gefangen fühlte und/oder ihre Bedürfnisse zu lange vernachlässigt hat, rechtfertigt m.E. nicht, jetzt von einem Extrem ins andere zu gehen. So etwas sollte m.E. in Liebe aufgedröselt werden — in Liebe zu sich selbst ebenso wie zu den anderen.