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verlieben im Partizip Perfekt

****inz Mann
12 Beiträge
Themenersteller 
verlieben im Partizip Perfekt
verlieben im Partizip Perfekt von GLHeinz


Verflixt, ich kann das Wort nicht fassen. Nachschauen muss ich zum Verstehen.
Wo nur ist mein Meyers geblieben? Lange nicht mehr nachgesehen im alten Konversationslexikon.
Band 17 muss es sein, dort geht es von "Turkos" bis "Zz". Auf Seite 258 fehlt das gesuchte Wort, es müsste zwischen "Verleumdung" und "Verlöbnis" stehen. Interessant, die Nähe dieser beiden Begriffe.
Verlöbnis, so der Text, ist "der Vertrag, durch welchen wechselseitig die zukünftige Eingehung der Ehe (s.d.) vereinbart wird." Und es steht, dass das Verlöbnis "durch die geschlechtliche Vereinigung ohne weiteres in die Ehe über[geht]." Sieh an, kann ich demnächst angeben damit - falls das 1897 Gedruckte überhaupt noch gilt.
Ansonsten: das gesuchte Wort steht nicht im Lexikon, hat also im ausgehenden 19. Jahrhundert keine Bedeutung.

Etwas weiter zurück weist das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Mein Schwager hat die Bände, schön nebeneinander aufgereiht füllen sie dekorativ sein Regal, aber ich habe keinen Zugriff darauf, er wohnt zu weit weg. Aber das DWB lebt auch digital.
Los geht die Suche! Oh, deutsche Sprache, dieses Wort war 1893 keinen Eintrag wert. Die digitale Recherche verweist, dass es in Band 25 in Spalte 790 zu finden sein müsste, aber dort finden sich nur kluge Zitate von Heinrich Heine und Immanuel Kant. Zwischen den beiden müsste das Wort sein, aber offenbar ist die Chemie zwischen ihnen nicht besonders gut gewesen, sonst hätte sich vielleicht etwas ergeben.

Recherche im Internet, das ist's! Wozu gibt's Wikipedia, da steht's drin.
Bingo!
Na, so direkt auch wieder nicht. Das gesuchte Wort springt sofort zu "Liebe". Was soll ich mit Liebe? Liebe ist demnach "eine Bezeichnung für stärkste Zuneigung und Wertschätzung." Und dann kommt die kalte Dusche: "Liebe wird von der zeitlich begrenzten Phase der Verliebtheit unterschieden." - Wie, jetzt unterschiedlich, vielleicht sogar gegensätzlich?

Liebe gegen Verliebtheit?
Quatsch.
Der letzte Versuch: Wiktionary, das Wörterbuch, welches wie Wikipedia funktioniert.
Juhu! Dort endlich finde ich das gesuchte Wort: "verliebt" ist ein Adjektiv, welches aus Partizip Perfekt des Verbs "verlieben" abgeleitet ist. Das Wort bedeutet: "von Liebe beseelt, sehr viel für jemanden empfindend". Synonyme, die statt "verliebt" genutzt werden können, sind demnach: "entflammt (für), für jemanden schwärmen, gefühlsselig, hingezogen fühlend, hin und weg sein, liebend, schwärmend, verknallt, vernarrt, verschossen, zugeneigt seiend, zugetan".
Voilà, endlich ist das Wort eingekreist, sprachlich, linguistisch, grammatikalisch erledigt, Mission erfüllt, mission completed.

Ich habe das undeutliche Gefühl, dass es nicht reicht. Da fehlt noch die Butter bei die Fische.
Wie soll ich über "verliebt" schreiben, wenn ich gar keine Ahnung habe? Wie schreibt ein Blinder über die Farbe? Wie, ja wie ein ...

Es waren einmal drei junge Menschen, die nach England reisten. In den vierzehn Tagen ihres Aufenthaltes sollten sie, bei derselben Familie untergebracht, ihre Sprachkenntnisse verbessern. Das war der Traum ihrer Eltern, das war die Absicht aller.
Es begab sich aber, dass das kleine Städtlein, in dem sie waren, nur eine kurze Bahnreise von Swinging London entfernt war.
So streifen sie, ein Mädel und zwei Jungen, durch die Metropole und lungerten im Hyde Park. Dort war täglich kostenlose Live-Musik zu hören und es gab allerlei funny things zu rauchen.
Die Nähe der drei Deutschen auch in der Nacht, denn sie hatten strenge Ausgangsregeln, was die Zeit betraf, führte dazu, dass sie immer zusammen in einem ihrer zwei Zimmer waren.

By this way lernten sich die jungen Leute näher und besser kennen. Sie gewährten einander Freiheiten, die sie vorher nicht einmal kannten.
Sie öffneten sich ihre Seelen, ihre Herzen und mochten einander. Auch hatten sie voreinander keine Scheu, sie zeigten sich ihre Körper und erkundeten sie.
Man darf vermuten, dass die Liberalität der großen Stadt und der Geist der Zeit auf sie überging, denn nach ihrem Studienaufenthalt erschien ihnen die Heimat provinziell und eng. Der Aufenthalt in der Fremde hatte sie geprägt.

Toleranter und freier geworden, blieben, lebten und liebten die drei, Ulla und Hans und Christian zusammen.

*

Vielleicht hätte sie frühzeitig Ja oder vielleicht besser Nein sagen sollen. Er hatte alles vorbereitet, den Ort ausgekundschaftet und die nötigen Papiere besorgt. Doch sie mussten ihre Reise nach Schottland absagen, daher fiel sein geplanter Heiratsantrag mit sofortigem amtlichen Vollzug aus.
Erst sieben Wochen später konnte er sein Vorhaben umsetzen, zumindest teilweise.

Erntezeit ist Arbeit rund um die Uhr. Mitten in der Getreideernte kniete er vor seiner Angebeteten. Sie kletterte gerade in Arbeitsmontur von seinem Mähdrescher; ölige Handrücken, auf denen bereits der Staub der Ernte klebte, in ihrer Linken trug sie den Werkzeugkasten. Als sie die Trittstufen heruntergestiegen war und sich umdrehte, kniete er vor ihr auf dem Stoppelacker.
"Gesche, willst du meine Frau werden?"
Sie wollte und wusste doch nicht, ob sie wirklich wollte. Dieser Tag war der Tag ihrer Verlobung.

Rechtlich gibt es vor der Ehe das Verlöbnis. Die Ehe ist einander versprochen; das wird damit offenkundig für jedermann.
Aber weil es der Weg zur Ehe ist, dürfen beide nicht "berührt" werden durch andere.

Liebe muss sich bewähren.
Die Frau darf nicht von anderen Männern umworben werden, sie ist tabu, ist quasi schon einem Mann versprochen.
Der Mann darf sich nicht um neue Liebschaften bemühen, er muss sich anderen Frauen gegenüber zurückhalten.

Ordnung muss sein: Die Verlobten müssen einander treu und keusch zugleich sein. Eine körperliche Verbindung darf erst in der Ehe, bevorzugt in der Hochzeitsnacht, erfolgen.
Das waren und das sind die Regeln - oder ähnlich.
Der Verlobte, der zum Militär eingezogen und an der Front gefallen ist, lässt seine Martha zurück. Sie hat als sozusagen verbrauchte Braut keine Chancen auf dem heimatlichen Heiratsmarkt.
Die Verlobte, die an Auszehrung, Entkräftung oder Schwindsucht stirbt, gibt so ihren Verlobten frei, der wieder eine neue Liebe sucht, suchen kann; von ihm wird es erwartet.

Bleibt der Fall, dass sich die Verlobten trennen. Das Bürgerliche Gesetzbuch, das 1900 in Kraft trat, die Gerichte, die sich bis Mitte des 21. Jahrhunderts damit zu beschäftigen hatten: Sie mussten den Wert des Verlöbnisses schätzen.
Wie bei einer Scheidung. Abrechnung der materiellen Güter und der immateriellen, pekuniär bewertete Verkehrswerte und - das Kranzgeld.

Traurige Bilanz des Kranzgeldes: Was ist die Jungfernschaft wert? Wie unterscheidet sie sich vom Geld für Prostitution? Ist erhaltenes Kranzgeld zu versteuern? Heutzutage irrelevante Fragen?

*

Viele Jahre her, ich war noch so jung, da interessierte ich mich für "Liebe", also eigentlich für das andere, das mir so fremde Geschlecht. Im Radio hörte ich eine "Definition": "Liebe ist ein Zustand, der durch die Ehe abgelöst wird." Es war wohl lustig gemeint, hat mich jedoch sehr schockiert, denn meine Eltern waren verheiratet und schienen sich, aus meiner Sicht zumindest, trotzdem zu mögen.
Was war da falsch? Passen verliebt-sein und verheiratet-sein etwa nicht zusammen, schließen sie sich aus?
Wohl nicht unbedingt.

Es müsste schon viele Dörfer weiter sein, in der verrufenen Heide, wo ein Mann für Martha zu suchen wäre. Hermann, ihr Verlobter, wurde vom Militär zum Kriegsdienst eingezogen, als Kanonenfutter verheizt und kehrte folglich nicht aus dem Feldzug zurück.
Hermann lässt "seine" Martha zurück. Sie ist ohne Zukunft auf Familie in ihrer Heimat.
Da musste die Suche weite Kreise schlagen.

Reinhold und Gesche grüßten als Verlobte, Zeitungsanzeigen waren noch Pflicht. Mehr als neun Monate mussten abgewartet werden, bevor geheiratet werden durfte - damit es, für alle ersichtlich, keine Mussheirat war.
Da nutzte ihr die frühe Emanzipation als Landmaschinenmechanikerin nichts, die Frau hat sich den gesellschaftlichen Ansichten und Anforderungen zu unterwerfen.

Hans, Ulla und Christian haben keine schriftlichen Verträge, die sie binden und halten. Jeder geht einer Arbeit nach, trägt zum gemeinsamen Haushalt bei. Auch ohne ordnungsamtlichen oder gar kirchlichen Segen sind sie eine Familie, eine wilde Familie mit Kindern, zwei bisher.

Ernst ist Witwer, zurückgeblieben nach einigen Ehejahren. Den ersten Weltkrieg hat seine Ehe überdauert, trotz der vielen Todgeburten. Nach dem Verlust der Frau im Kindsbett bleibt er allein zurück.
Martha und Ernst erfahren voneinander, über Leute, die sie miteinander bekannt machen. Die Familiengeschichte verschweigt genauere Details.
Ihre Bekanntschaft mündete in einer Ehe; hoffen wir, dass auch Liebe dabei war. Eine Ehe mit drei Kindern, deren Vater für die Kinder zu früh starb. Mama ist allein erziehend in dem ihr fremden Dorf und der nächste Weltkrieg dämmert am Horizont.

Im Katalog steht seine Baut. Andzelika aus Polen sucht einen Mann. Sie ist lieb und anschmiegsam, hat keine überzogenen Anforderungen und sucht die große Liebe, Hauptsache, er ist treu und lieb und trinkt nicht und hat sie gern und ist eine ehrliche Haut.
In solcher mag Wilhelm Meyers stecken, ein rastloser Arbeiter, der keine Zeit fürs Vergnügen oder die komplizierte Brautsuche hat.
Er erwählt sie sich, seine Liebe, aus dem Katalog. Man heiratet. Und er ist mit ihr zufrieden, und sie mit ihm. Liebe? Yes, we hope.

Ratzfatz verknallt - ich in sie. Etwas verhaltener sie in mich. Das ging so unbemerkt, dass wir beide es nicht schnallten. Blattschuss. Alle anderen um uns herum hatten es kapiert.
Wir liefen zu verträumt durch die Gegend. Es dauerte noch viele, viele Tage bis der Wind aufbrauste und der Sturm uns erreichte und umwarf.

Affären in der Ehe? Nein, nie. Tödlich. Zumindest wenn du erwischt wirst.
Machen wir's anders: Du bist meine Freundin, ich zahl' dir dein Studium, deine Wohnung und so. Du bist für mich da, nur für mich. Nicht dass du denkst, dass ich dich kaufe, nein, aber unsere, nun nennen wir sie Freundschaft, ist mehr, noch mehr, eine "Freundschaft Plus".
Ich darf mich nicht erwischen lassen und du bist mir lieb - und teuer, teuer bist du mir.

Trautes Heim, Glück zu zwei'n. Mit "seiner" Gesche emanzipierte sich Reinhold; mürrisch zunächst, später selbstverständlich übernahm er "hausfrauliche Pflichten" und Arbeiten. Die Kindererziehung oblag Gesche, klar.
Erst als junger Großvater wagte er die Babypflege mit Windeln, Waschen, Füttern - die Alten halfen dem jungen Paar, das voll im Erwerbsleben stand. Die Berufe der Vergangenheit waren nicht mehr gefragt, Landwirtschaft und Landmaschinentechnik kleinbäuerlicher Betriebe sterben aus.
Marion und Uwe arbeiten im tertiären Sektor, sie in der Sparkasse, er bei einer Versicherung.

Enkelkinder haben sie, Martha und Ernst. Doch nur Martha lernt sie kennen und lieben. Das erste, Töchterchen Ulla, ist ihr Liebling - also ihr größer Liebling, nicht dass sie die anderen nicht liebte. Aber das erste Enkelkind zieht zunächst alles auf sich. Manchmal muss es auch die Liebe erdulden.
Ob die Liebe weniger wird, wenn da noch weitere Menschen hinzukommen? Ich glaube: Nein, die Liebe wird nicht weniger, denn sie wird nicht aufgeteilt, sondern sie wächst und wird stärker - für alle.

Traumgebilde, meint ihr? Ja, vielleicht.
Alles viel zu rosarot betrachtet.
Und ich gehe nicht ein auf den Kinderreim "verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden", der als schöne Alliteration daherkommt, dann durch das "geschieden" abgebrochen und im Inhalt auch noch durchgebrochen wird.
Höchstens dass es ein Seilspringspiel für Kinder ist: "Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden, wie viele Kinder wirst du kriegen?", und dann zählen: "Eins, zwei, drei, ..." wie weit das Kind kommt. Ja, springen und hüpfen macht Spaß.
Das Leben, die Liebe ist so schön.
**********Engel Frau
25.312 Beiträge
Gruppen-Mod 
Lieber GLHeinz, magst Du Dich vielleicht erstmal im Vorstellungsthread der Gruppe vorstellen? Das wäre sehr nett. *g* Den Link dazu hast Du in der Aufnahmemail erhalten.

LG GefallenerEngel
Gruppenleiterin
Profilbild
*******ert Frau
900 Beiträge
Vorgestellt oder nicht, ich find den Text klasse. Hab ihn von vorn bis hinten durchgelesen und genossen wie ein reichhaltiges Frühstückbuffet. Ganz toll!
*********cht76 Mann
476 Beiträge
Da stimme ich @*******ert zu! *ja*
*****ree Frau
21.409 Beiträge
Wow, was soll ich sagen? Sehr beeindruckend, ich wollte es erst gar nicht lesen.
Dieser Titel und viel zu lang, soviel Worte.
Die Neugier war stärker und ich war voll in deinem Bann. Du hast mich mitgezogen Wort für Wort und wow, grandios *blumenschenk*
Was man über die Liebe so alles schreiben kann, auf der Suche nach einem Wort *top*
**********silon
5.697 Beiträge
Hm. Ganz ehrlich? Es entspricht so überhaupt nicht meiner heutigen Lebensrealität. (Auch wenns grandios geschrieben ist). Aber mir persönlich sind die Ansichten hinter dem Text deutlich zu verstaubt und für mich auch zu weltfremd.

Ich habs auch nicht bis zum Ende gelesen. ich dachte zwischen drin, mein Gott soviel Blah-Blah für eine doch lebensentscheidende Sache. Der Text nimmt mich persönlich also nicht so mit.

Sorry. *rotwerd*

Ich lese da einen "angestaubten / verstaubten" Prota aus dem vergangenen Jahrhundert.
****inz Mann
12 Beiträge
Themenersteller 
Charlie, danke für deinen kommentar. ich habe versucht, eine entwicklung zu zeigen. es sind mindestens drei generationen, deren perspektiven ich zu zeigen versuche.
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