Verdauungsbeschwerden
Karlchen Michel schubberte seine Tentakel, die ihm aus seinem Eierkopf wuchsen, an der beschlagenen Mattscheibe seines Daseins. Sie waren mit unzähligen Quaddeln besetzt, und ein brennender Juckreiz eroberte sein Fühlen und vereinnahmte alles in ihm, sogar den Gedanken an den Notausstieg im fünften Stockwerk seines Oberstübchens.Karlchen Michel war in den Augen der Weltenschöpfer noch jung, hatte ihrem Zeitempfinden nach gerade erst die Grazie des Demos geehelicht und wusste demzufolge noch nicht viel um die Konsequenzen seines Tuns.
Ihm schwirrte der Kompass vor lauter gewichtiger Mitte-, Rechts- und Links-Richtungsangaben der Hurenkinder, die er mit der Politik seiner angetrauten Obrigkeit gezeugt hatte, und der Pöbel in seinem Gedärm begehrte langsam lautstark auf.
Karlchen Michel war schlecht. Er hatte Verdauungsbeschwerden von seiner Verantwortung innerhalb der Geschwisterschaft und sehnte sich manchmal nach einer Außenseiterposition, bei der er nicht hätte den Ton angeben müssen.
Karlchen Michel kicherte. Er wusste nicht, was das Volk aus den Zellen seines Körpers in ein paar Wochen wählen würde. Das größere oder das kleinere Übel oder vielleicht sogar Alternativ oder aber gar nichts. Das war ihm nicht einerlei. So wollte er liebend gern Partei ergreifen, denn die Graugewandeten hatten in ihren eigenen Augen immer Recht und uniformierte Humoreske über sich selbst verehrte Karlchen Michel abgöttisch.
Doch es war Untu, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen. Also stellte sich Karlchen Michel schlafend und wartete ab, welcher Wind in Zukunft innerhalb der Geschwisterschaft wehen würde.
© CRK, Le., 04/2019