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DER LORBASS

*****e_M Frau
8.386 Beiträge
Themenersteller 
DER LORBASS
Diese Geschichte begann im Kurzgeschichtenspiel, Teil 1 und 2. Da es mich umtrieb und auch eine Dynamik annahm, die mich stark irritierte, musste ich sie zu einem Ende bringen.... noch vor dem nächsten Sonntag.

1. Tageszeitung DIE WOCHE vom 10.09.2017

Liebe Leserinnen und Leser,
unsere lokale Berichterstattung in den letzten beiden Wochen fand grosse Resonanz bei der Leserschaft.
Allein die Leserbriefe digital und analog, sowie Kommentare in den Socialmedia-Kanälen überfluten die Redaktion täglich. Dazu kommen Telefonanrufe, Faxe und vereinzelte Gespräche direkt vor dem Verlagsgebäude.

Eine Analyse der Inhalte brachte keine Überraschungen. Traditionell ist der klassische Leser/die klassische Leserin der Tageszeitung DIE WOCHE überdurchschnittlich gebildet, wertkonservativ und tendiert eher zum rechten als zum linken politischen Lager.

Im städtisch-bürgerlichen Millieu, so lässt sich feststellen, herrscht eine Wechselstimmung. Sprach man bisher oft in Anglizismen und gab sich weltgewandt, so ist erfreulicherweise nun eine Besinnung hin zu unserer Muttersprache, zu den Werten unserer Väter spürbar. Deutsche Werte erleben einen nie geahnten Aufschwung.

Die Redaktion der WOCHE wird sich diesem Trend nicht verschliessen, nein wir wollen unsere Leserschaft auf diesem Weg begleiten.

Anlaufstelle für alle, die sich mit traditionellen Gleichgesinnten austauschen möchten, ist das zum 01.09.2017 eröffnete Restaurant DER DEUTSCHE LORBASS direkt neben unserem Hauptgebäude Johannisstrasse/Ecke Schillerstrasse.

Ausgesuchte Weine vom Weingut Katzbuckel-Nahe, die stark nachgefragten daumendicken Stockbrote und besonders unsere Bratkartoffeln, verhältnismässig dünn gehobelt, ergänzen hervorragend Deftiges vom Turboschwein.

Vegetarier oder gar Veganer sind ausdrücklich nicht gerne gesehen. Ökokram mit seiner BIO-Etikettierung führt erfahrungsgemäss in die Irre und zu Mangelernährung.

Wir bieten ihnen Raum in dem Sie sich wohlfühlen können.
Das Ambiente lebt von wechselnden Kunstausstellungen, die zunächst mit dem Dorftrottel-Zyklus des ortsansässigen Heinrich M. ihren Anfang finden.

Besuchen Sie uns im Lorbaß!

Parkplätze sind ausreichend vorhanden. Geniessen sie das Abenteuer einer Autofahrt in die Innenstadt.

2. Heinrich M.

Beim Lorbaß also! Das hätte er sich ja denken können. Schon der Name ist Programm.

Er faltet hastig die Zeitung zusammen, wirft sie auf den Tisch. Jetzt ist Handeln angesagt.

Mit raschem Schritt läuft er die Treppe hinunter, tritt vor die Haustür und bahnt sich einen Weg durch die Autoschlange vor seinem Haus. Tief atmet er die Abgase ein. Autofreie Stadt? Blödsinn!

Er spürt wieder dieses Drängen, es flutet seinen Körper und bringt das Blut zum Kochen. Früher konnte er eine unsichtbare Reißleine ziehen, tief durchatmen, still werden. Aber das ist nun vorbei. Seit dem 7. Juli ist es anders.

Scheinbar ziellos rennt er über Wege, Strassen. Vorbei an den smarten Jungs in ihren schwarzen Slimfitanzügen und den Damen im Businesskostüm. Manchmal rempelt er die Passanten rücksichtslos an, dann stürzt er wie blind weiter.
Heute muss es erledigt werden.

Zwischen vereinzelten Gründerzeitfassaden spiegeln sich die Glasscheiben der Konsumtempel. Jeder Einzelne dazu geschaffen eine Message zu transportieren. Kauf hier! Verschaff Dir Glück! Konsumiere!
In grellem Neon dekorieren Bettler, Müll, Hundekot die Szenerie.

An der Ecke zur Schillerstrasse bleibt er kurz stehen. Mit raschem Blick auf die Polizeistation gegenüber geht es dann weiter, nun zielstrebig zum Haus Nr. 14.

Hier kennt er sich aus. Die Doppelschwingtür am Eingang saugt Menschen ein und spuckt sie aus. Er läuft vorbei, biegt um die Ecke zum Hintereingang. Mit einer lässigen Geste sucht er etwas metallisch Kühles in der Jackentasche. Alles ist da und alles ist gut.
Damals am 7. Juli war er zuletzt hier. Die Demütigung heute noch im Nacken, zieht er mit einem Ruck die Eisentür auf.

Gedämpftes Licht im Treppenhaus umfängt ihn.
Jetzt nur noch ungesehen bis in den 4. Stock.

Mit pochenden Schläfen schnauft er voran. Vereinzelte Stimmen aus Fluren, lautes Lachen und das Summen der Klimaanlage irritieren.

Atemlos steht er vor der Glastür mit der Aufschrift Ebene 4.
Angekommen ist er, leicht zitternd. Ob sie an ihrem Schreibtisch sitzt? Er schiebt sich in den Flur und tappt geräuschlos an offenen Zimmertüren vorbei. Hin und wieder mustert ihn ein überraschter Blick. Dann ist es soweit. Er steht vor ihrem Türschild. Die Buchstaben in schwungvoller Schreibschrift grinsen ihn an.

Er hört mehrere Stimmen hinter der Tür. Der helle durchdringende Klang einer Frau, eine tiefe Männerstimme und ein Kind. Er versteht nicht was sie reden.
Murmel, Murmel, kopfschüttelnd denkt er an seinen letzten Theaterbesuch. Linkes Zeug. Überflüssig!

Doch mit der Hand am Türknauf zuckt er zusammen.
Ein Kind? Warum ein Kind? Das ist in seinem Plan nicht vorgesehen.
Im gleichen Moment kommen Schritte den Flur entlang, er öffnet spontan hinter sich die eine Tür und tritt rückwärts ein.

Dunkelheit umfängt ihn, er stolpert, rammt sich das Knie und flüstert 'Lorbaß.....'

3. Die Kandidatin

Die Tür fällt ins Schloss und Helga H. atmet laut auf. Dieser ganze Wahnsinn. Sich selbst in Szene zu setzen um Wähler anzulocken ist ihr zuwider. Die Agentur arbeitet zwar hochprofessionell und mit allen Mitteln. Doch ihr Patenkind extra aus Braunau einzufliegen um zwei Fotos zu haben die Mütterlichkeit zeigen - so ein Schwachsinn.

Dabei ist noch völlig offen ob sie diese Bilder braucht. Nur im Falle einer Regierungsbeteiligung werden sie mit einem schlichten DANKE an Bäumen und Masten hängen.

Sie legt die Beine auf den Schreibtisch und nimmt das Smartphone.

"Hallo ich bins! Ist alles klar bei Euch? Sind die Busse gechartert? Und die Security?

Waaaas, das hat er gesagt? Der spinnt doch.

Nein Angst habe ich nicht!
Ich gehe noch einige Schritte zu Fuss, dann nehme ich mir ein Taxi. Ja, um 18 Uhr bin ich da. Kongresshalle, Hintereingang, Security erst wenn ich die Halle betrete! Bis später! Tschau!"

Sie steht auf, zieht ihren Rock glatt, nimmt die blaue Birkin Bag und verlässt den Raum.

Es kommt ihr so vor als höre sie ein Schnaufen auf dem Flur, aber da niemand zu sehen ist läuft sie mit schnellen Schritten zum Ausgang.

**

Heinrich hat immer noch die Hand an seinem schmerzenden Knie. Der Dunkelheit im Raum angepasst erkennt er einen Drucker, Kartons, Regale und Papierstapel. Es ist ihm klar, dass er so schnell wie möglich verschwinden muss, doch schon zweimal hörte er die gegenüberliegende Tür. Sein einstiger Plan wird wohl heute nur schwer umzusetzen sein.

Als er gerade die Türklinke drücken will, öffnet sich die Tür mit Schwung von aussen und schiebt ihn zurück an die Wand. Dabei stolpert er und landet in der Hocke.

Im Halbdunkeln sieht er zwei wohlgeformte Frauenbeine und einen kurzen Rock. Trotz seines fortlaufenden Missgeschicks muss er schmunzeln.
Die Unbekannte geht zum Drucker, schaltet ihn aus und nimmt ein Paket Papier aus dem Regal. Dann zurück zur Tür. Sie verlässt den Raum und, er traut seinen Ohren nicht, sie dreht den Schlüssel um. Heinrich ist gefangen. Spontan will er klopfen, rufen, schreien, doch da fällt ihm der Inhalt seiner linken Jackentasche ein und er erschrickt.

**

Helga ist auf dem Weg zur Kongresshalle. Überall Plakate mit Gesichtern und Parolen. Ihr eigenes ist in einer Weise bearbeitet, dass sie sich fast selbst nicht erkennt.

Heute die grosse Grundsatzrunde mit allen Spitzenkandidaten. Sie liebt die Herausforderung und weiss, dass sie den anderen überlegen ist. Vor allem dem Dicken aus Emden. Unfassbar dass so etwas ihr Pendant darstellen soll. Plappert und lacht mit einer Naivität vor jeder laufenden Kamera. Ganz anders der Smarte. Inszeniert sich als Intellektueller und erreicht mit kryptischen Botschaften niemals Ottonormalbürger. Aber das ist ja gut für sie selbst.

Wer hätte noch vor 3 Monaten sie, Helga aus Braunau, auf dem Ticket gehabt. Die Traditionalisten riefen bei ihr an und nach 10 Minuten Telefonat kippte ihr Leben völlig.

Umzug nach F., Wahlkampfbüro dicht bei der Tageszeitung DIE WOCHE, und die Lorbaßkampagne.....

Umfragewerte bei stabilen 16% aus dem Stand.

Wenn nicht der Zwischenfall mit Heinrich M. passiert wäre.... man könnte sie für makellos halten. Doch der Wähler vergisst, und er glaubt den Medien nicht mehr alles.
Lügenpresse! Vielleicht ist das ihr Glück.

Sie durchquert den Anlagenring. Die Halle schon im Blick sieht sie den Wagen des Bürgermeisters vorfahren.

Nur noch über die Strasse und schon wird sich ihr Bodyguard um sie kümmern.

Unter einem Kastanienbaum stehend wartet sie auf das grüne Licht der Fussgängerampel. Da legt sich eine Hand auf ihre Schulter und eine Stimme sagt leise "Helga".
Dabei bemerkt sie den Geruch von Chloroform und sackt leicht zur Seite. Doch zwei feste Arme fassen sie und bringen sie zu der wartenden Limousine. Es ist 17:45 Uhr.

**

Das schrille Klingeln des Weckers füllt den Raum. Es schmerzt in meinen Ohren und ich ziehe mir das Kissen über den Kopf.

Das kann doch alles nicht wahr sein. Was für ein Mist spulte sich da in meinem Kopf ab? Wahl hin oder her - normal ist das nicht. Im Mittagsschlaf ein Traumbuch zu lesen ist aber auch irgendwie genial.

Mit der flachen Hand schlage ich auf den Wecker, der kurz zusammenzuckt und verstummt.

17:45 Uhr, Sonntag, 24.09.2017, Wahltag in Deutschland.

Ich lasse die Bilder der Traumgeschichte noch etwas wirken. Kopfschüttelnd betrete ich das Bad. Der Zeitungsartikel, die Lorbaßorganisation, Traditionalistentreff, Kandidatin aus Braunau und ein dubioser Maler - man sollte es aufschreiben. Nein, unmöglich, das würde dem Rechtsruck der Republik zuviel Bedeutung verschaffen. Allein der Gedanke an diese braunen Populisten verursacht mir ein Würgen über der Toilette.

Gleich kommt die erste Hochrechnung, ich lasse mich in den Sessel fallen. Es gibt noch Hoffnung.
dazu sage ich ebenfalls
nicht viel, nur:

"Populisten", das sind immer die anderen...

Und als Maler vielleicht noch...wenn ich Schwarz, Rot, Gelb und Grün mische, dann erhalte ich was?
Richtig: Braun! Was sonst?!

Liebe Grüße und gute Nerven für Deinen persönlichen Wahlkampf...
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****fan
2.306 Beiträge
tolle Geschichte, ein wenig Thriller und am Ende doch eher eine gelungene Persiflage der skurrilen Realität.....
*****e_M Frau
8.386 Beiträge
Themenersteller 
Genau das war mein Ziel. Danke Dir!
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****fan
2.306 Beiträge
und es ist dir sehr gelungen *g*
*****e_M Frau
8.386 Beiträge
Themenersteller 
Freut mich!
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