Reden wir über...K-O-N-T-R-O-L-L-E.
Reden wir über Kontrolle. Über die Kunst des Kontrollierens und die Sünde dahinter. Und zwar mit Amalung. Er fesselt seit mehr als einem Jahrzehnt sowohl privat als auch öffentlich, unter anderem auf der KuS. Er gibt Workshops und hält die Bondagekunst auf Fotos und auf Papier fest.Von wem geht beim Fesseln die Kontrolle aus?
Hier stellt sich die ewige Frage, wer hat die eigentliche Macht beim BDSM, der Sub oder der Dom? Das Bunny oder der Rigger? In meinem Verständnis von SSC (Safe, Sane, Consensual) hat in erster Linie das Bunny bzw. das Modell die Kontrolle. Durch das Definieren seiner Tabus steckt es den Rahmen ab, in dem sich der Rigger bewegt. Innerhalb dieses Rahmens hat der Rigger die Kontrolle und er bestimmt, was passiert und wie es passiert. Der Rigger kontrolliert zum Beispiel die Position: bequem oder unbequem. Er führt das Seil, um Wohlbefinden oder auch Schmerz zu erzeugen, ebenso wie sexuelle Erregung. Er steuert und kontrolliert das Geschehen innerhalb des Rahmens des Bunnys.
Was kann denn das Seil, wie kontrolliert es?
Nicht das Seil kontrolliert, sondern der Rigger kontrolliert mit Hilfe des Seils. Zu aller erst kontrolliert er mit dem Seil natürlich die Bewegungsfreiheit des Bunnys. Weitergehend kann aber auch eine geistige oder emotionale Kontrolle entstehen. So können Seile Entspannung und Geborgenheit auslösen, aber auch Widerstand, möglicherweise Verzweiflung oder auch sexuelle Lust. Im Idealfall schafft es das Bunny sich so ins gemeinsame Miteinander fallenlassen zu können, das alles andere im Kopf ausgeblendet wird.
Würdest du das nicht auch mal wollen, das Ausblenden, das alles Ausschalten? Beneidest du die Bunnys gar um diesen Kontrollverlust?
Ja, in gewisser Weise beneide ich sie. Wenn sich mein Bunny fallen lässt und sich hingibt, bin ein wenig neidisch darauf. Mir selbst fällt das schwer, loslassen zu können und in die jeweiligen Emotionen abzutauchen. Jedoch genieße ich es, zu sehen, wie sich mein Bunny fallen lässt. Dabei kann auch ich mein Umfeld ausblenden und mich ganz auf das Bunny und seine Reaktionen konzentrieren. Das ist mein Genuß. Ich bin Reaktionsfetischist und lebe von den Reaktionen meines Gegenübers.
Verlierst du vor lauter Lust die Kontrolle, wird es gefährlich.
Das wäre sehr gefährlich! Wenn der Rigger – warum auch immer - sich selbst vergißt, hat dies meist negative Konsequenzen. In erster Linie für das Bunny aber oft auch für den Rigger. Es sollte einfach nicht passieren, dass der Rigger die Kontrolle über sich und die Situation verliert, nur weil er möglicherweise zu stark erregt, zu sehr abgelenkt oder zu unwissend ist. Dafür ist Bondage, insbesondere fortgeschrittenes Fesseln mit Suspensions, einfach zu gefährlich. Wir Rigger müssen uns und die Situation im Griff haben. Wir müssen wissen, was wir wie tun und müssen uns im Zweifelsfall zurücknehmen.
Nur beginnt dein Tun bereits weit vorher., die Vorbereitung auf eine Show beginnt ja nicht auf der Bühne. Wie viel Vorbereitung braucht die Kontrolle eigentlich?
Die Vorbereitung beginnt damit, daß der Rigger lernt, richtig und sicher zu fesseln. Durch das Erlernen der richtigen Technik und beständiges Üben legt man den Grundstein dafür, während des Fesselns das Seil und somit das Bunny zu kontrollieren. Jedoch sollte auch das Bunny lernen, sich richtig fesseln zu lassen und während des Bondage auf sich und seinen Körper zu hören. Wenn beide noch in der Lage sind, richtig miteinander zu kommunizieren und zwar vor, während und vor allem nach dem Fesseln, behält man die Kontrolle über die Situation und kann sich dem Genuß hingeben und sich fallen lassen.
Bei einer öffentlichen Performance auf einer Party, wie der KuS etwa, braucht es in den meisten Fällen noch weiterer Vorbereitung. Dies ist in den meisten Fällen eine genaue Choreografie, bei der passend zur Musik gefesselt wird, um dem Publikum ein Gesamterlebnis bieten zu können. Das natürlich eingeübt werden. Einige fesseln natürlich auch öffentlich im „Freestyle“. Ähnlich wie beim privaten Fesseln fängt man einfach an zu fesseln und schaut wie der andere auf das Seil reagiert. Dann lasse ich mich von der Musik, der Stimmung und der Rückmeldung des Bunnys treiben.
Und wenn es nicht privat ist, wie viel Sünde steckt eigentlich noch in einer choreographierten Fesselung?
Das kommt natürlich auf die beiden an, die miteinander öffentlich fesseln und auf die Art der Veranstaltung. Auf einer Erotik- oder BDSM-Veranstaltung ist natürlich mehr Sünde möglich als auf einer Firmenfeier. Eine öffentliche Performance ist meist auf die Reaktion des Publikums ausgelegt und Emotionen sind meist etwas sehr persönliches. Natürlich möchte nicht jeder Rigger und nicht jedes Bunny seine Emotionen oder seine Lust uneingeschränkt im öffentlichen Rahmen zeigen. Daher wird es auf der Bühne meist nicht sexuell.
Im privaten Rahmen ist das natürlich anders. Da kann das Fesseln überaus emotional und sehr intensiv werden. Wenn alle Beteiligten es wollen, kann dann das Fesseln auch der Beginn für einen sexuellen Akt sein. In meinen Fotos und meinen Zeichnungen versuche ich die Emotionen und Gefühle einzufangen und wiederzugeben, die das Bunny und auch ich beim Fesseln erleben. Ich hoffe, es gelingt mir in meinen Bildern diese Faszination auf den Betrachter zu übertragen.