Civil War (2024)
Amerika in einer nicht ganz so entfernten Zukunft. Der amtierende Präsident hat illegalerweise eine dritte Amtszeit in Anspruch genommen und im ganzen Land tobt ein Bürgerkrieg. In diesem chaotischen Umfeld arbeiten die kriegserfahrene Fotoreporterin Lee (Kirsten Dunst) und ihr Kollege Joel (Wagner Moura). Sie machen sich auf den Weg nach Washington D.C., um ein Interview mit dem Präsidenten zu führen, bevor gerüchteweise die Stadt fällt. Zu Lees Unwillen reist neben ihrem alten Freund Sammy (Stephen McKinley Henderson) auch noch die junge Jessie (Cailee Spaeny) mit, die sich als Fotografin etablieren möchte und in Lee eine Art Mentorin sieht. Die nicht mal 1000 Meilen in die Hauptstadt der USA werden dabei zu einem lebensgefährlichen Trip.Eins vorweg, ich hatte einen leicht anderen Film erwartet. Es ist nicht schwierig, in dem fiktiven Präsidenten und dem Zustand, in dem sich das Land befindet, eine Allegorie auf Donald Trump und seine Anhänger zu sehen, aber so einfach macht es Regisseur und Drehbuchautor Alex Garland nicht. Erstaunlicherweise bleibt der Film politisch relativ neutral, es wird nicht mal genau erklärt, was genau diesen Bürgerkrieg ausgelöst hat. Nur das es verschiedene Gruppierungen gibt, die wichtigsten davon die dem Präsidenten treuen Truppen und die "Western Front", eine Art Militärzusammenschluß von Texas und Kalifornien. Garland beschreibt das Chaos im Land aus der Perspektive mehrerer Journalisten, die ehrlich gesagt rein egozentrisch handeln, weil sie das nächste preisverdächtige Foto schießen oder ein Interview führen wollen, was sich sonst niemand traut. Während Lee und Joel durch frühere Reportagen recht abgebrüht handeln und versuchen den Terror nicht an sich ran zu lassen, ist es zunächst Jessie, eine junge Version von Lee, die das Grauen mit voller Wucht abbekommt. Die vier machen eine Reise, ähnlich wie Martin Sheen in APOCALYPSE NOW, ins "Herz der Finsternis", sie erleben die Grausamkeiten eines Krieges im eigenen Land und es verändert alle in ihrer Persönlichkeit. Alex Garland gelingt es dabei Bilder zu erschaffen, die man so eigentlich nur aus Nachrichtenbeiträgen von Unruhen im Nahen Osten oder Kämpfen in der Dritten Welt kennt, verlegt diese aber ins "moderne" Amerika. Es geht schon damit los, dass mitten in New York Menschen gegen bewaffnete Polizisten kämpfen, nur weil sie Wasser aus einem Tankwagen haben wollen. Manches läßt einen derbe schlucken, einige Szenen sind wirklich brutal und grausam, manchem Klischee kann auch Garland sich nicht entziehen (rassistische Rednecks). Die Actionszenen, gerade im letzten Viertel in Washington, sind furios inszeniert. Im Kern geht es aber darum, wie Krieg einen Menschen verändert, zumal es sich nicht um einen Krieg gegen eine andere Nation handelt, sondern Amerikaner kämpfen gegen Amerikaner. Und das zeigt Garland eben nicht anhand irgendwelcher Soldaten, sondern in der Person Jessie und stellt die Frage, inwiefern Kriegsjournalismus eine Rolle dabei spielt. Auch wenn die Reporter nur Fotokameras haben, ziehen sie mit in den Krieg und kämpfen mit den Möglichkeiten des festgehaltenen Moments. Cailee Spaeny gelingt dabei die Verwandlung von einer pausbäckigen, kaum volljährig wirkenden Anfänger-Fotografin zu einer ernstzunehmenden Journalistin, die innerhalb von Tagen zu einer erwachsenen Frau mit Expertise wird.
CIVIL WAR muss man erstmal sacken lassen und eine Zweitsichtung ist gesetzt. Für mein Empfinden fehlte da vielleicht noch so der finale "Schlag in die Magengrube", aber das kann auch an den Eingangs erwähnten Erwartungshaltungen liegen. Fakt ist, dass es ein mutiger und wichtiger Film ist, an dem ich trotz seiner fiktiven Geschichte leider rein gar nichts als unrealistisch empfand. Und vielleicht ist genau das der Schlag in die Magengrube.