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Moral über Recht? Recht über Moral?

Moral über Recht? Recht über Moral?
Darf man 164 Menschen töten, um 70.000 zu retten?

Das war die eine Hauptfrage, des Films "Das Urteil", welcher Mo Abend (21.10.16) auf ARD lief.
Online schauen: Mediatheke ARD.

Danach die Diskussion bei "Hard aber Fair" mit ""Experten" und "Betroffenen".

Steht die Moral eines Einzelnen über dem Gesetz?
Darf Artikel 1 des Grundgesetztes aufgeweicht werden?

Die Würde des Menschen ist unantastbar!

...solange nicht viele "ganz viele" für "ein paar" gerettet werden können?

Ich war die ganze Zeit des Films für "unschuldig"... durch die Diskussion bei Hart aber Fair plädierte ich am Ende für "schuldig"....

Würde gerne mit euch ins Gespräch kommen. Philosophieren. Diskutieren.
*********7_sn Mann
1 Beitrag
Ich muss vorab zugeben den Film und auch die Diskussion nicht vollständig gesehen zu haben,aber ich weiß nicht ob die Frage so richtig formuliert ist.

Wenn man sich wirklich sicher ist, dass die 164 Menschen sterben werden (was keine einfach zu beantwortende Frage ist), dann besteht die Entscheidung doch aus der Frage ob 164 oder 70000+164 Leute sterben. Dann verlagert sich die Frage doch eher dahin, wie sicher ich mir bin, dass die 164 Leute sowieso sterben werden.
Da gibt es doch schon ...
... einen Thread in der Gruppe "Tabu"!
*****and Paar
3.124 Beiträge
Ich bin davon überzeugt, dass der Mann/die Frau am Knopf, in der Sekunde, wo sie sich entscheiden muss abzudrücken, Schluss endlich die einsamste Person der Welt sein wird. Im Nachhinein weiß es dann eh jeder besser und du wirst durch die Medien getrieben. So oder so, egal wie du dich entscheiden wirst, wirst du der Dumme sein. Das ist das Los dieser Menschen, die solche Berufe haben. (Es gibt einige Berufe, die einen Menschen vor solche oder ähnliche Entscheidungen stellen können. Soldaten, Polizisten, Feuerwehrleute, Piloten, ggf. Ärzte u.s.w.)

Denkt an den Vorfall vom Oberst Klein. Danach wurden sogar seine Kinder auf der Schule angegriffen und bespuckt, sodass die ganze Familie gebrandmarkt war. Nach meiner Bewertung war seinerzeit der einzige Fehler, dass man zu lange gewartet hat, bis man den Tankwagen zerstört hatte. Dies lange Zuwarten lag genau darin begründet, dass Berlin meinte da mitreden zu müssen und es dadurch zu unselig langen Verzögerungen gekommen ist... Zu guter Letzt sind sicherlich zahlreiche Menschen gestorben, die nicht hätten sterben müssen... (wie gesagt, dass lag an der Verzögerung im Entscheidungsprozess, nicht an der in meinen Augen richtigen Entscheidung den Tankwagen einschließlich Ladung zu zerstören...)

Ich denke, dass man über die Selennot solcher Menschen in diesen Situationen eher nicht diskutieren kann. Vermutlich bleibt zu hoffen, dass diese Menschen so sozialisiert sind, dass sie eine verantwortbare Entscheidung treffen, mit der sie dann auch den Rest ihres Lebens leben müssen...

Ein unendlich schweres Theme, imho ohne klare Lösung.


LG,
Andreas
schuldig oder nicht
War zum Beispiel die eine Frage.

Das betrifft ganz klar die Gesetzteslage.
Ich plädierte wie gesagt auf unschuldig. In der Diskussion kam dann aber das Argument:
Es wurde getötet. Es war Mord, wenn auch nicht aus schlechten Gedanken heraus.
Die Forderung daher: Dieser Mensch ist nicht unschuldig. Er hat getötet und ist daher vor dem Gesetz schuldig. Die moralischen Gründe sollen dabei das -milde- Strafmaß setzen.
@tassilo
DAS THEMA BESTEHT BEREITS IN GRUPPE "Tabu"
In einer anderen Gruppe haben andere nicht immer Zugriff.

In der Gruppe Flintenweiber" wurde es angelehnt:

Hallo violettsunshine, leider musste ich deinen Thread erst einmal schliessen. Solche Diskussionen sind unserer Erfahrung nach im Joy nicht gewünscht. Aus diesem Grund werde ich von uns aus auf den Support zugehen und Fragen wie die Sicht dort ist. Es ist also möglich das wir ihn auch nicht wieder öffnen und er im Mülleimer landet. Gruß xy
Emotionale Nähe
Das ist auch was, was mich seitdem beschäftigt.

Aus dem Film geht hervor, dass wenn ein Auto fahrer seiner Tochter am Straßenrand ausweicht und dabei einen andern Passanten umfähren, der Autofahrer wg emotionaler Nähe schuldfrei ist.
Egoistisches Handeln mildert hier irgendwie die Tat.
Der Richter im Film argumentiert dass selbstloses Handeln nicht schlechter als egoistisches sein kann.

Hab ich das so richtig verstanden?
Wenn ich einem Fremden ausweiche bin ich wegen Tötung dran? Wenn es mein Kind ist bin ich straffrei?
Heißt. Wenn im Film die Frau des Piloten im Stadion gesessen hätte, wäre die Sachlage klar?
*******use Mann
3.197 Beiträge
Film und Diskussion
habe ich im TV verfolgt, weil mich der Fall interessierte.
Das Meinungsspektrum war sowohl beim Disput im TV
als auch danach im www. sehr breit gefächert.

Ich stimmte mit "schuldig" und war entsetzt, wie klein damit
die Minderheit war (13%), der ich angehöre. Auch beim 2. oder
3. Mal würde ich so entscheiden. Warum?

1. und wichtigster Grund:
Die Entscheidung oblag gar nicht dem Piloten. Er handelte entgegen
einem direkten Befehl. Bei einer Verhandlung vor einem Militärgericht
unter Ausschluß der Öffentlichkeit (wahrscheinlich in der Realität)
wäre er also in jedem Fall "schuldig".
Ein solches Verhalten wäre für keine Armee tolerierbar, denn so könnten
sich ja jederzeit Einsatzkräfte der Kontrolle entziehen.
Im übrigen: Was wäre denn das für ein Rechtsstaat, wenn jeder situations-
bedingt deren Grundprinzipien negieren könnte?
Nur wenn keine Verbindung zum Kommandostand besteht, kann und muß
der Pilot selbst entscheiden.

2. Diese Befehlskette besteht ja nicht ohne Grund, denn der Pilot in der
Luft hat keinen Überblick über die Gesamtsituation.
Wie hätte das Publikum wohl entschieden, wenn das abgeschossene
Flugzeug in das leere, rechtzeitig geräumte Stadion gestürzt wäre?
Die Argumente wären dieselben!

3. Die Aufrechnung der Opfer (so wenn sie denn statthaft wäre, was sie
laut Bundesverfassungsgericht nicht ist) ist eine Milchmädchenrechnung.
Der Pilot weiß nur eines sicher: Wenn er feuert, werden alle Flugzeuginsassen
ums Leben kommen.
Er weiß nicht:
- ob die Passagiere das Flugzeug (mit oder ohne Opfer) noch rechtzeitig
zurückerobern- Menschen in Lebensgefahr sind zu außerordentlichen
Leistungen fähig.
- ob es sich der Terrorist im letzten Moment anders überlegt
- ganz sicher würden im schlimmsten Fall nicht alle Stadionbesucher ums
Leben kommen- wer wagt eine Prognose 100, 1000 oder 10000?

Einschränkung:
Ich hätte den Piloten nicht, wie es im Film gezeigt worden wäre, wegen
Mordes verurteilt (was auch keinen Spielraum beim Strafmaß geboten
hätte), sondern maximal wegen Totschlag.

Für mich persönlich wäre der Fall viel schwieriger, wenn der Pilot einen
Feuerbefehl mißachtet hätte.
Vorab: Ich habe weder diese Filmadaption noch das Original-Theaterstück gesehen. Die Diskussion allerdings ein Stück weit mitbekommen, vor einiger Zeit einen juristischen Vortrag zu einem anderen Thema gehört, der dieses allerdings streifte und vor Jahren die parallel gelagterte Diskussion zum Luftsicherheitsgesetz verfolgt, das ja wegen Verstoßes gegen Artikel 1 in Karlsruhe annulliert wurde.

Ich glaube, in dieser Diskussion werden viel zu leichtfertig Schuld, Moral, Ethik, Recht und Gerechtigkeit vermischt, darüberhinaus glaube ich auch, es existiert keine Methode oder Herangehensweise, die diese Vermischung "unleichtfertig" überhaupt ermöglicht, so daß man am Schluß doch auf eine "richtige" Lösung kommen könnte. Eine solche existiert einfach nicht, es gibt nur schlechte Lösungen und Vorgehensweisen zu diesem Dilemma. Vor diesem Hintergrund kann man dann nur die Lösung herausarbeiten, die hierzulande durch geltendes Recht gedeckt ist, und das ist die vom BVerfG konstatierte: Das Flugzeug abzuschießen, verstößt gegen das Grundgesetz.

In der genannten Gesetzesdiskussion gab es seinerzeit eine Fernsehdebatte mit u.a. den Teilnehmern Gerhart Baum (Ex-Innenminster), Wolfgang Schäuble (zu der Zeit amtierender Innenminister) und einigen anderen. Schäuble war gerade in Karlsruhe mit seinem Gesetz krachend gescheitert und konnte und wollte nicht akzeptieren, daß die von ihm damit kodifizierte Aufrechnungsmethode "Viele Tote gegen wenige Tote" gegen die Menschenwürde verstößt.

Baum hat ihn schließlich mit einem - wie ich finde - Jahrhundertsatz zum Schweigen gebracht:

"Das Grundgesetz schützt jedes Leben in gleichem Maße. Jedes! Auch das todgeweihte."

Daß die Lösung gemäß TV-Dramaturgie und einigen Millionen Geschworenen völlig außer acht läßt, daß bis zum tatsächlichen Einschlag des Flugzeugs im Stadion andere Verläufe und Ergebnisse passieren können, trägt nur noch weiter zu dieser Karlsruher Auslegung bei.

Alles weitere, insbesondere die geradezu vorsätzlich irreführende Präsentation und Handlungsführung unter kompletter Ignoranz geltenden Rechts usw. hat der BGH-Richter Thomas Fischer in gewohnt pointierter Weise in seiner ZEIT-Kolumne treffsicher zerlegt: '"Terror" – Ferdinand von Schirach auf allen Kanälen!' - Einfach bei ZEITonline nach diesem Titel suchen, falls JC den Link wegfiltert:

http://www.zeit.de/gesellsch … on-schirach-fischer-im-recht
Nachdenkenswert
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Luftsicherheitsgesetz klargestellt, dass es sich überhaupt nur mit der Frage der Rechtswidrigkeit befassen musste und wollte, also der Frage, ob staatliches Recht anordnen darf, unschuldige Menschen um eines (vermeintlich) höheren Ziels willen vorsätzlich zu töten. Es ging also um die Frage des "Dürfens" auf der Ebene des staatlichen Rechts:
Darf ein Minister anordnen (!), fremde Unschuldige zu erschießen? Darf ein Polizeipräsident den Befehl erteilen, einen Gefangenen zu foltern? Sind diejenigen, denen solche Befehle erteilt werden, von Rechts wegen und dienstlich verpflichtet, sie auszuführen? Und sind daher umgekehrt die Opfer solcher Anordnungen von Rechts wegen "verpflichtet", sich widerstandslos erschießen oder foltern zu lassen? Oder dürften sie gegen ihre eigene Tötung Notwehr üben? Muss der Seemann, wenn der Kapitän des sinkenden Schiffs "Schotten dicht" befiehlt, im Maschinenraum strammstehen und freudig ertrinken?
All das sind Fragen der Rechtmäßigkeit und Rechtswidrigkeit. Sie haben mit Schuld und Unschuld zunächst einmal nichts zu tun.

zitiert aus obigem Link.

... puzzle die Gedanken noch zusamen...
****aar Paar
62 Beiträge
Andere Lösungen
Wieso betrachtet niemand die Möglichkeit eine andere Lösung zu finden?
In Zeiten von selbstlenkenden Autos, sollte es doch möglich sein, einen (großen) Helikopter fernzulenken.
Den würde ich zwischen Flugzeug und potentielles Ziel bringen.

Dann kann das Flugzeug entweder abdrehen oder diesen Helikopter rammen und abstürzen. Niemand außerhalb der Maschine würde damit aktiv jemanden töten...
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Wie es schon von einigen hier angedeutet wurde:

(moralische) Schuld und Rechtswidrigkeit sind zwei völlig verschiedene Dinge.

Sie können in die gleiche Richtung zeigen, dann ist es einfach, eine Entscheidung zu finden - sie können aber auch völlig konträr stehen, dann ist jede Entscheidung falsch und richtig zugleich, eben je nach Blickwinkel.

Zum Glück gibt es zumindest im Rechtssystem die Möglichkeit, auch bei einem rechtswidrigen Verhalten eine Strafe auszusetzen oder eine Tat straffrei zu lassen, wenn dieses rechtswidrige Verhalten moralisch zu rechtfertigen ist. Und ich denke, bei dieser Entscheidung sind die Richter erst recht nicht zu beneiden - das dürfte oft noch schwerer sein als die Entscheidung für die "Tat" an sich.
Denn wenn jemand vor so einer "Gewissensentscheidung" steht, hat er meist nicht viel Zeit, sich da noch groß Gedanken zu machen. Jeder Mensch wird hier so entscheiden, wie er es in dem Augenblick für sich vertreten kann (auch wenn er später eventuell anders entschieden hätte - in dem Augenblick war dies seine Wahl).

Das Gericht muss sich später deutlich intensiver damit auseinander setzen, und da hoffe ich, dass dabei nie eine generelle Grundsatzentscheidung gefällt wird, an der sich jeder, der später nach seinem persönlichen "Augenblicktsgewissen" eine ähnliche Entscheidung fällt, messen lassen muss.
********osen Mann
6.319 Beiträge
Mich hat
das Konstrukt geärgert.
Es gab dieses Schwarz/Weiß nicht wirklich.
169 zu 70000...
Ein Flugzeug, dass abgeschossen wird, muss irgendwo hinstürzen. Es könnte ins Atomkraftwerk Isar stürzen...eine Atomkatastrophe ungeahnten Maßes auslösen. Oder ins Tropeninstitut München und dort tödliche Viren freisetzen. Dann hätten wir 70.000 zu Millionen.
Wir haben gesehen, wie 9/11 Terroristen das Pentagon nicht voll getroffen haben. Ein Flugzeug in ein Stadion abstürzen zu lassen ist nicht so einfach, wie es dargestellt wird. Und dabei würden auch nicht alle 70.000 Menschen umkommen.
Wenn man eine solche Diskussion beginnt, sollte es ein wirkliches Entweder/Oder geben. Das tut es aber in der Realität nie.
Effekthascherich ärgerlich.
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Es geht um das Grundprinzip - und da ist wohl so ziemlich jeder Fall konstruiert.

Die Grundfrage ist:
Ich muss entscheiden - rette ich viele Menschenleben dadurch, dass ich aktiv dazu beitrage, dass wenige sterben werden, oder handle ich nicht, und die wenigen werden überleben, dafür aber die vielen nicht.

Hier wurde es noch zugespitzt, indem die wenigen sehr wahrscheinlich auch ohne mein Zutun sterben würden.

Letztlich macht jeder Soldat, der auf andere Soldaten im Krieg schießt und diese tötet, um sein Land vor der Invasion einer fremden Macht zu schützen, auch nichts anderes.
Wo ist der Unterschied, dass er "nur" auf andere Soldaten schießt? Sind Soldaten keine Menschen? Woher weiß er, ob der andere Soldat, den er gerade tötet, nicht unfreiwillig gegen ihn kämpft, ob der andere nicht gegen seinen Willen dazu gezwungen wurde?

Und diese Grundfrage (Ist das Töten weniger zum Schutz vieler erlaubt / strafbar?) kann man leider - oder zum Glück? - nicht generell beantworten.

Selbst wenn es nur um das eigene Leben geht (Ich fahre auf einer engkurvigen Bergstraße und plötzlich steht in einer Kurve eine Gruppe Wanderer mitten auf der Straße - ich kann in die Gruppe fahren und vermutlich einige töten, oder ich weiche aus und stürze 500 Meter tief in die Schlucht), gibt es kein Richtig oder Falsch - selbst wenn derjenige, der ausweicht, im Nachhinein sicher als "Held" gefeiert wird ...
**ja Paar
328 Beiträge
Die Frage ist mM nach recht einfach und klar zu beantworten, wenn man nicht die üblichen Begrifflichkeiten munter durcheinander mischt. Im Gegensatz zu Hugh_House bin ich allerdings nicht wirklich über meine Mitmenschen überrascht - die wenigsten denken logisch und über 2,3 Schritte und weiter hinweg. Sowohl die Begründungen als auch die Konsequenzen (auf nem Zahlenstrahl - und +) werden kaum abgeklopft. Vielleicht bin ich zynischer; aber spätestens seit Till Schweigers "Kinderschänder haben ihr Recht auf (Menschen)Würde verwirkt" und dem dazugehörigen Beifall halte ich von den (abstrakten intellektuellen) Fähigkeiten Max und Maria Mustermanns nicht sehr viel (und das bezieht sich auch auf die gebildete Akademikerschicht im Homöopathie-/Impfverschwörerbereich etc.)

Also, kurz und knapp: Juristisch ganz klar im Unrecht. Muss bestraft werden. WIE konkret genau geurteilt wird, also welcher Tatbestand, mildernde Umstände usw. berücksichtigt werden, ist eine andere Geschichte. Moralisch? Wahrscheinlich auch schuldig. Wie würde ich handeln? Möglicherweise wie der Pilot.
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Juristisch sehe ich die Sache auch so - wobei hier Mord sicher bei Würdigung der näheren Umstände überzogen erscheint.

Diskutieren lässt sich ohnehin mehr die moralische Seite - und damit die Begründung für das Strafmaß bzw. ggf auch die Straffreiheit.
Daß die Lösung gemäß TV-Dramaturgie und einigen Millionen Geschworenen völlig außer acht läßt, daß bis zum tatsächlichen Einschlag des Flugzeugs im Stadion andere Verläufe und Ergebnisse passieren können, trägt nur noch weiter zu dieser Karlsruher Auslegung bei.

Ok - also bleibt im Grunde genommen nichts anderes übrig, als stillzuhalten und abzuwarten was passiert? - Also man sitzt da wie das Kaninchen vor der Schlange und wartet, bringt der Pilot das Flugzeug im Stadion zum Absturz und wahrscheinlich werden dadurch tausende Menschen sterben, ober sie haben vielleicht noch einmal Glück gehabt und das Flugzeug biegt ab?

Von der moralischen als auch von der menschlichen Seite wird das wohl immer zu Kontroversen führen, da sehr emotional belastet.

Von der juristischen Seite wird wahrscheinlich die Schlud zugewiesen - aber ist es tats. Mord - oder doch eher Totschlag? Fehlen für Mord nicht die arglistigen Motive und die niedrigen Beweggründe?

Wenn man diesen Fall und auch den Fall Klein mal so überdenkt, wird für mich eigentlich klar - es kann und darf in solchen Fällen nicht sein, dass Entscheidungen - egal wie sie auch ausfallen würden - hinausgezögert werden, weil es ein Kompetenzgerangel zwischen den Instanzen gibt oder weil niemand die Verantwortung übernehmen will und sie auf den nächsten Beteiligten weiterschiebt.
Für solche Notfall-Szenarien müssten im Vorfeld Leute bestimmt werden, die im Fall der Fälle die nötigen Kompetenzen haben, die überlegt handeln und deren Entscheidung dann auch wirklich von allen Parteien akzeptiert werden.
Und wenn derjenige, der dazu bestimmt ist diese Entscheidungen zu trefffen und dies nach bestem Wissen und Gewissen getan hat, dann darf diese Entscheidung im Nachhinein nicht dazu führen, dass derjenige sich deswegen vor einem Gericht verantworten muss - etwas anderes ist es, wenn irgendjemand sich anmaßt Entscheidungen zu treffen, für die er nicht autorisiert war.

Im Falle des Piloten wäre er m. E. nach schuldig zu sprechen, jedoch müsste bei der Urteilfindung und dem Strafmaß berücksichtigt werden, dass es sich m. E. nach nicht um Mord sondern um Totschlag handelt und die besonderen Umstände müssten sich im Strafmaß wiederfinden.
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
So sehe ich das auch:

Schuldig der Tötung der Flugzeuginsassen (Totschlag) - klar, denn er hat die Maschine abgeschossen (wenn ich das richtig mitbekommen habe - ich hab den Film nicht gesehen - sogar gegen den Befehl).

Wäre(n) nur der/die Täter in der Maschine, wäre hier auch ein Freispruch aufgrund einer Notwehrhandlung geboten - erst die Tötung der unschuldigen Mitinsassen macht ja die Sache schwierig in der Abwägung.

Insofern müsste es hier die Möglichkeit einer Aussetzung einer Strafe zur Bewährung geben - laut Gesetz gibt es die bei Totschlag aber meines Wissens leider nicht.

Also sehe ich hier nur die Möglichkeit, die Tötung dieser Menschen als Folgen einer Notwehrhandlung anzusehen und lediglich die Befehlsverweigerung als solche militärrechtlich zu ahnden.

Denn eine Freiheitsstrafe oder auch eine andere massive Form der Bestrafung halte ich in so einem Fall für völlig deplatziert.
**ja Paar
328 Beiträge
sigh Das sind aber gleich 3 Wünsche auf einmal! 1.: "im Vorfeld Leute bestimmt werden, die im Fall der Fälle die nötigen Kompetenzen haben, die überlegt handeln". Im Vorfeld, die nötigen Kompetenzen und überlegt handeln in einem solchen Fall...

2.: "deren Entscheidung dann auch wirklich von allen Parteien akzeptiert werden." Selbst banalste alltägliche Entscheidungen werden nicht von allen Parteien wirklich akzeptiert...

3.: "dann darf diese Entscheidung im Nachhinein nicht dazu führen, dass derjenige sich deswegen vor einem Gericht verantworten muss". Blankoscheck? Wenn eine getroffene Entscheidung nicht gerichtlich hinterfragt werden darf, sind wir bei der Tyrannei. Nach bestem Wissen und Gewissen? Ja - genau DAFÜR gibts Gerichte.

Man muss da gar nichts. Der Fall Oberst Klein ist mM nach hier nicht der passende; dafür war er (nach meinem Wissenstand) auch gar nicht befugt, die Konsequenzen viel weniger dramatisch etc. Es ging da um nen Tanklaster. Viel besser ist da der Fall des Polizeioberfuzzis, der dem (zu dem Zeitpunkt noch mutmaßlichen) Entführer eines Kindes Folter androhte, um das Versteck ausfindig zu machen und den Jungen noch lebendig zu retten. Er wurde zurecht angeklagt - und zurecht relativ milde bestraft. Und der Täter hat zurecht geklagt und zurecht wenig Schadensersatz bekommen. Man hat IMMER eine Wahl, niemand muss da wie die Schlange vorm Kaninchen warten. Aber man muss die Konsequenzen eben auch voll tragen. Tragisch, aber wirklich wichtig. Recht und moralisch "richtiges" Handeln sind im besten Fall deckungsgleich, aber eben weder immer noch immer vollständig. Der Pilot weiss nicht, ob es Nebenverhandlungen gibt, ob der Typ nur blufft, ob die Passagiere das Flugzeug zurückkapern, ob das Stadion überhaupt einfach getroffen werden kann (es also zu den befürchteten Massen an Toten kommt) und und und. Klar kann er trotzdem so handeln, aber dann muss er eben auch die Verantwortung tragen. Und auch die Folgen seines Handelns oder (Nicht-)Handelns.
3.: "dann darf diese Entscheidung im Nachhinein nicht dazu führen, dass derjenige sich deswegen vor einem Gericht verantworten muss". Blankoscheck? Wenn eine getroffene Entscheidung nicht gerichtlich hinterfragt werden darf, sind wir bei der Tyrannei. Nach bestem Wissen und Gewissen? Ja - genau DAFÜR gibts Gerichte.

Gut, gehen wir von der gegenteiligen Annahme aus, es gibt im Vorfeld niemand bestimmtes, der im Fall der Fälle vorab mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet wurde.

Deutschland ist nicht sehr groß, ein Flugzeug braucht keine 2 Stunden um das Land zu überqueren - da aber erst einmal auffallen muss, dass ein Flieger vom Kurs abweicht, sind dann schon wertvolle Minuten verstrichen.

Dann geht das Notfallszenario los, die entsprechenden Leute müssen erreicht und miteinander verbunden werden - wieder verstreicht Zeit, während das Flugzeug weiter sein Ziel anvisiert - und dann geht es los, verschiedene Instanzen, verschiedene Herangehensweisen - die Politik, die Juristen, das Militär - und jeder vertritt einen anderen Standpunkt, eine andere Herhangehensweise an die Angelegenheit und jeder beansprucht in dem Moment, dass seine Sicht der Dinge die allein gültige sei ... und irgendwann ist es zu spät um etwas zu unternehmen, das Flugzeug hat sein Ziel erreicht.

Ist es also besser, oder gerechter, oder ethisch vertretbarer zu sagen, wir konnten nicht ein Leben gegen das andere aufwiegen, uns nicht einigen was zu tun ist und deshalb haben wir gar nichts getan - als im Vorfeld solche Szenarien mit den entsprechenden Leuten, unter Berücksichtigung aller zu beachtenden Vorschriften, Gesetze etc., zu durchdenken und das Vorgehen im Ernstfall festzulegen? - Es muss ja nicht auf eine einzelne Person, die die Entscheidung trifft, festgelegt sein, es können ja auch meinetwegen zwei oder drei Leute sein - wichtig ist m. E., dass es im Ernstfall jemanden gibt der die entsprechenden Kompetenzen und Kenntnisse hat und der mit den entsprechenden Vollmachten ausgestattet ist, so dass man sich nicht erst wenn der Ernstfall eintritt, darüber Gedanken macht oder Leute ausguckt, die die Angelegenheit händeln sollen.
**ja Paar
328 Beiträge
Du vermischt da 2 Sachen miteinander imo. Die Tatsache, dass es im Vorfeld eine wie auch immer geartete Befehlskette/Verantwortungsbereiche etc. gibt bedeutet nicht, dass sie nicht im Nachhinein nicht juristisch untersucht UND als falsch (oder korrekt) bewertet werden kann. Es kann ja sein, dass im konkreten Fall in der Ausführung Fehler gemacht wurden. Oder aber das komplette Konstrukt war fehlerhaft und juristisch nicht zulässig. Auch dann MUSS ein Gericht das Ganze prüfen dürfen. Und auch dann darf das Gericht Strafen verhängen. Wie genau, ist dann - Sache des Gerichts; unterschiedlicher Instanzen, um einigermaßen Unbefangenheit etc. zu gewährleisten.

Du meintest vielleicht, dass der/die Auszuführende/n, wenn sie denn nun ganz korrekt den vorher festgelegten Ablauf befolgt haben, nicht belangt werden dürfen? Quasi als Schutz, damit überhaupt jemand diese Verantwortung übernimmt? Auch da bin ich selbstverständlich dagegen. Was z.B., wenn der Gesetzestext ganz klar und auch für juristische Laien erkennbar, verfassungswidrig ist? Oder andere Fehler drinstecken? Es muss jederzeit etwas untersucht und als falsch untersucht werden dürfen! Wenn man im Vorfeld irgendetwas juristische Immunität zusichert, so öffnet man Missbrauch Tür und Tor. Nur wenn jeder, und wenns nur theoretisch ist, für vorsätzliche oder fahrlässige Versäumnisse und Fehler auch geradestehen muss, sei es im konkreten Ablauf oder in der Planung der Befehlskette usw., wird jeder das Bestmögliche tun.
.... Quasi als Schutz, damit überhaupt jemand diese Verantwortung übernimmt?


Ja - denn wer sollte sich dafür hergeben solche Entscheidungen im Ernstfall zu treffen, wenn man ihm gleichzeitg schon den Ankläger zur Seite stellt?

Wenn diejenigen, die nach vorher genau festgelegten Reglement, eine Entscheidung, vor die sich die anderen drücken, treffen, dann muss ihnen auch die Garantie gegeben werden, dass sie, sofern alle Regularien eingehalten werden und alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, im Nachhinein nicht dafür vor Gericht gestellt werden.
Sicherlich kann eine unabhängige Untersuchungskommission prüfen, ob sie sich im Rahmen ihrer Befugnisse bewegt haben.
Aber wenn die, die die Entscheidung getroffen haben, alle Möglichkeiten geprüft haben, zu dem Schluß gekommen sind, dass man das Flugzeug nur stoppen kann indem man es abschießt, dann müssen sie sicher sein, dass man sie hinterher nicht wegen Mordes vor Gericht stellt und anklagt - ansonsten wird sich niemand mehr für solch einen Job abstellen lassen (freiwillig werden sich wohl die wenigsten dafür melden).

Und wenn niemand sich mehr dazu hergibt, was machen "wir" dann? Lassen wir das Flugzeug also einfach weiterfliegen und sagen später "tut uns leid, wir konnten uns leider nicht einigen was zu tun ist, da wir dann befürchteten, dass das tiefgreifende Konsequenzen für uns nach sich ziehen wird - tja, und plötzlich war es dann wohl zu spät ...."

Und so wird es bei jedem Vorfall sein, bei dem evtl. Menschen getötet werden könnten - wir lassen alles seinen Gang gehen und sagen den betroffenen Menschen, bzw. deren Angehörigen, "es tut uns leid, aber niemand wollte das Risiko eingehen, eine Enscheidung zu treffen und dafür anschliessend vor Gericht zu landen."

M. E. nach muss es eine Möglichkeit geben die Menschen, die solche Entscheidungen für "uns alle" treffen sollen, zu schützen - immer vorausgesetzt, sie haben sich an ihre Befugnisse gehalten und nach bestem Wissen und Gewissen agiert und reagiert und sich in den vorher abgesteckten Grenzen bewegt.

Wenn wir solche "Entscheider" im Regen stehen lassen, werden wir bei solchen Ereignissen nur noch im Fernsehen die Berichterstattung verfolgen können, da niemand mehr die Verantwortung für eine Handlungjedwelcher Art, übernehmen will, da es ihm ja persönlich zum Verhängnis werden könnte.

Ist es also moralisch vertretbarer einfach nichts zu tun, als evtl. das falsche zu tun?
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Ganz einfach: Auch die Entscheidung, keine Entscheidung treffen zu wollen (aus Furcht vor möglichen Konsequenzen für diese Entscheidung), ist eine Entscheidung, die derjenige ggf. zu verantworten hat.
Dann wird sich niemand mehr finden der solche Positionen übernimmt .... denn ich kann mir kaum vorstellen, dass sich jemand freiwillig zum Sündenbock machen lässt, während all die anderen Millionen Deutschen die Hände in den Schoß legen und einfach nichts tun ... um später über ihn zu Gericht zu sitzen.

Wenn man das dann mal weiterspinnt, beängstigende Aussichten....
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Warum nicht?

Es geht nicht darum, jemanden zum Sündenbock zu machen.

Jedes Mal, wenn ein Polizist die Waffe zückt und auf einen Menschen schießt, werden automatisch staatsanwaltliche Ermittlungen für ein Tötungsdelikt aufgenommen (selbst, wenn der Andere nur verletzt wurde - auch dann steht die Frage im Raum: War es ein Tötungsversuch?). Das ist auch normal und gehört zu einem Rechtsstaat. Zum Glück machen die Medien daraus nicht auch noch reißerische Artikel: "Wollte POM Schneider den mutmaßlichen Koks-Verkäufer ermorden?" (noch nicht? *oh2*)

Und genau so muss es erlaubt sein, so eine schwerwiegende Entscheidung im nachhinein rechtlich zu überprüfen - natürlich mit völlig offenem Ergebnis. Nur so kann Willkür und Machtmissbrauch klar entgegengewirkt werden, das ist eine der wichtigsten Grundlagen eines jeden Rechtsstaates: Die strikte Trennung der Judikative von der Legislative und Executive. So, wie es Soja mit anderen Worten auch schon erklärt hat. *ja*
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