Fördern, Entwickeln, Wachsen
Hallo ihr Wenn ich Beiträge zu B(D/s)M-Beziehungen lese, fällt sehr häufig das Wort "fördern". Die Intention vieler dominanten Menschen ist es augenscheinlich, den devoten Part, neben dem sexuellen und vielleicht auch sozialen Machtgefälle, auch zu fördern und bei einer individuellen Entwicklung zu unterstützen.
Ich spreche hier jetzt ganz konkret NICHT davon, einen devoten Part in einer Art zu "formen", dass er den Ansprüchen des dominanten Parts genügt. Es geht also nicht um Sachen wie "Sklavenausbildung" oder darum, dass der devote Part Dinge lernt, die dem dominanten Part innerhalb seines dominanten Anspruchs gefallen und befriedigen. Es geht mir ganz spezifisch darum, den devoten Part in seiner ganz persönlichen Entwicklung zu fördern, so dass ein Wachstum zugunsten des devoten Parts befeuert wird - eine Entwicklung, die dem dominanten Part vielleicht nichtmal wirklich etwas bringt. Es muss nichtmal etwas sein, das speziell das Machtgefälle oder BDSM betrifft, obwohl ich durchaus auch an Entwicklungen in diesem Bereich interessiert bin. Und im Übrigen auch an Entwicklungen, die dominante Menschen innerhalb ihrer Beziehungen gemacht haben.
Das Thema lautet für mich also nicht primär "So wurde ich ein besserer Top/Bottom", sondern "So wurde ich eine bessere Version meiner selbst".
Hier mal zwei Beispiele, die konkrete, erlebbare Entwicklungen innerhalb meiner bisherigen D/s-Beziehungen darstellen:
1. Bedürfnisse und Abneigungen erkennen
Während meiner ersten D/s-Beziehung bestand meine größte, persönliche Entwicklung darin, dass ich durch das Ausleben unterschiedlicher Dynamiken und Praktiken grob herausfinden konnte, wo meine Basisbedürfnisse innerhalb meiner Sexualität und eines gelebten Machtgefälles liegen, aber auch, wo im Groben meine Tabus liegen und wo ich an körperliche oder emotionale Grenzen stoße.
Ich weiß nach wie vor nicht im Detail, was ich will oder nicht will, weil ich mich noch nicht genug ausgelebt und vieles noch gar nicht ausprobiert habe, aber die grobe Richtung habe ich durch meinen ersten Dom erfahren.
Durch ihn habe ich zum Beispiel sehr gut gelernt, welche Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen mich an einem dominanten Mitspieler wirklich anmachen, welche grundlegenden Dinge im Miteinander ich brauche und was mir eher keinen Spaß macht. Unsere Beziehung war verhältnismäßig kurz, dafür aber äußerst intensiv und heftig, in dem Sinne, dass das vorgelegte Tempo und die ausgelebten Praktiken zum Teil sehr krass waren, wenn man bedenkt, dass wir beide völlige Anfänger waren.
Aber durch ihn habe ich eben Dinge für mich entdeckt und gelernt, die mich mein ganzen Leben lang begleiten werden, ich habe mich, meine Bedürfnisse und meine Abneigungen besser kennengelernt, was mir in Zukunft immer helfen wird, wenn es darum geht, geeignete BDSM-Partner zu finden.
2. Grenzen kommunizieren und Schuldgefühle ablegen
Diese Entwicklung ist immer noch im vollem Gange, aber ich sehe bereits jetzt konkrete Fortschritte.
Mein aktueller Spielpartner hat mir, vielleicht beabsichtigt, vielleicht unbeabsichtigt, dabei geholfen, mich besser und konsequenter gegen Menschen zu behaupten, mit deren Verhalten ich mich unwohl fühle. Durch ihn habe ich auch erkannt, dass ich eine gewisse Naivität besitze, wenn es um den Umgang mit (besonders fremden) Menschen geht und ich es sehr häufig zulasse, dass diese Menschen meine Grenzen überschreiten, weil ich das Gefühl habe, ihnen Höflichkeit schuldig zu sein.
Ich denke, dass es sehr viel mit meiner Erziehung in der Kindheit zu tun hat, dass ich ein manchmal recht ungesundes Bedürfnis entwickelt habe, gefallen und nicht enttäuschen zu wollen und vor allem andere Menschen nicht gegen mich aufzubringen, was bedeutet, dass ich sehr häufig Grenzüberschreitungen weggelächelt habe und selbst dann noch höflich blieb und mich mit jemandem auseinandersetzte, obwohl derjenige entweder bereits übergriffig wurde, oder ich eigentlich gar keine Lust hatte, mich mit demjenigen auseinanderzusetzen, es aber trotzdem tat, weil ich eben nicht unhöflich sein wollte. Ich hatte immer das Gefühl, ich bin es anderen schuldig, auf sie zu reagieren und mit ihnen zu interagieren, als ob sie einen Anspruch darauf hätten, solange sie mir nichts "getan" haben.
Mein Mister hat mir sehr dabei geholfen, dieses Verhalten von mir zu reflektieren und zu hinterfragen, indem er diesbezüglich auch nie ein Blatt vor den Mund genommen und mir ohne zu Zögern mitgeteilt hat, wenn ich in seinen Augen mal wieder zu naiv und höflich blieb, obwohl ich mich bereits unwohl fühlte oder spürbar genervt war.
Dadurch, dass er mir das immer wieder gesagt hat, fing ich an, mich selbst zu reflektieren und begann irgendwann damit, meine Höflichkeits-Eiertänze zu reduzieren und gegen Klartext einzutauschen.
Heute fällt es mir schon sehr viel leichter, direkt zu sagen, wenn mir etwas nicht gefällt, wenn eine Grenze überschritten wurde und Gespräche auch einfach mit zwar höflicher, aber durchaus klarer Ansage abzubrechen, wenn ich mich unwohl fühle, oder darauf einfach keine Lust (mehr) habe.
Natürlich hat das dazu geführt, dass ich deutlich öfter negative Bemerkungen bekommen habe und ich nun viel öfter als früher zu lesen/hören bekomme, dass ich blöd sei, aber auch damit kann ich nun immer besser umgehen und traue mich auch hier im Joy sehr viel öfter als früher, Unterhaltungen einfach per Button zu beenden, ohne das Bedürfnis zu haben, mich vorher noch zu rechtfertigen oder zu deeskalieren.
Ich halte das für eine sehr positive Entwicklung von mir, in der mich mein Spielpartner vielleicht mehr als er ahnt unterstützt hat und wofür ich ihm sehr dankbar bin.
Und nun zu euch:
Wenn es um Förderung, Entwicklung und Wachstum geht, inwiefern hat euer BDSM-Partner euch dabei geholfen? Wie genau habt ihr euch weiterentwickelt und was genau hat sich zum Positiven verändert?
Ich bin sehr gespannt darauf, was ihr Tolles zu erzählen habt.
Liebe Grüße,
Kailyn