Der Fairness halber sollte die Themenherstellerin selbst ebenfalls ins Auge fassen, ihre eigenen Antworten auf ihre selbstgestellten Fragen zu veröffentlichen.
Vielleicht erstmal etwas Wissenschaftliches:
Soweit mir bekannt ist, hat man nach dem aktuellen Forschungsstand immer noch keine eindeutige Erkenntnis hinsichtlich der Ursachen sexueller Vorlieben samt ihrer Vielfalt. Einzelfälle scheinen zwar eine Nachvollziehbarkeit anzudeuten, doch im Gros handelt es sich bei vielen Dingen lediglich um Thesen. Grundsätzlich kann man aber wohl sehr stark davon ausgehen, dass sich niemand seine sexuellen Präferenzen ausgesucht hat. Letztendlich wird in der Forschung immer noch diskutiert, ob Vorlieben/Fetische genetisch bedingt oder quasi „erlernt“ werden.
Dann eine Erläuterung bezüglich meines Weges:
Wenn ich mich zurückerinnere, dann sind die Tendenzen meiner Vorlieben schon in der Kindheit wahrnehmbar, wenngleich sie im Kindesalter nicht im sexuellen Kontext, sondern vielmehr in Kontext zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und einem großen Interesse zu sehen waren. Habe ich also bestimmte Szenen im TV, in Comics oder sonst wo wahrgenommen, dann hat mich das nicht sexuell erregt, jedoch das Interesse geweckt, sich damit zu beschäftigen und grundsätzlich viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Erst im Laufe der Pubertät gesellte sich der sexuelle Kontext dazu und die Vorlieben wurden mit den Vorlieben hinsichtlich der Partnerwahl verknüpft. Genau hier muss ich jedoch auch zugeben, dass ich spätestens jetzt Schamgefühle entwickelte, die mich durchaus in eine Art Verweigerungsdenken geführt haben. Ich wusste, dass ich Vorlieben für etwas hatte, was für die Mehrheit entweder als lächerlich oder sogar als abstoßend wahrgenommen wurde. Vielleicht ist das so eine Art Konflikt zwischen Instinkten und Erziehung, die ja nicht nur durch die nahestehenden Personen, sondern durch die Gesellschaft geschieht. Jedenfalls beließ ich meine Vorlieben in meiner Gedankenwelt und verschonte andere gänzlich damit – möglicherweise alles unterstützt durch meinen grundsätzlich eher introvertierten Charakter.
Im Laufe der Zeit ergaben sich dann mit der Nutzung des Internets die Möglichkeiten, Nachforschungen in dem Bereich anzustellen, ein Vokabular bezüglich der eigenen Vorlieben zu entwickeln und letztendlich auch eine persönliche Einordnung innerhalb der BDSM-Welt vornehmen zu können.
Und noch eine ganze Zeit später stellte ich fest, dass weder ich noch irgendjemand anderer in irgendein vorbestimmtes Muster passen muss oder dies gar könnte. Und demnach schreiben selbst diejenigen, welche sich der BDSM-Welt irgendwie zuordnen wollen würden, jeden einzelnen der Buchstaben aus dieser Abkürzung für sich persönlich entweder größer oder kleiner. Und meine kleine Welt wird halt hauptsächlich von einem sehr großgeschriebenen „B“ geprägt.
Zwar wusste ich immer, dass eigentlich alles Spaß machen kann und in Ordnung ist, solange alle Beteiligten Lust darauf haben. Und dennoch fiel es mir nach wie vor schwer, die Vorlieben in meiner Gedankenwelt in die Realität durchbrechen zu lassen. Die Kommunikation mit anderen aus der BDSM-Welt ließ die Mauern dann doch Stück für Stück bröckeln. Ich las in Foren und beteiligte mich auch selbst an der einen oder anderen Diskussion. Das Selbstverständnis im Umgang mit diesen Leidenschaften, welches andere Menschen lebten, färbte dann auch mehr auf mich ab. Und dennoch brauchte es quasi erst so eine Art Einladung eines anderen Menschen, um meine Vorlieben dann auch mal tatsächlich real werden zu lassen. Das Vertrauen dieses Menschen, sowie dieses tatsächlich wahrnehmbare „Ich will, dass du das mit mir machst“ tat mir unglaublich gut und half mir, meine mir selbst auferlegten Bannflüche zu überwinden.
Heute kann ich für mich sagen, dass ich meinen Weg ganz sicherlich noch nicht zu Ende gegangen bin, aber jeder Schritt auf diesem Weg ist spannend und befreiend zugleich.
So viel also zur Erläuterung meines Weges.