Und da fragt man mich, warum ich die BDSM-Szene immer stärker als Dienstleistungssektor wahrnehmen in dem Angebote verglichen werden.
Wenn sich zwei Menschen treffen, dann treffen sich zunächst einmal zwei Menschen.
Für mich macht es einen himmelweiten Unterschied ob ich in einem Club oder auf einem Event eine temporäre Spielpartnerin auftue, bzw. eine Sub dort einen Spielpartner sucht, oder ob es um etwas langfristiges geht.
Bei Ersterem ist klar, dass man etwas möglichst passendes sucht.
Wenn ich auf einer Party bin und habe Lust jemanden zu bespielen, dann möchte ich nicht erst lange darüber sinnieren und heranführen. Es soll natürlich dennoch einfühlend und achtsam geschehen, aber, beispielsweise, rough play beginne ich dann nicht mit einer Spielpartnerin, die noch gar nicht richtig weiß ob sie darauf steht und darüber erst einmal lange reden möchte. Im worst case habe ich dann Stunden darüber geredet und eine Stunde vor Eventende stellt sie fest, dass das nichts für sie ist. Dumm gelaufen. Abend fürn Arsch.
Da kann ich das verstehen. Da verstehe ich das auch aus Sicht der Maso:
Sie ist da, sie will bespielt werden, sie hat Bedürfnisse. Dann möchte sie dort nicht an einen Anfänger Sadisten geraten, der ihr das nicht bieten kann.
Fine by me.
Wenn es um langfristige Partnerschaften geht, dann empfinde ich mittlerweile schon leichte Irritation, dass man Menschen wie in einem Warenhaus nach Etikett aussucht und auch nur dafür haben will.
Da suche ich mal den Dom, der mindestens folgende Erfahrungen haben und folgendes liefern können muss, dort dann ein Rope Bunny mit folgenden Charakteristika, dort die Maso mit folgender "Leidensfähigkeit".
Spreche ich dann mit anderen sind das auch keine Freunde oder Bekannte, sondern mein "Dom", mein "Bunny", meine "Maso". Und je nachdem wann ich da mal auf was Lust habe sind diese Menschen auch primär, wie Hobbybekannte, genau dafür da.
Jeder wie er mag.
Jede wie sie mag.
Your SM is not my SM and thats fine.
Das muss man aber nicht so handhaben.
Man kann auch Menschen kennenlernen. Auch ohne Liebe. Ich rede nicht von der klassischen Liebesbeziehung. Emotionen ja, Freundschaft mindestens. Halt ein Interesse an dem Menschen, so dass man mit dieser Person auch, aber eben nicht nur, das verbindet was man im BDSM-Kontext miteinander anstellt.
Wenn da die sexuellen Grundwünsche sich treffen, dann spielt es gar keine Rolle ob der Dom erfahren ist, ob die Sub erfahren ist, ob sich überhaupt Erfahrungsstände treffen oder nicht. Dann macht es mit diesem Menschen Spaß. Und wenn dieser Mensch sich noch entwickeln muss, dann begeht man eine gemeinsame Reise, die Spaß macht und Erfüllung bringt, weil man sie mit eben diesem Menschen verbringt.
Das klappt natürlich nicht, wenn man vorrangig einen SM-Dienstleister, egal ob Dom oder Sub, sucht, mit der man sofort das Wunschprogramm, fern des Umstandes, dass man dieselben Grundinteressen und Kinks hat, was natürlich geboten sein sollte, geliefert bekäme. Dann ist das "Wunschprogramm" dieser Mensch und die Chance mit diesem Menschen im eigenen Leben etwas erleben zu können.
Keine Geduld für Anfänger zu haben ist damit legitim. Club, Party, etc., oder wenn man gar nicht wirklich nach menschlicher Nähe um des Menschen willen, sondern nach, mehr oder minder losen, BDSM-Partner*innen sucht. Das ist gar nicht wertend gemeint.
Wenn man aber etwas mehr sucht, dann spielt der Erfahrungsstand doch gar keine Rolle.
Dann sollten die Vorlieben nur übereinstimmen. Dazu muss die andere Person keine große Erfahrung besitzen. Sie muss nur wissen was er oder sie will und mag und mal erleben möchte.
Dummdoms erkennt man auch ganz gut, wenn man sich die Mühe macht den Menschen kennenzulernen bevor man ins Play geht. Ja, es gibt da auch einige sehr gute Schauspieler, die zunächst sehr erfahren und empathisch, einfühlsam, etc. erscheinen können. Die "besonderen Exponate" erkennt man so aber schon. Die haben dann keine Geduld, wollen sofort "ran". Fordern nur statt zu fördern oder überhaupt Zeit zu lassen sich zu artikulieren. Die nutzen Phrasen wie "das ist so", "man macht das so", etc.
Ich mag mich mitunter naiv anhören, vielleicht etwas romantisierend, wünsche mir aber beständig mehr Menschlichkeit im BDSM Kontext, damit ein "mehr hin zum Menschen" und "weg von Nutzbeziehungen". Zumindest für mich, ganz subjektiv