Ein roter Faden

Ich kenne mich. Sehr gut sogar.

Ich weiß, was ich will und ich mache, was mir gefällt.

Ich lebe selbstbestimmt. Ich übernehme selber Verantwortung für mich und mein Leben.

Ja, ich bin eine starke Person und ich kann mich durchsetzen.

Ich lasse mir nicht alles gefallen, schon gar nicht von Dir.

Ich kann sehr gut auf mich alleine aufpassen.

Ich benötige Niemanden, der mir erklärt, wie ich...

• "Halt Deine Klappe!"

Seine Stimme klingt ernst, leicht genervt.

"Wie bitte? Aber ich wollte doch nur..."

Ein lautes Klatschen später schweige ich.

Normalerweise tut er das nicht. Es sei denn, ich habe etwas fürchterlich falsch gemacht.

• "Du wolltest?"

Sein hämisches Grinsen konnte ich selbst durch das schwarze Tuch hindurch sehen, mit dem er zuvor meine Augen verbunden hatte.

"Ich meinte, ich..."

Er wartet erst garnicht meine Antwort ab und fährt mit einer seltsam klangvollen Stimmlage fort, die mich irgendwie an meinen früheren Mathelehrer erinnert, wenn er mich wieder einmal vor versammelter Klasse an die Tafel rief, um mich mit irgendwelchen Zahlen und Formeln zu schikanieren und vor den anderen zu demütigen. Ein echter Drecksack.

• "Ich habe Dir eine einfache Aufgabe gegeben und Du kommst mir jetzt mit sowas."

Ich muss zugeben, ich beginne mich etwas unwohl zu fühlen. Der kalte Fußboden auf dem ich nun seit einer Weile knie fühlt sich härter an, als mir lieb ist. Auch der dünne Strick, mit dem er meine Hände auf meinen Rücken gebunden hat, schneidet sich immer mehr in meine Handgelenke. Respekt, die Fesseln sitzen bombenfest. Ich habe mich heute vermutlich zu sehr gewehrt und er wollte auf Nummer sicher gehen.

"Na klar, jetzt bin ich also daran schuld, daß Du..."

Seine rechte Hand schnellt hervor und greift ruckartig an meinen Hals, drückt zu, erst fest, dann etwas sanfter. Er hat schonmal kräftiger zugedrückt, finde ich, ich kann noch atmen. Irgendwie.

• "Daß ich was?"

Er beugt sich zu mir herunter und zieht meinen Kopf mit seinem Griff näher zu sich. Ich spüre seinen Atem auf meinem Gesicht. Es kitzelt ein wenig. Nun flüstert er.

• "Du hast versagt! Und alles was ich zu hören bekomme sind faule Ausreden!"

Ich wollte etwas erwidern, doch bevor ich meinen Mund öffnen konnte, legte er seinen linken Zeigefinger auf meine Lippen. Eine mahnende Geste, die mir mehr drohende Züchtigung versprach. Ich habe beschlossen, leise zu protestieren. Zumindest dieses Mal.

Er löst seinen Griff von meinem Hals und stattdessen fasst er mit seiner Hand in mein Gesicht. Seine Handfläche drückt gegen meinen Mund und meine Nase, mit seinen Fingern gräbt er sich in meine Wangen hinein, sodaß er meinen Kopf buchstäblich im Griff hat.

• "Nun gut. Vielleicht hast Du Recht. Womöglich ist es nicht Deine Schuld."

Es liegt etwas freudig erwartungsvolles in seiner Stimme, als er mich mit einem kräftigen Stoß rücklings zu Boden wirft. Das tut gut, endlich nicht mehr knien zu müssen. Der Boden ist aber wirklich hart. Autsch. Und kalt.

• "Ich denke, ich war zuletzt etwas nachlässig mit Dir und habe Dir zuviel durchgehen lassen."

Er redet nie sonderlich viel. Nur das Nötigste. Kurz und prägnant. Laut und deutlich. Ich mag das.

Ich höre dieses leise, helle Klicken seiner sich öffnenden Gürtelschnalle.

• "Ich habe vermutlich zuviel von Dir erwartet. Gehen wir also nochmal die Basics durch heute Nacht."

Au ja.