Yoga und Tantra?
Yoga oder Tantra? oder Yoga und Tantra?Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, da beide Systeme verschiedene Strömmungen haben.
Deshalb muß man den Vergleich differenzieren:
Tantra ist ein Sammelsurium an Praktiken, Philosophien, Weltbildern, Religionen, magischen Praktiken, Orden, Traditionen, Denkweisen...., die allesamt (mehr oder weniger) die Gemeinsamkeit haben, dass sie neben der herkömmlichen Tradition stehen.
Wenn man davon ausgeht- das ist historisch umstritten!-, dass Tantra auf die matriachalischen Ur-Einwohner Indiens zurück geht, welche weibliche Göttinen verehrten, also seine Wurzeln in der vor-vedischen Zeit hat, so kann man schon sagen, dass die "Yoga-Wege", die nichtvedisch sind (avaidika) die tantrischen Traditionen sind.
Tantra wird auch manchmal mit Erneuerung und Erweiterung (tan- Ausdehnung) übersetzt.
Etwa seit dem 5. Jahrhundert entstand in Indien eine soziale, kulturelle und geistige Revolution, die sich Tantra nennt,. Streng genommen werden nur die Texte, die die Sakti verehren als Tantras bezeichnet, diejenigen die Siva verehren werden Agamas genannt.
Tantra war eine soziale Revolution, da jede Frau als die Verkörperung der großen Göttin verehrt wird,junge Witwen dürfen wieder heiraten, die Witwenverbrennung (sati)wird verboten, die Kastenunterschiede sind aufgehoben.
Tantra ist eine kulturelle Revolution, zahlreiche Rituale entstehen;
Yantra (mystische Diagramme, geometrische Symbole und Aspekte des Göttlichen und seiner unaussprechlichen Kraft)Mantra, Mudra (u.a. rituelle Körperhaltung, Gebärde, Drogen...)
Tantra ist eine geistige Revolution,
Die yogischeAskese, Abkehr von der Welt, wird ersetzt durch ein Leben in und mit der Welt.
"Alles ist mit allem verbunden" (sarvam sarvatmakam)
"Alles, was hier ist, ist anderswo; was nicht hier ist, ist nirgendwo."
Dieser Satz aus dem Vishvasara-Tantra enthält die Essenz des Tantra und verbindet- buddhistisch ausgedrückt- samsara und nirvana, das Leben mit dem Göttlichen.
Tantra erlaubt uns unsere spirituelle Erfahrung unmittelbar über unsere Sinne und den Körper mit Genuß (bhoga) wahrzunehmen und geht darüber hinaus ins Geistige, nur dort kann die wirkliche Vereinigung energetisch stattfinden- aber dazu später mehr.
Aus dem Tantra ist dann der spätere Tantrayoga bzw. Kundalini Yoga (Cakra, Nadis, asana...), ein ganz neues Energiesystem, entstanden
Tantra versteht zwar die Wirklichkeit als Einheit, aber diese Einheit manifestiert sich als Polarität.
Die Polaritäten sind Aktivität und Immanenz (siva) und Passivität und Transzendenz (sakti).
Erst wenn beide Polaritäten mit einander verbunden sind wird die letzte Wirklichkeit erfahren.
In der hinduistischen Ikonographie, wird dies oft durch die Göttin Kali dargestellt, die auf Siva, der passiv wie eine Leiche liegt, tanzt.Sivah saktivihinah savah- Siva ohne Sakti ist eine Leiche.
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Dies ist eine Fortführung der Samkkhya- Philosophie, in der auch das Geist-Prinzip (purusa) passiv und unbeweglich ist, während praktri, die Urnatur, das dynamische Prinzip ist.
Tantra, das die Vereinigung der Polaritäten nicht nur symbolisch auffasst und das sexuelle Vereinigungsritual (maithuna) praktiziert ist äußerst selten und wird nur von der kleinen tantischen Sekte der Shakti-Anhänger praktiziert. Aber auch hier werden nur geistig reife Adepten ausgewählt und keine Trieb- oder Tier- Menschen (paschus) genommen. Denn es heisst die sexuelle Energie zu kanalisieren und zu transformieren....sie zu nutzen und nicht zu verschwenden...