Es gibt kein "richtig" oder "perfekt"
Vegetarismus oder vegane Ernährung ist ein Schritt.
Für den einen Menschen ist es ein kleiner Schritt hin zu weiterreichender Konsequenz, für andere ist es ein großer und schwieriger Schritt.
Wichtig ist doch, dass sich überhaupt bewegt wird.
Seit dem ich vierzehn bin habe ich kein Fleisch mehr gegessen.
Irgendwann habe ich mal ne Woche keine tierischen Produkte gegessen, dann wurde der Milch- und Eierkosum immer weniger und dann habe ich zwei oder zweieinhalb Jahre vegan gegessen.
Mit der Wanderschaft habe ich jedoch wieder angefangen vegetarisch zu essen.
Es gibt viele, verdammt viele Aspekte wenn es um die Ernährung geht oder um die Kosequenz.
Ich kann mich erinnern, als ich angefangen habe vegetarisch zu essen und dann wieder als ich vegan gegessen habe musste ich lernen entsprechend einzukaufen, zu kochen, zu denken. Während ich anfangs noch ersetzt habe, habe ich dies mit Erfahrung und Übung später ablegen können. Eine Pizza muss z.B. nicht mit Käse überbacken sein. Klar gibt es leckere Alternativen (Hefeschmelz und ähnlichzes) aber frische Tomaten und Rucola brauchen nicht mal Parmesan.
Ich habe nichts gegen Ersatzprodukte und fleischlose "Würstchen".
Doch es braucht keinen Schnitzelersatz um satt zu werden.
Die Autos sind auch nicht plötzlich unbedenklich nur weil wir "Bio"treibstoff tanken
Hierfür finde ich den "Zwischen-"Schritt vegetarisch eine gute Übung.
Der Schritt zu einer vegetarischen Ernährung wird ja (hoffentlich) bewusst gegangen, dieses Bewusstsein wächst und so kommen immer mehr Aspekte hinzu. Erst ist es das Töten von Tieren, dann die Haltung zur Herstellung von vegetarischen Produkten, und so geht es weiter.
Ich selbst bin diese Entwicklung gegangen und habe gelernt, dass sehr unterschiedliche Qualität der Entscheidung für eine vegetarische/ veganer Ernährung gibt.
Der eine Weg ist zu verzichten, zu verhindern, Fleisch NICHT essen zu wollen - also eine negative Qualität.
Der andere Weg ist Gemüse und Obst essen zu wollen, möglichst arbeitsschrittarme Nahrung zu sich zu nehmen - also eine positive Qualität.
Ich bin froh, das nicht ein Buch oder Video über die Zustände von Tierhaltung, kein Fleischer-Schock-Videos der Grund GEGEN eine tierische, sondern die Entscheidung FÜR eine vegetarische/vegane Ernährung war. In Diskussionen enfahre ich, dass die Energie eine andere ist. Dogmen, Verzicht, Verbote helfen meiner Meinung nach gar nicht um eine positive Zukunftsvorstellung zu gestalten.
So halte ich auch nichts davon einen Menschen für seine Ernährung zu verurteilen. Ich habe noch keine fleischessende Menschen erreichen können indem ich Ihr/ihm/es Fakten um die Ohren geschlagen habe, sondern indem ich meine Ernährung vorgelebt habe.
Die zwei - zweieinhalb Jahre habe ich undogmatisch vegan gegessen. Es gab immer wieder die Situationen in denen Menschen mit meiner vegangen Ernährung überfordert waren. Oder es wäre unhöflich gewesen den Kuchen nicht zu probieren. Soll man das Essen dann wegwerfen? In diesen Situationen habe ich den Unterschied der Qualität der Entscheidung am stärksten wahrgenommen. Ich konnte auch mit einem guten Gewissen die Sahnetorte probieren und mich trotzdem vegan nennen.
Die Frage ob eine vegetarische Ernährung Tierhaltung und -ausbeutung eigentlich toleriert, würde ich gerne mit einer Gegenfrage zurückgeben und jetzt wird es wieder heikel: Was wäre die Alternative?
Also wirklich ganz utopisch gefragt, wie sieht die "vegane Weltrevolution aus"?
Gehört habe ich schon Zwangskastration, Massentötung und Freilassen.
Die ersten beiden Möglichkeiten widersprechen meinem Verstädnis von Vegan.
Jahrhundertlang ge-/verzüchtete Tiere nun in eine von uns zerstörten Umwelt aussetzen und die "natürliche Selektion" machen lassen? Haben wir nicht mit dem selektierenden Eingriff Verantwortung für diese Tiere übernommen? Wollen wir wirklich getrennt von der Tierwelt leben?
Kommt es vielleicht doch auf die Art der Tierhaltung an?
Alleine schon um Umgang mit Tieren zu haben um ihre Wesen kennen und verstehen zu lernen - Kann das nicht jeder bestätigen, der regelmäßigen Umgang mit Tieren hat?
Leben bedeutet Leiden zu verursachen. Auf das Maß kommt es an.
Und Konsequenz bedeutet nicht bei der Ernährung zu bleiben.
Doch was ist mit Wolle, mit Leder, mit Fell? Mir gefallen die Alternativen aus Plastik noch weniger.
Oder Baumwolle voller Pestiziden aus Kinderhänden?
Habe ich überhaupt Antworten gegeben, oder nur mehr Fragen aufgeworfen?
Meiner Meinung nach geht es nicht darum "perfekt" zu sein, das geht nicht, sondern bewusst zu handeln.
Und bewusst können unterschiedliche Wege gewählt werden.
Mein Bruder meinte mal zu mir - erst wurde verstanden, dass farbige Menschen dieselben Rechte haben. Dann, dass Frauen dies ebenso haben. Homosexuelle auch, Tieren wird es vielleicht auch irgendwann zugestanden.
Beware your footsteps
Freiheit86
p.s. Kann mir jemand ein Beispiel für ein vegetarisch lebendes Tier in der Natur geben? Gibt es in der Natur überhaupt "vegetarisch" oder nur Pflanzenfresser, Fleischfresser und Allesfresser?