Liebe Eva,
ich bin sonst eher ein stiller Beobachter, und suche mir sehr genau aus, worauf ich meine wertvollen Resourcen wie Zeit und Energie verwende.
Dies ist einer der wenigen Fälle, in denen mein System wirklich in Resonanz geht und sich aktiv beteiligen möchte.
Danke für deine Offenheit und Ehrlichkeit, die mich und so viele andere hier ganz offensichtlich tief bewegt haben.
Es gibt ja bereits viele wunderbare Beiträge und Ideen. Ich werde also versuchen, so wenig redundant wie möglich zu sein, auch wenn es sich vermutlich stellenweise nicht ganz vermeiden lassen wird.
Du schilderst uns hier eine sehr komplexe Situation, in der viele Themenkomplexe verwoben sind. Die hängen natürlich alle irgendwie zusammen, aber trotzdem entsteht vielleicht schon etwas mehr Klarheit und Entwirrung, wenn man sie so gut wie möglich als Einzelthemen benennt und betrachtet.
Auch wenn du deine Situation mit einer wunderbaren Eloquenz und Leichtigkeit beschrieben hast, bleiben natürlich im Detail noch viele Fragen offen.
Beides zusammen macht es im Prinzip unmöglich, das alles in einem einzigen Text vollständig zu beantworten.
Aber ich werde mein möglichstes tun, um zumindest auf die Punkte einzugehen, die mir am wichtigsten erscheinen bzw. mich in deinem Text am meisten beschäftigen - und anfangen werde ich mit den Punkten, die direkt in Bezug zu dir stehen, nicht zu deinem Freund oder eurer Beziehung.
Dazu möchte ich noch vorausschicken: Alle meine Beobachtungen und Anregungen beruhen logischer- und notwendigerweise auf dem Filter meiner eigenen Erfahrungen, und sind deswegen natürlich völlig subjektiv.
Ich lade dich somit herzlich ein, dir einfach diejenigen Impulse herauszupicken, die für dich Relevanz haben und stimmig erscheinen, und die anderen einfach getrost beiseite zu legen.
Und erlaube dir idealerweise, selbst diejenigen nochmal zu hinterfragen, die du dabei im ersten Anlauf hilfreich findest. Ein unreflektiertes Übernehmen fremder Meinungen und Ideen führt oft nur wieder zu weiteren Verstrickungen, wenn sie nicht wirklich im Einklang mit unserer inneren Wahrheit und Weisheit sind.
Lass uns gleich mal mit einer Herausforderung beginnen:
Egal, was deine nächsten Schritte sind, du wirst Geduld brauchen - also genau das, was einem Feuerzeichen oft nicht so nahe liegt...
Eine Situation, die über einen so langen Zeitraum gewachsen und entstanden ist, lässt sich einfach nicht über Nacht mit einem magischen Geheimtrick auflösen.
Hab also Verständnis und Mitgefühl mit dir selber, und versuche dich möglichst wenig unter noch mehr Druck und Stress zu setzen, als du es sowieso schon bist.
Sei wohlwollend und verzeihend mit dir selber. Das macht vieles ein kleines Stückchen einfacher.
Du befindest dich in einer sehr spannenden und interessanten Phase deines Lebens, ich würde fast sagen, eine Art Pubertätsphase des Bewusstseins.
Genau wie die körperliche Pubertät ist das eine Phase der Veränderung und des Umbruchs, in der Vieles unklar und verwirrend erscheint, und man irgendwo zwischendrin ist.
Und darauf solltest du absolut stolz sein - denn leider ist das eine Phase, die sehr viele Menschen in unserer Gesellschaft überhaupt nie beginnen oder erreichen.
Soviel des Chaos in unserer Welt wurzelt in kleinem, verletztem, kindlichem Bewusstsein. Der Schritt in Richtung Reifung, Wachstum, Heilung (und somit eben in gewisser Weise des "Erwachsenwerdens") des Bewusstseins ist ein großer Schritt, der oft viel Mut und Kraft erfordert - die viele aus unterschiedlichsten Gründen nicht aufbringen oder als wichtig erachten.
Du hast dich aufgemacht und befindest dich nun auf dieser Reise - die vielleicht lohnendste Reise, die wir überhaupt unternehmen können, auch wenn der Weg viele unerwartete Kurven und Wendungen und Hochs und Tiefs nehmen mag.
Aber das wichtigste dabei ist: die Richtung stimmt!
Im Titel deines Beitrag fragst du: wo ist das Mojo hin?
Ich habe den Eindruck, dass vielleicht die Frage schon garnicht ganz korrekt gestellt ist.
Das was du als Mojo bezeichnest, würde man im Tantra Shakti nennen - Energie. Die fundamentale Kraft und Energie des Lebens, die sich auf Millionen verschiedener Arten in der gesamten Schöpfung ausdrückt.
Wenn sich diese Kraft äußert, erleben wir das oft mit Faszination, Begeisterung, Staunen und Bewunderung. Es ist die Kraft, die alles motiviert und in Bewegung bringt und hält.
Ein gutes Beispiel dafür ist zum Beispiel, wenn man ein ganzes Forum in Bewegung versetzt und jede Menge wildfremder Menschen erreicht, sie wirklich berührt und mit einer Leichtigkeit und Mühelosigkeit dazu motiviert, sich selbst in eine Diskussion einzubringen...
Ich behaupte also mal, du hast jede Menge Mojo, und jeder, der sich hier angesprochen fühlt, nimmt das wahr.
Die Frage könnte also z.B. viel eher sein, warum drückt sich dein Mojo im Moment nicht auch in Form deiner Sexualität aus, sondern sucht sich offenbar andere Wege und Kanäle?
Eine mögliche Antwort, die Tantra darauf geben könnte, wären die Polaritätenpaare Yin und Yang, Shakti und Shiva, "weiblich" und "männlich". Warum in Anführungszeichen? Weil es dabei eben überhaupt garnicht nicht um Männer und Frauen oder sonstige Geschlechtszuordnungen geht, wie das oft missverstanden wird.
Es geht um bestimmte Qualitäten innerhalb dieser Polaritätenpaare, die sich in jedem von uns äußern, völlig unabhängig vom Geschlecht. Alle dieser Qualitäten sind als Möglichkeit in jedem von uns vorhanden, und äußern sich einfach in unterschiedlichsten Zusammensetzungen und Größenordnungen, was jeden von uns so einzigartig macht. Und sie sind wandelbar, veränderbar, und keinesfalls in Stein gemeißelt - sonst wäre jede Entwicklung völlig unmöglich.
In diesem Verständnis stehen sich nun also "Shakti" und "Shiva" gegenüber, einander ergänzend und bedingend. Dem "weiblichen" Prinzip, Shakti, ist jedwede Äußerung von Energie zugeordnet, dem "männlichen" Prinzip Shiva jede Äußerung von Bewusstsein.
Bewusstsein ohne Energie ist völlig kraftlos, bewegungslos, in gewisser Weise also völliger ewiger Stillstand.
Energie ohne Bewusstsein hat absolut keine Richtung und ist somit völliges Chaos bis hin zur Destruktion.
Erst im (möglichst harmonischen) Miteinander der beiden entsteht Bewegung, Schöpfung, Leben.
In diesem Weltbild ist eine der Aufgaben des Bewusstseins, einen sicheren Raum zu erschaffen und zu halten, in dem sich die Energie in all ihrer unbändigen Kraft, Schönheit und Wildheit zeigen und entfalten kann.
Wenn es diesen sicheren Raum nicht gibt, wird sich die Energie dort entweder überhaupt nicht entfalten - oder auf eine chaotische, zerstörerische Art und Weise.
Und damit sind wir nun auch wieder bei dir und deinem Mojo.
Ganz offensichtlich gibt es im Moment in deinem Leben keinen derartigen Raum, in dem sich deine Energie auch sicher, frei und lebendig in Form deiner Sexualität ausdrücken und entfalten könnte - und sucht sich deswegen andere kreative Kanäle und Ventile, wie dem Schreiben. Es steckt soviel Feuer, Leidenschaft und Mojo in deinem Beitrag - die können sich nämlich in allen Aspekten unseres Lebens äußern, nicht nur in der Sexualität.
Anscheinend hast du diesen sicheren Raum mit deinem ersten Freund erlebt und ausgelebt - ohne zu wissen oder zu verstehen, warum es so eine intensive Begegnung war, und dass das eben leider oft nicht der Regelfall ist.
Somit hast du einerseits großes Glück gehabt, das in dieser Form erleben zu dürfen, gleichzeitig aber auch Pech, nachdem sich diese Situation bei dir dann quasi als zu erwartender Standard eingebrannt hat.
Und das ist das schlimme mit Erwartungen, in den allermeisten Fällen führen die fast zwangsläufig zu Enttäuschungen.
Und Enttäuschungen können dann irgendwann bis zur Verzweiflung führen, aus der heraus wir dann immer noch verrücktere Dinge machen in der Hoffnung, so unsere Erwartungen vielleicht doch noch erfüllen zu können.
Wie z.B. das völlige Überschreiten unserer eigentlich guten und gesunden Grenzen, an die uns unser Körper als einer unserer besten Freunde ständig versucht zu erinnern - wenn wir doch nur zuhören würden.
So entsteht nur eine sich immer schneller drehende Negativspirale aus Druck und Erwartungen.
So hast du also viele Jahre verbracht auf der Suche nach diesem Idealbild, das du kennengelernt, aber auch wieder vorloren hast - und dabei vermutlich regelmäßig die Signale und Grenzen deines Körpers überschritten, wenn deine Yoni z.B. kein grünes Licht gibt. Stark vereinfacht ausgedrückt lässt du damit deinem Körper, oder genauer gesagt deinem Nervensystem, nur eine sehr begrenzte Möglichkeit an Reaktionen (die berühmten "fight flight or freeze", Kampf, Flucht oder Starre). Je öfter das stattfindet, desto mehr verhärten sich die entsprechenden Reiz-Reaktions-Muster - bis hin zum entstehen von Traumata in Situationen, die dein System als besonders gravierend erlebt.
Wenn du also schnell überreizt oder taub bist, wie du schreibst, dann ist das ganz und gar kein Mist, der da in deinem Körper abgeht. Es ist die Aktivierung eines Schutzsystems deines Nervensystems, das sich anders nicht mehr zu helfen weiß. Oder nochmal anders ausgedrückt: Es ist die Weisheit deines Körpers, die wieder und wieder versucht, mit dir in Kontakt zu treten und dir den Weg zu weisen. Denn unser Körper ist einer unserer weisesten, besten und liebevollsten Freunde, die wir in unserem ganzen Leben haben können. Aber wie jede andere gute Freundschaft auch, muss diese Beziehung gepflegt werden.
Auf der emotionalen Ebene schlagen z.B. Scham oder Verletzungen in die gleiche Kerbe, wie du es z.B. beim Einnehmen deiner Opferrolle beschreibst.
Verletzungen, Angst, Scham und alle ihre "Freunde" machen uns innerlich immer klein, eng und unfähig.
Manchmal kann eine Reaktion nach außen hin dann trotzdem groß und stark oder sogar gewaltsam daherkommen - aber letzten Endes immer nur zum Kompensieren des Gefühls des inneren Klein- und Kraftlos-seins.
Genau das ist dir dann auch passiert, als du aus Portugal zurückgekommen bist und letzten Endes nur auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen bist.
Anstatt neugierig zu erforschen, was vielleicht an neuen Möglichkeiten dadurch entstehen könnte, wurdest du in deine Schranken gewiesen und musstest dich wieder klein machen und das leuchtende Licht der Lebendigkeit wieder herunterdimmen auf ein Maß, mit dem dein Umfeld umgehen konnte.
Noch mehr Wunden, noch mehr Verletzungen, noch mehr Zweifel.
Wie soll dein Körper da bitte positiv darauf reagieren?
Was könnten hier konkrete Schritte zur Erleichterung sein?
Es gibt z.B. wunderbare Somatic Experiencing Therapeuten, die im Prinzip genau mit dieser Körperweisheit und Traumastrukturen im System arbeiten.
Ein anderer möglicher Ansatz könnte "Körperentpanzerung", das Dearmouring sein. Das gibt es sowohl für den gesamten Körper als auch als "internes" Dearmouring, dass dann auch an Strukturen und Blockaden an und innerhalb der Yoni arbeitet.
Ähnliche Ansätze findest du auch bei Methoden des Sexological Bodyworks, z.B. das Yoni-Mapping, wo es ebenfalls um das Finden und Auflösen solcher Blockaden geht, die im Gewebe abgespeichert sind und somit die (Lebens)-Energie (oder eben das Mojo) am freien Fließen hindern.
Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten wie z.B. "normale" Tantramassagen bzw. tantrische Körperarbeit, die ich mir in diesem Fall eventuell eher als ergänzende Unterstützung vorstellen kann, da sie bisweilen wenig trauma-sensitiv ausgerichtet sind. (Ja liebe Tantramassierenden, steinigt mich jetzt.)
Ein Gedanke, den ich persönlich sehr hilfreich und unterstützend finde, und der auch sehr gut zu dem Sex passt, dem du zustimmst, obwohl dein Körper bzw. deine Yoni (noch) nicht dafür bereit ist:
"Dein Ja ist immer nur so stark wie dein Nein."
Wenn wir uns kein Nein erlauben, wird unser Ja mehr und mehr kraft- und wertlos.
Und ein "Vielleicht" ist im Grunde genommen eigentlich auch immer ein Nein.
Alles, was kein klares und lautes und deutliches Ja ist, ist ein Nein.
Und wo es kein Nein geben kann oder darf, gibt es auch kein echtes Ja mehr.
Und besonders wenn es um Sexualität geht, finde ich auch diesen Gedanken noch sehr ermächtigend:
Ja, es ist deine Verantwortung - aber nein, es ist nicht deine Schuld!
Die Frage nach Schuld ist in so einem Kontext immer kontraproduktiv und verhindert, den Blick auf Lösungen zu richten.
Und wenn man wirklich einen "Schuldigen" braucht, ist es am ehesten unsere Kultur oder Gesellschaft.
Weil es bei uns absolut keine gesunde, hilfreiche, erwachsene Form der Unterweisung oder gar Kultivierung der Sexualität gibt.
Wir werden damit in den meisten Fällen doch völlig alleine gelassen - vor allem dann, wenn wir es am Nötigsten bräuchten, als Jugendliche oder junge Erwachsene.
Wir "lernen" dann so ein bisschen wie die Steinzeitmenschen, wahlloses Ausprobieren oder Nachahmen. Manches funktioniert dann eben halbwegs, und vieles andere eben garnicht.
Und wer zufällig einen Feuerstein findet uns dann sogar noch rausfindet, wie man ihn zum feuermachen benutzt, ist schon der Chef. Der Einäugige ist der König unter den Blinden.
Solange irgendwo draufhauen, bis sich irgendwas rührt.
Wie soll man denn eine gesunde, schöne, lebendige Form der Sexualität lernen, wenn das "Lehrprogramm" aus verschämten, peinlichen Bienchen und Blümchen, Dr. Sommer und Pornos besteht?
Da soll sich einer wundern, wenn man dann später als Erwachsener jede Menge Therapie, Tantra und/oder andere Möglichkeiten braucht, um den ganzen kindischen Murks wieder zu ver-lernen und stattdessen einen (emotional und bewusst) erwachsenen Umgang mit Sexualität lernen zu können.
Das ist die Tragödie, da liegt die "Schuld".
Ein anderer Punkt, an dem ich beim Lesen hängen geblieben bin, ist der Wunsch nach gesehen und verstanden werden.
Ein zutiefst menschlicher Wunsch, der die meisten von uns verbindet. Und doch scheitern wir so oft daran - entweder, weil wir so sehr mit uns selbst und unserem Wunsch nach gesehen-werden beschäftigt sind, dass wir darüber vergessen, die anderen wirklich zu sehen. Oder auch, weil wir zwar gesehen werden wollen - und uns dann doch oft garnicht wirklich zeigen und sichtbar machen.
Du hast im Zusammenhang mit deinem Exfreund geschrieben, "Authentizität ist sexy". Genau darum geht es!
Wenn wir uns wirklich sichtbar machen, also authentisch sind, wird das vermutlich einigen oder sogar vielen Menschen nicht gefallen. Aber die richtigen Menschen werden das absolut sexy und anziehend finden.
Und da kommen wir nochmal zurück zur Frage, warum sich dein Mojo gerade nicht so sehr auf der sexuellen Ebene äußert.
Lebst du denn im Moment tatsächlich deine Wahrheit, deine Authentizität? Es klingt nämlich so, als hättest du in Portugal genau das gemacht.
Und daheim dann wieder damit aufgehört. Dafür hattest du gute, nachvollziehbare Gründe - aber trotzdem ändert das nicht die Situation.
Wenn du also Authentizität sexy findest, und dir gleichzeitig aber auch klar ist, dass du eigentlich momentan deine innere Wahrheit nicht wirklich zum Ausdruck bringen oder leben kannst - findest du dich dann selber sexy damit?
Und wenn du dich selber nicht sexy findest - wie soll sich denn dann deine Energie so ausdrücken?
Das ist im Prinzip der erste Punkt, wo es auch teilweise Überschneidungen bzw. Berührungspunkte mit deiner derzeitigen Beziehung gibt.
Sich wahrhaftig zu zeigen, macht einen nämlich zunächst einmal sehr verletzlich und angreifbar - bis man irgendwann wirklich sehr in seiner Authentizität verankert ist.
Aber zunächst einmal braucht es entweder Mut und einen gewissen Vertrauenvorschuß in der Hoffnung, auf Akzeptanz zu treffen. So wie du es hier gemacht hast. In einem neuen Umfeld ist das oft deutlich einfacher.
Aber in einem bestehenden Umfeld oder System bedarf das viel mehr einer Offenheit und Akzeptanz des Gegenübers, oder zumindest unseren Glauben daran, dass diese möglich und wahrscheinlich sind.
Je weniger wir auf Akzeptanz und Offenheit hoffen dürfen, desto schwerer wird es, uns wirklich zu öffnen und zu zeigen.
Je öfter wir mit unserer Wahrheit abgelehnt oder zurückgewiesen werden, je öfter wir also in diesem Moment der Verletzlichkeit nicht wohlwollend unterstützt, sondern eben verletzt werden, desto schwerer wird ein weiterer Versuch sich zu öffnen.
Und hier scheint es bei euch festgefahren zu sein. Eure Gespräche eskalieren, es scheint an guter Kommunikation und Streitkultur zu fehlen.
Hier haben ja einige andere schon wunderbare Vorschläge gemacht, wo ihr da vielleicht ansetzen könntet.
Es ist übrigens relativ normal, dass Partner kaum verstehen können, was evtl. in einem Tantraseminar vor sich geht, solange sie das selber nicht erlebt haben und somit einfach keinen Referenzrahmen oder Anhaltspunkt haben.
Da vermischen sich alle mögliche Vorstellungen rund um Themen wie Sexualität, Körperlichkeit, Berührung, Nähe, Zärtlichkeit, Sinnlichkeit, Verbundenheit. Für die meisten Menschen ohne Tantra- (oder ähnliche) Erfahrungen ist es schlichtweg nicht vorstellbar, dass diese Themen entkoppelt werden können und auch losgelöst von einem Beziehungsrahmen erforscht werden können, ohne die Beziehung zu schwächen oder gar zu zerstören. Hier gilt das ähnliche wie im Kapitel "Schuld" im Kontext mit dem Erlernen von Sexualität. Es gibt einfach kaum positive Vorbilder oder Beispiele in unserem normalen kulturellen Rahmen. Sowas darf einfach nicht existieren. Und wenn dann jemand sagt: "tut es aber doch", wanken da ganze Weltbilder und drohen in sich zusammenzustürzen. Was nicht sein kann, darf nicht sein.
Hier führt meiner Meinung nach der einzige nachhaltige Weg tatsächlich nur über die eigenen Erfahrungen des Partners in ähnlichen Seminaren oder Workshops. Ob man solche Erfahrungen dann zunächst gemeinsam oder separat sammelt, ist Geschmackssache.
Ansonsten wurden ja auch schon viele andere gute Vorschläge gemacht, wie z.B. das Nachdenken über ein (temporäres) Öffnen der Beziehung, um zumindest mal den größten Druck und Stress rauszunehmen.
Eine andere Idee, die ich noch nicht hier gesehen habe, wäre z.B. sich mal gemeinsam das "Wheel of Consent" anzuschauen. Hierbei geht es nicht nur darum, wer in einer Begegnung oder Aktion aktiv bzw. passiv ist, sondern vor allem auch um die spannende Frage, für wen von beiden das gerade stattfindet. Das kann ein wunderbares gemeinsames Experimentierfeld sein, um sich spielerisch dem Thema "Grenzen wahrnehmen und wahren" anzunähern und zu erleben, was alles durch klare Absprachen und Konsens möglich werden kann.
Dann könntet ihr natürlich auch einfach mal gemeinsam Elemente der tantrischen Körperarbeit ausprobieren - ohne sie notwendigerweise so nennen zu müssen.
Also zum Beispiel ein ganz langsames, behutsames, achtsames, liebevolles Erforschen deines Körpers und seiner Reaktionen jenseits von sexuellen Absichten - um wieder so einen sicheren Raum entstehen zu lassen, von dem ich am Anfang gesprochen habe, in dem dein Körper Aufatmen, Entspannen und wieder Aufblühen darf, ohne Druck, irgendetwas zu müssen. Da ist natürlich die Frage, ob sich dein Freund dann so sehr zurück nehmen kann in seinen Bedürfnissen, und einfach etwas nur für dich machen kann. Aber da kann eben das Wheel of Consent sehr helfen.
Und der letzte Punkt, der mir noch in den Sinn kommt, als sehr schnelle und konkrete Möglichkeit, wieder im Körper anzukommen, diesen zu beleben und zu energetisieren, und ggf. auch schnell Spannung, Druck und Stress rauszulassen: Schütteln!
Ein paar Minuten lang den Körper zu schütteln kann manchmal wahre Wunder vollbringen.
Falls du das nicht kennst und mehr darüber lesen möchtest, kannst du z.B. mal nach "Shaking Meditation" oder auch "Osho Kundalini Meditation" schauen.
Jetzt geht es mir ähnlich wie dir - auch dieser Text ist etwas länger geraten als ursprünglich gedacht oder geplant.
Ich hoffe und wünsche Dir auf jeden Fall alles erdenklich Gute auf deinem weiteren Weg - und auch wenn es sich im Moment vielleicht nicht so anfühlt, du machst das großartig!
ich bin sonst eher ein stiller Beobachter, und suche mir sehr genau aus, worauf ich meine wertvollen Resourcen wie Zeit und Energie verwende.
Dies ist einer der wenigen Fälle, in denen mein System wirklich in Resonanz geht und sich aktiv beteiligen möchte.
Danke für deine Offenheit und Ehrlichkeit, die mich und so viele andere hier ganz offensichtlich tief bewegt haben.
Es gibt ja bereits viele wunderbare Beiträge und Ideen. Ich werde also versuchen, so wenig redundant wie möglich zu sein, auch wenn es sich vermutlich stellenweise nicht ganz vermeiden lassen wird.
Du schilderst uns hier eine sehr komplexe Situation, in der viele Themenkomplexe verwoben sind. Die hängen natürlich alle irgendwie zusammen, aber trotzdem entsteht vielleicht schon etwas mehr Klarheit und Entwirrung, wenn man sie so gut wie möglich als Einzelthemen benennt und betrachtet.
Auch wenn du deine Situation mit einer wunderbaren Eloquenz und Leichtigkeit beschrieben hast, bleiben natürlich im Detail noch viele Fragen offen.
Beides zusammen macht es im Prinzip unmöglich, das alles in einem einzigen Text vollständig zu beantworten.
Aber ich werde mein möglichstes tun, um zumindest auf die Punkte einzugehen, die mir am wichtigsten erscheinen bzw. mich in deinem Text am meisten beschäftigen - und anfangen werde ich mit den Punkten, die direkt in Bezug zu dir stehen, nicht zu deinem Freund oder eurer Beziehung.
Dazu möchte ich noch vorausschicken: Alle meine Beobachtungen und Anregungen beruhen logischer- und notwendigerweise auf dem Filter meiner eigenen Erfahrungen, und sind deswegen natürlich völlig subjektiv.
Ich lade dich somit herzlich ein, dir einfach diejenigen Impulse herauszupicken, die für dich Relevanz haben und stimmig erscheinen, und die anderen einfach getrost beiseite zu legen.
Und erlaube dir idealerweise, selbst diejenigen nochmal zu hinterfragen, die du dabei im ersten Anlauf hilfreich findest. Ein unreflektiertes Übernehmen fremder Meinungen und Ideen führt oft nur wieder zu weiteren Verstrickungen, wenn sie nicht wirklich im Einklang mit unserer inneren Wahrheit und Weisheit sind.
Lass uns gleich mal mit einer Herausforderung beginnen:
Egal, was deine nächsten Schritte sind, du wirst Geduld brauchen - also genau das, was einem Feuerzeichen oft nicht so nahe liegt...
Eine Situation, die über einen so langen Zeitraum gewachsen und entstanden ist, lässt sich einfach nicht über Nacht mit einem magischen Geheimtrick auflösen.
Hab also Verständnis und Mitgefühl mit dir selber, und versuche dich möglichst wenig unter noch mehr Druck und Stress zu setzen, als du es sowieso schon bist.
Sei wohlwollend und verzeihend mit dir selber. Das macht vieles ein kleines Stückchen einfacher.
Du befindest dich in einer sehr spannenden und interessanten Phase deines Lebens, ich würde fast sagen, eine Art Pubertätsphase des Bewusstseins.
Genau wie die körperliche Pubertät ist das eine Phase der Veränderung und des Umbruchs, in der Vieles unklar und verwirrend erscheint, und man irgendwo zwischendrin ist.
Und darauf solltest du absolut stolz sein - denn leider ist das eine Phase, die sehr viele Menschen in unserer Gesellschaft überhaupt nie beginnen oder erreichen.
Soviel des Chaos in unserer Welt wurzelt in kleinem, verletztem, kindlichem Bewusstsein. Der Schritt in Richtung Reifung, Wachstum, Heilung (und somit eben in gewisser Weise des "Erwachsenwerdens") des Bewusstseins ist ein großer Schritt, der oft viel Mut und Kraft erfordert - die viele aus unterschiedlichsten Gründen nicht aufbringen oder als wichtig erachten.
Du hast dich aufgemacht und befindest dich nun auf dieser Reise - die vielleicht lohnendste Reise, die wir überhaupt unternehmen können, auch wenn der Weg viele unerwartete Kurven und Wendungen und Hochs und Tiefs nehmen mag.
Aber das wichtigste dabei ist: die Richtung stimmt!
Im Titel deines Beitrag fragst du: wo ist das Mojo hin?
Ich habe den Eindruck, dass vielleicht die Frage schon garnicht ganz korrekt gestellt ist.
Das was du als Mojo bezeichnest, würde man im Tantra Shakti nennen - Energie. Die fundamentale Kraft und Energie des Lebens, die sich auf Millionen verschiedener Arten in der gesamten Schöpfung ausdrückt.
Wenn sich diese Kraft äußert, erleben wir das oft mit Faszination, Begeisterung, Staunen und Bewunderung. Es ist die Kraft, die alles motiviert und in Bewegung bringt und hält.
Ein gutes Beispiel dafür ist zum Beispiel, wenn man ein ganzes Forum in Bewegung versetzt und jede Menge wildfremder Menschen erreicht, sie wirklich berührt und mit einer Leichtigkeit und Mühelosigkeit dazu motiviert, sich selbst in eine Diskussion einzubringen...
Ich behaupte also mal, du hast jede Menge Mojo, und jeder, der sich hier angesprochen fühlt, nimmt das wahr.
Die Frage könnte also z.B. viel eher sein, warum drückt sich dein Mojo im Moment nicht auch in Form deiner Sexualität aus, sondern sucht sich offenbar andere Wege und Kanäle?
Eine mögliche Antwort, die Tantra darauf geben könnte, wären die Polaritätenpaare Yin und Yang, Shakti und Shiva, "weiblich" und "männlich". Warum in Anführungszeichen? Weil es dabei eben überhaupt garnicht nicht um Männer und Frauen oder sonstige Geschlechtszuordnungen geht, wie das oft missverstanden wird.
Es geht um bestimmte Qualitäten innerhalb dieser Polaritätenpaare, die sich in jedem von uns äußern, völlig unabhängig vom Geschlecht. Alle dieser Qualitäten sind als Möglichkeit in jedem von uns vorhanden, und äußern sich einfach in unterschiedlichsten Zusammensetzungen und Größenordnungen, was jeden von uns so einzigartig macht. Und sie sind wandelbar, veränderbar, und keinesfalls in Stein gemeißelt - sonst wäre jede Entwicklung völlig unmöglich.
In diesem Verständnis stehen sich nun also "Shakti" und "Shiva" gegenüber, einander ergänzend und bedingend. Dem "weiblichen" Prinzip, Shakti, ist jedwede Äußerung von Energie zugeordnet, dem "männlichen" Prinzip Shiva jede Äußerung von Bewusstsein.
Bewusstsein ohne Energie ist völlig kraftlos, bewegungslos, in gewisser Weise also völliger ewiger Stillstand.
Energie ohne Bewusstsein hat absolut keine Richtung und ist somit völliges Chaos bis hin zur Destruktion.
Erst im (möglichst harmonischen) Miteinander der beiden entsteht Bewegung, Schöpfung, Leben.
In diesem Weltbild ist eine der Aufgaben des Bewusstseins, einen sicheren Raum zu erschaffen und zu halten, in dem sich die Energie in all ihrer unbändigen Kraft, Schönheit und Wildheit zeigen und entfalten kann.
Wenn es diesen sicheren Raum nicht gibt, wird sich die Energie dort entweder überhaupt nicht entfalten - oder auf eine chaotische, zerstörerische Art und Weise.
Und damit sind wir nun auch wieder bei dir und deinem Mojo.
Ganz offensichtlich gibt es im Moment in deinem Leben keinen derartigen Raum, in dem sich deine Energie auch sicher, frei und lebendig in Form deiner Sexualität ausdrücken und entfalten könnte - und sucht sich deswegen andere kreative Kanäle und Ventile, wie dem Schreiben. Es steckt soviel Feuer, Leidenschaft und Mojo in deinem Beitrag - die können sich nämlich in allen Aspekten unseres Lebens äußern, nicht nur in der Sexualität.
Anscheinend hast du diesen sicheren Raum mit deinem ersten Freund erlebt und ausgelebt - ohne zu wissen oder zu verstehen, warum es so eine intensive Begegnung war, und dass das eben leider oft nicht der Regelfall ist.
Somit hast du einerseits großes Glück gehabt, das in dieser Form erleben zu dürfen, gleichzeitig aber auch Pech, nachdem sich diese Situation bei dir dann quasi als zu erwartender Standard eingebrannt hat.
Und das ist das schlimme mit Erwartungen, in den allermeisten Fällen führen die fast zwangsläufig zu Enttäuschungen.
Und Enttäuschungen können dann irgendwann bis zur Verzweiflung führen, aus der heraus wir dann immer noch verrücktere Dinge machen in der Hoffnung, so unsere Erwartungen vielleicht doch noch erfüllen zu können.
Wie z.B. das völlige Überschreiten unserer eigentlich guten und gesunden Grenzen, an die uns unser Körper als einer unserer besten Freunde ständig versucht zu erinnern - wenn wir doch nur zuhören würden.
So entsteht nur eine sich immer schneller drehende Negativspirale aus Druck und Erwartungen.
So hast du also viele Jahre verbracht auf der Suche nach diesem Idealbild, das du kennengelernt, aber auch wieder vorloren hast - und dabei vermutlich regelmäßig die Signale und Grenzen deines Körpers überschritten, wenn deine Yoni z.B. kein grünes Licht gibt. Stark vereinfacht ausgedrückt lässt du damit deinem Körper, oder genauer gesagt deinem Nervensystem, nur eine sehr begrenzte Möglichkeit an Reaktionen (die berühmten "fight flight or freeze", Kampf, Flucht oder Starre). Je öfter das stattfindet, desto mehr verhärten sich die entsprechenden Reiz-Reaktions-Muster - bis hin zum entstehen von Traumata in Situationen, die dein System als besonders gravierend erlebt.
Wenn du also schnell überreizt oder taub bist, wie du schreibst, dann ist das ganz und gar kein Mist, der da in deinem Körper abgeht. Es ist die Aktivierung eines Schutzsystems deines Nervensystems, das sich anders nicht mehr zu helfen weiß. Oder nochmal anders ausgedrückt: Es ist die Weisheit deines Körpers, die wieder und wieder versucht, mit dir in Kontakt zu treten und dir den Weg zu weisen. Denn unser Körper ist einer unserer weisesten, besten und liebevollsten Freunde, die wir in unserem ganzen Leben haben können. Aber wie jede andere gute Freundschaft auch, muss diese Beziehung gepflegt werden.
Auf der emotionalen Ebene schlagen z.B. Scham oder Verletzungen in die gleiche Kerbe, wie du es z.B. beim Einnehmen deiner Opferrolle beschreibst.
Verletzungen, Angst, Scham und alle ihre "Freunde" machen uns innerlich immer klein, eng und unfähig.
Manchmal kann eine Reaktion nach außen hin dann trotzdem groß und stark oder sogar gewaltsam daherkommen - aber letzten Endes immer nur zum Kompensieren des Gefühls des inneren Klein- und Kraftlos-seins.
Genau das ist dir dann auch passiert, als du aus Portugal zurückgekommen bist und letzten Endes nur auf Unverständnis und Ablehnung gestoßen bist.
Anstatt neugierig zu erforschen, was vielleicht an neuen Möglichkeiten dadurch entstehen könnte, wurdest du in deine Schranken gewiesen und musstest dich wieder klein machen und das leuchtende Licht der Lebendigkeit wieder herunterdimmen auf ein Maß, mit dem dein Umfeld umgehen konnte.
Noch mehr Wunden, noch mehr Verletzungen, noch mehr Zweifel.
Wie soll dein Körper da bitte positiv darauf reagieren?
Was könnten hier konkrete Schritte zur Erleichterung sein?
Es gibt z.B. wunderbare Somatic Experiencing Therapeuten, die im Prinzip genau mit dieser Körperweisheit und Traumastrukturen im System arbeiten.
Ein anderer möglicher Ansatz könnte "Körperentpanzerung", das Dearmouring sein. Das gibt es sowohl für den gesamten Körper als auch als "internes" Dearmouring, dass dann auch an Strukturen und Blockaden an und innerhalb der Yoni arbeitet.
Ähnliche Ansätze findest du auch bei Methoden des Sexological Bodyworks, z.B. das Yoni-Mapping, wo es ebenfalls um das Finden und Auflösen solcher Blockaden geht, die im Gewebe abgespeichert sind und somit die (Lebens)-Energie (oder eben das Mojo) am freien Fließen hindern.
Es gibt natürlich auch andere Möglichkeiten wie z.B. "normale" Tantramassagen bzw. tantrische Körperarbeit, die ich mir in diesem Fall eventuell eher als ergänzende Unterstützung vorstellen kann, da sie bisweilen wenig trauma-sensitiv ausgerichtet sind. (Ja liebe Tantramassierenden, steinigt mich jetzt.)
Ein Gedanke, den ich persönlich sehr hilfreich und unterstützend finde, und der auch sehr gut zu dem Sex passt, dem du zustimmst, obwohl dein Körper bzw. deine Yoni (noch) nicht dafür bereit ist:
"Dein Ja ist immer nur so stark wie dein Nein."
Wenn wir uns kein Nein erlauben, wird unser Ja mehr und mehr kraft- und wertlos.
Und ein "Vielleicht" ist im Grunde genommen eigentlich auch immer ein Nein.
Alles, was kein klares und lautes und deutliches Ja ist, ist ein Nein.
Und wo es kein Nein geben kann oder darf, gibt es auch kein echtes Ja mehr.
Und besonders wenn es um Sexualität geht, finde ich auch diesen Gedanken noch sehr ermächtigend:
Ja, es ist deine Verantwortung - aber nein, es ist nicht deine Schuld!
Die Frage nach Schuld ist in so einem Kontext immer kontraproduktiv und verhindert, den Blick auf Lösungen zu richten.
Und wenn man wirklich einen "Schuldigen" braucht, ist es am ehesten unsere Kultur oder Gesellschaft.
Weil es bei uns absolut keine gesunde, hilfreiche, erwachsene Form der Unterweisung oder gar Kultivierung der Sexualität gibt.
Wir werden damit in den meisten Fällen doch völlig alleine gelassen - vor allem dann, wenn wir es am Nötigsten bräuchten, als Jugendliche oder junge Erwachsene.
Wir "lernen" dann so ein bisschen wie die Steinzeitmenschen, wahlloses Ausprobieren oder Nachahmen. Manches funktioniert dann eben halbwegs, und vieles andere eben garnicht.
Und wer zufällig einen Feuerstein findet uns dann sogar noch rausfindet, wie man ihn zum feuermachen benutzt, ist schon der Chef. Der Einäugige ist der König unter den Blinden.
Solange irgendwo draufhauen, bis sich irgendwas rührt.
Wie soll man denn eine gesunde, schöne, lebendige Form der Sexualität lernen, wenn das "Lehrprogramm" aus verschämten, peinlichen Bienchen und Blümchen, Dr. Sommer und Pornos besteht?
Da soll sich einer wundern, wenn man dann später als Erwachsener jede Menge Therapie, Tantra und/oder andere Möglichkeiten braucht, um den ganzen kindischen Murks wieder zu ver-lernen und stattdessen einen (emotional und bewusst) erwachsenen Umgang mit Sexualität lernen zu können.
Das ist die Tragödie, da liegt die "Schuld".
Ein anderer Punkt, an dem ich beim Lesen hängen geblieben bin, ist der Wunsch nach gesehen und verstanden werden.
Ein zutiefst menschlicher Wunsch, der die meisten von uns verbindet. Und doch scheitern wir so oft daran - entweder, weil wir so sehr mit uns selbst und unserem Wunsch nach gesehen-werden beschäftigt sind, dass wir darüber vergessen, die anderen wirklich zu sehen. Oder auch, weil wir zwar gesehen werden wollen - und uns dann doch oft garnicht wirklich zeigen und sichtbar machen.
Du hast im Zusammenhang mit deinem Exfreund geschrieben, "Authentizität ist sexy". Genau darum geht es!
Wenn wir uns wirklich sichtbar machen, also authentisch sind, wird das vermutlich einigen oder sogar vielen Menschen nicht gefallen. Aber die richtigen Menschen werden das absolut sexy und anziehend finden.
Und da kommen wir nochmal zurück zur Frage, warum sich dein Mojo gerade nicht so sehr auf der sexuellen Ebene äußert.
Lebst du denn im Moment tatsächlich deine Wahrheit, deine Authentizität? Es klingt nämlich so, als hättest du in Portugal genau das gemacht.
Und daheim dann wieder damit aufgehört. Dafür hattest du gute, nachvollziehbare Gründe - aber trotzdem ändert das nicht die Situation.
Wenn du also Authentizität sexy findest, und dir gleichzeitig aber auch klar ist, dass du eigentlich momentan deine innere Wahrheit nicht wirklich zum Ausdruck bringen oder leben kannst - findest du dich dann selber sexy damit?
Und wenn du dich selber nicht sexy findest - wie soll sich denn dann deine Energie so ausdrücken?
Das ist im Prinzip der erste Punkt, wo es auch teilweise Überschneidungen bzw. Berührungspunkte mit deiner derzeitigen Beziehung gibt.
Sich wahrhaftig zu zeigen, macht einen nämlich zunächst einmal sehr verletzlich und angreifbar - bis man irgendwann wirklich sehr in seiner Authentizität verankert ist.
Aber zunächst einmal braucht es entweder Mut und einen gewissen Vertrauenvorschuß in der Hoffnung, auf Akzeptanz zu treffen. So wie du es hier gemacht hast. In einem neuen Umfeld ist das oft deutlich einfacher.
Aber in einem bestehenden Umfeld oder System bedarf das viel mehr einer Offenheit und Akzeptanz des Gegenübers, oder zumindest unseren Glauben daran, dass diese möglich und wahrscheinlich sind.
Je weniger wir auf Akzeptanz und Offenheit hoffen dürfen, desto schwerer wird es, uns wirklich zu öffnen und zu zeigen.
Je öfter wir mit unserer Wahrheit abgelehnt oder zurückgewiesen werden, je öfter wir also in diesem Moment der Verletzlichkeit nicht wohlwollend unterstützt, sondern eben verletzt werden, desto schwerer wird ein weiterer Versuch sich zu öffnen.
Und hier scheint es bei euch festgefahren zu sein. Eure Gespräche eskalieren, es scheint an guter Kommunikation und Streitkultur zu fehlen.
Hier haben ja einige andere schon wunderbare Vorschläge gemacht, wo ihr da vielleicht ansetzen könntet.
Es ist übrigens relativ normal, dass Partner kaum verstehen können, was evtl. in einem Tantraseminar vor sich geht, solange sie das selber nicht erlebt haben und somit einfach keinen Referenzrahmen oder Anhaltspunkt haben.
Da vermischen sich alle mögliche Vorstellungen rund um Themen wie Sexualität, Körperlichkeit, Berührung, Nähe, Zärtlichkeit, Sinnlichkeit, Verbundenheit. Für die meisten Menschen ohne Tantra- (oder ähnliche) Erfahrungen ist es schlichtweg nicht vorstellbar, dass diese Themen entkoppelt werden können und auch losgelöst von einem Beziehungsrahmen erforscht werden können, ohne die Beziehung zu schwächen oder gar zu zerstören. Hier gilt das ähnliche wie im Kapitel "Schuld" im Kontext mit dem Erlernen von Sexualität. Es gibt einfach kaum positive Vorbilder oder Beispiele in unserem normalen kulturellen Rahmen. Sowas darf einfach nicht existieren. Und wenn dann jemand sagt: "tut es aber doch", wanken da ganze Weltbilder und drohen in sich zusammenzustürzen. Was nicht sein kann, darf nicht sein.
Hier führt meiner Meinung nach der einzige nachhaltige Weg tatsächlich nur über die eigenen Erfahrungen des Partners in ähnlichen Seminaren oder Workshops. Ob man solche Erfahrungen dann zunächst gemeinsam oder separat sammelt, ist Geschmackssache.
Ansonsten wurden ja auch schon viele andere gute Vorschläge gemacht, wie z.B. das Nachdenken über ein (temporäres) Öffnen der Beziehung, um zumindest mal den größten Druck und Stress rauszunehmen.
Eine andere Idee, die ich noch nicht hier gesehen habe, wäre z.B. sich mal gemeinsam das "Wheel of Consent" anzuschauen. Hierbei geht es nicht nur darum, wer in einer Begegnung oder Aktion aktiv bzw. passiv ist, sondern vor allem auch um die spannende Frage, für wen von beiden das gerade stattfindet. Das kann ein wunderbares gemeinsames Experimentierfeld sein, um sich spielerisch dem Thema "Grenzen wahrnehmen und wahren" anzunähern und zu erleben, was alles durch klare Absprachen und Konsens möglich werden kann.
Dann könntet ihr natürlich auch einfach mal gemeinsam Elemente der tantrischen Körperarbeit ausprobieren - ohne sie notwendigerweise so nennen zu müssen.
Also zum Beispiel ein ganz langsames, behutsames, achtsames, liebevolles Erforschen deines Körpers und seiner Reaktionen jenseits von sexuellen Absichten - um wieder so einen sicheren Raum entstehen zu lassen, von dem ich am Anfang gesprochen habe, in dem dein Körper Aufatmen, Entspannen und wieder Aufblühen darf, ohne Druck, irgendetwas zu müssen. Da ist natürlich die Frage, ob sich dein Freund dann so sehr zurück nehmen kann in seinen Bedürfnissen, und einfach etwas nur für dich machen kann. Aber da kann eben das Wheel of Consent sehr helfen.
Und der letzte Punkt, der mir noch in den Sinn kommt, als sehr schnelle und konkrete Möglichkeit, wieder im Körper anzukommen, diesen zu beleben und zu energetisieren, und ggf. auch schnell Spannung, Druck und Stress rauszulassen: Schütteln!
Ein paar Minuten lang den Körper zu schütteln kann manchmal wahre Wunder vollbringen.
Falls du das nicht kennst und mehr darüber lesen möchtest, kannst du z.B. mal nach "Shaking Meditation" oder auch "Osho Kundalini Meditation" schauen.
Jetzt geht es mir ähnlich wie dir - auch dieser Text ist etwas länger geraten als ursprünglich gedacht oder geplant.
Ich hoffe und wünsche Dir auf jeden Fall alles erdenklich Gute auf deinem weiteren Weg - und auch wenn es sich im Moment vielleicht nicht so anfühlt, du machst das großartig!