Ne, so einfach ist das nicht. Mir genügen schöne Geschichten nicht, wenn sie als faktisch deklariert daherkommen, aber bei näherer Untersuchung sich als Behauptungen entpuppen. Ich halte das für unlauter.
Daniel Odier behauptet, über eine tantrische Tradition zu verfügen, die höchst ungewöhnliche Mittel zur Verfügung hat und einsetzt, wie sie in keiner einzigen tantrischen Quelle erwähnt werden.
Mit dieser Behauptung bietet er nicht bloss Seminare an, sondern er hat damit die Verantwortung am spirituellen Wachstumspfad anderer Menschen. Durch die vagen Andeutungen und die Absenz einer überprüfbaren Linie verunmöglicht er es jedoch jedem spirituell Suchenden, irgendetwas über die Authentizität seiner angeblichen Linie herauszufinden.
Damit wiederum kann niemand, der seine Praktiken ausführt, wirklich wissen, ob sie bloss lustig sind oder zu tatsächlicher Realisation im Sinne des ursprünglichen Tantra führen. Zu behaupten, man sei in Indien gewesen und hätte dort auch solches Zeugs gesehen, das macht dir Sache nicht etwa besser, sondern noch schlechter.
Also bitte genaue Angaben: Wer war der Lehrer, was war die Übertragungslinie, welches waren die Praktiken, bis auf welche Weise sind sie wirksam in Bezug auf die Ziele tantrischer Praxis?
Es kann nicht angehen, dass sich Personen mit vagen Anspielungen an einen indischen Mystizismus irgendeine Authentizität zu geben versuchen, weil sich das halt immer noch halbwegs gut verkauft.
Wenn wer in Nordindien war, und dort tatsächlich kaschmirische Massage gelernt haben soll - was ich noch immer höchst fragwürdig finde - dann bitte mit präzisen Angaben bei wem, wann, wo. Und mit Erklärung, wie sowas nachhaltige psychische Veränderungen nach sich zieht.
Wie gesagt, was hier auf dem Spiel steht ist der Ruf einer 1000 Jahre alten Tradition. Der letzte große Meister dieser Tradition war Swami Lakshman Joo, und mit ihm ist die Tradition mehr oder weniger gestorben. Naive erlebnishungrige Westler anzuziehen mit hedonistischen Versprechen ist deshalb nicht ethisch, weil diese Praktiken im ursprünglichen Kontext nicht mehr und nicht weniger als die vollständige Befreiung von leidhaften Zuständen zum Ziel haben. Und entweder, jemand versteht den Pfad dorthin, weil er ihn zumindest ein gutes Stück realisiert hat, oder eben nicht.