@Julietta
Ich bin selbst noch sehr frisch im Tantra und habe mir sicher auch dazu vorher Gedanken gemacht. Ich bin vielleicht etwas offener da ran gegangen, weil ich grundsätzlich sexuell aufgeschlossen, halbwegs selbstbewußt und jahrelanger Saunagänger bin. Daher habe ich mir erstmal über Nacktheit und Körper nicht so viele Gedanken gemacht. Aber sicherlich dachte ich mir auch ... "mhh, wie soll ich eine Person anfassen, die ich nicht sympathisch finde?". Ich hätte jetzt vermutet, dass ich wohl von X Personen maximal 20% "nett" finden würde. Das war dann schon meine Angst, wie da getauscht wird.
Nach dem ersten Seminar über drei Tage kann ich Dir aber sagen: Es ist relativ unbegründet.
Ja, es gibt Menschen, die möchtest Du nicht anfassen, bzw intim werden. Aber das musst Du auch nicht. Du kannst jederzeit so weit gehen, wie Du selbst willst. Ein "nein" ist ein nein.
Aber: Ich würde mich nicht wundern, wenn Du dann beim realen Erleben der ganzen Sache Deine Einstellung, Dein Gefühl und Deine Ängste veränderst bzw ablegst. Es ist ja nun nicht so, dass Du da mit 20 Leuten in einen Raum geworfen wirst und nach einer Stunde alle Schnidelwutz mit Anfassen spielen. Also bei meinem Seminar wurde (was ja nun meines Wissens nach Tantra-typisch ist) sehr viel Wert auf Offenheit, Sicherheit und Wohlfühlen gelegt. Da nähert man sich eben auf geistiger Ebene, teilt Erfahrungen, macht unverfängliche Übungen und Meditation und eigentlich total "harmlose" Dinge zusammen, die aber unfassbar schnell eine Gruppendynamik und einen Zusammenhalt bringen. Du bist in einem sicheren Raum (und das meine ich jetzt nicht physisch) mit einer hohen sozialen Qualität. Ich hatte selten das Gefühl, so schnell "Freunde" kennen zu lernen. Aus den vermutet 20% der sympathischen Menschen vor Beginnn des Seminars wurden dann Stunde für Stunde mehr und ich würde es final auf 80% einstufen. Du blickst im Laufe des Seminars in Augen in Herzen und in Schicksale. Das verbindet und das gibt der Sympathie die Chance, sich aus Kleinigkeiten ganz tief drinnen zu bilden. Du legst den ersten äußeren Eindruck ab und siehst immer mehr den Menschen und sein Inneres. Es würde mich nicht wundern, wenn Du nach einer Weile einem Dir anfangs unsympathischen Menschen kuschelnd auf dem Sofa sitzt, den Kopf streichelst und Dich an seinem Grinsen im Gesicht erfreust. Klingt komisch, ist aber so. Es passiert in den Ritualen und Übungen etwas, was der gemeinen Gesellschaft oftmals völlig abhanden gekommen ist und vom schnellen Konsum überrollt wurde.
Genau so geht es dann möglicherweise auch weiter, wenn es dann Zug um Zug bei den Massagen unter die Gürtellinie geht. Es würde mich nicht wundern, wenn Dir nach einer Weile völlig egal ist, wer Dich anfasst, weil Du zu quasi allen in Deiner Gruppe eine Ebene aufgebaut hast, die das erlaubt.
Ich hatte ein ähnliches Erlebnis bei einer Kuschelparty in Köln, die ich aus Neugier besucht habe, weil ich das total abgefahren fand. Ich bin nun nicht jemand, der Männer für körperliche Nähe unbedingt bevorzugt. Ich habe keine Phobie, aber ich provoziere es auch nicht. Und so ergab sich beim Kuschelabend auch Stück für Stück ein Gruppenkuscheln, wo man einfach fragen konnte, ob man sich dazugesellen kann. Manche blieben zu zweit, manche lagen zu fünft ineinander. Ich habe eine ganze Weile mit zwei Mädels gelegen und mich wohl gefühlt und dann gesellte sich noch ein Mann dazu und noch einer und das ganze verknotete sich etwas. Diese sanfte Hand in meinen Haaren, die ich die ganze Zeit so genossen hatte ... die Berührung am Arm, die sich gut anfühlte ... tja ... das war ein Mann
Seitdem bin ich ein bißchen offener geworden und mache schneller meinen Kopf aus und nehme das was ich fühle und nicht das, was ich denke und interpretiere nach Regeln und Erfahrungen der Vergangenheit. Wie gesagt, das hat nix mit Tantra zu tun, aber mit Veränderungen und Erlebnissen, die einem ganz zwanglos Ängste und Prägungen nehmen können.
Ich kann Dir nur raten, Tantra einfach mal zu versuchen. Immer mit dem Hintergrund, dass Du jederzeit den Mund aufmachen kannst, oder Dich auch mal zurückziehst. Aber gib den Veranstaltern und Lehrer auch das Vertrauen, ihren Job zu machen. Du bist nicht allein mit diesen Gedanken, das haben viele. Und genau damit wird gearbeitet und damit kommst Du für Dich vorwärts. Du wirst mit hoher Wahrscheinlichkeit viel über Dich und andere Lernen und keinen Schaden nehmen.