Es ist eine Entwicklung mit (wenigstens) zwei Seiten.
Richtig ist: Man muss das Grauen unserer diktatorischen Vergangenheit in Erinnerung rufen, damit es sich nicht durch passives Geschehenlassen wiederholt. Und das geht besonders gut, wenn Emotionen damit verbunden sind.
Richtig ist aber auch, dass man gerade deswegen nicht wegschauen darf, wenn sich an anderen Orten Vergleichbares entwickelt. Man darf auch dann nicht wegschauen, wenn man dann in die Antisemitismus-Ecke gestellt wird. Menschen sind nämlich nicht dann automatisch unschuldig, wenn sie einen israelischen Pass besitzen oder jüdischen Glaubens sind (und genausowenig, wenn sie einen deutschen Pass besitzen und christlichen Glaubens sind).
Aber solche Grausamkeiten und himmelschreienden Ungerechtigkeiten betreffen ja nicht nur Nah-Ost. Oder darf man etwa wegschauen, wenn vom sicheren Arbeitsplatz in Washington D.C. oder von den US-Basen in Ramstein Bombendrohnen zu Anschlägen in Pakistan und Afghanistan geschickt werden, die mit fast tödlicher Sicherheit auch immer Unschuldige treffen? Und das auf den reinen Verdacht hin, da könnte sich jemand Böses aufhalten.
Alle, die gegen die Menschenrechte verstoßen, starten Propagandasendungen, um zu begründen, dass das "notwendig" sei. Das haben die Nazis auch gemacht.
Man komme mir aber bitte nicht mit dem Argument "Aber die Nazis haben ja viel mehr Menschen umgebracht". Wieviele Millionen sind in Hiroshima und Nagasaki an den direkten und späteren Folgen der Atombombenabwürfe umgekommen? Wieviele Zig-tausende sind in Vietnam an den Spätfolgen der amerikanischen Giftangriffe (Agent Orange) umgekommen? Wieviele indigene Völker sind alleine auf dem heutigen Staatsgebiet der USA ausgerottet worden?
Es wäre ehrlicher, wenn neben den Eva-Stories gleichzeitig auch die Ali-Stories der Palestinenser abgespielt würden, oder Stories von den brasilianischen Indios, oder von Volksgruppen in Zentralasien.
Nein, ich verteidige keineswegs die Terror-Anschläge, nicht von den Palestinensern und nicht von sonstigen Gruppierungen. Unrecht bleibt Unrecht.
Man darf nur nicht das eine Auge schließen, wenn das andere Auge Tränen weinen will.