*******_DA:
Bevor ich zum Joyclub kam, hatte ich zwar von BDSM schon gehört, da ich persönlich aber jegliche Gewalt verabscheue, mich nie damit beschäftigt.
Nun erfuhr ich immer öfter von Frauen, die sich freiwillig erniedrigen, demütigen und züchtigen lassen. Natürlich ist das auch Emanzipation, wenn eine Frau frei entscheiden kann, ob sie sich einem Mann unterwirft oder nicht.
Aber ich habe ein komisches Gefühl dabei. Für mein Gefühl passt das nicht zusammen, dass die Frauen zuerst dafür kämpfen, um nicht mehr dem Mann unterworfen zu sein, um sich nicht mehr schlagen lassen zu müssen und dann, so habe ich das Gefühl, werden es immer mehr Frauen, die genau dies freiwillig zulassen.
Das erscheint mir unlogisch. Die Frauen schlüpfen in die Jahrhunderte lang während Rolle, die sie erst vor kurzer Zeit so mühsam abgeschafft haben.
Aber vielleicht können mir hier Betroffene eine Antwort darauf geben, ob BDSM und die Emanzipation der Frau ein Widerspruch ist oder nicht.
Und wenn es kein Widerspruch ist - warum?
Ich kann nachvollziehen, warum du das unlogisch findest, und ich freue mich, wenn einige der bisherigen Antworten dich dem Verständnis bereits etwas näher gebracht haben.
Auch ich sehe hier den Knackpunkt in der Einvernehmlichkeit und Freiwilligkeit. Emanzipation in diesem Sinn bedeutet für mich, bewusst entscheiden zu können, ob ich jemandem Macht über mich gebe oder nicht – und für wie lange und bis wohin. Hingegen reagiere ich äußerst negativ und mit starker Wut auf alles, was impliziert, dass ich in meiner Eigenschaft als Frau einem Mann irgendwie unterlegen oder gar untergeordnet sei.
Natürlich gibt es Dinge, die ich nicht gut beherrsche oder die mir keinen Spaß machen. Und teilweise sind das tatsächlich Dinge, die als "typisch männlich" gelten. Ich will nicht einmal abstreiten, dass der spezifische Hormoncocktail, dem ich als weibliches Wesen seit meiner Entstehung ausgesetzt war, womöglich dazu beigetragen hat, dass mir diese Dinge keinen Spaß machen. Auch bin ich die letzte, die darauf besteht, das Sagen zu haben, wenn jemand anders kompetenter ist. Und dass Männer im Durchschnitt größer, schwerer und stärker sind als Frauen, ist ein Fakt, auch wenn Einzelfälle durchaus Ausnahmen darstellen können.
Aber wer mir abspricht, etwas leisten zu können – wenn ich denn wollte –, nur weil ich eine Frau bin, auf den werde ich richtiggehend wütend. Denn solange es Frauen gibt, die es können, ist dafür nicht das Geschlecht an sich ausschlaggebend.
Der Begriff "Emanzipation" allerdings ist heutzutage auch für viele Frauen eher negativ belegt. Warum? Vermutlich, weil sie damit ein "Kampfemanzentum" verbinden, mit dem sie sich nicht identifizieren. Weil sie zwar nichts dagegen haben, gleich
berechtigt zu sein, aber nicht gleich
gestellt sein möchten – in dem Sinn, dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen ignoriert werden und Frauen, die eine traditionelle Rollenverteilung vorziehen, vorgeworfen wird, sich nicht aus den Stereotypen ihrer Sozialisierung befreien zu können.
Denn Männer und Frauen sind eben nicht gleich, rein biologisch gesehen. Es ist Fakt, dass die Frau schwanger wird und nicht der Mann. Es ist Fakt, dass die frühe Ernährung des Säuglings von der stillenden Mutter übernommen wird, und um das so handhaben zu wollen, muss man nicht unemanzipiert sein, sondern einfach das Beste für sein Kind wollen, wie es von der Natur vorgesehen ist. Daraus ergeben sich schon einmal Unterschiede, die in der Berufswelt nicht ignoriert werden können, sondern kompensiert werden müssen – und damit mehr oder weniger beträchtliche Auswirkungen haben.
Was die Sexualität betrifft, so lebt diese ja grundsätzlich (zumindest im Fall heterosexueller Konstellationen) von der Polarität der Geschlechter. Insofern ist es nur logisch, wenn die Unterschiede zwischen Mann und Frau stärker berücksichtigt und z. T. auch hochstilisiert werden, um diese Polarität zu stärken. Das kann u. U. auch ein bewusstes Rückbesinnen auf die traditionelle Rollenverteilung beinhalten. Dies ist vermutlich das, was
fesselnd – bzw. die von ihm zitierten Frauen – mit "einfach Frau sein" meinte.
Auch hier ist aber für mein Verständnis von Emanzipation ausschlaggebend, dass dieses Rückbesinnen freiwillig und einvernehmlich erfolgt. (Und zwar für beide Seiten – denn auch ein Mann, der in die Rolle des Versorgers gedrängt wird, darf und muss die Freiheit haben, zu entscheiden, dass er das nicht will!) Auch beinhaltet ein solches Rückbesinnen explizit
nicht, dass eine Frau, die sich dafür entscheidet, sich nun als allen Männern unterlegen/untergeordnet wahrnimmt, sondern lediglich, dass sie innerhalb ihrer eigenen Familie bzw. gegenüber ihrem eigenen Mann eine bestimmte "kümmernde" Rolle einnimmt. Was übrigens mit Unterordnung rein gar nichts zu tun haben muss.
Aber was ist mit Frauen, die rund um die Uhr Sub sind, 24/7 wie es so modern heißt?
Können die noch emanzipiert sein? Darf man da überhaupt noch eigenständige Entscheidungen treffen?
Existiert da überhaupt noch sowas wie Gleichberechtigung, außer im öffentlichen Raum?
Auch die meisten Frauen, die 24/7 Sub sein wollen, beschränken ihre Devotion auf einen einzigen Mann – weil sich die Unterordnung
ihm gegenüber nun mal gut anfühlt. Unemanzipiert wäre es nur, wenn sie grundsätzlich alle Männer ("Herren") als sich übergeordnet betrachten würden. – Es gibt im BDSM übrigens tatsächlich Zirkel, in denen eine solche grundlegende Prädominanz des männlichen Geschlechts gepredigt wird, das ist wahr. Wobei die Frauen, die sich in so einem Weltbild wohlfühlen, wohl wirklich nicht emanzipiert sein wollen.
Kein Mensch kommt devot oder dominant zur Welt, es ist also etwas Erlerntes.
Die Natur des Menschen ist, sich vor Gewalt zu schützen, sich vor Verletzungen zu schützen.
Die Politik wird fast täglich aufgefordert, mehr für die Sicherheit der Menschen zu tun, einfach aus dem Grund, weil die Menschen natürlicherweise Angst vor Gewalt, Verletzungen und Schmerzen haben.
Wo ist also die Ursache dafür zu finden, dass Menschen sich freiwillig gegenseitig verletzen und Schmerzen zufügen?
Und das hier ist für mein Empfinden eine völlig andere Baustelle, nämlich Masochismus. Über die mögliche Entstehung von Masochismus hatten wir ja bereits an anderer Stelle diskutiert – ich sehe ihn gern als "Kanal", vermittels dessen es Menschen möglich wird, erlittene Verletzungen (körperlicher wie seelischer und oft sehr subtiler Art) in einem geschützten Rahmen aufzuarbeiten. Demütigung und Erniedrigung sehe ich dementsprechend als psychische Manifestation von Sadomasochismus. Mit gelebter bzw. fehlender Emanzipation hat das aber für mein Verständnis nicht viel zu tun – allenfalls in dem von
dechainee angesprochenen Aspekt, dass die Emanzipation es dominanten bzw. sadistischen Frauen leichter macht, zu ihrer Neigung zu stehen.