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Was ist ein "Tabu" ?

Was ist ein "Tabu" ?
Hi @ll !

Was mich als Neuling in der Gruppe verblüfft: es wird zwar über mannigfache einzelne Tabus und Tabuthemen sehr viel geschrieben, aber eine Diskussion des Begriffes "Tabu" habe ich nirgendwo gefunden. Das wundert um so mehr, als daß Begriffsdiskussionen sich im JC doch äusserster Beliebtheit erfreuen. Man könnte sich regelrecht fragen, ob der Begriff "Tabu" nicht am Ende selbst ein Tabu ist ? So will ich mich denn sozusagen als Einstand in die Gruppe gleich dazu versteigen, eine solche Begriffsdiskussion mal anzustoßen.

"Tabu ist, wenn man nicht darüber sprechen darf.": das ist in etwa der Alltagsgebrauch des Wortes. In der Sex-Szene hielt sich über Jahrzehnte noch eine spezielle Bedeutung: als "Tabus" werden insbesondere von den swingern Praktiken bezeichnet, die vehement abgelehnt werden und über die man erst gar nicht zu reden braucht, auch nicht reden will.

Es gibt aber auch einen sehr präzisen Begriff des Tabus in der Psychoanalyse, der, soweit ich sehe, von meinem Guru Sigmund Freud geprägt worden ist mit seinem Buch "Totem und Tabu", das 1912/13 von ihm herausgegeben worden war. Es enthält vier längere Aufsätze, die zuvor schon in Freuds psychoanalytischer Zeitschrift "imago" veröffentlicht worden waren und trägt den bezeichnenden Untertitel "Einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker". Die beiden letzten Aufsätze widmen sich der Totemreligion, die beiden ersten dem Tabu, wobei Freud dem Inzesttabu ein besonderes Augenmerk widmet. Ich versuche mich allerdings nicht an einem Referat seines Inhalts - abstracts gibt's zB bei Wiki, sondern erlaube mir, auch über den Text Freuds hinauszugehen.

Ein Tabu ist eine (soziale) Norm ganz eigener Art. Ihr Inhalt ist meist ein Verbot, nur selten ein positives Gebot. Es hat viele Überschneidungen mit der politischen Norm, dem staatlichen Gesetz - ist aber davon unabhängig. Es kann nicht etwa durch einen schlichten Parlamentsbeschluß oder den Erlaß eines Autokraten eingerichtet oder aufgehoben werden. Es kann zwar durch politische und soziale Akte und Bewegungen sowohl die Tabuisierung, wie auch die Enttabuisierung gefördert werden - aber es bleibt ein großer "Rest", der unserer bewußten Gestaltung "irgendwie" entzogen ist.

Der Inzest ist ein schönes Beispiel: entgegen fast allgemeiner Auffassung ist er in der BRD seit mindestens einem halben Jahrhundert nicht mehr strafbar - bis auf den "Beischlaf", wie die vaginale Penetration im bratenröckigen Juristendeutsch noch genannt wird. Alle anderen Praktiken sind legal, soweit sie nicht anderen Strafnormen unterfallen, insbesondere dem Mißbrauch von Kindern oder Abhängigen. Das Inzesttabu wird davon jedoch in keinster Weise berührt.

Das Inzesttabu ist auch ein schönes Beispiel für eine weitere, zentrale Eigenschaft des Tabus, wie sie im "Inzestdrama schlechthin": König Ödiups von Sophokles beschrieben wird: man kann, wenn man das Tabu verletzt, "schuldlos schuldig" werden. Wer das Tabu berührt oder gar verletzt, wird selbst Tabu: zum Aussätzigen, zum Paria. Ödipus wußte ja keineswegs, daß er seinen eigenen Vater erschlagen und seine eigene Mutter "beschlafen" hatte - gleichwohl war er schuldig. Das Tabu ist also eine Norm von archaischer, barbarischer Unerbittlichkeit: es gibt niemals eine Entschuldigung oder gar Rechtfertigung für seine Verletzung. Das ist ein eklatanter Widerspruch zu unserem abendländischen Rechtsempfinden und Gerechtigkeitsgefühl. Schon das römische Recht kannte Notwehr, Nothilfe, Notstand, die Schuldunfähigkeit, die heute noch vor Strafe schützen können. Wer etwa einen Angreifer tötet, um sein eigenes Leben (Notwehr) oder das Leben von anderen (Nothilfe) zu schützen, sich einfach ein fremdes Fahrrad schnappt, um vor einem Angreifer zu fliehen (Notstand) - der handelt nicht rechtswidrig und ein Kind unter 6 Jahren kann nach unserem Rechtsverständnis niemals schuldig werden. Es ist per definitionem "unschuldig". All diese freundlichen, humanen Ausnahmen von der Regel kennt das Tabu nicht. Es gilt absolut und ohne jede Ausnahme.

Das erklärt auch jene merkwürdigen, völlig grundlosen Schuldgefühle von Opfern sexueller Gewalt, gerade von vergewaltigten Frauen, die sich schuldig an der Tat fühlen - sie sind es ja auch im Sinne des allgemeinen Sexualtabus der Heteronormativität, die Sexualität nur unter den Partnern einer emotional geprägten "eheähnlichen" Paarbeziehung vom Tabu ausnimmt. Und auch in der populistischen Forderung der Neonazis nach "Todesstrafe für Kinderschänder" leuchtet das spezialere Sexualtabu der Pädosexualität grell auf: das mißbrauchte Kind wird "geschändet", kommt in "Schande", was man als altdeutsche Bezeichnung für das polynesische Adjektiv "tabu" verstehen kann. Auch "geschändete Frauen" hatten sich bis ins frühe 20. Jahrhundert gefälligst selbst umzubringen, vorzugsweise "ins Wasser zu gehen", um damit die "Schande" von sich selbst und ihrer Familie zu reinigen. Das Tabu wirkt unmittelbar auf seinen Unterworfenen - es schlägt ihn mit drückenden Scham- und Schuldgefühlen, die selbst heute noch Opfer sexueller Gewalt in den Selbstmord treiben, der kein "Freitod" ist, sondern wirklich ein Selbst-Mord, eine Selbst-Hinrichtung, die Vollstreckung der Strafe des Tabus.

Das zeigt eine weitere Wirkung des Tabus: sein Bruch trifft nicht nur den unmittelbaren Tabubrecher, sondern auch seine Familie, seine Angehörigen, Nachbarn, Freunde - seine Gemeinschaft. Schon im antiken Drama wurde die Stadt Theben von der Pest geschlagen, weil ihr König Ödipus furchtbare Tabus gebrochen hatte: Vatermord und Inzest. Erst indem er sich "blendete" und als Bettler in die Fremde ging, an sich selbst die Buße vollzog, wurde die Stadt Theben von der Pest befreit und Ödipus selbst von seiner Schuld. Die Gemeinschaft muß ihr Mitglied, das "tabu" geworden ist, verstoßen, um nicht selbst "tabu" zu werden.

Und erst an allerletzter Stelle steht, daß über das Tabu nicht gesprochen werden darf, ja eigentlich noch nicht einmal nachgedacht werden darf, es sei den in den heftigsten Ausdrücken von Ekel, Abscheu und "Distanzierung". Wir alle merken es schon daran, wie schwer doch "talking about sex" selbst im 21. Jahrhundert ist.
Das allgemeine Tabu der Sexualität ist zurückgewichen in den letzten Jahrzehnten - Gottseidank. Aber ganz verschwunden ist es nicht, ist in gewissen Teilen der Gesellschaft immer noch sehr mächtig. "Wer eines anderen Weib anschaut in Begehrlichkeit, der hat schon gesündigt in seinem Herzen!" (Jesus Christus - der Erlöser) Das glauben immer noch sehr, sehr viele - das Beziehungs-Unterforum des allgemeinen Forums spricht eine beredte Sprache: selbst bis in den JC reicht dieses Sexualtabu noch hinein.

Das ist also meine Antwort auf die Frage: "Was ist ein Tabu?"

Und wie sieht Eure Antwort aus ?

LG
Niki
****low Frau
8.452 Beiträge
Vielleicht bin ich da ein bisschen überempfindlich, doch mir wäre es lieber gewesen, wenn Du Inzest nicht als schönes sondern lediglich als ein gutes Beispiel beschrieben hättest.

Ging es Dir jetzt um das tatsächliche Thema Tabu oder um den Inzest ?
*********uivre Paar
3.560 Beiträge
Gute Threat-Idee des TE *top*
Weniger schön, dass sofort das Wording statt des Themas angegangen wird *flop*
****low Frau
8.452 Beiträge
*roll*
@ Manilow

Es ist immer schmeichelhaft, wenn man sich selbst zitieren kann:

Und erst an allerletzter Stelle steht, daß über das Tabu nicht gesprochen werden darf, ja eigentlich noch nicht einmal nachgedacht werden darf, es sei den in den heftigsten Ausdrücken von Ekel, Abscheu und "Distanzierung".

Insofern glaube ich, daß Du unfreiwillig ein Beispiel für die Wirkungen des Tabus geliefert hast - ob ein schönes oder ein gutes Beispiel, sei mal dahingestellt.

Das Inzesttabu, insbesondere der Inzest Mutter-Sohn, gilt wohl als das härteste Sexualtabu in unser Gesellschaft. Nicht umsonst hat sich Freud dieses Themas ganz intensiv gewidmet - der "Ödipus-Komplex" steht im Zentrum der psychoanalytischen Entwicklungstheorie und in "Totem und Tabu" ist der erste der vier Aufsätze "Die Inzestscheu" überschrieben.

Ich hoffe sehr, daß Du mir ebensowenig gram bist, wie ich Dir !

LG
Niki
*****har Paar
41.021 Beiträge
JOY-Team Gruppen-Mod 
Mit "schönes Beispiel" ist in diesem Fall nichts anderes gemeint als "gutes bzw. treffendes Beispiel". Ist eben eine Redewendung, die wir alle kennen: "Ein schönes Beispiel dafür ist ...". Also Schwamm drüber. *g*

In anderen und ausnahmslos sehr alten Threads wurde der Begriff "Tabu" bereits diskutiert. Hier also auf ein Neues und ganz aktuell. Ich bin gespannt.

Für mich ist ein Tabu ein Thema, über das man angeblich nicht reden darf oder eine Handlung, die man tunlichst unterlassen sollte. Was unsere Gruppe hier betrifft, geht es vor allem um Themen, die ansonsten hier bei uns im JOYclub weitgehend tabu waren oder sind bzw. nicht so gern gesehen werden. Es geht also nicht streng nur um direkte Tabus im eigentlichen Sinne.

(Der Antaghar)
china_4_all
****in Mann
8.433 Beiträge
sehe ich auch so ...
Mit "schönes Beispiel" ist in diesem Fall nichts anderes gemeint als "gutes bzw. treffendes Beispiel".

wobei ich die Selbstbezüglichkeit zum Thema "schön" finde - soll heissen - der Umstand dass jemand das Attribut "schön" im Kontext des Mutter-Sohn-Inzests stört, ist schon ein indirekter Hinweis auf die "Kraft" das innewohnenden Tabus.
Wieso brauchen wir einen Thread mit einer eigenen Definition.. *schiefguck*
Wenn ich Details brauche öffne ich das Lexikon oder befrage Google.
Im Großen und Ganzen ist ja ein Tabu etwas, bei dem der Großteil der Gesellschaft aufschreit. Und falls man doch etwas schreibt, das die Mitglieder hier nicht als Tabu definieren, dann wird man meistens auch darauf hingewiesen. Ganz einfach..
china_4_all
****in Mann
8.433 Beiträge
du meinst also ...
Wieso brauchen wir einen Thread mit einer eigenen Definition.. *schiefguck*

so ein Thread wäre eigentlich tabu *scnr *floet*
Wie schon gesagt: über "Tabu" darf nicht gesprochen, auch nicht nachgedacht werden, weil damit das Tabu bereits verletzt wird.

Weil es aber auch bei den Tabuverletzungen Abstufungen gibt, schätze ich mich glücklich, mir jetzt nicht, wie König Ödipus die Augen ausstechen oder wie eine geschändete Frau im 19. Jahrhundert ins Wasser gehen zu müssen (da war ich heute Nachmittag schon 2x) - sondern nur noch: in die Heia !

Gute Nacht allerseits !
***ie Frau
7.315 Beiträge
****iri:
Wieso brauchen wir einen Thread mit einer eigenen Definition..

Frei nach Ikea - Brauchen? Nee. Aber wie hatten Bock drauf *smile*
*******enig Mann
8.382 Beiträge
schönes Thema,
meine Antwort: Tabus sind für'n Arsch. Ich werde mir von niemandem vorschreiben lassen, über was ich reden darf oder nicht. Das soll nicht heißen, dass ich auf Tabus keine Rücksicht nehmen würde. Schließlich wird mir nachgesagt, ich sei ein höflicher Mensch.

ABER: ich werde auch weiterhin sagen, dass der Genozid an den Armeniern in den Jahren 1915/16 ein Genozid, also ein Völkermord war und ich finde es ausreichend dämlich von der türkischen offiziellen Seite, diese ausreichend bewiesene und dokumentierte Tatsache immer wieder in Abrede zu stellen. Ich finde es auch ausreichend dämlich von offizieller Saudi-arabischer Seite, dass sie der Welt immer wieder einreden wollen, eine Frau sei nur die Hälfte von einem Mann wert. Zumindest ihr Wort vor Gericht. Und ich werde auch weiterhin sagen, dass Erwachsene, die miteinander Sex haben wollen, dieses bitte auch dann dürfen sollen, wenn sie Verwandte in 1. Linie sind. Wenn sich jemand vor mir aufbaut und mir einzureden versucht, ich dürfe dieses und jenes ab sofort nicht mehr sagen, weil ER / SIE das als Tabu erachtet, können wir uns entweder getrennte Räume suchen, oder für den Fall, er / sie bleibt in meinem Raum und insistiert, bekommt er / sie eben ein freundliches "Fick dich selbst" zu hören. Und wenn es nur meiner Lust am Widerstand geschuldet ist...
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