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Neue Liebe, neue Treue?

*******om58:
Deshalb hat er nicht nur die Freiheit, frei zu lieben, sondern jederzeit seine Meinung frei zu ändern.

Hm, ja, das ist auch in meinen Augen das Geschenk, das uns die Individualisierung macht. Und ich finde auch richtig, dass wir uns selbst treu sein müssen und eigenverantwortlich mit unseren Gefühlen umgehen - auch wenn uns jemand anderes enttäuscht. Das ist der Gewinn, wenn wir uns in der individualisierten Gesellschaft immer mehr auf unsere je eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten konzentrieren und sie entfalten können.

Dennoch: mich beschleicht bei all dem Richtigen doch immer wieder das Gefühl, dass das Pendel vielleicht in der euphorischen Aufbruchsstimmung der individualisierten Persönlichkeit am Ende doch zu weit in die andere Richtung ausschlagen kann. Läuft das dann auf eine doch zu vereinzelte Sicht des damit allein gelassenen Individuums hinaus?

Mal abgesehen davon, dass auch in Zukunft immer wieder Situationen entstehen, in denen man auf die solidarische und verlässliche Hilfe des anderen angewiesen ist: Was ist mit dem Grundbedürfnis nach dem Sozialen, dem Miteinander, dem Aufgehobenfühlen in verlässlichen Beziehungen und Gemeinschaften?

*****s42:
Die Treue ist übrigens gar keine Zusage, sondern äußert sich eher in der Einhaltung getroffener Zusagen und Absprachen, in der diesbezüglichen Verlässlichkeit.
...
Das Wesen der Untreue liegt aber immer im Wortbruch, in der Unaufrichtigkeit, der Lüge - gegenüber sich selbst oder dem Partner.

Das scheint mir ein sehr hilfreicher Gedanke zu sein, um aus dem Dilemma von nicht-einhaltbaren Zusagen zu kommen. Treue, Hinwendung und Verlässlichkeit erweist sich im Tun. Wonach ich dabei entscheide und ob nicht dabei die Liebe oder Zuneigung zu einem bestimmten Menschen eine wichtige Rolle spielt, gehört sicher auch zu unserem Menschsein.

Lieber Tom, dieser von Dir eröffnete Thread wird immer wertvoller!

*top*
Joshi
*****gra Frau
5.043 Beiträge
genau
und was ist wenn ich krank oder alt und hilfsbedürftig bin?
Ich kann mir da der absoluten Lebenstreue meines Mannes sicher sein - und das ist ein ganz großes Geschenk! Umgekehrt leiste ich diese Verbindlichkeit natürlich auch und das gerne und voller Liebe.
Be-Ziehung ist meiner Meinung nach auch ziemlich individuell gestaltbar. Aber wir haben Absprachen und praktizieren Verlässlichkeit. Mit jeder neuen Liebesbeziehung möchte ich das so auch gern abstimmen.
Das hat ja auch ganz viel mit Verantwortung füreinander zu tun.
*****s42 Mann
11.848 Beiträge
Natürlich ändern sich Meinungen, Einstellungen und daraus resultierend dann auch die Voraussetzungen für gegebene Versprechen und getroffene Vereinbarungen.

Und deshalb gehört es zur Treue, auch über diese Veränderungen gemeinsam zu reden. Und ggf. die Vereinbarungen anzupassen oder gar aufzuheben. Nur dann kann ich mir und dem anderen treu bleiben. Treusein bedeutet doch nicht Stillstand - ich kann auch in der Entwicklung treu sein. *ja*

*****gra:
Ich kann mir da der absoluten Lebenstreue meines Mannes sicher sein - und das ist ein ganz großes Geschenk! Umgekehrt leiste ich diese Verbindlichkeit natürlich auch und das gerne und voller Liebe.
Kann man sich da wirklich sicher sein?
Aber natürlich ist das auch eine Form der Treue, die zur Liebe durchaus dazu gehört.
Was aber, wenn die Liebe schwindet? Gibt es eine Garantie für die Liebe?
*****gra Frau
5.043 Beiträge
unsere
Liebe IST

sie ist da da
sie ist stark
sie ist bewährt
wir bewahren sie
wir gestalten sie
wir leben sie
täglich

eine Garantie gibt es nicht, die brauchen wir nicht - aber es gibt auch keinen Grund, sie in Frage zu stellen
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
Themenersteller 
@joshi
…Läuft das dann auf eine doch zu vereinzelte Sicht des damit allein gelassenen Individuums hinaus?

Auch wenn ein Mensch in letzter Konsequenz letztlich alleine verantwortlich ist in der Art, wie er mit einem Phänomen umgeht, muss er dabei nicht zwangsläufig alleine sein.
aus:
Polyamory: Neue Liebe, neue Treue? :
Wenn Du unsicher bist, werde ich bei Dir sein wollen und behutsam Fragen stellen, die Dir helfen sollen, Deinen eigenen Weg zu finden, selbst wenn er Dich von mir weg führt…
Es könnte sein, dass Du Dich irgendwann nicht mehr von mir geliebt, wertgeschätzt sondern verraten, unwert und untreu behandelt fühlst. Dann möchte ich Dir zuhören.


Mal abgesehen davon, dass auch in Zukunft immer wieder Situationen entstehen, in denen man auf die solidarische und verlässliche Hilfe des anderen angewiesen ist: Was ist mit dem Grundbedürfnis nach dem Sozialen, dem Miteinander, dem Aufgehobenfühlen in verlässlichen Beziehungen und Gemeinschaften?

Die müssen wir uns miteinander schaffen. Je friedlicher Individuen in einer Gemeinschaft mit einander umgehen können, umso mehr Aussicht hat sie auf Bestand. Innerer Friede im Einzelnen wirkt befriedend auf eine Gruppe. Je friedlicher wir mit unseren und den Wertvorstellungen Anderer umgehen können, umso eher kann Friede im Außen sein.
Um mit unseren Wertvorstellungen friedlicher in uns umgehen zu können, brauchen wir andere Glaubenssätze. Der gewalttätigste Glaubenssatz ist der an Schuld.


Das scheint mir ein sehr hilfreicher Gedanke zu sein, um aus dem Dilemma von nicht-einhaltbaren Zusagen zu kommen
Warum ist das ein Ausweg? Das und die folgenden Sätze verstehe ich im Zusammenhang mit Deinem Zitat von Sorbas' Zitat nicht, besonders dann nicht, wenn ich eine Zusage abgegeben habe. Gibt es zeitlich nach einem Versprechen einen Treuekonflikt in mir oder zu einer weiteren Person, werde ich möglicherweise dem Partner gegenüber untreu, dem ich die Zusage abgegeben habe, wenn ich nicht dem entsprechend handele; einem anderen Menschen gegenüber kann ich hingegen treu sein.
Da kann ich noch so empathisch verhandeln, von dem Versprechen entbunden zu werden, weil sich etwas geändert hat – je nach Situation und Gegenüber ändert das an dessen Gefühl nichts.
Die Trennung von Versprechen und Handeln, von Untreue (nicht treu Handeln) und dem Wesen der Untreue (Wortbruch) verstehe ich intellektuell, aber die meisten Menschen verbinden, wie Sorbas auch, fest mit einander.
sorbas42:
Das Wesen der Untreue liegt aber immer im Wortbruch...

T*frage*M
*******om58:
Das scheint mir ein sehr hilfreicher Gedanke zu sein, um aus dem Dilemma von nicht-einhaltbaren Zusagen zu kommen
Warum ist das ein Ausweg? Das und die folgenden Sätze verstehe ich im Zusammenhang mit Deinem Zitat von Sorbas' Zitat nicht, besonders dann nicht, wenn ich eine Zusage abgegeben habe.

Es ging mir um den Gedanken von Sorbas, dass das eine ein Treueversprechen und das andere ein treues Handeln ist. Tom, Du hast ein sehr bedenkenswertes Treueversprechen entwickelt. Das bringt jedoch noch immer genau das Zukunftsproblem der Unsicherheit mit sich, dass Du ebenfalls angesprochen hast.

Sorbas weist in meinen Augen richtig daraufhin, dass ich soviel oder was auch immer versprechen kann - da ich die Zukunft nicht kenne, steht mir möglicherweise dann dennoch ein unvermeidbarer Wortbruch bevor.

Betrachte ich aber nicht das Versprechen, sondern das konkrete Handeln oder Verhalten in einer konkreten Situation, dann sehe ich, welche Entscheidungen dann getroffen werden. Treu zu handeln, ist also Sorbas Vorschlag. Nicht einfacher, nicht Garantie-trächtiger, aber ein vielleicht verlässlicherer Maßstab als ein Treueversprechen.

Wie findest Du diesen Gedanken?
Herzlich
Joshi
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
Themenersteller 
Versprechen
Verstanden habe ich: ich kann ein Versprechen abgeben. Wenn ich Versprochenes nicht oder anders tue, weil sich zwischen Versprechen und Handlung eine andere Beurteilung der Treue meines Handelns für mich ergibt, kann ich treu sein, obwohl ich mein Versprechen breche.

Der Rest ist eine Frage der Kommunikation mit einam Partner, und dass es es akzeptiert.

Genau aus diesem Grunde betrachte ich Versprechen über wenige Tage hinaus - besonders zwischen Menschen, die mich noch nicht so gut kennen, mittlerweile als sinnfrei. Zusagen wecken Hoffnungen, dann vlt. nicht erfüllt werden und führen, weil die meisten von uns noch einen tradierten Umgang mit ihren Wertvorstellungen pflegen, zu destruktiven Gefühlen und Unfrieden.

Deshalb gebe ich keine Versprechen mehr von mir, sondern Absichtserklärungen - bleibe relativ unverbindlich im Verbalen, versuche aber umso verbindlicher zu handeln - ohne vorherige Versprechungen.

In Zukunft bin ich lieber unverbindlich in meinen Worten, aber mir treu im Handeln nach dem, was die jeweils aktuelle Situation aus meiner Sicht gebietet. Dazu gehört auch, dass ich nicht einfach so mein Wort breche; ich nicht meiner persönlichen Beliebigkeit das Wort reden - dafür bin ich viel zu sehr "Harmonie- und Pflichtmensch". Das hat mich auf dem polyamoren Weg immer wieder in die Bedrouille gebracht. Die entstandenen Konflikte führten mich zu dem, wo ich mit "Liebe und Treue 3.0" heute stehe.

Tom
*****s42 Mann
11.848 Beiträge
*******om58:
Gibt es zeitlich nach einem Versprechen einen Treuekonflikt in mir oder zu einer weiteren Person, werde ich möglicherweise dem Partner gegenüber untreu, dem ich die Zusage abgegeben habe, wenn ich nicht dem entsprechend handele; einem anderen Menschen gegenüber kann ich hingegen treu sein.
Tom, du siehst das ziemlich schwarz-weiß. *zwinker*

Wenn ich A verspreche, ihr bei einem bestimmten Problem zur Seite zu stehen und B versprochen habe, für sie ebenfalls in bestimmten Situationen hilfreich da zu sein, so kann es unter ungünstigen Umständen auch mal passieren, dass beide Situationen zeitgleich eintreten. So einen Fall meinst du wahrscheinlich.

In deinen Augen müsste ich jetzt einer der beiden untreu werden, weil ich ja mein Wort nicht halten kann.

Ich sehe dagegen darin kein großes Problem, da beide mich ja ebenfalls lieben, meine Liebe zur jeweils anderen kennen und diese zweite Liebe auch (u.a. aus Liebe zu mir) wohlwollend unterstützen (ich beschreibe hier den Idealzustand einer polyamoren Dreierbeziehung - ich weiß *zwinker* ).
Genau dann werden beide Verständnis dafür haben, dass ich auch der anderen Partnerin gegenüber eine Verpflichtung habe und es wird sicher keine Schwierigkeit sein, hier einen für alle akzeptablen Kompromiss zu finden. Denn die Unmöglichkeit eines Menschen, an zwei Punkten zur gleichen Zeit zu sein, gilt weithin als erwiesen *ggg*

Ist man untreu, wenn man bei der objektiven Unmöglichkeit einer zugesagten Verhaltensweise nach einer machbaren Alternative sucht?
*******erli Paar
4.368 Beiträge
Statt Treue sich Ehrlichkeit versprechen, wäre für Jedermann möglich, auch bis weit in die Zukunft hinein.

Ehrlich zusagen, wie die Gefühlslage ist.
Ehrlich zu zugeben z.B. bei Krankheit ... Ich bin überfordert, würde gern helfen, schaff es aber nicht.
Ehrlich über Wünsche und Bedürfnisse äussern.
Ich sehe das ähnlich wie Sorbas. In polyamoren Beziehungen (das heißt: aufeinander bezogen sein) interagieren in der Regel mehr als zwei Personen in der Regel (oder hoffentlich) auf Augenhöhe, die durch Liebe verbunden sind. Da wird sich bestimmt in 9/10 der Fälle eine weniger dramatische Lösung finden lassen, als in dem Beispiel mit den Zügen.

Zudem finde ich es gut, als ein Problem erkanntes Thema von Innen heraus aufzulösen. Nur so kann sich im konkreten Leben und Erleben etwas ändern. Und das hat der TE getan, mein Kompliment.

Ich persönlich finde es allerdings problematisch, wenn verbale und nonverbale Kommunikation auf Dauer nicht übereinstimmen. Und wenn es sich noch so schön liest.

In Zukunft bin ich lieber unverbindlich in meinen Worten, aber mir treu im Handeln

Es gibt für mich auch keinen Grund, nicht das zu sagen, was ich im Miteinander tue bzw. zu tun beabsichtige. Kann ja sein, dass mein Gegenüber ganz und gar nicht begeistert ist von dem, was ich meine tun zu müssen/wollen/sollen.

Da sich in meiner Vorstellungswelt mit veränderten Standpunkten auch die Resonanzen im Außen ändern und uns andere neue Begegnungen "bescheren", kann ich dafür nur viel Erfolg und spannende Erlebnisse wünschen.

*blume*
Falcon
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
Themenersteller 
Treue ist
zusätzlich ein eigener Wert neben der Ehrlichkeit, und den möchte ich auch gar nicht "abschaffen". Es geht mir darum, um die inhaltlichen, verhaltensbezogenen Vorstellungen, die sich mit dem Wort verbinden an eine zuverlässig lebbare Realität anzupassen.

Also z.B. nicht: "Ich werde/will immer bei Dir bleiben, Dich nie verlassen, alles tun, das Du... usw." (Versprechen),

sondern z.B.
• auch über das Ende unseres gemeinsamen Weges hinaus bereit sein zu friedlichen Begegnungen, wenn meine ehemalige Partnerin sie sich wünscht
• in einer gelebten Beziehung beständig offen, konstruktiv und ehrlich in Kommunikation zu bleiben,
• zuverlässig innere Konflikte zu offenbaren
usw., was für beide Beziehungsbeteiligten wichtig ist.

Das würde ich als unversprochenes Handeln leben wollen und meinem Gegenüber bei Gelegenheit zeigen, von welchen Gedanken ich mich bei meinen Wertvorstellungen aktuell leiten lasse. Zu treuer Kommunikation gehört dann, dass ich mitteile, wenn sich etwas ändert. Bestandteil meiner Treue wäre, dass ich Grundlegendes nicht alle zwei Wochen ändere, wie es in meiner aktuellen Interessenlage entspricht.

Einen *herz*lichen Gruß aus der Berliner Sonntagsruhe schickt Euch
T*wink*M
*****e_3 Frau
2.065 Beiträge
Auch wenn der letzte Beitrag vor langer Zeit geschrieben wurde, so ist und bleibt dieses Thema aktuell und die Gedanken dazu, auch.

"Treue" ist doch letztendlich nichts anderes, als Authentizität, oder?
Das Handeln hieraus bedeutet dann:
ICH tue, was ICH tuen möchte und gut finde - im Einklang mit meiner Selbst.

Alles Komplizierte, was hieraus in Verbindungen geschieht, resultiert m.E.n. aus einer gewisse Form der Unehrlichkeit.
Ich schreibe deshalb "aus einer gewissen Form", da selbst die Ehrlichkeit - besser: das Ehrlich-sein - der jeweils subjektiven Wahrnehmung unterliegt.
(Etwas nicht zu erzählen, kann vom Einen als "Verheimlichen" gewertet werden und für den Anderen "einfach eine Nachlässigkeit" sein.)

Daher vermute ich, dass Verbindungen um so besser funktionieren, je näher sich die Partner sind, was die Zielsetzung des Einen in Verbindung zu der, des Anderen betrifft.

Heißt:

Partner, die monoamor leben WOLLEN und Treue = sexuelle Treue definieren, werden sich untreu, wenn der eine Partner mit wem Weiteren körperliche Nähe teilt, welche in diese Richtung geht.

Partner, die polyamor empfinden, können für ihre jeweilige Verbindung das Wort "Treue" definieren und werden somit untreu, wenn sie von dem Definierten abweichen.
ODER, sie definieren NICHT und akzeptieren im Leben ihrer Beziehung(en) die Eigenverantwortung des Einzelnen, was bedeutet, dass einer ganz besonderen Form der Verbundenheit (keine Wertung!) vertraut wird.

Was für jeden Einzelnen authentisch ist und - was dann für die jeweilige Verbindung "passt" - ist allein Sache derer, die sie leben.
*****s42 Mann
11.848 Beiträge
*****e_3:
"Treue" ist doch letztendlich nichts anderes, als Authentizität, oder?
Das Handeln hieraus bedeutet dann:
ICH tue, was ICH tuen möchte und gut finde - im Einklang mit meiner Selbst.
Naja, daraus könnte man auch folgern: Ich will jemanden hintergehen und ihn betrügen - also bin ich treu, wenn ich es auch mache. *oh*

OK, ja, dann ist man auch treu, aber nur sich selbst. Treue wird aber in der Regel in der Beziehung zu anderen Menschen betrachtet - und dann bin ich dem Anderen gegenüber nicht treu.

Und nein, man kann "Treue" nicht einfach irgendwie definieren. Wer soll das dann noch verstehen. Treue heißt "Verlässlichkeit", "Loyalität", "zu seinem Wort stehen".

Damit wird derjenige untreu, der nicht zu seinem Wort steht.
Wenn ich meinem Partner verspräche, ihn und nur ihn bis an mein Lebensende zu lieben und zu ehren und auch sexuell nie mit einem anderen etwas anzufangen (oder ihn in dem Glauben lasse, dass ich das so meine, wenn ich ihm sage: "Ich liebe dich."), dann würde ich in dem Augenblick untreu, in dem ich gegen dieses direkte oder indirekte Versprechen auch nur in einem Punkt verstieße (je nach Auslegung kann das schon ein Kuss sein).

Als polyamorer Mensch werde ich aber so ein Versprechen nie abgeben, weil es vorprogrammiert ist, dass das über so einen langen Zeitraum nur sehr, sehr schwer einzuhalten ist (die Sache mit dem "ewig lieben" kann man eigentlich nicht als Versprechen, sondern bestenfalls als Absichtserklärung äußern). Trotzdem definieren Polys die "Treue" an sich nicht anders als Monos (und diese Definition findet sich auch in allen einschlägigen Lexika so). Der Unterschied liegt eher im Kontext.
Wir sprechen nur keine Dinge, die wir nicht halten können - nur um die Gunst eines anderen Menschen zu gewinnen. *zwinker*
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
Themenersteller 
Treue und Authentizität
Soukie:
"Treue" ist doch letztendlich nichts anderes, als Authentizität, oder?

Wie so oft in zwischenmenschlicher Kommunikation fehlt diesem Satz der präzise Bezug. Unter Treue wird oft die Verlässlichkeit in Bezug auf eine gemeinsame Sache verstanden. Zur Defintion dieser Sache gibt es implizite und explitzite Normen.
Letzlich kann ich (auch mir) nur treu sein, wenn ich Normen und Treueobjekte auch für mich zu 100% anerkannt habe und sich meine Haltung nicht irgendwann ändert.

Denn was nützt ein Treueversprechen, wenn ich irgendwann ankomme und sage, dass ich eine Vereinbarung geändert wissen möchte? Es wird genügend Menschen geben, die schon den Gedanken als Untreue empfinden.

Da wird erkennbar, dass es bei den Beteiligten eines Treueversprechens gemeinsame Haltungen darüber geben sollte, wann etwas als Untreue gilt (Wertekonsens).
Aber Wertehaltungen eines Menschen sind dynamisch, oder?

Treue ist nur in Authentizität möglich, aber nicht jeder authentische Mensch ist treu.
"Authentisch" meint "Echtheit". Wikipedia meint:
"Als authentisch gilt ein solcher Inhalt, wenn beide Aspekte der Wahrnehmung, (meine Anm: nämlich) unmittelbarer Schein und eigentliches Sein, in Übereinstimmung befunden werden."

Auch wenn hier die Differenzierung zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung fehlt wird hier klar, dass auch Lügner, Heuchler, innerlich zerrissene, ambivalente Menschen in ihrem Sein authentisch sein können, sofern das in der Wahrnehmung für andere Menschen erkennbar wird.
Extremfall: wer offen zugibt, dass er intrigiert, trickst, manipuliert, lügt, keine 'Versprechen einhält, egozentrisch, narzistisch ist usw., könnte (zumindest theoretisch) authentisch sein, aber die weinigsten Menschen werden das so empfinden.

Was landläufig unter "Treue" verstanden wird, atmet Verlässlichkeit, Beständigkeit, Berechenbarkeit, Sicherheit. Das "deutsche-Eiche-Ding" eben (Danke, Luvvy). Imho kommt das aus dem Wunsch, Keine Angst haben zu müssen, ohne etwas kontrollieren zu müssen. Dass einfach jemand da ist, den ich verstehe, und auf den ich mich verlassen kann, und von dem ich weiß, wie er im Wesentlichen ist und (am besten immer, wenn es mir gut tut) sein wird. In welchem Maß das Delegation von Selbstverantwortung und (selbst)blinde Angstabwehr ist, ist ein anderes Thema.

Wenn ich hingegen offenbare, dass ich gerade in einer Phase bin, in der sich meine Überzeugungen schnell ändern, und ich kommuniziere das, kann ich mir gut treu sein, aber von einem Partner mit dem Eiche-Treue-Verständnis wird das nicht so empfunden werden können.

Bleibt also die Kernfrage für jeden Einzelnen: wo und wie kann ich treu sein in einem Sinn, der konsensual dem Treueverständnis meines Partners entspricht? Die leb- und fühlbare Treue für beide Beteiligten liegt in der Schnittmenge.

Selbst, wenn das im Paarkontext harmonisch gelöst werden kann: im polyamoren Kontext kann es Werte- und Handlungskonflikte geben, und ich entscheide von Situation zu Situation unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nach den Prinzipien einer ausgewogenen Güter- und Übelabwägung, so gut ich das kann. Deshalb setze ich meine Treueversprechen ziemlich niedrig an im Rahmen dessen, der meiner Selbsttreue entspricht:
Polyamory: Neue Liebe, neue Treue?
Bei konfligierenden Bedürfnissen zwischen meinen Partnerinnen könnte es also sein, dass ich, um mir selbst treu zu bleiben, eine Treuevorstellung mal der einen, mal der anderen Partnerin verletze, wenn die Treuevereinbarung zu weit gefasst wurde, obwohl die Schnittmenge mehr zulassen würde. Wenn ich diesen Fehler mache, könnte es sein, dass ich treu und untreu zugleich werde - je nachdem, aus wessen Perspektive ich ein Geschehen betrachte.

Also kann ich treu und untreu, authentisch und nicht authentisch zugleich sein - je nach Wertekonsens, Betrachtungsperspektive, und -abstand auf eine konkrete Situation und ihre Beteiligten bezogen. Seit ich das erfahren habe, ist der Begriff "Treue" im traditionellen Verständnis für mich in polyamoren Beziehungen weitgehend ungeignet und deshalb obsolet. Er bedarf neuer Inhalte.

War schön, mich zur Abwechslung mal wieder der Polyamorietheorie zuwenden zu können; mit Rücksicht auf die Länge des Beitrags ud die Geduld der LeserInnenschaft habe ich auf Beispiele verzichtet.
Ansonsten befinde ich mich derzeit in einer praktischen Phase. Die Erkenntnisse daraus wird irgendwann in meinen Beiträgen erkennbar werden, wenn sich etwas ändert.

Nichts ist beständiger als der Wandel...

T*nachdenk*M
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