Gesprächsanbahnung

… genauso wie mit Gesprächsführung und Konfliktlösung

Eine Diskussion mit guten Argumenten und einem Colt wird erfolgreicher verlaufen als nur mit guten Argumenten

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Anliegen hier 100%ig verstanden habe. Ist die Beziehung denn schon geöffnet oder geht es darum, dass der Wunsch besteht, sich den Sex außerhalb der bisher monogamen Beziehung zu holen?

In jedem Fall finde ich es wichtig, in Ich-Botschaften und über die eigenen Gefühle zu sprechen. Was fühle ich? Was fehlt mit? Was wünsche ich mir? Was macht das mit mir?
Und nie als Vorwurf an den anderen zu adressieren.

Also die Antwort auf diese Frage hängt klar von der individuellen Kommunikationsfähigkeit ab:

Wenns sehr schwierig ist miteinander zu reden, könnten evtl. Paargespräche was bringen. So nach dem Motto: "Schatz, mir gehts nicht gut. Lass mal was besprechen..." Das wäre noch nicht mal gelogen, wenn man darüber denkt, dass man Bedürfnisse nicht ausleben bzw. kommunizieren kann. und in einem moderierten Kontext eskaliert es auch nicht so leicht.

Eine vorsichtige Herangehensweise, wenn man seinem Partner schonen und nicht vor den Kopf stoßen mag oder generell einen Anlauf braucht, könnte ja sein, mal nen entsprechenden Serienmarathon zu starten. Z.B YouMeHer auf Netflix (ist super!) Das kann inspirierend wirken und evtl. ergibt sich da ja schon das Gespräch. Vllt. wirkt es auch gar nicht inspirierend, sondern der Partner reagiert ablehnend. Dann weiß man wenigstens woran man ist.

Ich aus meiner Perspektive würde folgendes tun: Ich würde es mit einer Vorankündigung verbunden direkt ansprechen. Möglichen Shitstrom muss man, wenn man einen Polyweg geht, ohnehin aushalten. Das wäre dann schon mal ein guter Test Und letztlich finde ich, wenn dadurch die Beziehung platzt, war es ja womöglich sowieso nicht die richtige.

Den progressiven Vorschlag mit dem durchgeladenen Revolver, halte ich für sehr experimentell und aus dem Bauch heraus würde ich sagen, ist er auch nicht ganz legal

PS: Falls ich hier was wiederhole liegt das daran, das sich mir nur den Revolvervorschlag durchgelesen hab.

Ich würde als Primer ein Buch zu dem Thema so in der Wohnung platzieren, dass es dem anderen auffallen muss.

Wenn ich nicht darauf angesprochen werde, würde ich nach ein oder zwei Wochen ein Thema aus dem Buch zur Diskussion bringen, und dann sieht mal schon in welche Richtung es geht.

Bei Gesprächsanbahnungen, z.B. bei einem ersten Treffen, hilft mir immer der Joyclub. Hier zeigt es sich, ob der Partner auch in den Foren unterwegs ist, oder ob er (zumeist sind es meine Geschlechtsgenossen) nur die Profile durchkämmt auf der Suche nach einem Date.

Hier wird so ziemlich jedes Thema diskutiert. So kann man sich auch allmählich den Fragen der Polyamorie nähern ohne mit der Tür ins Haus zu fallen.

Die Frage der TE bezieht sich auf eine Gesprächsanbahnung in einer festen bestehenden langjährigen Liebesbeziehung.

Ich sehe das anders - gerade wenn ein Nicht-Leser plötzlich mit Buch gesehen wird, kann man davon ausgehen, dass ihm/ihr das Thema wichtig ist.

Manchmal geht es ja nicht anders. Aber die Idee Buch auslegen wär mir zu indirekt und zu hintenrum. Ich hätte das ganz dringende Bedürfnis es selbst "gemacht" oder verkündet zu haben, das ist irgend so ein Stolz Ding. Schließlich ginge es mir darum das ich mit meinen Sehnsüchten/ Bedürfnissen gesehen und angenommen werde, das kann am ehesten ich selbst beschreiben, benennen, sagen und vor allem vertreten.

So ein Tipp wie mit dem ausgelegten Buch oder You, Me, Her zufällig zugucken sind schon auch legitime Möglichkeiten, aber meins wär das nicht, wär mir zu manipulativ weil ne klare Absicht hinter dem Zufall steht, und weil klar ist was ich will und anstrebe. Dann will ich auch der jenige sein, der das auf den Tisch packt. Angstschweiß, Unsicherheit und WegRennReflex incl....

Mal ein anderer Vorschlag zur Gesprächsvorbereitung,

versuche mit Deiner Freundin mal ein Gesprächsrollenspiel, z. B. auch über WhatsApp.

Deine Freundin kennt ja ihren primären Partner am besten, sie weiß ungefähr, wie er voraussichtlich auf solch ein Gespräch reagieren würde und übernimmt die Rolle ihres Mannes. Du kennst sicher Deine Freundin besser als ihren Mann und übernimmst die Rolle Deiner Freundin.

Ich schreibe das aus guter Erfahrung, da ich dass in Abständen mit meiner zweiten Liebe, mit der ich nun über 6 Jahre zusammen bin, übe. Da hat ihr Mann, ich hatte ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm, der vor Jahren erst die Ehe geöffnet hat, vergangenes Jahr, nachdem sich seine zweite Liebe verabschiedet hat, ihr verboten, dass sie sich mit mir trifft. Jeden Gesprächsversuch von ihr und auch von mir über unsere Beziehung, die über 5 Jahre polyamor bestand, blockt er sofort mit heftigen Reaktionen ab.

Bei diesen Gesprächsübungen bin ich meine zweite Liebe und sie ist ihr Mann, das hat ihr große Sicherheit gegeben, bei passender Gelegenheit, z. Zt. ist er gesundheitlich angeschlagen, oder wenn unser gegenwärtiges Affärenverhältnis auffliegt, entsprechend zu reagieren. Wir machen das über WhatsApp und wenn sie mir eine Reaktion ihres Mannes entgegenknallt, da können schon mal Tage bis zu einer Antwort von mir vergehen, weil ich die Strategie überdenken muss und wir im Gespräch möglicherweise wieder paar Schritte zurückgehen oder neu starten müssen.

Das mag jetzt nicht die feine englische Art sein und mit Polyamor hat es bei mir gleich gar nichts (mehr) zu tun, aber es gibt ihr Sicherheit und Mut für ein zukünftiges Gespräch und ich habe dabei auch einiges gelernt.

Er könnte das Gespräch auch mit einer Frage anfangen. Sowas wie

"Wie geht es dir aktuell in unserer Beziehung?" oder
"Ich habe wahrgenommen, dass unser Maß an Nähe und Sex zurückgegangen ist. Wie geht es dir damit?"

Allerdings schwebt für mich auch die Frage im Raum, was der betreffende Mann mit dem Gespräch im besten Fall erreichen möchte. Möchte er die Nähe/den Sex in der Primärbeziehung verbessern oder möchte er generell eine offene/polyamore Beziehung führen?
Also: Sucht er nur deswegen Sex außerhalb, weil er in der Beziehung keinen bekommt oder ist er nicht monogam veranlagt?

Ganz ehrlich.

"Ich möchte mit dir über unsere/meine Bedürfnisse sprechen."

Es gibt da mMn. keinen "einfachen Weg".
Es gibt nur Ehrlichkeit und Wertschätzung dem Gegenüber entgegenzubringen. Das geht aus meiner Sicht vielleicht nicht unbedingt schmerzlos von statten. Trotzdem ist es das Beste, wenn man seine Bedürfnisse befriedigt braucht /nicht oder nicht mehr zurückstellen kann/mag, dass man nicht herumdruckst, sondern offen und ehrlich kommuniziert.

Wichtig ist es, keine Schuldzuweisungen zu machen, wie zB. "du hast wenig Lust", "du stehst nicht auf dieses oder jenes"...


Sondern ganz klar und unaufgeregt zu erklären, welche Bedürfnisse da sind, wieviel Gewicht sie haben und BESONDERS auch den Partner nach seinen zu fragen.
Vielleicht gibt es mehr Schnittstellen, als man vermutet. Dann kann man gemeinsam einen Weg finden, mit der Situation umzugehen....

Manchmal geht man getrennte Wege, ich wünsche aber allen ein immer die Möglichkeit gemeinsam zu wachsen.

(Das war mein Senf zwischen drin, ohne den gesamten Thread gelesen zu haben )

Aus meiner Erfahrung kann ich hier nur zwei Dinge beisteuern: sich zunächst auf das Scheitern einstellen. Egal ob der Partner nun das Thema ablehnt oder diesen Schritt nicht mittragen kann oder will. Ein Rezept, wie man poly als DIE erstrebenswerte Lebensform verkauft und andere auf seine Seite zieht, kenn ich nicht.

Und zum zweiten: Wenn man sich so schwer tut das Thema anzusprechen, dann liegt das meiner Erfahrung nach auch an grundsätzlichen Defiziten und Diskrepanzen in der Beziehung. Ich meine in einer Beziehung muss man sich ständig neu Kalibrieren. Wenn das irgendwann nicht mehr stattfindet, hat das Schiff ein Leck und bekommt langsam Schieflage. Vielleicht wäre es besser zunächst allgemein nach den Ursachen und Lösungen zu suchen.

@******ein

Wenn es andere Gründe geben sollte, klar.

Was ist, wenn die aufgekommenen Bedürfnisse der Grund für die Schieflage sein können?

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das Polyamorieempfinden UND das Projizieren der damit verbunden Bedürfnisse auf genau einen Partner zu einer extremen Schieflage führen kann. (Weil man ja gesellschaftlich indoktriniert aufwächst und eben "mono" leben muss. Manchmal dauert es länger das aufzuarbeiten, bzw erstmal zu sehen.)

Dann hilft auch das Suchen nach anderen Gründen, welche ja, wenn man wirklich polyamor fühlt, meistens damit zusammenhängen nicht wirklich weiter, sondern lenkt nur vom Unvermeidbaren ab.

Bei extremer Schieflage braucht es manchmal mehr als eine seichte Brandung um den Bug wieder aufzurichten und die Segel neu zu setzen.

@********rted

Ich würde gerne etwas positiveres dazu beisteuern, aber wenn die Frage nach „Wie sage ich es meinem Partner“ aufkommt sehe ich da einfach andere Baustellen.

Da spielt auch der Bindungstyp eine große Rolle meiner Meinung nach. Hat man sich da überhaupt schon mal Gedanken gemacht?

Alles kleine Unstimmigkeiten in einer Beziehung, die aber zu Bruchstellen werden wenn das Konstrukt wirklich mal die volle Last tragen muss.

@******ein

Nicht jede Beziehung bricht darunter zusammen. Nicht jede Sandbank ist ein scharfes Riff.

Wir haben genug Wasser unter den Kiel bekommen um mit vollen Segeln unser Leben zu leben und zu genießen.

Deshalb wünsche ich allen ein gemeinsames Wachsen, sofern es die Möglichkeit gibt.