Das Album habe ich sogar, ist gar nicht so übel...
Eine ziemlich breite Frage, die nicht so ganz einfach zu beantworten ist.
Ich habe mit Religionen als solchen etwas Mühe. Das fängt schon mit deren Entstehung an. Judentum, Christentum und der Islam wurden ausgerechnet in einer der steinigsten und rückständigsten Gegenden dieses Planeten "geoffenbart", die zumeist nicht einmal alphabetisiert war. Nicht etwa in den Hochkulturen, die es auch zu der Zeit schon gab. Demnach bedurfte es (und bedarf es in erheblichem Maße bis heute) einer Instanz, die erklärt und interpretiert, demnach freies Danken dazu ausschließt. Das macht die Sache für mich per se verdächtig. Vor allem der Islam atmet diese Rückständigkeit bis heute, weil er als "Gottes letztes Wort" aus Sicht der Gläubigen und Vordenker nicht reformierbar ist. Der Koran darf von den Anhängern nur in Arabisch gelesen werden, und wie viele Muslime sprechen schon altes Hocharabisch als Muttersprache? Im Prinzip können sie ihre eigene Religion nicht aus eigener Hand verstehen.
Judentum und Christentum haben sich deutlich weiterentwickelt, haben aber auch ihre Makel. Meines Erachtens stellen institutionalisierte Religionen eines der wesentlichen Probleme dieses Planeten dar. Die seit Jahrtausenden zahllosen Toten im Namen eines wie auch immer gearteten Gottes sprechen eine ganz eigene Sprache. Das bringt mich zu der ziemlich sicheren Annahme, dass Religion ein menschengemachtes Phänomen ist. Eine Kontroll- und Machteinrichtung, die das Volk klein, demütig und gehorsam macht und Freidenkerei einebnet, zugleich massiv Angst und Schrecken vor Verfehlungen verbreitet. Selbst durch Tod kann man nicht entkommen, denn da geht es munter weiter mit Fegefeuer, Hölle, Verdammnis oder eben Erlösung, wenn man sich an die Vereinssatzung gehalten hat. Christopher Hitchens hat es gerne das "Divine North Corea" genannt, in dem man dem großen Führer huldigen darf.
Dem Anschein nach entspringt Religion dem Wunsch nach Orientierung, einem Regelwerk, das möglichst viel Halt bietet und eine Art "Code of Conduct" liefert, vor allem in Moral- und Sexualitätsfragen. Wenn man es positiv betrachten will. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine gigantische Entmündigung. Viele sehen in Religion eine moralisch-ethische Leitung, aber ich bin nicht sicher, ob ich das so unterschreiben würde. Ich denke, dass Fragen von Ethik und Moral auch vor den Religionen eine Rolle gespielt, und nicht erst mit ihnen Einzug gehalten haben. Wie lange mag es den Homo Sapiens in der heutigen Form jetzt geben? 100.000 Jahre vielleicht? Das hieße, der Mensch ist etwa 95-96.000 davon ohne derlei Supervision ausgekommen. Gott hat seinen Schafen 95-96.000 Jahre mit Gleichgültigkeit zugeschaut. Beim Streiten, Lieben, Töten, you name it. Und plötzlich kommt ein Gestesblitz? Einer der zwingend die Einführung eines Regelwerks einfordert? Wie gesagt, ich habe milde Zweifel.
Dennoch, jeder, wie er mag. Für mich persönlich hat Spiritualität nicht zwingend mit Religion zu tun. Ich brauche keine Kirche, keine Vereinssatzung, keine Gruppendynamik. Man kann an eine göttliche (wenn man es so nennen will) Entität glauben, ohne einer Vereinigung folgen zu müssen. Eine liebevoll beobachtende Instanz, die nicht straft, richtet oder zürnt, keine die Angst auslöst. Individuelle Spiritualität ist für mich das höhere Gut. Man sollte seinem eigenen Gewissen verpflichtet sein, keinem großen Schriftsatz, der als metaphysisches Konzept überhöht wird.
Je nach Gemeinschaft gibt Religion Ruhe und Halt. Das Finden von Kraft und Freude durch Meditation. Wesentliche Punkte im Zen oder dem Sufismus beispielsweise. Das Streben nach Erleuchtung, nach Erkenntnis des Wesentlichen. Manche verschreiben sich dem mit ihrer ganzen Existenz und voller Inbrunst.
Die Frage nach der Gefahr ist gerade jetzt aktueller denn je. Schon als ich vor über 20 Jahren erstmals den Koran gelesen hatte, beschlich mich das ungute Gefühl, dass es da noch einmal ganz dicke kommen würde, und ich wurde und werde nicht "enttäuscht". Ich halte den Islam für eine echte Gefahr für den Weltfrieden, aber auch den innerhalb von Gesellschaften. Die verschiedenen Strömungen bekämpfen sich ja schon untereinander, erst Recht aber wird mit voller Härte gegen die "Kuffar", die Ungläubigen vorgegangen. Für viele Muslime ist die Scharia wichtiger, als das Gesetz des Landes, in dem sie sich befinden. Da wird noch einiges kommen, und ich habe meine Zweifel, dass wir hier in Europa noch einmal die Kurve kriegen, das in den Griff zu bekommen. Der Blick vor allem nach Schweden verheißt nichts Gutes. Da wird zwar (noch) nicht im großen Stil überrollt, in die Luft gesprengt, eingeäschert und um sich geschossen, aber in der schwedischen Gesellschaft brodelt es massiv. Frankreich und Belgien haben große Schwierigkeiten, GB und die NL ebenfalls. Seit gestern sind wir dran. Das war der erste Anschlag im großen Stil, aber sicher nicht der letzte.
Hätte ich diese Frage vor - sagen wir - 70-80 Jahren beantwortet, wäre meine Sicht anders gewesen. Dann wäre die katholische Kirche als größte Gefahr benannt worden. Extrem autoritär, machtversessen, unnahbar und ohne hinreichende Distanz zu totalitären Regimen, um es mal diplomatisch zu formulieren. Da war schon der Dorfpfarrer im Ansehen knapp unter dem lieben Gott, und der problematische Hang zum Machtmissbrauch vor allem bei den Schwächsten ist ja erst mit der Zeit herausgekommen. Über das Gebaren der Christen um das Mittelalter herum, wo gewütet wurde, wie die Berserker, braucht man wohl nicht mehr viele Worte zu verlieren.
Umso erstaunlicher, weil von Aufforderungen zu derlei Verhalten absolut nichts im NT zu finden ist, eher im Gegenteil. Aber die Katechese hat's möglich gemacht, ebenso wie das simple Ausnutzen von Vormachtstellungen gepaart mit individuellen Expansionsfantasien. Der Fronarbeiter oder Tagelöhner konnte ohnehin meist nicht lesen, um es nachzuprüfen, zudem war die Angst vor den Konsequenzen eines Widerspruchs erheblich.
Auch mit ultraorthodoxen Juden und erzkonservativen Hindus ist nicht zu spaßen. Zur Not wird auch dort Gewalt angewendet. Wie die Dinge in Israel liegen, ist ja bekannt. Dass militante Hindus aber schon einmal Kinos überrollen und niederbrennen, weil dort Filme laufen, in denen Frauen ihren eigenen Weg gehen, oder gar geküsst wird, wissen wohl nur eingefleischte Bollywood-Fans. Darüber wird hier wenig berichtet. Das Frauenbild der Hindus ist ähnlich vorsintflutlich, wie das des Islam, vom Kastensystem ganz zu schweigen (das ist zwar offiziell mehr oder weniger abgeschafft, findet aber immer noch Anwendung). Eine verheiratete Frau hat ihren Mann zu verehren wie einen "Freund, Gott und Lehrer". Eigene Wege sind da unerwünscht, und werden teilweise in atemberaubender Brutalität bestraft. Eine Religion, die ihre Frauen so behandelt, ist eine Gefahr für ihre Gesellschaft. Teilweise werden sie auf eine Stufe mit Vieh oder Geisteskranken gestellt, wie man in den Manusmrti (Gesetze des Manu) nachlesen kann. Völlig indiskutabel.
Alles auf dem Weg, irgendein Seelenheil zu erlangen, oder Gott - wer auch immer das nun genau sein mag - zu gefallen. Was für eine Perversion! Jedem aufgeklärten Menschen müsste das kalte Schauer über den Rücken treiben. Die Krone der Schöpfung vergeudet ihr Potential auf überkommene metaphysische Konzepte und macht sich erhebliche Teile der Menschheit zu Feinden. Mal wegen des Geschlechts, mal wegen des Glaubensbekenntnisses. Ganze Landstriche werden verwüstet und entwickeln sich darüberhinaus zu intellektuellem Brachland. Auch hier hat es mal wieder Hitchens auf den Punkt gebracht: "Less religion means more civilization". Die Zeiten, in denen die Geistlichkeit der Hort des Wissens und eine Wiege der Wissenschaft war, sind lange vorbei...