Sorry, Leute, ich muss mal etwas schimpfen! Und zwar als Betriebsrat.
Habt ihr euch mal überlegt, wer für Lohnerhöhungen zuständig ist? Nein, nicht die Politik.
Das seid ihr selber, denn wir haben in Deutschland die Tarifautonomie.
Ein Berufsstand, der es seit etlichen Jahrzehnten nicht geschafft hat, sich für sich und seine Belange einzusetzen, sollte jetzt nicht nach staatlicher Hilfe und politischer Unterstützung schreien, sondern kapieren, dass es auf das eigene Engagement für sich und seinen Beruf, seine Berufsgruppe ankommt.
Im schlimsten Fall heißt das, dass man auch bereit ist, für sich und seine Kollegen zu streiken. Ihr erinnert euch an die erfolgreichen Ärztewarnstreiks im letzten (Bereich der VKA) und diesen Jahr (im Bereich der TDL).
Wer hat je gestreikt, sich für die eigenen Rechte eingesetzt, wer ist im Betriebsrat, wer engagiert sich (berufs-)politisch? Wenige bis ganz wenige. Warum?
Die Krankenhäuser sind - glücklicherweise - an Tarife gebunden. Und diese legen fest, wer, wann, warum wieviel Geld bekommt. Und es ist gut so, dass nicht willkürlich entschieden wird, dass A mehr, B weniger bekommt.
Deshalb sind nur Bonuszahlungen zulässig.
Ansonsten sind Regeln dazu da, dass sie eingehalten werden. Auf beiden Seiten und zum Nutzen beider Seiten. In diesem Fall die Tarifregeln. Als Betriebsrat und Gewerkschafter, besonders aber als Bürger unseres gut organisierten demokratischen Staates, wäre ich enorm angepisst, wenn jetzt auf einmal die Tarifautonomie ausgehebelt würde.
Was ist jetzt zu tun? Engagiert euch doch mal nach Feierabend in einer Gewerkschaft. In den meisten Fällen wird es ver.di sein. Und wenn ihr unzufrieden mit dieser Gewerkschaft seid, müsst ihr euch überlegen, welche Alternativen es gibt.
Wir Ärzte haben uns vor über zehn Jahren von ver.di getrennt, unsere Gewerkschaft Marburger Bund vertritt uns seitdem sehr erfolgreich. Und die Pflege profitiert davon indirekt, weil Verbesserungen (vor allem bei den Bedingungen) beim nächsten Tarifabschluss auch von ver.di und den Arbeitgebern übernommen werden.
ver.di ist aber auch immer nur so schlecht, wie der Organisationsgrad der Beschäftigten in der Gewerkschaft ist. Wenn niemand Mitglied ist, werden Krnaknehäuser und ihre Mitarbeiter auch nur schlecht vertreten. Schaut mal zur IG Metall, was die für ihre Mitglieder (Organisationsgrad von über 90%) erreichen.
Wieviel Pflegende sind in ver.di? Wenige, sehr wenige. Warum: Weil die nichts für uns tun!
Warum tun sie (in manchen Regionen) so wenig für euch? Weil ihr nicht Mitglied seid.
Ich bin kein grundsätzlicher Freund von ver.di. Aber, ohne sie ging es der Pflege noch schlechter.
Und zu dem Geheule mit dem Kommerz, dem Gewinnstreben und den Banken.
Sorry, am Thema leicht vorbei. Mein Haus ist in öffentlicher Hand. Und wir machen keine Gewinne, dürfen das auch nicht. Aber, wir müssen wirtschaftlich agieren, können das Geld nicht raushauen, denn wir müssen in das investieren, was nötig ist (Reparaturen, neue Geräte, etc.), um zu überleben und auch morgen noch gute Medizin machen zu können.
Die privaten Konzerne, da ist das anders.
Wichtig ist aber, dass die DRGs und etliche andere Fehlläufe beendet werden. Und da sind wir Bürger gefragt, dass wir den Politikern (das sind auch keine Feindbilder, sondern Menschen, die sich engagieren und auf Rückmeldungen von uns Wählern angewiesen sind) sagen, was falsch läuft und wie es besser laufen kann.
Denkt mal drüber nach!
Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung. Falls ich etwas falsch oder missverständlich formuliert habe, bitte ich um Info, damit ich das richtigstellen kann.