Vorbereitungen
Ich verstehe deine Sehnsucht. Und ich halte mein Versprechen. Du musst dich nur noch etwas gedulden, dann wird es soweit sein. Bitte versteh, dass ich es gut planen möchte. Ich will, dass es perfekt wird. Es soll alles so sein, wie du es dir wünscht. Und dafür muss ich ein paar Dinge bedenken. Ich werde dir natürlich erzählen, was ich so plane. Nicht, dass du hinterher unangenehm überrascht bist.
Ist es dir Recht, wenn ich den Samowar deiner Großmutter verkaufe? Ich weiß, du gönnst ihn dem Antiquitätenhändler nicht, aber ich werde Geld brauchen für all das. Es wird schließlich der wichtigste Tag unseres Lebens. Den wird es nicht gratis geben. Und wenn das nicht reicht, dann verkaufe ich auch noch Vaters Taufsilber. Es isst sowieso keiner damit. Ich möchte nicht, dass es daran scheitert.
Er fand das Fabergé-Ei so lieblich, da habe ich ihm das auch verkauft. Das und die drei Kristallvasen. Den Nachdruck von Dürers »Tod und Reiter« habe ich ihm auch angedreht. Es hat mich immer gegruselt davor. Alles in allem sind wir mit zehntausend Euro dabei. Das wird reichen, denke ich. Auch für die weiße Kutsche mit den vier Pferden.
Ich werde das Waschen übernehmen müssen. Das muss dir nicht unangenehm sein. Es dient dem Ganzen. Nur noch ein paar Tage, dann ist es soweit. Was hältst du von Smetanas Moldau zu Beginn? Und ich dachte an weiße Orchideen. Ja, das gefällt mir. Ich werde weiße Orchideen in der Hand halten und mich hübsch gemacht haben für dich. Ich stecke die Haare hoch, so wie damals, als wir uns das erste Mal sahen. Und ich werde das rote Kleid tragen, das du mir auf dem Flohmarkt an der Karlsbrücke gekauft hast. Das wird nett aussehen zusammen mit der Kutsche.
Heute sind wir soweit. Es ist alles organisiert. Mach dir keine Sorgen. Es wird alles klappen. Ich habe es bis ins kleinste Detail geplant. Und ich halte deine Hand und sehe dich an, so wie im Mai, als du auf dieser riesigen Blumenwiese um meine Hand angehalten hast. Ja. Ich liebe dich. Und heute ist er da, der wichtigste Tag in unserem Leben.
Ich verstehe deine Sehnsucht. Ich ziehe diskret den Stecker ganz tief unten am Boden. Es könnte gerade eben die Putzfrau mit dem Wischmop gewesen sein. Und nein, ich pflanze keinen Efeu auf dein Grab. Aber ich gehe und kaufe dir einen bunten Sarg.
© Sylvie2day, 25.11.2011