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Geschichtenspiel Teil 45

*********rlust Mann
2.939 Beiträge
Sonnenschein
überzeugen
dehydriert
Schnitzel
Philosoph
aufsaugen
täglich
fußläufig

Danke an @*******d18 für die absolut Geschichten-taugliche Wortwahl.Ich hatte schon befürchtet, über Putins Zuwider“wahl“ schreiben zu müssen. Oder zwei alte weiße Männer mit, hm, sagen wir mal „Konzentrationsstörungen“. Oder den weltweiten Backlash des „demokratischen Konservativismus“. Oder den Untergang des „Abendlandes“. Oder was auch immer man sonst noch in Anführungszeichen setzen mag heutzutage.
So aber erlaube ich mir diesen Eskapismus in Erinnerungen…

„Lieber Gott, bitte lass es den nicht sein.“ Wir kennen uns so gut, dass Vicky den Gedanken gar nicht erst aussprechen muss. Die deutliche Verzögerung ihres bislang so herrlich beschwingten Schrittes spricht Bände. Da sind wir also, nur noch ein paar Meter bis zum vereinbarten Treffpunkt. Strategisch gewählt dieses Mal, fußläufig vom Hauptbahnhof…

Vor etwas mehr als 14 Tagen hatten wir unsere Annonce geschaltet. Unter „Gemeinsame Freizeit“. Sowas von analog, d.h. in der Beilage einer Wochenzeitung. “Lass uns nicht über Sex reden.“ Fünf Zeilen, Wort für Wort sorgfältig gewählt, als Startpunkt geplant für eine spannende Reise.

Heute also das fünfte Treffen. Nach einem vielversprechenden Schreiner mit den feingliedrigen Händen eines Pianisten, einem ganz offensichtlich schlechten Gewissen seiner Partnerin gegenüber und einer zuckersüßen Art, sich mit dem Zeigefinger über die Unterlippe zu streichen während er nach Worten sucht.
Nach einem knappüberzwanzigjährigen Studenten mit beneidenswertem Body, der uns in einer längeren Diskussion zu überzeugen versucht, dass „guter Sex“ zu mindestens 90% auf der richtigen Technik beruht, dabei jedoch den Eindruck macht, dass sein Technikverständnis vor allem auf einer täglichen Dosis Pornos beruht und der partout kein Gespür dafür entwickelt, dass Vicky die Bezeichnung „milf“ nicht als Kompliment versteht.
Nach einem eloquenten Galeristen aus „einer Metropole in den Neuen Bundesländern“, der auf phantastische Weise von Novalis‘ Blauer Blume (wieder was gelernt) über die Metapher des „Schäferstündchens“ zu seinem lederbestuhlten SUV überleiten kann und uns damit auch gleich mitnehmen will in das prophylaktisch gebuchte Hotelzimmer. Wobei, hm, „uns“ ist vielleicht einer zu viel, so wie er Vicky mit Blicken aufsaugt und mich, bis auf die betont joviale Begrüßung, keines solchen mehr würdigt.
Und nach einem tantrischen Paar, beide in achtsames Leinen gewandet, tief gebräunt und weit gereist und spirituell mit allen Wassern gewaschen. Von den beiden hören wir so viel über Empfangen und Geben wie das letzte Mal vielleicht an Weihnachten. Aber wer weiß, süßer die Glocken nie klingen…

Jetzt also Nummer 5. Er lebt. Jedenfalls versteht er seiner Figur nach wirklich gut zu leben. Über seiner Brust spannt leicht verwaschen das Wort „Schnitzelphilosoph“, vor ihm ein Glas Weißbier irgendwo zwischen halbvoll und halbleer. Dehydriert scheint er jedenfalls trotz des prallen Sonnenscheins nicht zu sein. Er lächelt uns einladend an, während wir betont selbstversunken an seinem Tisch vorbeischlendern. Aber klar, die Uhrzeit stimmt, der Ort stimmt und vor ihm liegt die richtige, das heißt eben nicht die aktuelle Ausgabe des ZEIT-Magazins. Alles wie vereinbart. Ganz offensichtlich hat er auch uns erkannt. Dann soll es wohl so sein. Und weil Verbindlichkeit zu unseren gemeinsamen „core values“ zählt machen wir eine kleine Schleife hin zum Ausschank, holen ebenfalls zwei Bier und setzen uns zu ihm.

Was soll ich sagen… „Never judge a book by its cover.“


Dave Brubeck - Three's a Crowd
*******o_F Mann
1.678 Beiträge
Schön geschrieben, @*********rlust.
erhebende 11 Zentimeter...
*****a99 Frau
3.198 Beiträge
Ein Schnitzelphilosoph! Das kann nur ein sympathischer Mann sein! *lol*
*********nd_69 Frau
7.378 Beiträge
@*********rlust

*zugabe*
Manchmal ist Eskapismus die beste Form des Widerstands - auch gegen den Alltag.
*******d18 Frau
6.148 Beiträge
Wir waren Samstag beim „Schnitzelkaiser“! *freu*
Desdawegen auch das Wort „Schnitzel“.
Das war unser Eskapismus - ein Stammtischtreffen.

Deine Geschichte ist eine feine Flucht aus dem doofen Weltgeschehen … @*********rlust !
Meine Triskele
*********_Arte Frau
13.809 Beiträge
Oh nein, nach ca. 3 Wochen merke ich, dass ich aus dem Beobachtungsmodus des Threads geflogen bin. *kopfklatsch*
Ich werde alles in Ruhe nachlesen, versprochen. *ja*
*******nd29 Mann
702 Beiträge
Sonnenschein
überzeugen
dehydriert
Schnitzel
Philosoph
aufsaugen
täglich
fußläufig


Die komplexe Welt

Völlig atemlos und dehydriert wie ein zu lange gebratenes Schnitzel, keuchte der Philosoph: „Frag nicht nach Sonnenschein?“. Dieser Auftritt sollte den Henker wohl davon überzeugen, wie anstrengend es sei, der Forderung nach einem Gespräch zu dieser Stunde nachzukommen. Jedoch ließ sich der Henker von dem Gebaren des Philosophen nicht beeindrucken. Schließlich wohnten die beiden nur fußläufig voneinander.

Der Henker leitet ohne Umschweife das Gespräch ein: „Ich habe dich kommen lassen, weil ich zunehmend Zweifel an der Richtigkeit meines Schaffens habe. Fast täglich quälen mich Bedenken, ob man wirklich einem Menschen das Leben entreißen darf, auch wenn er üble Verbrechen begangen hat.“

Philosoph: „Willst Du von mir einen philosophischen Grund für Dein Handeln haben, um deine Bedenken zu zerstreuen?“

Henker: „Nein, ich habe mich einst aus Überzeugung in den Dienst des Staates gestellt. Nun aber stelle ich infrage, ob irgendeine irdische Macht das Recht besitzt, über Leben und Tod zu entscheiden.“

Philosoph: „Würdest du nicht einen Menschen töten, um tausende zu retten?“

Henker: „In diesem Fall...“

Philosoph: „Du siehst das Dilemma. Man scheitert daran, diese Frage generell zu beantworten.“

Henker: „Ich aber richte Menschen, die in Ketten liegen und von denen keine Gefahr mehr ausgeht.“

Philosoph: „In diesem Fall...“

Der Henker runzelte die Stirn und musste feststellen, dass ihn der Philosoph nicht weitergebracht hatte. Da sind diese Gelehrten, die Schriften des Wissens aufsaugen, wie warme Milch und letztlich doch keine klaren Antworten haben. So beschloss der Henker, sich durch die Komplexität der Welt nicht beeindrucken zu lassen. Fortan würde er sein Handeln durch Verschwörungserzählungen rechtfertigen und sich einer extremen politischen Vereinigung anschließen.
*********rlust Mann
2.939 Beiträge
Zum Henker mit den Zweifeln. Ein für alle Mal!
**********_moon Mann
268 Beiträge
Die Geschichte ist DEFINITV zu kurz, lach!

Ich finde sie wunderbar, aber sie endet genau dort, wo Menschen auf die irrigen Visionen irgend einer Heilsversprechung hereinfallen........

Der letzte Abschnitt, lieber Prickelnd, ist großartig.

Er beschreibt leider genau das, dem wir entgegensehen müssen.....
**********_moon Mann
268 Beiträge
Sorry, bin leider auch Philosoph!

Es geht um das Dilemma, in dem wir stecken.....

Bleiben wir demokratisch oder nicht?
Angesichts von unsäglichen "Ansagen"???

Ich für meinen Teil werde es jedenfalls NICHT tun.

LG: Frank!
**********silon
5.785 Beiträge
Der Kontrakt
Lynn Lonely lachte, als er sah, wie Rednaxela seinen Zeigefinger erhob und dieser Finger junge Triebe zu treiben begann, welche dann an ihren Enden in roten Beeren gipfelten. Und Lynn fragte sich, ob dies sogar Vogelbeeren seien, die er tunlichst nicht pflücken sollte.
Rednaxela lächelte und seine Gelenke knarzten wie die Wurzeln eines alten Baumes, als er sich zu Lynn Lonely herüber beugte und dabei einen kargen Schatten über den Baumstumpf warf, der mit seiner wettergegerbten Oberfläche zwischen ihnen lag.

Es war ein schwüler Spätsommerabend, und die Wolkenwand am Horizont wusste nichts Gutes über die drohende Nacht zu berichten. Aber Rednaxela ließ sich viel Zeit damit, Lynn zu erläutern, dass er faktisch keine Wahl hatte, und den zwischen ihnen liegenden Kontrakt schier unterzeichnen musste. Denn Rednaxela hatte diesen kurzer Hand mit seinen Augen in die Oberfläche des Baumstumpfes gesengt, ohne ihn dabei vollends in Brand zu stecken. Und er hatte dafür gesorgt, dass sich Lynn nicht würde davonstehlen können. Denn er war mittels Rednaxelas beschwipsenden Wahnsinn an den Stumpf gekettet worden und konnte sich nicht weiter als 3 Schritte von diesem fortbewegen, ohne innerlich hohl zu drehen und seinem Leben ein bitterliches Ende bereiten zu wollen.

Erst jetzt realisierte Lynn, dass Rednaxela nur scheinbar ein witziger Sonnenschein von Welt war und dieser ihn mit seiner belustigenden Art hinters Licht geführt hatte. Lynn Lonely lachte noch immer, als er sah, wie der Zeigefinger Rednaxelas immer länger wurde und immer mehr rote Beeren aus diesem sprossen, bis es schließlich einen lauten Knall gab und ein Teil der Beeren auseinanderplatzte, um dann zu roten Raben zu transformieren, die sich in der schwülen Abendluft über die Köpfe der beiden erhoben und im engen Wirbel über ihnen in der Luft zu kreisen begannen.
Der Kontrakt, den Rednaxelas Augen in den Baumstumpf gelasert hatten, begann erst zu glühen und dann zu brennen, bis Lynn erschöpft vor Lachen auf die Knie sank und vor innerer Hitze langsam zu dehydrieren begann. Entkräftet blickte er zu Rednaxela auf und bat ihn, damit aufzuhören.

Doch nun war es Rednaxela, der lauthals in die nun eilig herannahende Gewitternacht lachte. Die Front des Unwetters zückte am Horizont schon ihre Blitze und donnerte ihr Donnerwetter auf die sich schlafend stellende Menschheit hernieder. Und Lynn erkannte verdrossen, dass das kein Fake war, und er nur nachgeben brauchte. Sonst würde ihm vermutlich einerseits eine erstklassige 1-A-Anbräunung mit leichtem Knusperzuschlag von Seiten des Baumstumpfes mit dem eingebrannten Kontrakt drohen und andererseits würde er dann schließlich vom herannahenden Donner mit seinen Blitzen zum verkohlten Schnitzel auserkoren werden und dies fand er wenig erbaulich.

Rednaxela blickte seinem Opfer tief in die Seele, als dieses verdrossen um Feder und Tinte bat, damit es schließlich unterzeichnen konnte. Lynn schluckte. Doch Rednaxela schüttelte langsam einen knorrigen Kopf: „Tinte? … Ja, Tinte sollst du haben. Aber es wird dein eigenes Blut sein.“
Lynn schluckte abermals, fühlte er sich doch durchschaut, schier durchleuchtet oder gar durchgebrannt von den Augen seines Peinigers.
Er fühlte sich dünn oder vielmehr dünnhäutig und brüchig, wie ein altes Stück Pergament, auf dem noch nie ein Wort geschrieben worden war. Und er dachte, wie es wohl wäre, achtlos zerknüllt in der Ecke zu liegen und nicht geglättet oder gar geplättet worden zu sein von der Hand des Meisters, um gleich in Blut ge- oder vielleicht auch ertränkt zu werden.

Eilig zog Lynn einen Atemzug voll Luft in seine Lungen, als er einen stechenden Schmerz in seiner rechten Hand verspürte. Dann war das Gewitter da und brachte die Umnachtung der Welt mit sich. Es regnete in Strömen und der Sturm ließ die Baumkronen des Waldes sich neigen und die Blätter Beifall klatschen.

Lynn durchfuhren die Blitzlichter des Unwetters, und er fühlte sich erleuchtet. Demütig beugte er seinen Leib über den am Boden liegenden Baumstumpf und berührte diesen mit den Fingern seiner verletzten Hand. Doch nichts geschah. Oder vielmehr wurde das unmittelbar Geschehene sogleich vom Himmelswasser ausgelöscht.
Abermals und abermals berührte Lynn den Baumstamm und benetzte diesen mit seinem eigenen Blut. Doch der Regen wusch es immer wieder hinfort. Außerdem erstickte er die Glut des Kontraktes.
Und Rednaxela tobte vor Wut ob dieses Umstandes, den er vorher in seiner Siegesgewissheit nicht bedacht hatte. Ein Umstand, der ihm Müh für Müh alles Feuer nahm, um schließlich auch die roten Raben vom Himmel zu waschen.

Drei Mal stampfte Rednaxela abwechselnd mit seinen Wurzelfüßen auf den Waldboden auf und murmelte etwas vom Philosophen des Waldes. Dann hob er ruckartig seinen Kopf gen Himmel und saugte begierig alles Licht der Nacht in sich auf. Auch die Blitze und schließlich das Gewitter selbst, um am Ende in den Flammen der Leidenschaft des Feuers aufzugehen.

Schlussendlich blieb nur die gereinigte Muttererde selbst zurück, in deren Furchen ein nackter Lynn Lonely lag. Er starrte in die rabenschwarze Finsternis und erinnerte sich an die Überzeugung dessen, täglich den Sinn seines Lebens zu erfahren und dabei seinen Geist nicht auf die Fußläufigkeit zu beschränken.
„Ja, ja, …“, dachte er, „so war es dazu gekommen …“. Und dann riss ihn das Klingeln eines Handys aus dem Schlaf. Seines Handys. Das, was nachts immer auf seinem Schreibtisch im Wohnzimmer lag und am Ladekabel hing.

© CRSK, LE, 03/2024


Die reizenden Worte der letzten beiden Wochen:

  • • Wolkenwand
  • • Fake
  • • Umstand
  • • Verdrossen
  • • Eilig
  • • Geglättet
  • • Wahnsinn
  • • Lachen/lachen


  • • Sonnenschein
  • • Überzeugen
  • • Dehydriert
  • • Schnitzel
  • • Philosoph
  • • Aufsaugen
  • • Täglich
  • • fußläufig


Titel: Rednaxela.

Hingergrund: KI-generiert, Sonstige Bildbestandteile: teilweise eigenes Bildarchiv, teilweise Pixabay. Pixelbild und Vektor-Grafik gemixt.
*******tia Mann
5.102 Beiträge
@*********rlust: Schnitzelphilosoph, der ist gut ... *haumichwech*
*******tia Mann
5.102 Beiträge
@*******nd29:
Auch Henker brauchen Liebe.


*********rlust Mann
2.939 Beiträge
@**********silon
Danke für deine Traumwelten.
"Den Geist nicht auf die Fußläufigkeit zu beschränken."
Das gefällt mir. Für den Satz haben sich 10 Jahre JC Mitgliedchaft gelohnt!
**********silon
5.785 Beiträge
@*********rlust *lach* Danke, allein dafür lohnt es sich auch für mich. ^^ Was ein Kompliment. *sonne*
**********gosto Frau
16.059 Beiträge
8-Wörter-Spiel
Sonnenschein
überzeugen
dehydriert
Schnitzel
Philosoph
aufsaugen
täglich
fussläufig

Sonnenschein zwischen Regenwolken

Habeck
Er hat was?

Carla
Er hat sich für das Freiwilligenbataillon gemeldet.

Habeck
Nehmen die überhaupt Leute über siebzig?

Carla
Sie nehmen jeden, den sie kriegen können. Und wenn er nur die fussläufigen Entfernungen der täglichen Proviantisierung schaffen kann.

Habeck
Ich hab ihn gestern in einer Videobotschaft gesehen. Er sah aus wie ein dehydriertes Schnitzel.

Carla
Das ist nicht lustig!

Habeck
Entschuldige, hab’s nicht so gemeint. Aber wenn du als Philosoph die täglichen Nachrichten aufsaugst …

Carla
Ich bin überzeugt, er wird seine Entscheidung innerhalb von achtundvierzig Stunden bereuen.

Habeck
Und wenn nicht?

Carla
Du kannst ja schon mal einen Nachruf verfassen. „Der bekannte holländische Wissenschaftler Buch van Staben an der ukrainischen Front gefallen.“

Habeck
Ich hoffe doch, das wird nicht nötig sein. Aber ich habe noch nie viel Einfluss auf ihn gehabt.

Carla
Ich auch nicht! Er hat schon immer gemacht, was er wollte!

Habeck
Da haben wir doch schon den Hauptgedanken für seinen Nachruf.

Carla
Das soll wohl ein Trost sein?
Van Staben bei seinem letzten Einsatz zur Minenbeseitigung. (Quelle: UA EOD)
*********nd_69 Frau
7.378 Beiträge
*schock*
Du wist ihn doch nicht sterben lassen wollen, luccioladagosto?
*********cht76 Mann
490 Beiträge
Sonnenschein
überzeugen
dehydriert
Schnitzel
Philosoph
aufsaugen
täglich
fußläufig

Sally hatte Glück. Die nervige Jenny kehrte den anderen Hexenschülerinnen den Rücken zu und ging ihrer Wege, nicht ohne vorher noch lauthals zu verkünden: „Mich kriegt ihr nicht so schnell von eurer Erdgöttin überzeugt! Außerdem bin ich bei dem Sonnenschein hier ja gleich dehydriert. Haviola, Tonno, wo seid ihr? Ich will schnell zurück nach Hause ins Bermudadreieck und endlich wieder etwas Meerwasser aufsaugen!“

Die anderen Hexenschülerinnen um sie herum konnte Sally noch nicht richtig einschätzen. Zu Frances und Deborah hatte sie aber intuitiv Vertrauen gefasst.

„Sally! Schön, dass du da bist!“ sagte Deborah und zeigte noch einmal auf Jenny, die sich zeternd entfernte. Seufzend fügte sie hinzu: „Das haben wir fast täglich mit ihr, wenn sie die Treffen nicht eh schwänzt. Sie kapiert einfach nicht, dass man den Kontakt zur Großen Erdgöttin auch wirklich wollen muss. Mir ist wirklich ein Rätsel, wie Haviola ihre Hexenprüfungen geschafft hat und jetzt auch noch eine eigene Schülerin haben kann. Die ist nämlich genauso. Aber jetzt komm schnell zum Büffet, Sally! Astralias Alligatorschnitzel sind echt der Hammer! Die musst du unbedingt probieren! Hat Witchita wieder ihre Präriegrastörtchen mitgebracht? Bei uns kriegt man so etwas nicht so leicht. Hatte ich eigentlich erwähnt, dass Astralia Sumpfhexe in Georgia ist?“

„Tut mir leid, Deborah, dafür ist leider keine Zeit! Frances und du, ihr müsst mir helfen! Die Erdgöttin hat mir etwas ganz Schreckliches gezeigt! Die Indianer in Witchitas und meiner Nachbarschaft sind in Gefahr. Mein Ex will seine Aggressionen jetzt an ihnen ausleben und sie aus ihrem Dorf vertreiben!“

„Echt jetzt? Die Große Erdgöttin hat sich dir direkt bei deiner Zwuckelpremiere offenbart? Wie cool ist das denn bitte? Die muss von deinem Nebelkerzenzauber ganz schön beeindruckt gewesen sein. Aber jetzt mach mal ruhig. Fußläufig erreichen wir die Indianer sowieso nicht, da müssen wir schon die Besen nehmen. Aber erstmal brauchen wir auf alle Fälle eine Stärkung. Auf dem Weg zu den Besen kommen wir am Büffet vorbei. Außerdem wird sowieso nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Bist du dir sicher, dass dieser Kerl ernsthaft etwas gegen die Indianer ausrichten kann?“

Frances war dazugekommen und schnitt Deborah das Wort ab. „Glaubst du wirklich, die Große Erdgöttin hätte Sally etwas völlig Irrelevantes gezeigt? Irgendsoein großer Philosoph hat mal gesagt: ‚Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.‘ Willst du als Sklavenkind jetzt wirklich dafür verantwortlich sein, wenn den Indianern ein Unrecht widerfährt? Los, auf geht’s, nehmen wir das Schicksal in unsere Hände und zeigen diesen Typen, mit wem sie es hier zu tun haben!“
*******tia Mann
5.102 Beiträge
Liebe
„Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel, Und dringt durch alles sich; Sie ist ohn Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel, Und schlägt sie ewiglich.“(*)

Als er diesen Text zum ersten mal hörte, so süß und gleichzeitig überzeugend vorgetragen von dieser warmen, weichen, weiblichen Stimme, von der er gern sein Herz mit dem öligen Gefühl der kribbelnden Liebe überfluten ließ und sofort bereit war, seine Seele auf dem See der Liebe in einem nussschalengroßen Segelboot dem Sturm der Leidenschaften auszusetzen, wusste er endlich, was zu tun war.

Marc hatte es so satt. Wut, Neid und Hass verpesteten die Welt. Die schlechte Stimmung an allen Orten war so erdrückend, als könne sie gleich am Morgen den Sonnenschein aufsaugen, um den Tag zu einem dunklen Fiasko zu machen. Überall belehrten sich die Menschen ohne Pause. Jeder wusste irgendwas besser. Sie liebten es, Vorschriften zu machen. Ständig wollten sie jemanden davon überzeugen, dass ihre eigene Meinung die einzig richtige und wahre sei. Saß ein Rentner dehydriert auf der Parkband, beschimpfte man ihn ob seine Dummheit, sich kein Wasser gekauft zu haben. Man bewarf ihn mit Dreck, anstatt ihm Wasser zu bringen und den Notdienst anzurufen. Und gefilmt werden musste das Ereignis, ganz klar, es würde ja Follower in den sozialen Medien bringen.

Die sozialen Medien. Auswuchs und digitale Pest des 21. Jahrhunderts. Nur Empörung, Gewalt und Hass brachten Aufmerksamkeit. Falschmeldungen waren die Regel. Übertreibungen und Beschimpfungen. Nicht zu reden von diesem „Man darf ja nichts mehr sagen, aber ...“

Er würde sich dem entziehen und von hinten angreifen. Ihm war klar, es würde nicht leicht werden. Manche Männer durfte man ja nicht mal anlächeln, sie fühlten sich dadurch in ihrer Männlichkeit angegriffen und fragten sofort: „Bist Du Schwuchtel, oder was? Hau ab!“
Marc würde das Spiel nicht mehr mitspielen. Sich nicht mehr verteidigen und in die Falle tappen, Hass mit Beleidigungen - und umgekehrt – zu beantworten.

Er würde die Welt mit Liebe flutet!

Lange recherchierte er. Suchte Texte über die Liebe, die romantische Liebe, die unerfüllte Liebe, die sexuelle Liebe, Geschwisterliebe, Nächstenliebe, Liebe zu Göttern, Tierliebe, Naturliebe, Kinderliebe und was es noch alles für Formen der Liebe gab. Er fand Texte zum Helsinki-Sydrom und Berichte über Haustiere, die am Grab ihrer Herrchen oder Frauchen verhungerten. Monogam, Polyamor oder Weinamphor' – alles war möglich. In jedem Menschen musste ein Funken Liebe stecken. Auch ein Metzger, der Schweine tötete, um Schnitzel daraus zu machen, musste eine Spur Liebe in sich tragen.

Er fing an, die sozialen Netze mit Liebe zu fluten. Anfangs tröpfchenweise und leise. Er mied die Bösen und suchte die Guten. Wenn er seine fußläufig zu erledigenden Pflichten in der Umgebung erledigte, grüßte er täglich seine Mitmenschen, ganz besonders freundlich und herzlich. Auch die ganz Grimmigen. Anfangs erschraken sie, doch schon wenige Tage später kamen sie ihm bereits freudig lachend entgegen.

Bald hatte er viele Follower auf den wichtigsten Portalen. Scheinbar war er nicht der einzige, der genug hatte von schlechten Nachrichten und negativen Energien. Er gründete in Foren Gruppen mit Namen wie „Love Distribution“, „Energy Modulator“ oder - beinahe anmaßend - „Peace Warriors“. Er fand Nachahmer und Mitstreiter. Sie beantworteten alles Böse konsequent mit Liebe. Sie öffneten versteinerte Herzen und brachten Licht in dunkle Gehirne. So mancher Weltuntergangs-Philosoph blickte doof in den Innenhof der Hochhäuser seiner Stadt, denn dort lebten Menschen, die hatten es satt, sich erklären zu lassen, dass Ehrgeiz der einzige Sinn des Lebens im ausgehenden Turbokapitalismus des Anthropozän sei. Geiz war geil, doch Liebe ist geiler, egal ob Bache oder Keiler.

Die Liebe verbreitete sich über den Planeten, wie ein Schimmelpilz auf dem vergessenen Stück Käse. Sie färbte das kackbraune Wasser um, wie ein Tropfen Tinte in einer Flüssigkeit aufgeht. Sie eroberte das Meer unguter Gefühle, wie eine Ölpest der guten Gedanken.

Während immer noch Kriege geführt wurden, in denen sich die einen ohne Munition gegen die anderen ohne Anstand wehrten oder Menschen auf einem kleine Flecken Land, nicht größer als ein weltpolitisches Handtuch, verhungerten, weil sie den falschen Gott anbeteten und deren Peiniger nicht ablassen konnten, weil sie selbst seit Jahrhunderten nur Hass erfuhren, änderten sich langsam, von Monat zu Monat, die Nachrichten aus den offiziellen Quellen:

Bildungsminister schafften das Notensystem ab, denn es reifte die Erkenntnis, dass das Vergleichen der Beginn der Unzufriedenheit war.

Finanzminister und Krankenkassen holten sich mehr Geld bei den ganz Reichen und hörten damit auf, den Menschen des Mittelstands die Lust auf Erfolg zu nehmen, weil bisher jeder Gewinn zu doppelten Abgaben und Ausgaben führte.

Manche Reiche gaben freiwillig einen großen Teil ihres Vermögens für wohltätige Verwendungen ab, weil sie merkten, dass Liebe zu den Mitmenschen höhere Glücksgefühle brachte, als ein Flug ins All mit der eigenen Rakete.

Niemand wollte weiterhin Wärmepumpen und Windräder hassen. Die meisten Menschen speisten jetzt bevorzugt vegan, um den Tieren auf der Welt noch in die Augen schauen zu können.

Plötzlich schämte man sich, alleine in viel zu großen Autos zu reisen. Man nahm freiwillig Menschen mit oder verzichte ganz auf das PS-Monster, um zu Fuß zu gehen oder mit der Bahn zu fahren. Zusammen fahren statt gemeinsam einsam.

Söder verwarf seine Pläne, eine eigene Raumstation zu bauen und baute stattdessen Cannabis an, um gemeinsam mit dem Aiwanger Hubsi und der Aigner Ilse die Polizeistaffel Bayern zum bekifften Frieden zu erziehen. Anschließend zogen sie durch bayerische Universitäten, um das Gendern zu üben.

Olaf Scholz glühte vor Liebe. Plötzlich war so viel Leben in ihm, dass er sich an alles wieder erinnern konnte und ganz Sätze sprach, ohne ins Stottern zu kommen. Das beste daran: Die Menschen schalteten nicht mehr gelangweilt weg, sondern klebten an seinen Lippen, als käme aus seinem Mund der süße Nektar der Lebenslust.

Trump hockte mittlerweile im Knast. Doch die Mitgefangen aus Lateinamerika hörten damit auf, ihm Stöckchen in den Arsch zu schieben und ständig seine Frisur zu zerwühlen. Endlich lächelte er wieder sein grenzdebiles Honigkuchenpferdgrinsen. Biden schlief friedlich ein und Kamala Harris durfte endlich so regieren, wie Obama es versprochen hatte. Die Republikaner lösten ihre Partei selbst auf. Der Ku Klux Klan ging ins Kloster und nie mehr raus.

Israelis und Palästinenser gründeten eine Föderation des Friedens. Omri Boehm lächelte zufrieden.

Die Uiguren bauten die erste Moschee in China, so richtig groß, mit Gebetsteppichen und Minarett und allem Pipapo.

Der kleine dicke Nordkoreaner durfte endlich in den Kindergarten und gab alle Regierungsgeschäfte an Südkorea ab.

Putin und Selenskyj tanzten und hüpften, wie junge Rehe, Hand in Hand über die Kornfelder der Ukraine und manchmal nahmen sie gemeinsam Orbán von hinten, während ihnen eine glückliche Frau Nawalny ein paar Nutellabrote schmierte.

• - - - - - -

Eines Tages, während Marc einen Spaziergang durch den duftenden Frühlingswald machte, begegnete ihm Jesus. Er hockte auf einem umgestürzten Baumstamm und streichelte einen friedlich schlafenden Wolf. Marc erkannte Gottes Sohn sofort an den Löchern in den Händen und den nackten Füßen.
„Ich bin zufrieden, mein Sohn“, lächelte Jesus dem vor Ehrfurcht erstarrten jungen Mann zu, „nach über 2000 Jahren hat es die Menschheit endlich geschafft. Es ist, was es ist ...“
„ … sagt die Liebe“, ergänzte Marc.
„Lass uns einen trinken gehen, nur für diesen Moment habe ich Wasser zu Wein verwandelt“, lachte Jesus.

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© by impotentia
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(*) Matthias Claudius (1740 - 1815), deutscher Dichter, Redakteur, Erzähler und Herausgeber des Wandsbecker Boten, Pseudonym Asmus

Vertont von "SCHILLER" in dem Stück "Ruhe" (ganz am Schluss)



**********gosto Frau
16.059 Beiträge
Einfach genial, lieber @*******tia ! *anbet*
*********cht76 Mann
490 Beiträge
Lieber @*******tia, da schäme ich mich ja direkt für die Alligatorschnitzel! *anbet*
*********rlust Mann
2.939 Beiträge
@*******tia
Krass gut.
Ich hab's zweimal gelesen, gleichzeitig beflügelt und deprimiert.
Thomas Morus hätte seine Freude an deinem Text.
Danke dafür.
Profilbild
*******ert Frau
945 Beiträge
@*******tia Das ist so genial, das ist SO genial!!! Mal abgesehen von Kleinigkeiten die du dir ausgedacht hast, also Söder wie er Cannabis anbaut, hahaha, eine Phantasie hast schon gell - aber abgesehen davon, wird es so ziemlich genauso kommen. Da glaube ich ganz fest daran und freue mich, daß sich die Liebe jetzt endlich so langsam, aber sicher auf der Erde verbreiten kann.
*******tia Mann
5.102 Beiträge

*********nd_69 Frau
7.378 Beiträge
Danke fürs Anfangen, Impotentia!
Kurzgeschichten goes Weltverbesserung! *zugabe*
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