Sonnenschein
überzeugen
dehydriert
Schnitzel
Philosoph
aufsaugen
täglich
fußläufig
Danke an @*******d18 für die absolut Geschichten-taugliche Wortwahl.Ich hatte schon befürchtet, über Putins Zuwider“wahl“ schreiben zu müssen. Oder zwei alte weiße Männer mit, hm, sagen wir mal „Konzentrationsstörungen“. Oder den weltweiten Backlash des „demokratischen Konservativismus“. Oder den Untergang des „Abendlandes“. Oder was auch immer man sonst noch in Anführungszeichen setzen mag heutzutage.
So aber erlaube ich mir diesen Eskapismus in Erinnerungen…
„Lieber Gott, bitte lass es den nicht sein.“ Wir kennen uns so gut, dass Vicky den Gedanken gar nicht erst aussprechen muss. Die deutliche Verzögerung ihres bislang so herrlich beschwingten Schrittes spricht Bände. Da sind wir also, nur noch ein paar Meter bis zum vereinbarten Treffpunkt. Strategisch gewählt dieses Mal, fußläufig vom Hauptbahnhof…
Vor etwas mehr als 14 Tagen hatten wir unsere Annonce geschaltet. Unter „Gemeinsame Freizeit“. Sowas von analog, d.h. in der Beilage einer Wochenzeitung. “Lass uns nicht über Sex reden.“ Fünf Zeilen, Wort für Wort sorgfältig gewählt, als Startpunkt geplant für eine spannende Reise.
Heute also das fünfte Treffen. Nach einem vielversprechenden Schreiner mit den feingliedrigen Händen eines Pianisten, einem ganz offensichtlich schlechten Gewissen seiner Partnerin gegenüber und einer zuckersüßen Art, sich mit dem Zeigefinger über die Unterlippe zu streichen während er nach Worten sucht.
Nach einem knappüberzwanzigjährigen Studenten mit beneidenswertem Body, der uns in einer längeren Diskussion zu überzeugen versucht, dass „guter Sex“ zu mindestens 90% auf der richtigen Technik beruht, dabei jedoch den Eindruck macht, dass sein Technikverständnis vor allem auf einer täglichen Dosis Pornos beruht und der partout kein Gespür dafür entwickelt, dass Vicky die Bezeichnung „milf“ nicht als Kompliment versteht.
Nach einem eloquenten Galeristen aus „einer Metropole in den Neuen Bundesländern“, der auf phantastische Weise von Novalis‘ Blauer Blume (wieder was gelernt) über die Metapher des „Schäferstündchens“ zu seinem lederbestuhlten SUV überleiten kann und uns damit auch gleich mitnehmen will in das prophylaktisch gebuchte Hotelzimmer. Wobei, hm, „uns“ ist vielleicht einer zu viel, so wie er Vicky mit Blicken aufsaugt und mich, bis auf die betont joviale Begrüßung, keines solchen mehr würdigt.
Und nach einem tantrischen Paar, beide in achtsames Leinen gewandet, tief gebräunt und weit gereist und spirituell mit allen Wassern gewaschen. Von den beiden hören wir so viel über Empfangen und Geben wie das letzte Mal vielleicht an Weihnachten. Aber wer weiß, süßer die Glocken nie klingen…
Jetzt also Nummer 5. Er lebt. Jedenfalls versteht er seiner Figur nach wirklich gut zu leben. Über seiner Brust spannt leicht verwaschen das Wort „Schnitzelphilosoph“, vor ihm ein Glas Weißbier irgendwo zwischen halbvoll und halbleer. Dehydriert scheint er jedenfalls trotz des prallen Sonnenscheins nicht zu sein. Er lächelt uns einladend an, während wir betont selbstversunken an seinem Tisch vorbeischlendern. Aber klar, die Uhrzeit stimmt, der Ort stimmt und vor ihm liegt die richtige, das heißt eben nicht die aktuelle Ausgabe des ZEIT-Magazins. Alles wie vereinbart. Ganz offensichtlich hat er auch uns erkannt. Dann soll es wohl so sein. Und weil Verbindlichkeit zu unseren gemeinsamen „core values“ zählt machen wir eine kleine Schleife hin zum Ausschank, holen ebenfalls zwei Bier und setzen uns zu ihm.
Was soll ich sagen… „Never judge a book by its cover.“
Dave Brubeck - Three's a Crowd
überzeugen
dehydriert
Schnitzel
Philosoph
aufsaugen
täglich
fußläufig
Danke an @*******d18 für die absolut Geschichten-taugliche Wortwahl.Ich hatte schon befürchtet, über Putins Zuwider“wahl“ schreiben zu müssen. Oder zwei alte weiße Männer mit, hm, sagen wir mal „Konzentrationsstörungen“. Oder den weltweiten Backlash des „demokratischen Konservativismus“. Oder den Untergang des „Abendlandes“. Oder was auch immer man sonst noch in Anführungszeichen setzen mag heutzutage.
So aber erlaube ich mir diesen Eskapismus in Erinnerungen…
„Lieber Gott, bitte lass es den nicht sein.“ Wir kennen uns so gut, dass Vicky den Gedanken gar nicht erst aussprechen muss. Die deutliche Verzögerung ihres bislang so herrlich beschwingten Schrittes spricht Bände. Da sind wir also, nur noch ein paar Meter bis zum vereinbarten Treffpunkt. Strategisch gewählt dieses Mal, fußläufig vom Hauptbahnhof…
Vor etwas mehr als 14 Tagen hatten wir unsere Annonce geschaltet. Unter „Gemeinsame Freizeit“. Sowas von analog, d.h. in der Beilage einer Wochenzeitung. “Lass uns nicht über Sex reden.“ Fünf Zeilen, Wort für Wort sorgfältig gewählt, als Startpunkt geplant für eine spannende Reise.
Heute also das fünfte Treffen. Nach einem vielversprechenden Schreiner mit den feingliedrigen Händen eines Pianisten, einem ganz offensichtlich schlechten Gewissen seiner Partnerin gegenüber und einer zuckersüßen Art, sich mit dem Zeigefinger über die Unterlippe zu streichen während er nach Worten sucht.
Nach einem knappüberzwanzigjährigen Studenten mit beneidenswertem Body, der uns in einer längeren Diskussion zu überzeugen versucht, dass „guter Sex“ zu mindestens 90% auf der richtigen Technik beruht, dabei jedoch den Eindruck macht, dass sein Technikverständnis vor allem auf einer täglichen Dosis Pornos beruht und der partout kein Gespür dafür entwickelt, dass Vicky die Bezeichnung „milf“ nicht als Kompliment versteht.
Nach einem eloquenten Galeristen aus „einer Metropole in den Neuen Bundesländern“, der auf phantastische Weise von Novalis‘ Blauer Blume (wieder was gelernt) über die Metapher des „Schäferstündchens“ zu seinem lederbestuhlten SUV überleiten kann und uns damit auch gleich mitnehmen will in das prophylaktisch gebuchte Hotelzimmer. Wobei, hm, „uns“ ist vielleicht einer zu viel, so wie er Vicky mit Blicken aufsaugt und mich, bis auf die betont joviale Begrüßung, keines solchen mehr würdigt.
Und nach einem tantrischen Paar, beide in achtsames Leinen gewandet, tief gebräunt und weit gereist und spirituell mit allen Wassern gewaschen. Von den beiden hören wir so viel über Empfangen und Geben wie das letzte Mal vielleicht an Weihnachten. Aber wer weiß, süßer die Glocken nie klingen…
Jetzt also Nummer 5. Er lebt. Jedenfalls versteht er seiner Figur nach wirklich gut zu leben. Über seiner Brust spannt leicht verwaschen das Wort „Schnitzelphilosoph“, vor ihm ein Glas Weißbier irgendwo zwischen halbvoll und halbleer. Dehydriert scheint er jedenfalls trotz des prallen Sonnenscheins nicht zu sein. Er lächelt uns einladend an, während wir betont selbstversunken an seinem Tisch vorbeischlendern. Aber klar, die Uhrzeit stimmt, der Ort stimmt und vor ihm liegt die richtige, das heißt eben nicht die aktuelle Ausgabe des ZEIT-Magazins. Alles wie vereinbart. Ganz offensichtlich hat er auch uns erkannt. Dann soll es wohl so sein. Und weil Verbindlichkeit zu unseren gemeinsamen „core values“ zählt machen wir eine kleine Schleife hin zum Ausschank, holen ebenfalls zwei Bier und setzen uns zu ihm.
Was soll ich sagen… „Never judge a book by its cover.“
Dave Brubeck - Three's a Crowd