Der Weckruf des Grauens
Es war eben nicht wie jeden Morgen. Ganz und garnicht. Normalerweise wache ich um die Drei Uhr auf. Ein Relikt aus der Militärzeit. OVWa, Rundgang, Kontrolle der Wache. Das bekommt man nie mehr aus dem Rhythmus.
Drei Uhr. Alles dunkel, in der Regel liegen Scotch und Jack zwischen meinen Beinen und Tynee platt auf meinem Bauch. Gegen die protestierende Tynee aufstehen, Pipi am Rand, zurück ins Bett torkeln. Nicht mehr schlafen können, Fernseher an, VOX wählen. Medical Detectives läuft da jede Nacht. Das hat viele Vorteile. Die markig-einschläfernde Stimme des Sprechers und die kruden Themen lassen sofort die Gedanken fliegen und ich schlafe baldigst ein. Mein neues Handy weckt mich um 5:45 Uhr mit einer Frauenstimme. Es ist Fünf Uhr Fünfundvierzig!
Nicht, dass via Stimme ein nicht unerheblicher Druck aufgebaut werden würde, neiiin. Man duselt auch nicht aus dem Land der Träume hoch sondern steht direkt im Bett. Also ich jedenfalls. "Was will die?!?" tobt es im Hirn und selbst energischer Protest nützt nichts, geschweige denn ein umdrehen, verbunden mit krampfhaftem Augen zudrücken. Ausserdem habe ich hier drei Handgranaten mit Fellbezug, die mir gerade Morgens Vorschläge unterbreiten. FUTTER! Schreien sechs Augen. Also raus aus dem Bett, was soll ich machen?
Heute war es anders. Bereits halb Sechs war Onkel Albert mit Frühstück versorgt und ich wähnte mich in dem Bewusstsein, dass ich ruckzuck ein-und damit-ausschlafen konnte. Ja, das war... Blödsinn.
6:32 Uhr. Pete klingelt. Ich war gerade dabei, das Luftkissenboot für eine "Spritz"- Tour aufzupusten, um mit Angelika Jolli gleichzuziehen. Die räkelte sich splitterfaserbarfuß mit ihrem persönlichen Schlauchboot - manche nennen das Lippen - im feinen Sand einer karibischen Insel und wippte herausfordernd mit den Hüften, ließ ihre Zunge über das Schlauchboot..... egal.
Telefon. Ignorieren hilft nicht, ich schwör. Der Klingelton ist:
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"DANGER! Approaching Safety-Limits of Engine-Containment-Field!"
"Ja verdammt, ich komme schon!"
Ich liebe Star Trek, aber das ging eindeutig zu weit! Pete war am Telefon.
"Tom-m-m-m-m-m-m!" - ich dachte, der imitiert meine Mutter, so sehr hatte er den Bibberer in der Stimme.
"Wassn?" Ich gebe zu, ein wenig unwirsch gewesen zu sein.
"Komm, so schnell du - die Stimme ging von Bibbern in ein moderates Vibrato über - kannst. Es ist etwas furchtbares passiert!"
Okay, das kenne ich schon. Das letzte Mal war der alte Mann - Parkinson, Infraktion der Wirbelsäule, Glaukom, Demenz, soll ich weitermachen? - im Türrahmen der Toilette zusammengebrochen. Und gerade hier war es gut, einen Hausnotruf zu haben. Ist auch okay, aber nicht um Zwei Uhr fünfzehn! Egal. Wie immer schoss meine silberne Rakete irrwitzig sausewindig durch die City. Im Kopf Bilder von alten Männern, die keine Luft mehr bekamen, deren Hände sich in die Brust krampften, halbseitige Gesichtslähmungen hatten und blaue Lippen bekamen.
Wie der Wind schoss ich die Treppe hoch, stürmte Petes Bude. Er kam mir mit dem Rollator entgegen, die Augen rotgeweint und wohl auch komplett tachykard.
"Krankenwagen?", wasr meine erste Frage. Das Gesicht klärte sich.
"Was, wieso?"
"Naja, Pete: "Komm so schnell du kannst" heisst bei mir: Lebensgefahr und das auch noch auf nüchternen Magen ist schon krass, Alter."
"Tut mir leid."
"Was ist denn los?"
Jetzt kamen die Fakten. Die Tante vom Pflegedienst, die morgens seine Tabletten stellt, nimmt immer die Post und die Tageszeitung mit hoch. Muss wohl eine Neue gewesen sein, denn sie hatte die Post der Nachbarn erwischt. Und Pete hatte die aufgemacht. Die alten Leute, nee Quatsch. Pete hatte damit wohl ernsthafte Probleme. Deswegen riskiere ich Führerschein, Magenschmerzen und Unfälle? Nee, oder?
Der Fall wasr schnell erledigt, Stefan, der Nachbar ist ein verständnisvoller Mensch. Auf dem Rückweg, ich kam halbwegs wieder runter, fiel mir ein, dass ich weder gefrühstückt noch einen Kochplan hatte. Was war noch dran? Vegetödlich. Wow, woher wusste ich das? Jetzt begann es auch wieder, Spaß zu machen.
Denn - das weiß kaum einer - vor zwei Jahren wähnte ich mich in dem Irrsinn, für meinen Wuppdich ein Systemradio kaufen zu müssen. Ich liebe es, ein Gerät zu haben, das alles kann. Und da gab es das Dynavin E46-"Radio" für knapp tausend Euro. Man kennt mich ja... wenn ich was will, bekomme ich es auch. Nun war das Teil zur Reparatur, kam zurück und ein Plastiknippel war abgebrochen. Haha... vorgestern bekam ich ein nagelneues Gerät als Ersatz! Cool.... ich liebe Videoclips von Led Zeppelin.
Auf dem Rückweg kurz im Combi vorbeigeschaut. Oh je, Pause an der Uni. Der Komplex war von Pännz überfutet... und hey, was wollte ich noch kaufen? Ach ja, Frittata. Also Ricotta, Eier, Spargel, Tomätchen. Ab nach Hause. Spargel schälen, Tomaten halbieren, Ricotta in Flöckchen in die Pfanne und den Basilikumstrauch niedermetzeln. In die Pfanne.
Milch und 8 Eier mit Salz, Pfeffer und Muskat aufschlagen, unterheben. Gouda und Parmesan reiben und drübergeben. Basilikum zupfen und dekorieren.
Dann bei milder Hitze stocken lassen. Der Gag ist das Wenden. Ging in die Hose. Maxnix. Jede Seite 15 bis 20 Minuten reichen. Und Mahlzeit.
Fazit: Geht. Ich habe mit Chili nachgewürzt. Der Spargel allerdings war wundervoll....
Tom