Flavia - die Einladung
Flavia erwachte von dem aufgeregten Klopfen ihres ersten Leibdieners Ponius.Nervös stand er vor ihr und wartete auf ihr Erwachen.
Was gibt es denn so wichtiges am frühen Morgen?
Herrin verzeiht, aber am Strand gibt es Tumult.
Tumult?
Flavia setzte sich nun auf und blickte ihren Diener mit großen Augen an.
Sprich, was tut sich da?
Herrin, der Anführer hat verkündet, dass das Gelage noch mehrere Tage bleibt. Die Segel wurden eingeholt und die Sklaven beginnen mit dem Bau von Unterkünften. Gerade werden Erkundungstrupps zusammen gestellt und über die Insel geschickt. Sie werden uns sicher bald hier entdecken.
Ponius kniete vor seiner Herrin, hatte sein Haupt gesenkt und blickte mit Angst in den Augen zu Boden.
Flavia überlegt nur kurz.
Schnell, beeile dich und bringe mir Pergament und die Feder. Dann laufe und hole mir Lucullus. Er soll mit einer besonderen Botschaft von mir zum Strand aufbrechen.
Du und Leticus werden dann unser Haus herrichten und schmücken.
Wir werden in Kürze Gäste haben.
Diese sollen sich hier gebührend empfangen fühlen!
Los, eile dich. Du persönlich bist mir verantwortlich für das Gelingen. Sorge für ausreichend Speis und Trank und heize die Therme an.
Mit einem einzigen Satz war Flavia aus ihrer Schlafstatt gesprungen.
Ihr wohl geformter Leib glänzte im zarten Sonnenlicht und ihr langes dunkles Haar umschmeichelte ihre Hüften.
Ponius beeilte sich aufzustehen und angemessenen Schrittes und mit geneigtem Haupt das Schlafgemach seiner Herrin zu verlassen und ihre Anweisungen zu befolgen.
Er liebte Flavia sehr. Sie war wunderschön. Immer war sie zu ihm gerecht gewesen, hatte ihn durch ihr Wesen verzaubert und dazu gebracht, sich nicht als ihr Sklave und Leibdiener zu sehen. Es war für ihn ein Geschenk, ihr zu gehören und er las ihr gerne jeden Wunsch von den Augen ab.
Jetzt beeilte er sich aber, brachte ihr die Schriftrolle und lief dann zu Lucullus um ihm von der Aufgabe für ihn zu unterrichten.
Flavia war nun hellwach. Schnell band sie ihr Haar hoch und tauchte ihren Körper in das kleine Becken mit kühlem Wasser, welches in ihrem Gemach stand. Sie wusch sich und bedeckte danach ihren Körper nur mit einem seidenen Tuch. Sie griff nach Becher und Krug und schenkte sich von dem wunderbar süßen Saft ein, den Ponius immer frisch aus den Früchten des umliegenden Hains für sie zubereitete.
Pergament und Feder lagen nun schon auf ihrem Tisch und so setze sie sich hin und schrieb.
„Werter Kapitän. Eure Ankunft auf diesem Eiland blieb nicht unbemerkt. Vor vielen Iden spülte Neptun mich und meine Dienerschaft an diese Küste. Die Götter waren uns milde gestimmt und so war es uns möglich, ein nicht unbeachtliches Anwesen zu erschaffen. Euch und euren ersten Mann sowie zwei eurer Diener sei es gestattet, mich zu besuchen. Mein getreuer Leibgardist und erster Gladiator im Hause des Lanista Letticus - welcher euch diesen Brief überreicht - wird euch zu mir geleiten. Ihr werdet dann erfahren, welche Umstände mich auf diese Insel gebracht haben."
unterzeichnet Flavia, erstgeborene Tochter des Senators Tiberius und Frau des Lanista Letticus
Flavia schloss die Schriftrolle und versiegelte sie mit ihrem Ring. Dieser war ein Geschenk ihres Vaters nach der Geburt ihres dritten Sohnes. Als Anerkennung und zum Zeichen ihrer Herkunft trug er das Zeichen und Hauswappen der Familie Tiberians. Glücklicherweise war er ihr erhalten geblieben.
Lucullus stand schon bereit. Demütig wartete er darauf, dass seine Herrin ihn ansprach.
Wie schön sie heute wieder war. Ja er verzehrte sich nach ihr. Mit jeder Faser seines Körpers und seines Herzens. Alles würde er für sie tun, mit seinem Leben würde er sie beschützen. Sie war seine Göttin. Als Flavia ihn ansprach wurde er jäh aus seinen Gedanken gerissen.
Lucullus, dies ist eine ganz besondere Aufgabe. Unser aller Schicksal hängt davon ab. Hier ist eine Botschaft für den Kapitän des Schiffes unten am Strand. Du darfst sie nur ihm persönlich überreichen. Du wirst deine Rüstung anlegen und als mein Leibgardist und erster Gladiator unseres Hauses auftreten. Ich erwarte von dir, dass du mich und dieses Haus entsprechend würdig repräsentierst!
Mit diesem Brief spreche ich dem Kapitän, seinem ersten Mann sowie zwei seiner Diener eine Einladung in unser Haus aus. Du wirst ihn und sein Gefolge her geleiten. Fragen wirst du ihm nicht beantworten. Du wirst nur das nötigste sprechen und ihn auf eine Erklärung meinerseits hinweisen. Ich erwarte von dir, dass du diese Aufgabe mit bestem Wissen erfüllst und niemanden sich deiner habhaft werden lässt! Ich erwarte deine unbeschadete Rückkehr bis zum morgigen Abend.
Mit diesen Worten übergab sie ihm die Schriftrolle. Sie stand nun ganz nah vor ihm und er konnte ihren wunderbaren Duft wahr nehmen. Flavia hob sein Kinn und sah ihm geradewegs in die Augen. Er erschauerte bei diesem Blick. Wie viel Sehnsucht, Verlangen und Liebe konnte er nur in seinen Blick legen um ihr seine tiefen Gefühle zu zeigen.
Flavia wusste um seine Liebe zu ihr. Sie selbst war Lucullus mehr als nur zugetan und hatte in vielen Nächten nicht nur ihr Lager mit ihm geteilt. Sie liebte ihn auch. Diesen großen starken Mann. Hünenhaft erschien er, wenn er - nur mit seinem ledernen Schurz bekleidet in der Sonne stand und seine Kampfeskünste übte. Seine von der Sonne gebräunte Haut auf der sich so wunderbar das Muskelspiel abzeichnete, sein heller Haarschopf gebändigt in einem Zopf und in der Sonne strahlend wie Gold. Trotz dieser geballten Kraft war er auch in der Lage sehr zart und behutsam zu sein. Seine Finger- und Zungenfertigkeiten waren wirklich mehr als beeindruckend und sehr entspannend…
Kurz ertappte sich Flavia bei dem Gedanken, sich für eine Weile dieser seiner besonderen Künste zu bedienen.
Aber nein, nicht jetzt. Die Zeit drängte. Ging es doch um einiges.
Vielleicht bot sich nun wirklich die Möglichkeit, einen Weg zurück in ihre geliebte und so schmerzlich vermisste Heimat zu finden. Alles hing wirklich davon ab, wie gut Lucullus seinen nun anstehenden Dienst verrichtete.
Für körperliche Vergnügungen war später immer noch mehr als ausreichend Zeit.
Flavia schenkte ihm einen Kuss auf die Stirn und sandte ihn dann los.
Nun eile dich und kehre wohl behalten und in Begleitung zurück. Ich erwarte dich bis morgen Abend!
Mit diesen Worten schob sie Lucullus aus ihrem Gemach.
Lucullus beeilte sich nun, legte seine Rüstung an, bürstete sich noch einmal das Haar und stieg in die ledernen Sandalen mit dem hohen Schaft. Dies war ein Geschenk von Flavia. Zeichen ihrer Zuneigung und Ausdruck eines besonderen Standes. Denn Schuhwerk war eigentlich nur freien Bürgern gestattet. Er setzte den mit roten Federn besetzten Helm auf, schob die Rolle unter seinen Harnisch und machte sich auf den Weg. Ja, er würde alles zur besten Zufriedenheit seiner Herrin erledigen. Sie würde sehr stolz auf ihn sein!